TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/14 W194 2233319-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2021
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Entscheidungsdatum

14.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47 Abs2
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
RGG §3
RGG §6 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W194 2233319-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 11.05.2020, GZ 0002034739, Teilnehmernummer: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit am 09.03.2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Formular beantragte die beschwerdeführende Partei für den Standort XXXX die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.

Auf dem Antragsformular kreuzte die beschwerdeführende Partei unter der Rubrik „wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ die Auswahlmöglichkeiten „Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung“ sowie „Heim für Gehörlose oder schwer hörbehinderte Personen, Pflegeheim für hilfsbedürftige Personen“ an und gab zudem an, dass XXXX Person im gemeinsamen Haushalt leben würden.

Dem Antrag war ein Vereinsregisterauszug betreffend die beschwerdeführende Partei angeschlossen.

2. Am 10.03.2020 richtete die belangte Behörde an die beschwerdeführende Partei unter dem Titel „ERGEBNIS DER BEWEISAUFNAHME“ folgendes Schreiben:

„[…] wir haben Ihren Antrag […] auf

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen

geprüft und dabei festgestellt, dass

?        Sie nicht anspruchsberechtigt sind, da Sie keine der im Gesetz genannten sozialen Leistungen beziehen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen (§ 47 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Fernmeldegebührenordnung).

Gemäß § 47 Fernmeldegebührenordnung können nur Blindenheime, Blindenvereine, Pflegeheime für hilflose Personen und Heime für Gehörlose und schwerhörbehinderte Personen befreit werden. Dies trifft nicht auf Ihre Firma zu.

Um einen positiven Bescheid auf Ihren Antrag zu bewirken, können Sie zu dieser Feststellung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Schreibens bei der GIS Gebühren Info Service GmbH, eine schriftliche Stellungnahme abgeben. […]

Wir weisen darauf hin, dass nicht oder verspätet eingebrachte Einwendungen keine Berücksichtigung finden können und wir Ihren Antrag in diesem Fall abweisen müssen.

[...]“

3. Die beschwerdeführende Partei übermittelte hierauf am 08.04.2020 eine Stellungnahme und teilte darin ua. mit, dass sie an unterschiedlichen Standorten Einrichtungen betreibe, in denen sie im Auftrag des Landes XXXX die Maßnahme Wohnen nach dem „Oö. ChG“ für Menschen mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung anbieten würde. Eine solche Wohneinrichtung werde auch im „ XXXX “ betrieben, für das um eine Gebührenbefreiung angesucht worden sei. In dieser Einrichtung würden die im Antrag genannten Menschen mit Behinderung bzw. Beeinträchtigung leben und wohnen. Die beschwerdeführende Partei gehe davon aus, dass die in der genannten Einrichtung wohnenden Menschen als „Hilflose“ im Sinne der Diktion des § 47 FGO gelten würden und daher der Tatbestand der Gebührenbefreiung erfüllt sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.05.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei ab. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Antrag „eingehend geprüft und festgestellt“ worden sei, dass „Sie nicht anspruchsberechtigt sind, da Sie keine der im Gesetz genannten sozialen Leistungen beziehen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen (§ 47 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Fernmeldegebührenordnung)“. Insbesondere wurde darauf hingewiesen: „Gemäß § 47 Fernmeldegebührenordnung können nur Blindenheime, Blindenvereine, Pflegeheime für hilflose Personen und Heime für Gehörlose und schwerhörbehinderte Personen befreit werden. Dies trifft nicht auf Ihre Firma zu.“

5. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 02.06.2020 Beschwerde und machte als Beschwerdegründe Verfahrensmängel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

6. Mit hg. am 23.07.2020 eingelangter Beschwerdevorlage übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den gegenständlichen Verwaltungsakt.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2021 wurden den Parteien die Ladungen zur Verhandlung übermittelt.

8. Am 30.03.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der ein bevollmächtigter Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen. In der Verhandlung wurden die Parteien zum gegenständlichen Sachverhalt befragt und einzelne Rechtsfragen näher erörtert. Die beschwerdeführende Partei legte weitere Unterlagen vor.

9. Am 06.04.2021 reichte die belangte Behörde – wie in der Verhandlung besprochen – weitere Unterlagen nach.

10. Am 14.04.2021 und 15.04.2021 übermittelte die beschwerdeführende Partei – wie ebenfalls in der Verhandlung besprochen – weitere Unterlagen sowie eine Stellungnahme.

11. Die unter I.9. und I.10. angeführten Unterlagen wurden den Parteien mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2021 wechselseitig zur Kenntnis und Stellungnahme zugestellt.

