TE Vwgh Beschluss 2022/1/12 Ra 2021/14/0234

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2022
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des K A, vertreten durch Mag. Thomas Singer, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 68, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2021, L502 2204236-2/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 15. Oktober 2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), welcher vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 13. Dezember 2019 im Beschwerdeverfahren vollinhaltlich abgewiesen wurde (die dagegen erhobene Revision wurde mit hg. Beschluss vom 11.9.2020, Ra 2020/18/0347, zurückgewiesen).

2        Am 23. Februar 2021 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen - zweiten - Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005.

3        Mit Bescheid vom 3. Mai 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag sowohl in Bezug auf den Status des Asylberechtigten als auch den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in den Irak zulässig sei, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Mai 2021 wies das BVwG die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Begründend kam das Gericht zum Ergebnis, dass es dem nunmehr vorgebrachten neuen Fluchtvorbringen aus näher dargestellten Erwägungen an einem glaubhaften Kern mangle. In Bezug auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten hätten sich ebenso keine entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderungen ergeben. Betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kam das BVwG zu dem Schluss, dass eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK zu Lasten des Revisionswerbers ausfalle.

6        In der Folge brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision wendet sich im Rahmen ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung des BVwG zum Vorbringen im Folgeantrag sowie gegen dessen rechtliche Beurteilung, dass eine Sachverhaltsänderung im Folgeantragsverfahren einen entsprechend glaubhaften Kern aufzuweisen habe.

11       „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das BFA gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukommt; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. zu alldem VwGH 22.10.2018, Ra 2018/20/0480, mwN).

12       Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen „glaubhaften Kern“ aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. zum Ganzen VwGH 30.7.2020, Ra 2019/20/0301, mwN).

13       Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung zeigt die Revision im Zulässigkeitsvorbringen nicht auf. Das BVwG setzte sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinander und sprach diesem die Glaubwürdigkeit ab. Das im Folgeantragsverfahren behauptete Geschehen sei weder glaubhaft gewesen noch enthalte es einen glaubhaften Kern. Dabei stützte sich das BVwG - wie bereits das BFA - in seiner Beweiswürdigung auf die oberflächlich gebliebenen Schilderungen des Revisionswerbers, seine inhaltlich unterschiedlichen Angaben im Laufe des Verfahrens zum Vorliegen neuer Geschehnisse sowie auf die mangelnde zeitliche Einordnung der behaupteten Vorfälle. Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass das BVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat und davon ausgehend die rechtliche Beurteilung des BVwG zu beanstanden wäre.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140234.L00

Im RIS seit

04.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten