TE Vwgh Erkenntnis 2021/2/16 Ra 2019/10/0148

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Veröffentlicht am 16.02.2021
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3D E11306000
E3D E15104000
E3D E15202000
E3L E15103020
E6J
L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
89/07 Umweltschutz

Norm

AVG §56
AVG §62 Abs1
AVG §62 Abs3
AVG §68 Abs1
AVG §8
B-VG Art130 Abs1
B-VG Art132 Abs1 Z1
EURallg
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs1
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs2
NatSchG NÖ 2000 §27b Abs1
NatSchG NÖ 2000 §38 Abs10
NatSchG NÖ 2000 §38 Abs11 idF 2019/026
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §7
VwGVG 2014 §7 Abs3
VwRallg
31992L0043 FFH-RL Art6 Abs3
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs2
32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3
62015CJ0664 Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer, Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Vereins „L in S, vertreten durch Mag. Dr. Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25. Juli 2019, Zl. LVwG-AV-340/001-2019, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i.A. des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Krems; mitbeteiligte Partei: B G in F), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1        1. Mit Bescheid vom 6. März 2018 stellte die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 1 und 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 fest, dass das Projekt „Errichtung einer Forststraße [W.] auf Grundstück Nr. 427/1, KG [P.]“ weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes W. führen könne.

2        2. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. Juli 2019 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers, einer nach § 19 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 anerkannten und (u.a.) in Niederösterreich tätigen Umweltorganisation, als unzulässig zurück, wobei es die Revision nicht zuließ.

3        Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die belangte Behörde habe den Bescheid vom 6. März 2018 mit E-Mail vom 14. Februar 2019 an den Revisionswerber übermittelt, welcher dagegen fristgerecht Beschwerde erhoben habe.

4        Gemäß § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 könnten Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 NÖ NSchG 2000 gegen Bescheide nach § 10 Abs. 1 und 2 NÖ NSchG 2000 sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - gegen Bescheide nach § 20 Abs. 4 NÖ NSchG 2000, die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (in der Fassung des LGBl. Nr. 26/2019) erlassen worden seien, Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben.

5        Das NÖ NSchG 2000 in der Fassung des LGBl. Nr. 26/2019 sei gemäß § 11 Abs. 2 NÖ Verlautbarungsgesetz 2015 am 22. März 2019 in Kraft getreten.

6        Der Bescheid vom 6. März 2018 sei am 13. März 2018 durch Zustellung an die mitbeteiligte Partei - und somit außerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist gemäß § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 - erlassen worden, weshalb eine Beschwerdeberechtigung des Revisionswerbers nicht mehr in Betracht komme.

7        Da der angefochtene Bescheid bereits im April 2018 in Rechtskraft erwachsen sei, liege auch kein Anwendungsfall des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 vor.

8        Der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass durch die bloße Zustellung eines Bescheides nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 21.1.2014, 2010/04/0078, sowie VwGH 26.9.2013, 2013/07/0062, 0063) keine Parteistellung begründet werde. Der Revisionswerber könne sich folglich nicht darauf stützen, dass ihm der Bescheid vom 6. März 2018 von der belangten Behörde zugestellt worden sei.

9        Die Beschwerde sei daher zurückzuweisen.

10       3. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Revisionswerbers, die das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.

11       Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12       1.1. Die hier in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des NÖ NSchG 2000, LGBl. 5500-0 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 26/2019, lauten:

§ 10

Verträglichkeitsprüfung

(1) Projekte,

-    die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und

-    die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten,

bedürfen einer Bewilligung der Behörde.

(2) Die Behörde hat auf Antrag eines Projektwerbers oder der NÖ Umweltanwaltschaft mit Bescheid festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen.

[...]

§ 27b

Beteiligung von Umweltorganisationen

(1) Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs. 7 des UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, zur Ausübung von Parteienrechten in Niederösterreich befugt sind, sind an Verfahren gemäß § 10 Abs. 1 und 2 zu beteiligen.

[...]

§ 38

Schluss- und Übergangsbestimmungen

[...]

(10) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1 steht nur gegen Bescheide nach

1.   § 10 Abs. 1 und 2 sowie

2.   § 20 Abs. 4, sofern geschützte Tier- und Pflanzenarten, die in

-    Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder

-    Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgelistet oder

-    Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie genannt sind,

betroffen sind,

und die bis zu einem Jahr vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 erlassen worden sind, das Recht zu, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben. Beschwerden gegen solche Bescheide haben keine aufschiebende Wirkung. § 27c Abs. 2 gilt sinngemäß.