12. Am 27.04.2021 übermittelten die beschwerdeführende Partei und am 03.05.2021 die belangte Behörde weitere Stellungnahmen.

13. Diese Stellungnahmen wurden den Parteien mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2021 wechselseitig zur Kenntnis zugestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein unter der ZVR-Zahl XXXX registrierter Verein mit Sitz in XXXX . Sie betreibt an unterschiedlichen Standorten Einrichtungen, in denen sie die Leistung Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen anbietet.

1.2. Mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung vom 17.09.2020 wurde über den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 21.11.2019 auf Anerkennung der WG begleitetes Wohnen XXXX , als Einrichtung im Sinne des Landesgesetzes betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen Oö. Chg) entschieden: „Dem Antrag wird stattgegeben. Die WG begleitetes Wohnen XXXX […] wird ab Betriebsbeginn am 1. Dezember 2019 als Einrichtung ‚Wohnung/Wohngemeinschaft‘ gemäß den Bestimmungen des Oö. Chg anerkannt.“ Die Anerkennung wurde unter Einhaltung näher genannter Auflagenpunkte erteilt.

Als Leistung gemäß diesem Bescheid wird teilbetreutes Wohnen gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 Oö. Chg in Form von begleitetem Wohnen festgelegt. Demnach stellt begleitetes Wohnen „eine Form zwischen teilbetreutem Wohnen und vollbetreutem Wohnen dar. Es soll die Durchlässigkeit von der Vollbetreuung in die Teilbetreuung erhöhen. Vorrangig ist das ‚Begleitete Wohnen‘ auf jene Menschen mit Beeinträchtigungen ausgerichtet, welche das Leistungsangebot der Vollbetreuung in Anspruch nehmen, den Umfang/das Ausmaß der Begleitung und Betreuung nicht mehr benötigen, für das Angebot der Teilbetreuung aber (noch) nicht geeignet sind“. Die bewilligte Einrichtung bietet XXXX Dauerwohnplätze.

Dem von der beschwerdeführenden Partei im Bewilligungsverfahren eingereichten Begleitkonzept „Begleitetes Wohnen XXXX “ ist ua. Folgendes zu entnehmen: „Angeboten wird eine Teilzeitbetreuung. Grundsätzlich steht eine Betreuung von Montag bis Freitag in der Zeit von 16:00 bis 22:00 Uhr zur Verfügung. Samstag und Sonntag gibt es eine variable Aufteilung der Betreuung. […] Es gibt keinen Nachtdienst bzw. keine Nachtbereitschaft. […] Kriterien Land XXXX : […] Das Begleitete Wohnen im Bereich der Behindertenhilfe ist grundsätzlich für Personen mit Hilfebedarfsstufe XXXX , vorrangig für Personen mit Hilfebedarfsstufe XXXX vorgesehen. […] für Menschen mit Beeinträchtigungen im vollbetreuten Wohnen, die weniger Betreuung benötigen, bei denen aber das Betreuungsangebot im teilbetreuten Wohnen zu gering ist. Für Menschen mit Beeinträchtigungen im teilbetreuten Wohnen, die mehr Unterstützung benötigen, aber weniger, als das vollbetreute Wohnen vorsieht. […] Für Menschen mit Beeinträchtigungen, die einige Stunden bis zu ½ Tag alleine sein können. Für Menschen mit Beeinträchtigungen, die grundlegende Bedürfnisse alleine abdecken können (z.B. WC-Gang, Essen). Für Menschen mit Beeinträchtigungen, die selbst Hilfe telefonisch anfordern können. Für Menschen mit Beeinträchtigungen, die keinen Nachtdienst benötigen.“

1.3. Am 09.03.2020, präzisiert durch die Eingabe am 08.04.2020, beantragte die beschwerdeführende Partei bei der belangten Behörde für die gegenständliche Wohngemeinschaft in XXXX (WG begleitetes Wohnen XXXX ) die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen und stützte sich dabei auf den Befreiungstatbestand gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.05.2020 wurde dieser Antrag von der belangten Behörde mit der Begründung abgewiesen, dass nur Blindenheime, Blindenvereine, Pflegeheime für hilflose Personen und Heime für Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen von den Gebühren befreit werden könnten. Davon sei die gegenständliche Wohngemeinschaft nicht erfasst.

Der Rundfunkempfang in der gegenständlichen Wohngemeinschaft würde den XXXX Personen, die dort wohnen, zugutekommen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Sitz und zur Rechtsform der beschwerdeführenden Partei sowie zu deren Tätigkeit gründen sich auf den im Verwaltungsakt enthaltenen Vereinsregisterauszug sowie die Angaben der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vor der belangten Behörde vom 08.04.2020 in Verbindung mit ihren schlüssigen Angaben in der Verhandlung (vgl. die Seiten 4f der Niederschrift).

