Entscheidungsdatum
05.01.2022Norm
AVG §53a Abs2Spruch
W195 2246748-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 03.02.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Sachverständigen XXXX beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53a Abs. 2 AVG mit
€ 2.070,30 (inkl. USt.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2017, XXXX , wurde die Antragstellerin von der Gerichtsabteilung XXXX in der Beschwerdesache des XXXX gemäß § 52 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG zur Sachverständigen auf dem Fachgebiet „Allgemeine Informationen über Afghanistan“ bestellt und im Rahmen eines schriftlichen Gutachtens mit folgendem Auftrag betraut:
„Die in der Niederschrift vom 21.04.2017 gemachten Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sind zu überprüfen.“
2. Am 03.02.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht das von ihr verfasste Gutachten samt Honorarnote und Beiblatt zur Honorarnote, wie folgt, ein:
Honorarnote 027/21
€
Aktenstudium § 36 GebAG
09,38
Mühewaltung § 35 Abs. 1 GebAG Teilnahme an Verhandlung(en)
42 begonnene Stunde(n) á € 33,80
1.419,60
Mühewaltung § 34 Abs. 5 GebAG iVm § 273 ZPO
15 begonnene Stunde(n) für Erstellung eines Gutachtens
(nur SV- Länderkunde) á € 33,80
1.500,00*
Sonstige Kosten § 31 GebAG
Reinschreiben von Befund und Gutachten: Seite(n)/je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) 6,067 á € 2,00
12,13
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
2.953,11
20% Umsatzsteuer
590,62
Gesamtsumme
3.543,73
Gesamtsummer aufgerundet auf volle 10 Cent
3.543,80
Anmerkungen/Bescheinigungen:
*siehe Beiblatt
Beiblatt zur Honorarnote Nummer 027/21, XXXX vom 03.02.2021
*Soweit nicht anderes nachgewiesen wird und vorbehaltlich des Abs. 4, gelten für die Einkünfte, die Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben für ihre Gutachtenstätigkeit üblicherweise beziehen, folgende Gebührenrahmen, innerhalb derer die Gebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation der oder des beauftragten Sachverständigen, der Schwierigkeit des aufgetragenen Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist:
1. für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von 20 bis 60 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
2. für Tätigkeiten, die hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 50 bis 100 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
3. für Tätigkeiten, die besonders hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 80 bis 150 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.
Internetquellen:
? Bbc.co.uk/persian/afghanistan
? da.azadiradio.com
? tolonews.com
? dw.com/ps
Literatur:
? (Titel übersetzt) Tadjiken – historische Entwicklung
? Gutachten: Ehrenmord und Blutrache in Afghanistan
? Gesellschaftswissenschaften-Ethnien
? Das afghanische Strafgesetzbuch, erschienen 22.9.1997
Mitarbeiter
Leistung
Datum
Pauschalbetrag**
XXXX
Zwei Reisen von XXXX und Retour; Erhebungen in XXXX
Ende 2020
1400 Euro
**Für die erteilten Aufträge werden Pauschalbeträge vereinbart, welche nach Einbringung der Leistung durch eine Vertrauensperson ausbezahlt werden. Entsprechende Belege liegen bei.
3. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom 10.11.2021, nachweislich zugestellt am 15.11.2021, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass der Stundensatz iSd der Rahmensätze des § 34 Abs. 3 GebAG in Höhe von € 100,00 angesichts des Inhalts und Umfangs des in Auftrag gegebenen Gutachtens überhöht erscheine. Darüber hinaus stimme die Aufzeichnung der Hilfskraftkosten für die Recherche vor Ort nicht mit den in der Honorarnote angeführten Betrag überein.
4. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme oder korrigierte Honorarnote seitens der Antragstellerin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Antragstellerin mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2017, GZ. XXXX zur Sachverständigen auf dem Fachgebiet „Allgemeine Informationen über Afghanistan“ bestellt und im Rahmen eines schriftlichen Gutachtens die in der Niederschrift vom 21.04.2017 gemachten Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen zu überprüfen hatte. Am 03.02.2021 langte das von ihr verfasste Gutachten samt Honorarnote und Beiblatt zur Honorarnote ein.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren GZ. XXXX dem Bestellungsbeschluss vom 26.04.2017, GZ. XXXX , dem Gutachten samt Honorarnote und Beiblatt zur Honorarnote vom 03.02.2021, der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.11.2021, GZ. XXXX , und dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53a Abs. 1 AVG haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren im Umfang der sinngemäß anzuwendenden §§ 24 bis 37 und 43 bis 49 und 51 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.
Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;
3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;
4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.
