TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 96/19/0398

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Veröffentlicht am 26.09.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §4 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Mag. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995, Zl. 302.213/3-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 1. September 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den seinem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht stattgebenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. April 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß "Aufenthaltsbewilligungen für private Aufenthalte an sich arbeitsfähiger Personen grundsätzlich nicht zu erteilen" seien; der Unterhalt des einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehenden Beschwerdeführers solle allein durch Zuwendungen eines Dritten (nach der Antragsbehauptung seines Bruders) bestritten werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Dritte sei aber nicht geeignet, die dauernde Sicherung seines Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe im Fall des Beschwerdeführers nicht bestätigt, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung bestünden. Der Beschwerdeführer sei daher zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht berechtigt, weshalb der Schluß zulässig sei, daß er über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge bzw. verfügen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Im Hinblick darauf, daß § 4 Abs. 1 AufG im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt ist, und nach dem Aufbau der den Spruch des Bescheides tragenden Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde keine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen, sondern sich ausschließlich auf § 5 Abs. 1 und 2 AufG gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 95/19/1488, mwN).

Aus den im hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0442, dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird und die auch auf die vorliegende "Verpflichtungserklärung" zutrifft, fällt der belangten Behörde in Ansehung des gebrauchten Abweisungsgrundes (§ 5 Abs. 1 AufG) ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last.

Soweit die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 5 Abs. 2 AufG stützt, ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 4. April 1995 - sohin vor Inkrafttreten der Aufenthaltsgesetznovelle BGBl. Nr. 351/1995 zulässigerweise - klargestellt hat, daß er die von ihm im Laufe des Verfahrens angestrebte Änderung des Aufenthaltsgrundes nicht mehr wünscht, sondern (wieder) eine Aufenthaltsbewilligung für einen privaten Aufenthaltszweck anstrebt. Diesbezüglich ist der belangten Behörde somit Aktenwidrigkeit anzulasten, mündet doch die Begründung des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt in Darlegungen der belangten Behörde, weshalb der Unterhalt des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in der von ihm angestrebten Dauer nicht gewährleistet sein soll. Aus diesem Grunde gehen auch die Ausführungen der belangten Behörde betreffend die von ihr angestellte Interessenabwägung iS des Art. 8 MRK an der Aktenlage vorbei.

Bei diesem Ergebnis konnten Erörterungen darüber unterbleiben, ob dem bekämpften Bescheid ein Begründungsmangel auch deshalb anhaftet, weil sich ihm nicht nachvollziehbar entnehmen läßt, welchen Zeitpunkt die belangte Behörde als den des Eintritts des von ihr als Versagungsgrund herangezogenen Tatbestandes angenommen hat. Derartige Ausführungen hätten sich - vorliegendenfalls handelt es sich um einen Antrag auf Verlängerung der dem Beschwerdeführer am 28. November 1994 erteilten und bis zum 28. März 1995 gültigen Aufenthaltsbewilligung - deshalb als unumgänglich erwiesen, da nur auf diese Art und Weise eine nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes möglich gewesen wäre, ob die belangte Behörde in rechtsrichtiger Anwendung des § 4 Abs. 2 AufG davon ausgegangen ist, daß der von ihr zur Versagung der Aufenthaltsbewilligung herangezogene Tatbestand nach Erteilung der vorangegangenen Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich eingetreten ist.

Aus den obgenannten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerdeschriftsatz lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegen und zu vergebühren war.

Schlagworte

Angenommener Sachverhalt (siehe auch Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein und Sachverhalt Verfahrensmängel)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996190398.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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