2.2. Die Feststellungen zur verfahrensgegenständlichen Wohngemeinschaft, zu deren Anerkennung als Einrichtung „Wohnung/Wohngemeinschaft“ gemäß den Bestimmungen des Oö. Chg und zu deren angebotenen Leistungen stützen sich auf den in der Verhandlung vorgelegten zitierten Bescheid des Amtes der XXXX . Landesregierung vom 17.09.2020. Die Feststellungen zum Konzept der beschwerdeführenden Partei für die in Rede stehende Wohngemeinschaft wurden diesem Konzept, das die beschwerdeführende Partei ebenfalls in der Verhandlung vorlegte, entnommen (vgl. jeweils auch Seite 3 der Niederschrift).

2.3. Die Feststellungen zum vorliegend zu beurteilenden Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO stützen sich auf die zitierten Schriftsätze der beschwerdeführenden Partei, welche Teil des Verwaltungsaktes sind. Die Feststellungen zum angefochtenen Bescheid gründen sich auf diesen. Die Feststellungen, wem der Rundfunkempfang in der gegenständlichen Wohngemeinschaft zugutekommen würde, ergeben sich aus den glaubwürdigen Angaben der beschwerdeführenden Partei in der Verhandlung (vgl. Seite 6 der Niederschrift).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den gesetzlichen Grundlagen:

3.1.1. Die gegenständlich relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2016), lauten:

§§ 3 und 6 RGG:

„Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..........0,36 Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen …...1,16 Euro

monatlich

(2) Werden an einem Standort mehr als zehn Radio- bzw. Fernseh-Empfangseinrichtungen betrieben, so ist, sofern nicht Abs. 3 etwas anderes bestimmt, für jeweils bis zu zehn solcher Einrichtungen eine weitere Gebühr gemäß Abs. 1 zu entrichten.-

(3) Auf Grund der Entrichtung einer Gebühr gemäß Abs. 1 dürfen am jeweiligen Standort eine unbeschränkte Anzahl von Radio- bzw. Fernseh-Empfangseinrichtungen betrieben werden in

1. der Wohnung des Rundfunkteilnehmers, einschließlich der Gästezimmer von Privatzimmervermietern (Art. III Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974),

2. Betriebsstätten eines Rundfunkunternehmers und eines zur Herstellung, zum Vertrieb, zur Vermietung oder zur Reparatur von Rundfunkempfangseinrichtungen befugten Gewerbetreibenden für Zwecke der Ausübung des Gewerbes,

3. Unterrichtsräumen einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule,

4. Amtsräumen einer Bezirksverwaltungsbehörde, einer Polizeidienststelle,

5. der Gastronomie sowie in Gästezimmern von gewerblichen Beherbergungsbetrieben,

6. Heimen für Auszubildende, Heimen für ältere Menschen und in Anstalten für die Rehabilitation oder Pflege von Behinderten.

(3a) […]

(3b) […]

(4) Die Gebühren sind erstmals für den Monat zu entrichten, in dem die Gebührenpflicht beginnt, und letztmalig für den Monat, in dem sie endet.

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

(6) Für die Verjährung von Forderungen und Verbindlichkeiten für Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte gegenüber Rundfunkteilnehmern gelten die Bestimmungen des § 1486 ABGB sinngemäß.“

„Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.

[…]“

3.1.2. Die vorliegend relevanten Bestimmungen der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung, im Folgenden: FGO), BGBl. I Nr. 70/1970, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2016:

§§ 47ff FGO:

„Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)

zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:

1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Blindenheime, Blindenvereine,

b) Pflegeheime für hilflose Personen,

wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;

b) Heime für solche Personen,

wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

[…]

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2. der Antragsteller muss volljährig sein,

3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.“

3.1.3. Das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö. Chancengleichheitsgesetz – Oö. ChG), LGBl .Nr. 41/2008, zuletzt geändert mit LGBl. Nr. 82/2020:

§§ 7 und 12 Oö. ChG:

㤠7

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

[…]

24. Wohngemeinschaft: ein Wohnangebot mit einem Teilzeitbetreuungsangebot für Menschen mit Beeinträchtigungen in einer gemeinschaftlich genutzten Wohnung;

25. Wohnheim: ein Wohnangebot mit einem Vollzeitbetreuungsangebot, einschließlich Verpflegung.“

㤠12

Wohnen

(1) Menschen mit Beeinträchtigungen ist eine möglichst freie und selbstbestimmte Wahl der Wohnform zu eröffnen.

(2) Als Maßnahmen nach Abs. 1 kommen in Betracht:

1. Einräumung einer Wohnmöglichkeit in Wohnungen oder Wohngemeinschaften mit der je nach Eigenart der Beeinträchtigung erforderlichen Betreuung und Hilfe;

2. Einräumung einer Wohnmöglichkeit in einem Wohnheim mit der je nach Eigenart der Beeinträchtigung erforderlichen Betreuung und Hilfe, wenn eine andere Wohnform auf Grund der Beeinträchtigung nicht möglich ist;

3. das Kurzzeitwohnen.

(3) Der Umfang der Ansprüche nach Abs. 1 und 2, insbesondere das Höchstausmaß der Maßnahme des Wohnens und die zeitliche Befristung deren Inanspruchnahme, können durch Verordnung der Landesregierung festgelegt werden. Dabei ist auf die jeweilige Art der Maßnahme des Wohnens Bedacht zu nehmen.“

3.2. Zum angefochtenen Bescheid:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.05.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei mit der Begründung ab, dass die vorliegend in Rede stehende Wohngemeinschaft die Voraussetzungen des § 47 FGO nicht erfüllen würde, zumal nur Blindenheime, Blindenvereine, Pflegeheime für hilflose Personen und Heime für Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen befreit werden könnten.

3.3. Zum Vorbringen der Parteien im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

3.3.1. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

3.3.1.1. Die vorliegende Beschwerde wendet sich insbesondere gegen die rechtliche Würdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und bringt dazu vor, dass die belangte Behörde – hätte sie sich mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinandergesetzt – zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der beschwerdeführenden Partei die beantragte Gebührenbefreiung zu gewähren gewesen wäre.

3.3.1.2. In der Verhandlung macht die beschwerdeführende Partei zur gegenständlichen Wohngemeinschaft ua. Folgendes geltend (vgl. 7 der Niederschrift): „Das sind moderne Wohnformen, die sich aus dem kasernierten Wohnen entwickelt haben. Ich verweise darauf, dass dies eine Fortentwicklung des früheren Heimwohnens in moderner Form im Sinne der Inklusion der Bewohner darstellt. Es kann nicht sein, dass es hier auf die Begrifflichkeit ankommt, vielmehr soll es um die Bewohner gehen, die betreut werden und die einen Anspruch auf Gebührenbefreiung haben. Würden sie alleine wohnen, würden sie Anspruch auf Gebührenbefreiung nach § 47 Abs. 1 FGO haben, da sie oftmals Pflegegeld beziehen, Waisenrenten, erhöhte Familienbeihilfe usw.“

3.3.1.3. Die beschwerdeführende Partei bringt in ihrer hg. am 14.04.2021 eingelangten Stellungnahme weiters vor, dass die Unterbringung in Anstalten und Heimen in den 1960er- und 1970-er Jahren die einzige im Rahmen des Behindertenwesens staatlich finanzierte Form der Wohnmöglichkeit für Menschen mit Behinderung gewesen sei. Hierbei habe es sich um Pflegeheime für hilflose Personen in der Terminologie der FGO gehandelt. Diese Wohnform existiere im Rahmen des modernen Oö. Chg nicht mehr. Zum einen sei die Gewährung der Maßnahme Wohnen für Menschen mit Behinderung/Beeinträchtigung vom Oö. Sozialhilfegesetz in das Oö. ChG verschoben worden. Zum anderen werde im Oö. Chg nach den besonderen Bedürfnissen der geförderten und geschützten Menschen differenziert und würden zur Erhaltung und Förderung der Fähigkeit von Menschen mit Behinderung unterschiedliche Wohnformen bestehen. Da alle diese Wohnformen aus der ursprünglichen, allen hilflosen Menschen gewährten Heimwohnung herstammen bzw. aus dieser ursprünglichen Form entwickelt worden seien, seien alle diese Formen immer noch vom Befreiungstatbestand gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO umfasst. Somit würden alle Menschen, denen nunmehr in der modernen gesetzlichen Terminologie die Maßnahme Wohnen gewährt werde, unter diesen Tatbestand fallen. Jeder Mensch, dem eine Wohnmöglichkeit im Sinne des § 12 Oö. Chg zur Verfügung gestellt werde, in dem er betreut werde, gelte als hilflos im Sinne der veralteten Terminologie der FGO. In allen Wohnmaßnahmen sei jedenfalls die nach der Eigenart der Beeinträchtigung erforderliche Betreuung und Hilfe zu gewähren. Personen, denen die Maßnahme Wohnen gewährt werde, müssten daher einen bestimmten Hilfebedarf haben und daher hilflos sein. Beim Betreuungsaufwand dürfe der in der Werkstätte verbrachte Zeitraum nicht außer Betracht bleiben. Moderne, an den Grundsätzen der UN-Behindertenrechtskonvention orientierte Betreuungsmodelle würden nach Wohnen und Arbeit unterscheiden. Dem Normalitäts- und Inklusionsprinzip entsprechend sollten Arbeitsort und Wohnort verschieden sein. Eine ganztägige Heimunterbringung mit Beschäftigungstherapie, wie sie zu Zeiten des Oö. Behindertengesetzes 1965 Standard gewesen seien, sei längst überholt und würde nicht der Rechts- und Lebenswirklichkeit entsprechen.