Zu A)
Zur Höhe des verzeichneten Stundensatzes iSd § 34 Abs. 3 GebAG
§ 34 Abs. 3 GebAG lautet:
„Soweit nicht anderes nachgewiesen wird und vorbehaltlich des Abs. 4, gelten für die Einkünfte, die Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben für ihre Gutachtenstätigkeit üblicherweise beziehen, folgende Gebührenrahmen, innerhalb derer die Gebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation der oder des beauftragten Sachverständigen, der Schwierigkeit des aufgetragenen Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist:
1. für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von 20 bis 60 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
2. für Tätigkeiten, die hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 50 bis 100 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde;
3. für Tätigkeiten, die besonders hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von 80 bis 150 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.“
In Bezug auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Rahmengebühr iSd § 34 Abs. 3 GebAG in Höhe von € 100,00 pro begonnener Stunde ist auf Folgendes zu verweisen:
Das Gutachten, bestehend aus insgesamt fünf Seiten, gliedert sich in ein Deckblatt, ein Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht (konkret an die verfahrensführende Richterin), eine Kurzzusammenfassung des bisherigen Verfahrensverlaufs samt Gutachtenauftrag (insbesondere Zusammenfassung der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft und Identität sowie seinen Fluchtgründen) sowie eine Zusammenfassung der Rechercheergebnisse der Hilfskraft vor Ort.
§ 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 gibt Rahmengebühren vor, innerhalb derer die Mühewaltungsgebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation des SV, der Schwierigkeit des Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E160 zu § 34 GebAG).
Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist der Gebührenrahmen des § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 nach der konkret erforderlichen Qualifikation, nämlich der zur Erfüllung des Gutachtensauftrages notwendigen, zu bestimmen, nicht aber nach dem tatsächlichen Ausbildungsgrad des SV. Daher ist ein akademisch, somit qualifiziert gebildeter SV bei Erfüllung eines keine oder geringe fachliche Kenntnisse erfordernden Gutachtensauftrages nach § 34 Abs. 3 Z 1 oder Z 2, also nach der für die konkrete Auftragserfüllung notwendigen besonderen Fähigkeiten zu entlohnen (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E165 zu § 34 GebAG).
Es kommt sohin nicht darauf an, welche Ausbildung der Sachverständige absolviert hat, sondern welche konkreten – zur Auftragserfüllung erforderlichen – besonderen Fähigkeiten er besitzt.
Wie bereits oben ausgeführt, besteht das von der Antragstellerin erstattete Gutachten aus
? einem Deckblatt,
? einem Schreiben an das Bundesverwaltungsgericht (konkret an die verfahrensführende Richterin),
? einer Kurzzusammenfassung des bisherigen Verfahrensverlaufs samt Gutachtenauftrag sowie
? einer Zusammenfassung der Rechercheergebnisse der Hilfskraft vor Ort.
Ungeachtet der – unbestritten – umfassenden Landeskenntnisse Afghanistans der Antragstellerin sowie ihrer Kontakte zu Personen vor Ort, die für sie Recherchen in Form von Befragungen und Beobachtungen vorgenommen haben, sind für die Erstellung des hier verfahrensgegenständlichen Gutachtens keine hohen fachlichen Kenntnisse, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden, erforderlich.
Die Punkte 1. bis 4. des Gutachtens beinhalten ausschließlich Zusammenfassungen, einerseits des Gutachtensauftrages, der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft und Identität, zu seinen Fluchtgründen und andererseits zu den vor Ort vorgenommenen Recherchen. Aus dem Gutachten ist nicht zu entnehmen, dass für dessen Erstellung die im Beiblatt angefügten Quellen – etwa für Recherchearbeiten sowohl im Internet als auch in einschlägiger (Fach-)Literatur – verwendet wurden. Selbst wenn es länderspezifisches Wissen aufweist, ist dieses in einer Gesamtschau mit den übrigen Bestandteilen des Gutachtens als eher untergeordnet anzusehen, weshalb der für die Gutachtenserstellung festzulegende Rahmensatz sich an § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG („für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von 20 bis 60 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde“) zu orientieren hat.
War die Befundaufnahme und Gutachtenserstellung weder von besonderer Schwierigkeit geprägt, noch hat es sich um eine auffallend einfache Arbeit gehandelt, ist die Gebühr etwa in der Mitte des Gebührenrahmens des § 34 Abs. 3 Z 2 auszumessen (LG Salzburg 21 R 344/10 z EFSlg 128.882; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG,4 E171 zu § 34 GebAG).
In analoger Anwendung dieses Rechtssatzes kann hier die Höhe des Rahmensatzes iSd § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG mit € 35,00 angenommen werden.
Im Übrigen wird auch darauf verwiesen, dass die Antragstellerin keine Stellungnahme dazu eingebracht hat und somit eine Einschätzung der Höhe innerhalb der Rahmengebühr des § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts vorgenommen wurde.
Zu den Hilfskraftkosten iSd § 30 GebAG
§ 35 Abs. 1 zweiter Halbsatz GebAG bestimmt einen Mühewaltungsgebührenanspruch für die im Auftrag des Gerichtes durchgeführten Ermittlungen. Laut Angaben der Antragstellerin umfasst der Kostenpunkt „Mühewaltung-Durchführung von Ermittlungen gemäß § 35 GebAG“ die Recherchen vor Ort im Ausmaß von insgesamt 42 Stunden.
Durch die Neuregelung der GebAG-Nov 1994, wurde der Anwendungsbereich der Gebühr nach § 35 Abs. 1 bedeutend eingeschränkt: Sie steht dem SV nach dem Wortlaut der Bestimmung nur mehr zu, soweit er für diese Zeit nicht eine Gebühr für Mühewaltung nach Abs. 2 oder § 34 geltend macht: SV, deren Mühewaltung nach § 34 Abs. 1 oder 2 nach der Anzahl der aufgewendeten Stunden zu entlohnen ist, können daher bei der Verhandlungsteilnahme oder bei einer im Auftrag des Gerichtes durchgeführten Ermittlung die Gebühr nach § 35 Abs. 1 mit ihrer sonstigen Mühewaltungsgebühr keineswegs kumulieren. Bei Anwendung der Pauschaltarife (§§ 43-48 und § 51) des GebAG ist eine Honorierung einer im Auftrag des Gerichts durchgeführten Ermittlung nach § 35 Abs. 1 GebAG zulässig (vgl Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, Anm. 3 zu § 35 GebAG).
Unter einer im Auftrag des Gerichts geführten Ermittlung ist eine über der bloßen Befundaufnahme liegende Ermittlung zu verstehen, die einen besonders qualifizierten Zeitaufwand darstellt bzw. zu vermehrten Anstrengungen und Erschwerungen für den SV führt, die mit der Gebühr für Mühewaltung nach § 34 nicht abgegolten sind. Dies deshalb, weil sie über den Aufwand, den die Beantwortung der Sachfrage üblicherweise erfordert sowie die damit verbundene Schwierigkeiten hinausgeht (vgl LGZ Wien 45 R 741/08s lg 125.314, Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E33 zu § 35 GebAG).
Der Honorarnote ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin gemäß § 35 Abs. 1 GebAG, 42 begonnene Stunden Mühewaltung à € 33,80, sohin einen Gesamtbetrag von € 1.419,60, verzeichnet. Dem Beiblatt zur Honorarnote Nr. 027/21 ist hingegen zu entnehmen, dass es sich hiebei offenbar um Zahlungen an ihren Mitarbeiter Herrn XXXX für seine Recherchetätigkeiten vor Ort in Höhe eines Pauschalbetrages von insgesamt € 1.400,00 handelt. Dies sollen auch die von ihr vorgelegten Zahlungsnachweise belegen.
Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es gemäß der Judikatur nicht schadet, wenn der SV die Kosten für Hilfskräfte (unzutreffend) unter den Titel Mühewaltungsgebühr verzeichnet, anstatt sich richtig auf § 30 zu stützen (LGZ Wien 44R 354/08x EFSlg 121.615.).
Wie in der obzitierten Judikatur dargelegt, schadet die falsche Verzeichnung der Recherchestunden unter dem Kostenpunkt des § 35 GebAG dem grundsätzlichen Bestand des Gebührenanspruches nicht. Bei der Beauftragung von Kontaktpersonen, in Afghanistan vor Ort zu recherchieren, handelt es sich um die Beiziehung von Hilfskräften. Die tatsächlichen Kosten dieses Personaleinsatzes, sind daher nach § 30 GebAG zu verzeichnen bzw. zu bestimmen.
Gemäß § 30 GebAG sind dem Sachverständigen Kosten für Hilfskräfte so weit zu ersetzen, als deren Beiziehung nach Art und Umfang seiner Tätigkeit unumgänglich notwendig sind.
Der gerichtliche SV hat sein Gutachten im Wesentlichen persönlich zu erstatten. Er darf aber Hilfskräfte beiziehen und diesen Untersuchungen überlassen (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E7 zu § 30 GebAG).
Unter einer Hilfskraft ist eine Person zu verstehen, die – angestellt oder selbständig – auf demselben Fachgebiet wie der beauftragte SV tätig ist, den fachlichen Weisungen des SV bei der Gutachtenerstellung unterliegt und ihm entsprechend seinen Fähigkeiten zuarbeitet. Hilfskräfte arbeiten unter Anleitung und Aufsicht des SV, der auch Ergebnisse ihrer Tätigkeit zu verantworten hat. Ihre Beiziehung steht dem SV auch ohne ausdrücklichen Gerichtsauftrag frei, sofern eine entsprechende Nachprüfung und Überwachung gewährleistet ist (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, Anm. 1 zu § 30 GebAG).
Nur der vom Gericht bestellte SV ist Träger des Gebührenanspruchs. Zieht er Hilfskräfte bei, so haben diese nur ihm gegenüber Ansprüche, die der SV in der Gebührennote geltend machen kann (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E15 zu § 30 GebAG). Bei den Hilfskraftkosten handelt es sich um einen reinen Kostenersatz, aber nicht um eine Honorierung des SV. Für Hilfskräfte kann niemals eine Gebühr für Mühewaltung zugesprochen werden. Hilfskraftkosten sind nach § 30 zu verzeichnen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E18 und E20 zu § 30 GebAG).
Bezüglich der Hilfskraftkosten verlangt § 30 Z 1 den Nachweis, dass der SV diese Kosten tatsächlich aufwenden musste, etwa durch Vorlage entsprechender Zahlungsbelege. (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E78 zu § 30 GebAG).
Ausgehend von den Angaben der Antragstellerin im Beiblatt zur Honorarnote und in Einklang mit dem hiezu von ihr vorgelegten Zahlungsbeleg ist davon auszugehen, dass sie der Hilfskraft einen Pauschalbetrag in Höhe von € 1.400,00 gezahlt hat.
SV sollen daher nicht nur in Ansehung der eigenen Tätigkeit, sondern insbesondere bei der Verzeichnung von Hilfskraftkosten auf eine genaue Dokumentation des Einsatzes achten bzw. für den Fall einer Überprüfung detaillierte Aufzeichnungen über den Stundenaufwand (Arbeitsjournal) bereithalten, um den verrechneten Aufwand erforderlichenfalls bescheinigen zu können (vgl. OLG Wien 23 Bs 257/14h). Es ist hinreichend, wenn der SV die Art der Verrechnung der Hilfskräfte beschrieben und einen Ausschnitt aus dem Leistungsverzeichnis, gegliedert nach Mitarbeitern, Leistung, Datum, Stundenzahl und Stundensatz vorlegt hat (vgl. OLG Linz 1 R 44/16w SV 2016/3, 157. vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E84 zu § 30 GebAG).
Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass sich die Höhe des Ersatzes nach dem tatsächlichen Aufwand richtet (vgl. hiezu Krammer/Schmidt/Guggenbichler,
SDG-GebAG4, E75 zu § 30 GebAG).
Für die Arbeitsleistungen der Hilfskräfte kann der SV den Ersatz des tatsächlich bezahlten Entgelts verlangen, soweit es das übliche Ausmaß nicht übersteigt (vgl. OLG Linz 10 Bs 101/95 SV 1996/4, 34; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E77 zu § 30 GebAG).
Die aus dem Beiblatt zur Honorarnote vorliegenden Informationen legen zweifelsfrei dar, dass Herr XXXX für seine Reise von XXXX und retour sowie für die durchgeführten Erhebungen in Herat Ende August 2020 einen Betrag von € 1.400,00 erhalten hat.
Die Differenz zu den in der Honorarnote verzeichneten 42 Stunden à 33,80, sohin € 1.419,60, ist insbesondere auf Grundlage der von der Antragstellerin vorgelegten Aufstellung laut Beiblatt zur Honorarnote nicht nachvollziehbar. Sohin war auch der Mehrbetrag iHv € 19,60 nicht zuzuerkennen.
Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch ergänzend festzuhalten, dass gemäß § 30 GebAG die Kosten für die vor Ort Recherche der Hilfskraft in Höhe von € 1.400,00 der in der Rechnung gebildeten Gesamtsumme hinzuzurechnen sind und nicht einer Umsatzsteuer von 20% unterzogen werden können, da der Kostenersatz auf den der Sachverständigen tatsächlich entstandenen und bescheinigten Aufwand beschränkt ist (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 75 und E 77 zu § 30 GebAG).
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
EURO
Aktenstudium § 36 GebAG
9,38
Mühewaltung gemäß § 34 Abs. 3 GebAG
15 begonnene Stunde(n) für die Erstellung eines Gutachtens à € 35,00
525,00
Sonstige Kosten gemäß § 31 GebAG
Reinschreiben von Befund und Gutachten: Seiten(n)/je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) 12115 à € 2,00
12,13
Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG
12,00
Zwischensumme
558,51
20 % USt.
111,70
Summe
670,21
Summe aufgerundet auf volle 10 Cent
670,30
Hilfskraftkosten iSd § 30 GebAG
1.400,00
Gesamtsumme
2.070,30
Die Gebühr der Antragstellerin war daher mit € 2.070,30 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.
Schlagworte
Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührensätze Hilfskraft Mehrbegehren Mühewaltung Sachverständigengebühr Sachverständigengutachten Sachverständiger TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2022:W195.2246748.1.00Im RIS seit
04.02.2022Zuletzt aktualisiert am
04.02.2022