TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/25 95/01/0011

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Veröffentlicht am 25.09.1996
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichttshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A D in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. November 1994, Zl. Ia-10.575/7-1994, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. November 1994 wurden die Anträge des Beschwerdeführers - eines türkischen Staatsangehörigen - vom 2. März 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf seine Gattin, M D, sowie seiner Gattin auf Erstreckung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 und Z. 6 sowie gemäß § 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311" (StbG), abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat.

Die belangte Behörde ging von nachstehendem Sachverhalt aus:

Der am 1. Februar 1946 geborene Beschwerdeführer halte sich seit 1969 in Österreich auf. Er sei in einer Papierfabrik beschäftigt und für seine Gattin, eine türkische Staatsangehörige, sorgepflichtig.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1982 sei über den Beschwerdeführer auf Grund seiner zweimaligen gerichtlichen Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung gemäß § 83 StGB ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden, welches mit dem seit 9. September 1987 rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2. September 1987 aufgehoben worden sei.

Am 3. Juni 1991 habe sich der Beschwerdeführer am Gendarmerieposten H geweigert, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, obwohl offenkundig gewesen sei, daß er sich beim Lenken seines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Deswegen sei über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 11.000,-- verhängt worden. Am 2. Februar 1994 habe er wiederum seinen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe von S 15.410,-- verhängt worden sei. Am 17. Februar 1994 habe der Beschwerdeführer auf der I-Autobahn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 55 km/h überschritten und sei deswegen mit S 5.000,-- bestraft worden.

Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, daß für den Lauf der Wohnsitzfrist des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG Zeiträume vor der Erlassung des Aufenthaltsverbotes und während des aufrechten Bestandes dieses Verbotes gemäß § 15 Abs. 1 lit. a leg. cit. nicht zu berücksichtigen seien. Der Beschwerdeführer weise daher nicht die für die Verleihung erforderlichen Aufenthaltsdauer auf. Dem Antrag stehe daher das "Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 5 StbG" entgegen.

Angesichts der vom Beschwerdeführer nach Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gesetzten strafbaren Handlungen könne im Rahmen der Gesamtbeurteilung von dessen Persönlichkeit und im Rahmen der Beurteilung des "bisherigen Verhaltens" im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG keine Prognose gestellt werden, ob der Beschwerdeführer in Zukunft keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstellen werde. Es sei daher auch das Einbürgerungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, daß aus seinen Bestrafungen der Schluß auf das Vorliegen des Einbürgerungshindernisses des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gezogen worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt betont, daß Verstöße gegen die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienenden Schutznormen dann ein Einbürgerungshindernis im Sinne des Mangels der Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darstellen, wenn aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit dieser Übertretungen erkennbar ist, daß der Einbürgerungswerber den zur Vermeidung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen sowie zur allgemeinen Sicherheit erlassenen Gesetzen gegenüber negativ eingestellt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 92/01/0820, mit weiteren Judikaturhinweisen). Die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 55 km/h, die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf ihren Alkoholgehalt und insbesondere das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stellen schwerwiegende Verletzungen von der Sicherheit von Personen und dem Schutz der Gesundheit dienenden Vorschriften dar. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer trotz der am 10. Juni 1991 erfolgten Bestrafung wegen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf ihren Alkoholgehalt sich nicht davon abhalten ließ, am 2. Februar 1994 einen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu lenken, und nur einige Tage darauf mit seinem PKW die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 55 km/h überschritt, im Ergebnis zur Auffassung gelangt ist, das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers biete keine Gewähr, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bilde, zumal seit den Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen der zuletzt genannten beiden Übertretungen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst ein Zeitraum von 7 bzw. 9 Monaten verstrichen war. Die in den geschilderten Rechtsbrüchen zum Ausdruck kommende negative Einstellung gegenüber den durch die verletzten Normen geschützten Rechtsgütern weist den Beschwerdeführer als eine Person aus, die auch durch empfindliche Strafen nicht zu einem gesetzestreuen Verhalten zu bewegen ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann auch aus dem von ihm ins Treffen geführten 25-jährigen Aufenthalt in Österreich (inklusive des Zeitraumes des aufrechten Aufenthaltsverbotes) und der Tatsache, daß er seit 22 Jahren beim selben Dienstgeber beschäftigt ist, nichts für die unter dem Blickwinkel der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit vorzunehmende Prognose über sein künftiges Verhalten gewonnen werden.

Aufgrund der von der belangten Behörde schlüssig vorgenommenen Einschätzung des künftigen Verhaltens des Beschwerdeführers entspricht die Abweisung seines Ansuchens um Verleihung der Staatsbürgerschaft schon auf Grund des Vorliegens des Verleihungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG der Rechtslage.

Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob der Antrag auch aus anderen Gründen abzuweisen gewesen wäre.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010011.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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