Zum Ausmaß der Betreuung wird dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Betreuung in den Werkstätten im gegenständlichen Fall eine Quasi-Vollbetreuung vorliege, wobei die Nachtstunden durch eine Rufbereitschaft abgedeckt werden würden. Es ergebe sich in der konkreten Wohngemeinschaft eine errechnete vollbetreute Zeit von 17,6 Stunden täglich. Zudem sei zu beachten, dass die XXXX Bewohner der Wohngemeinschaft Personen seien, die Pflegegeld beziehen würden und damit die Voraussetzungen auch nach § 47 Abs. 1 FGO erfüllen würden.

3.3.1.4. In ihrer am 15.04.2021 eingelangten Stellungnahme ergänzte die beschwerdeführende Partei ihr Vorbringen dahingehend, dass der Hilflosenzuschuss (ab 1956 in § 263 ASVG, ab 1960 in § 105a ASVG) ab dem Jahr 1993 durch das Pflegegeld ersetzt worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass alle Personen, die nunmehr Pflegegeldbezieher seien, als hilflos im Sinne der Terminologie des Jahres 1970 (Bezieher eines Hilflosenzuschusses) einzustufen seien.

3.3.2. Zum Vorbringen der belangten Behörde:

3.3.2.1. In der Verhandlung verweist die belangte Behörde auf die Regelung des § 3 Abs. 3 Z 6 RGG und führt dazu aus (vgl. die Seiten 6f der Niederschrift): „Diese Bestimmung dürfte im gegenständlichen Fall einer betreuten Wohneinrichtung einschlägig sein. Im Unterschied dazu stellt § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO auf ein Pflegeheim ab. Meines Erachtens sind für ein Pflegeheim höhere Voraussetzungen zu erfüllen. Ein Heim erfolgt aufgrund eines Bescheides. Auf einem solchen steht ‚Pflegeheim‘ oder ‚Heim für …‘. Ich habe in dem Zusammenhang gestern bei der Gemeinde XXXX angerufen und dort mit dem zuständigen Referenten für das Baurecht telefoniert und angefragt, ob für das XXXX der Bescheid als Pflegeheim für hilflose Personen vorliegt. Dieser verwies darauf, dass das Haus vom Verein übernommen wurde und als betreute Wohneinrichtung betrieben wird, aber nicht, dass das XXXX als ‚Pflegeheim‘ oder ‚Heim‘ eingerichtet ist. Ich werde den entsprechenden Aktenvermerk nachreichen. Das bestätigt meines Erachtens auch der heute vom BF vorgelegte Bescheid, da in diesem die Einrichtung als ‚Wohnung/Wohngemeinschaft‘ festgelegt wird und eben nicht als ‚Heim‘“.

Weiters wird vorgebracht, dass es nach wie vor bescheidmäßige Genehmigungen für Heime gebe (vgl. die Seiten 7f der Niederschrift): „Ein Heim zeichnet sich dadurch aus, dass es eine 24/7 Betreuung und (ergänzt im Rahmen der Durchsicht des Protokolls: eine stationäre Abteilung gibt). Der Gesetzgeber, auch wenn das Gesetz alt ist, hat auch schon früher an diese Unterscheidung gedacht und diese berücksichtigt. Deswegen gibt es die Erleichterung gemäß § 3 Abs. 3 Z 6 RGG. Die Gebührenbefreiung nach der FGO ist hingegen eine Befreiung ausdrücklich für Heime. Ergänzend zum angesprochenen Thema, Befreiung für Einzelpersonen weise ich darauf hin, auch wenn Anspruchsgrundlagen da sind, muss man in diesen Fällen auch § 48 prüfen, wie es mit dem Haushaltsnettoeinkommen aussieht. […] Ich möchte auf das RGG aus dem Jahr 2000 hinweisen, das explizit neuere Wohnformen anspricht (im zitierten § 3). Dieses muss ja für ganz Österreich anwendbar sein. Ich verweise auch darauf, dass die gegenständliche Einrichtung deswegen nicht als Heim gesehen werden kann, da die Bewohner nicht rund um die Uhr betreut werden und auch unter Tags sich außerhalb der Einrichtung aufhalten und extern betreut werden. In allen Bundesländern ist es nach wie vor üblich, Bescheide für Heime auszustellen. Dies war auch die Auskunft, die ich gestern im Telefonat erhalten habe.“

