TE Vfgh Beschluss 2021/12/6 G245/2021

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Veröffentlicht am 06.12.2021
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Index

25/01 Strafprozess

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd, Art140 Abs1b
StPO §285
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Ablehnung eines Parteiantrags gegen die – nicht bekämpfbare – Erstreckung der Frist zur Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde gemäß §285 Abs3 StPO bei extremem Aktenumfang

Spruch

Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.

Begründung

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Der Antrag behauptet die Verfassungswidrigkeit des Wortes "nicht" im zweiten Halbsatz des zweiten Satzes des §285 Abs3 StPO idF BGBl I 111/2010, in eventu der "Wortfolge '; gegen seinen Beschluss steht eine Beschwerde nicht zu' in §285 Abs3 zweiter Satz StPO idF BGBl I 111/2010", in eventu von "§285 Abs3 zweiter Satz StPO idF BGBl I 111/2010", in eventu von "§285 StPO idF BGBl I 111/2010". Die Bestimmung stehe insbesondere wegen des fehlenden Parteiengehörs bei der Beurteilung von Fristerstreckungsanträgen und der durch die Zuerkennung von Fristerstreckungen entstehenden überlangen Verfahrensdauer im Widerspruch zu den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG, auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK sowie auf Erhebung einer wirksamen Beschwerde gemäß Art13 EMRK.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 15.786/2000), die den Gesetzgeber im Falle extremen Umfangs des Strafverfahrens zur Möglichkeit der Erstreckung der Frist für die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (§285 Abs2 und 3 StPO) und der Gegenausführung dazu (§285 Abs4 StPO) bewogen hat, lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Dem Gesetzgeber ist aber im Lichte der Art6 und 13 EMRK und der Art7 B-VG und 2 StGG auch nicht entgegenzutreten, wenn er – nur im Falle extremen Umfangs des Verfahrens – einerseits die Möglichkeit der Erstreckung der besagten Fristen auch für den Ankläger ermöglicht und andererseits gegen die Fristerstreckung kein Rechtsmittel zulässt.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf sämtliche Formalerfordernisse und Prozessvoraussetzungen hin geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

Schlagworte

Strafprozessrecht, VfGH / Ablehnung, Rechtsmittel, Fristen, VfGH / Parteiantrag, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G245.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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