(11) Umweltorganisationen im Sinne des § 27b Abs. 1, die in einem vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 26/2019 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beigezogen wurden, sind weiterhin beizuziehen.“

13       1.2. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen - FFH-RL lautet:

„Artikel 6

[...]

(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.

[...]“

14       2. In seinem Zulässigkeitsvorbringen wendet sich der Revisionswerber (u.a.) gegen die Auffassung des angefochtenen Beschlusses, der zufolge eine Anwendung des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 auf den vorliegenden Fall nicht in Frage komme: Seine Parteistellung gemäß Art. 9 Abs. 2 und 3 Aarhus-Konvention iVm Art. 47 GRC sei mit 1. Jänner 2009 eingetreten, weshalb er schon im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (März 2018) als übergangene Partei gegolten habe (Hinweis auf VwGH 28.3.2018, Ra 2015/07/0055, und 25.4.2019, Ra 2018/07/0410). Es sei daher (zunächst) nur eine relative Rechtskraft des Bescheides vom 6. März 2018 vorgelegen. Für den Revisionswerber habe die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des Bescheides zu laufen begonnen. Aus der aufrechten Anfechtung des Bescheides vom 6. März 2018 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 folge, dass es sich um ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren (im Sinn dieser Bestimmung) gehandelt habe (Hinweis auf VwGH 23.5.2002, 2002/05/0025).

15       3. Die Revision ist zulässig und erweist sich auch als begründet.

16       3.1. Dem angefochtenen Beschluss liegt die Auffassung zugrunde, wegen der Erlassung des Bescheides vom 6. März 2018 am 13. März 2018 (und damit länger als ein Jahr vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 26/2019) sei dieser Bescheid zufolge der Bestimmung des § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 nicht mehr anfechtbar. Da der genannte Bescheid zudem im April 2018 in Rechtskraft erwachsen sei, liege auch kein Anwendungsfall des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 vor. Auch könne sich der Revisionswerber - so das Verwaltungsgericht weiter - nicht auf die an ihn erfolgte Zustellung des Bescheides stützen, weil eine solche keine Parteistellung begründe.

17       3.2. Dem ist allerdings zu entgegnen, dass vorliegend alle Voraussetzungen für eine Anwendung der Regelung des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 erfüllt sind: Diese Übergangsbestimmung betrifft jene Fälle, in denen Umweltorganisationen in einem vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 26/2019 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beigezogen wurden. Diese Umweltorganisationen sind solchen Verfahren „weiterhin beizuziehen“. Auf das Datum der Erlassung eines allfällig bereits ergangenen behördlichen Bescheides stellt diese Bestimmung - anders als § 38 Abs. 10 NÖ NSchG 2000 - nicht ab (vgl. dazu VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0163).

18       Wie sich aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes (Rz 3) ergibt, wurde der das verwaltungsbehördliche Verfahren abschließende Bescheid vom 6. März 2018 dem Revisionswerber am 14. Februar 2019 mittels E-Mail übermittelt.

19       Dem Verwaltungsgericht ist nun darin zuzustimmen, dass nach der hg. Rechtsprechung die bloße Zustellung eines Bescheides keine Parteistellung begründet (vgl. etwa das bereits erwähnte Erkenntnis VwGH 26.9.2013, 2013/07/0062, 0063, mwN).

20       Demgegenüber hat die Übermittlung des das Verfahren abschließenden Bescheides an eine am betreffenden Verfahren als Partei zu beteiligende Person die Rechtswirkung einer Zustellung. Diese Rechtswirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Behörde mit der Übermittlung des Bescheides eine Zustellung im Rechtssinn beabsichtigte (vgl. etwa VwGH 10.11.2011, 2009/07/0204 = VwSlg. 18.265A, VwGH 27.3.2014, 2010/10/0182, sowie VwGH 18.2.2020, Ra 2019/03/0156, jeweils mwN).

21       Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist in der Zustellung eines verfahrensabschließenden Bescheides an eine am betreffenden Verfahren richtigerweise als Partei zu beteiligende Umweltorganisation unzweifelhaft deren Beiziehung im Sinne des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 zu erblicken. Auf eine Beiziehung noch vor Erlassung des behördlichen Bescheides bzw. auf eine Beiziehung in einem bestimmten Verfahrensstadium kommt es nach dieser Bestimmung nicht an (vgl. Rz 17).

22       Damit kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass der Revisionswerber, sofern seine Parteistellung in dem dem Revisionsfall zugrunde liegenden Feststellungsverfahren zu bejahen ist, dem Verfahren durch die Zustellung des Bescheides vom 6. März 2018 beigezogen wurde.