3.3.2.2. Die belangte Behörde geht in ihrer Stellungnahme vom 03.05.2021 davon aus, dass der Begriff des „Heimes“ gemäß § 47 FGO eng auszulegen sei. Das Charakteristikum eines Heimes für hilflose Personen entspreche einer Pflegestation, die sieben Tage in der Woche 24 Stunden die Patienten betreue. In 99% der Fälle könnten die Patienten das Bett nicht verlassen. Der Betreuungsaufwand sei sehr hoch, eigenständiges Organisieren der Patienten liege nicht vor. Grundsätzlich sei es so, dass der Nachweis über die Struktur eines Heimes in Form eines Bescheides der belangten Behörde werden müsse. Auch hier hätte diese Möglichkeit bestanden, da das Oö. Chg den Begriff Heim kenne (vgl. § 12 Abs. 2 Z 2 leg.cit.). Im gegenständlichen Fall werde großer Wert darauf gelegt, dass die Patienten einige Dinge selbst organisieren könnten. Die sehr eingeschränkte Anwesenheitszeit des Betreuungspersonals und auch nur eventuelle Rufbereitschaft in der Nacht entspreche tatsächlich einer betreuten Wohnform und nicht der eines Heimes.

3.4. Die vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie ist aus den folgenden Gründen aber nicht berechtigt:

3.4.1. Im Beschwerdefall ist zwischen den Parteien strittig, ob die gegenständliche Wohngemeinschaft vom Befreiungstatbestand gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO („Pflegeheime für hilflose Personen“) erfasst wird.

Gemäß § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO sind Pflegeheime für hilflose Personen, wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt, über Antrag von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseheinrichtungen zu befreien.

Diese Regelung wurde mit BGBl. Nr. 339/1971 in die FGO eingefügt. § 47 FGO lautete damals:

„Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Von der Entrichtung der Fernsprech-Grundgebühr (§ 9 Abs. 1) und der Entrichtung der Gebühr für eine unbefristete Rundfunk- bzw. Fernsehrundfunk-Hauptbewilligung (§ 44 Z. 1 bzw. Z. 4) sind über Antrag zu befreien:

a) Blinde und praktisch blinde Personen sowie Personen, die aus einem anderen Grund als dem der Blindheit ständig der Wartung und Hilfe bedürften (hilflose Personen),

b) Personen, deren notdürftiger Lebensunterhalt durch die Entrichtung der Gebühr gefährdet ist (mittellose Personen).

(2) Von der Entrichtung der Gebühr für die unbefristete Rundfunk- bzw. Fernsehrundfunk-Hauptbewilligung sind über Antrag außerdem Blindenheime, Blindenvereine und Heime für sonstige hilflose Personen zu befreien, wenn der Rundfunk- bzw. der Fernsehrundfunkempfang den hilflosen Personen (Abs. 1 lit. a) zugute kommt.

Gemäß § 50 Abs. 3 FGO idF BGBl. Nr. 339/1971 ist die sonstige Hilflosigkeit durch die Vorlage des Bescheides über die Zuerkennung des Hilflosenzuschusses (Pflegezulage) oder eines ärztlichen Zeugnisses bzw. im Zweifelsfalle eines amtsärztlichen Zeugnisses nachzuweisen.

3.4.2. Unter Bedachtnahme auf die zitierte ursprüngliche Formulierung des § 47 FGO kann der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die gegenständliche Wohngemeinschaft nicht unter den Tatbestand „Pflegeheime für hilflose Personen“ zu subsumieren ist. Dies zeigt sich zunächst darin, dass mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung vom 17.09.2020 die in Rede stehende Wohngemeinschaft als Einrichtung „Wohnung/Wohngemeinschaft“ gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 Oö. Chg anerkannt wurde.

