RS Vfgh 2021/12/16 G280/2021 ua, V236/2021 ua

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Veröffentlicht am 16.12.2021
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Index

72/01 Hochschulorganisation

Norm

B-VG Art20, Art139 Abs1 Z1, Art140 Abs1 Z1 lita
Hochschul-QualitätssicherungsG §3, §9, §20, §27, §27a
§27-MeldeV 2019 des Boards der AQ Austria
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1

Leitsatz

Unzulässigkeit der Anfechtung von Bestimmungen des Hochschul-QualitätssicherungsG sowie der §27-Meldeverordnung 2019 des Boards der AQ Austria; mangelnde Präjudizialität einer – während des anhängigen Normprüfungsverfahrens – geänderten gesetzlichen Norm sowie – daraus resultierend – zu enger Anfechtungsumfang; mangelnde Darlegung der Bedenken gegen alle Abschnitte der zur Gänze angefochtenen Verordnung sowie Unzulässigkeit der isoliert angefochtenen Verordnungsermächtigung; keine Behauptung der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Kostenbestimmung des Hochschul-QualitätssicherungsG

Rechtssatz

Zurückweisung von Anträgen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) auf Aufhebung des §3 Abs3 Z11, §9 Abs1 Z15, §9 Abs2, §20, §27 und §27a Hochschul-QualitätssicherungsG (HS-QSG) idF BGBl I 77/2020 sowie der §27-Meldeverordnung 2019 (§27-MeldeVO 2019), beschlossen in der 55. Sitzung des Boards der AQ Austria am 03.07.2019, geändert in der 65. Sitzung des Boards der AQ Austria am 10.02.2021.

Zum Aufhebungsantrag der §3 Abs3 Z11, §9 Abs1 Z15, §9 Abs2, §27 und §27a HS-QSG:

Während des Verfahrens vor dem VfGH hat §9 Abs1 Z15 HS-QSG mit dem am 01.10.2021 in Kraft getretenen BGBl I 177/2021 eine Änderung erfahren. Vor dem Hintergrund, dass das BVwG sich an der maßgeblichen Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszurichten hat, ist es ausgeschlossen, dass es §9 Abs1 Z15 HS-QSG in der von ihm angefochtenen (nicht mehr in Geltung stehenden) Fassung anzuwenden und seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Diese Bestimmung ist sohin nicht (mehr) präjudiziell.

Angesichts des Umstandes, dass das BVwG §9 Abs1 Z15 HS-QSG in der (geltenden) Fassung BGBl I 177/2021 nicht (mit) angefochten hat, erweisen sich aber die Anträge auf Aufhebung der §§3 Abs3 Z11, 9 Abs2, 27 und 27a HS-QSG vor dem Hintergrund der Bedenken, dass bei der Durchführung des Meldeverfahrens der AQ Austria in verfassungswidriger Weise hoheitliche Vollzugsaufgaben übertragen seien und in diesem Zusammenhang die Weisungsfreistellung der AQ Austria keine Deckung in Art20 Abs2 B-VG finde, als zu eng gefasst, weil die behauptete Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung dieser Bestimmungen nicht beseitigt würde.

Zum Aufhebungsantrag des §27a Abs2 HS-QSG und der §27-MeldeVO 2019:

Das BVwG ficht die §27-MeldeVO 2019 zur Gänze an, also - zusätzlich zum ersten Abschnitt, der den Geltungsbereich der Verordnung regelt - sowohl hinsichtlich ihres zweiten wie auch hinsichtlich ihres dritten Abschnittes, bringt aber nur hinsichtlich des zweiten Abschnittes Bedenken gegen dessen Rechtmäßigkeit insoweit vor, als die Verfassungswidrigkeit der diesen zweiten Abschnitt tragenden Verordnungsermächtigung des §27a Abs2 HS-QSG behauptet wird. Gegen den dritten Abschnitt der §27-MeldeVO 2019 legt das BVwG (im Hinblick auf sein Anlassverfahren naheliegenderweise) keine Bedenken dar, unterlässt es aber auch gänzlich, einen aus seiner Sicht bestehenden Regelungszusammenhang zwischen dem zweiten und dem dritten Abschnitt der §27-MeldeVO 2019 darzulegen oder auszuführen, warum sich die behauptete Verfassungswidrigkeit des §27a Abs2 HS-QSG auch auf den dritten Abschnitt der §27-MeldeVO 2019 auswirken könnte. Damit erweist sich aber der Antrag auf Aufhebung der §27-MeldeVO 2019 zur Gänze als unzulässig, weil Bestimmungen mitangefochten werden, gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird.

Die sohin verbleibende (alleinige) Anfechtung des §27a Abs2 HS-QSG erweist sich damit aber ebenfalls als unzulässig, weil Verordnungsermächtigungen von einem Gericht zulässigerweise nur gemeinsam mit einer bereits erlassenen Verordnung angefochten werden können.

Zum Aufhebungsantrag des §20 HS-QSG:

Wenn das BVwG ausführt, dass "[a]ufgrund der akzessorischen Beziehung 'jedes' Kostenabspruchs zur Hauptsache" zudem "Bedenken gegen die Verfahrenskostenbestimmung in §20 HS-QSG" bestehen, wird damit dem Erfordernis nach §62 Abs1 zweiter Satz VfGG nicht entsprochen, weil es bereits an der Behauptung der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung fehlt. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Hochschulen Organisation, VfGH / Präjudizialität, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Gerichtsantrag, Verordnung, VfGH / Formerfordernisse, Novellierung, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G280.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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