23       3.3. Wenn zu klären ist, ob die Behauptung einer Person, im Verfahren als Partei übergangen worden zu sein, zutreffend ist, hat dies nach der im Zeitpunkt der Erlassung des an andere Verfahrensparteien bereits ergangenen Bescheides geltenden Sach- und Rechtslage zu geschehen (vgl. etwa VwGH 2.8.2019, Ra 2019/11/0099, mwN). In einem Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid dann als erlassen anzusehen, wenn er einer Partei zugestellt und damit rechtlich existent wurde (vgl. etwa VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0052, mwN).

24       Eine ausdrückliche Zuerkennung der Parteistellung an eine Umweltorganisation als Formalpartei findet sich im NÖ NSchG 2000 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 6. März 2018 (nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes: am 13. März 2018) anzuwendenden Fassung nicht. Vor dem Hintergrund der (bloß) innerstaatlichen Rechtslage kam der revisionswerbenden Partei daher Parteistellung und damit die daran anknüpfende Beschwerdelegitimation in dem dem Revisionsfall zugrunde liegenden Verfahren nicht zu.

25       Dem Revisionsfall liegt nun ein Feststellungsverfahren gemäß § 10 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 zugrunde. In einem solchen hat die belangte Behörde festzustellen, dass ein Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dem gegenständlichen Verfahren lagen somit unzweifelhaft aus dem Unionsumweltrecht hervorgegangene Rechtsvorschriften zugrunde (vgl. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL). Die Beachtung derartiger Rechtsvorschriften muss von einer Umweltorganisation wie dem Revisionswerber geltend gemacht werden können (vgl. EuGH 20.12.2017, C-664/15, Protect, Rn 39 und 47).

26       Im Gefolge des genannten Urteils des EuGH C-664/15 hat der Verwaltungsgerichtshof daher die Parteistellung von Umweltorganisationen in Bewilligungsverfahren sowohl im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 (d.h. für den Fall, dass ein Projekt „erhebliche Auswirkungen“ auf die Umwelt hätte; darunter fallen nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere auch Entscheidungen, die von den nationalen Behörden im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL erlassen werden - vgl. EuGH 8.11.2016, C-243/15, Rn 56f, sowie EuGH C-664/15, Rn 38f) als auch im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 (d.h. für den Fall, dass von vornherein nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen wäre) des Aarhus-Übereinkommens bejaht (vgl. VwGH 28.3.2018, Ra 2015/07/0055, sowie vom selben Tag Ra 2015/07/0152, VwGH 20.12.2019, Ro 2018/10/0010, VwGH 18.12.2020, Ra 2019/10/0081, 0082).

27       Auch im vorliegenden Fall, in dem es um die Feststellung einer allfälligen erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes ging, ist daher die Parteistellung des Revisionswerbers (zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 6. März 2018) auf dem Boden der Bestimmungen der Aarhus-Konvention zu bejahen.

28       Nach dem oben Gesagten (Rz 22) ist somit im Revisionsfall davon auszugehen, dass der Revisionswerber durch die Zustellung des Bescheides vom 6. März 2018 dem Verfahren im Sinne des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 als Partei beigezogen wurde.

29       3.4. Ein Bescheid kann nur für jene Parteien in formelle Rechtskraft erwachsen, denen gegenüber er erlassen wurde, sofern nicht durch Gesetz ausdrücklich anderes geregelt ist (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 7). Eine Regelung, wonach der Bescheid vom 6. März 2018 dem Revisionswerber gegenüber bereits vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 26/2019 in Rechtskraft erwachsen wäre, ist dem NÖ NSchG 2000 nicht zu entnehmen. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass mit der in § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 angesprochenen Rechtskraft nicht die formelle Rechtskraft (Unanfechtbarkeit mit ordentlichen Rechtsmitteln) gemeint wäre. Infolge der Anhängigkeit der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde war das Verfahren vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 26/2019 am 22. März 2019 daher noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

30       Gemäß § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 wäre der Revisionswerber dem Verfahren daher „weiterhin beizuziehen“ gewesen, sodass das Verwaltungsgericht die ihm vorliegende Beschwerde zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass die Anwendungsvoraussetzungen des § 38 Abs. 11 NÖ NSchG 2000 nicht vorlägen.

31       4. Indem das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, hat es den angefochtenen Beschluss mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

32       Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Revisionsvorbringen.

33       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 16. Februar 2021

Gerichtsentscheidung

EuGH 62015CJ0664 Protect Natur-, Arten- und Landschaftschutz Umweltorganisation VORAB

Schlagworte

Allgemein Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019100148.L00

Im RIS seit

03.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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