Die Einräumung einer Wohnmöglichkeit in Wohnungen oder Wohngemeinschaften nach
§ 12 Abs. 2 Z 1 Oö. Chg stellt dabei nicht die umfassendste Form der nach dieser gesetzlichen Grundlage möglichen Unterstützungsform dar. So kommt darüber hinaus die Einräumung einer Wohnmöglichkeit in einem Wohnheim in Betracht, wenn eine andere Wohnform aufgrund der Beeinträchtigung nicht möglich ist (vgl. vgl. § 12 Abs. 2 Z 2 Oö. Chg). Der unterschiedliche Unterstützungsbedarf der betreuten Personen spiegelt sich demnach in der Art der Wohnform wider. Dazu muss berücksichtig werden, dass § 7 Z 24 Oö. Chg die Wohngemeinschaft als ein Wohnangebot mit einem Teilzeitbetreuungsangebot für Menschen mit Beeinträchtigungen in einer gemeinschaftlich genutzten Wohnung und Z 25 leg.cit. das Wohnheim als ein Wohnangebot mit einem Vollzeitbetreuungsangebot, einschließlich Verpflegung, definiert.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Begrifflichkeit „Pflegeheime für hilflose Personen“ eng auszulegen ist und – worauf schon der bloße Wortsinn des Begriffes „hilflos“ hindeutet – ein entsprechend hoher Unterstützungsbedarf der betreuten Personen gegeben sein muss, damit eine Einrichtung von dem in Rede stehenden Tatbestand gemäß
§ 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO erfasst und als Pflegeheim für hilflose Personen qualifiziert werden kann. Dieses Auslegungsergebnis legt zudem die Intention des historischen Gesetzgebers nahe, der in § 47 Abs. 1 lit. a FGO idF BGBl. Nr. 339/1971 (worauf § 47 Abs. 2 FGO idF BGBl. Nr. 339/1971 ausdrücklich verwies) hilflose Personen, als Personen, die ständig der Hilfe bedürften, definierte.

Im konkreten Fall wurde mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung ausdrücklich die Leistung „Teilbetreutes Wohnen“ gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 Oö. Chg festgelegt. Ebenfalls spricht das Konzept der beschwerdeführenden Partei davon, dass eine Teilzeitbetreuung angeboten werde. Eine Vollbetreuung ist in der beschwerdegegenständlichen Einrichtung somit nicht vorgesehen und wurde mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung auch nicht festgelegt. Dass auch Einrichtungen für teilbetreute Personen als „Pflegeheime für hilflose Personen“ zu qualifizieren sind, vermag das Bundesverwaltungsgericht nach den getroffenen Erwägungen nicht anzunehmen, zumal diese – wie gezeigt – nicht die umfassendste Form der möglichen Unterstützungsleistung im Bereich der Wohnformen darstellen, worauf aber sowohl die isolierte Betrachtung des Wortes „hilflos“ wie auch die ursprüngliche Formulierung des § 47 FGO hindeuten.

Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass gegenständlich zweifellos ein Grenzfall gegeben ist, da der vorliegende Bescheid des Amtes der XXXX . Landesregierung für die in Rede stehende Wohngemeinschaft eine Zwischenform zwischen vollbetreutem und teilbetreutem Wohnen festlegt. Da aber – wie festgestellt – die bescheidmäßig anerkannte Wohnform auf Menschen mit Beeinträchtigungen ausgerichtet ist, die den Umfang/das Ausmaß der Begleitung und Betreuung einer Vollbetreuung nicht mehr benötigen, wenn sie auch für das Angebot der Teilbetreuung (noch) nicht geeignet sind, muss in der konkreten Konstellation unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der betreuten Personen davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Wohngemeinschaft auch deswegen kein Pflegeheim für hilflose Personen darstellt, weil – wie die beschwerdeführende Partei darlegt – zwar auf 24 Stunden gerechnet überwiegende, aber keine durchgehende Betreuung angeboten wird (vgl. II.3.3.1.4.). Auch belegt das festgestellte Konzept der beschwerdeführenden Partei zB, dass die in der Wohngemeinschaft betreuten Personen die grundlegenden Bedürfnisse alleine abdecken, einige Stunden allein sein und im Bedarfsfall selbst Hilfe anfordern können (vgl. II.1.2.).

3.4.3. Die hier vertretene enge Auslegung des Anwendungsbereiches der Bestimmung des
§ 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO erfordert aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes letztlich gerade auch der Kontext zur Regelung des § 3 Abs. 3 Z 6 RGG:

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 6 RGG dürfen auf Grund der Entrichtung einer Gebühr gemäß § 3 Abs. 1 RGG am jeweiligen Standort in Heimen für Auszubildende, Heimen für ältere Menschen und in Anstalten für die Rehabilitation oder Pflege von Behinderten eine unbeschränkte Anzahl von Radio- bzw. Fernseh-Empfangseinrichtungen betrieben werden.

Diese Regelung wurde aus § 8 Abs. 2 Rundfunkverordnung, BGBl. Nr. 504/1995, in das RGG übernommen und lautete: „Auf Grund einer unbefristeten Hauptbewilligung dürfen an dem darin angegebenen Standort sämtliche vorhandenen Rundfunk- bzw. Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen in Gästezimmern von gewerblichen Beherbergungsbetrieben und von Privatzimmervermietern (Art. III Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974), in Heimen für ältere Menschen und in Anstalten für die Rehabilitation oder Pflege von Behinderten errichtet und betrieben werden.“

Den Gesetzesmaterialien zu BGBl. Nr. 504/1995 ist in dieser Hinsicht Folgendes zu entnehmen (vgl. 5083 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates): „Weiters soll in Hinkunft beim sogenannten Hotel-Fernsehen eine Hauptbewilligung für den Betrieb aller Rundfunk- bzw. TV-Geräte in Gästezimmern, aber auch in Pensionisten- und Pflegeheimen sowie in Rehabilitationseinrichtungen genügen.“ Aus dem Stenographischen Protokoll der 603. Sitzung des Bundesrates vom 19. Juli 1995 (603/BRSITZ/95) ergibt sich weiters: „In Zukunft können mit einer einzigen unbefristeten Hauptbewilligung sämtliche Radio- und Fernsehanlagen in Beherbergungsbetrieben, Pensionistenheimen, Rehabilitations- und Pflegeheimen betrieben werden.“

Vergleicht man die Formulierung und die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO („Pflegeheime für hilflose Personen“; Rechtsfolge Gebührenbefreiung) mit jener des § 3
Abs. 3 Z 6 RGG („Anstalten für die Rehabilitation oder Pflege von Behinderten“; Rechtsfolge Entrichtung einer Gebühr, unbeschränkte Anzahl an Geräten), wird schon in Anbetracht der unterschiedlichen Rechtsfolgen offenbar, dass den zitierten Tatbeständen ein jeweils unterschiedlicher bzw. nach dem Schutz- bzw. Unterstützungsbedürfnis der erfassten Personengruppen abgestufter Bedeutungsgehalt zugemessen werden muss, wobei hilflosen Personen, dh. – wie nach der ursprünglichen Definition erörtert – Personen, die ständiger Hilfe bedürfen, bzw. Pflegeheimen für diese Personengruppe, das höchste Unterstützungsniveau zusteht.

Wäre der Tatbestand „Pflegeheime für hilflose Personen“ hingegen weiter auszulegen, dh. auch für Personengruppen heranzuziehen, die nicht der ständigen Unterstützung zB im Sinne einer Vollbetreuung bedürfen, entzöge man der Regelung des § 3 Abs. 3 Z 6 RGG zugleich jeglichen Anwendungsbereich. Ein solches Auslegungsergebnis kann nicht ernsthaft vertreten werden, stünde diesem doch schon entgegen, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden darf, Überflüssiges angeordnet zu haben. Zudem muss beachtet werden, dass die zitierten Stenographischen Protokolle ausdrücklich Rehabilitations- und Pflegeheime im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 Z 6 RGG erwähnen und damit ebenfalls einen Unterstützungsbedarf der betreuten Personen ausdrücken.

Umgelegt auf den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die belangte Behörde den auf § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO gestützten Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Befreiung der gegenständlichen Wohngemeinschaft von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen zu Recht abgewiesen hat, da in der beantragten Einrichtung Personen mit einem teilweisen (nicht aber mit ständigem, gleichermaßen rund-um-die Uhr) Unterstützungsbedarf betreut werden, die im Sinne der getroffenen Erwägungen aufgrund ihres bezogen auf vollbetreute Personen vergleichsweise geringeren Unterstützungsbedarfs nicht als „hilflos“ gemäß der Formulierung der FGO eingestuft werden können.

3.5. Ergebnis:

Die vorliegende Beschwerde war demnach als unbegründet abzuweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist zulässig.

Die Zulässigkeit begründet sich damit, dass zur Abgrenzung des Anwendungsbereiches der Regelung des § 47 Abs. 2 Z 1 lit. b FGO („Pflegeheime für hilflose Personen“) von jenem des
§ 3 Abs. 3 Z 6 RGG („Anstalten für die Rehabilitation oder Pflege von Behinderten“) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Schlagworte

Gebührenbefreiung mündliche Verhandlung Pflegeheim Revision zulässig Rundfunkgebührenbefreiung Voraussetzungen Wohngemeinschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W194.2233319.1.00

Im RIS seit

02.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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