Entscheidungsdatum
16.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2245084-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde vom 28.01.2021 von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16430189010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2020 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF, stellte am 30.03.2020 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2020, beantragten u.a. die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierten zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.
2. Auch für die Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ) sowie die Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ) wurden von den Bewirtschafterinnen dieser Almen für das Antragsjahr 2020 rechtzeitig MFAs gestellt.
3. Die BF trieb am 09.06.2020 11 Kühe und 5 sonstige Rinder auf die XXXX und weitere 7 Kühe auf die XXXX auf.
4. Die Alm/Weidemeldung an die AMA von auf die XXXX aufgetriebenen 11 Kühen und fünf sonstigen Rinder durch die Bewirtschafterin der XXXX erfolgte erst am 07.07.2020 und damit erst nach Ende der gemäß Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten, Nr. 2001/672/EG, 15tägigen Meldefrist. Die Meldung erfolgte mittels eingeschrieben aufgegebener Postsendung, wobei diese Sendung am 07.07.2020 bei der Postaufgabestelle 8862 Stadl an der Mur von der Bewirtschafterin der XXXX aufgegeben wurde.
4. Mit Bescheid vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16430189010, gewährte die AMA der BF für das Antragsjahr 2020 Direktzahlungen in der Höhe von EUR XXXX . Dabei wurde jedoch keine gekoppelte Stützung gewährt.
Begründend wurde entscheidungswesentlich ausgeführt, dass Unregelmäßigkeiten bei mehr als 3 Tieren bzw. bei mehr als 50 % der von der BF auf Almen aufgetriebenen Tiere festgestellt worden wären, weswegen im Jahr 2020 für Kühe keine gekoppelte Stützung gewährt werden könnte. Darüber hinaus sei zusätzlich ein Betrag von EUR XXXX einzubehalten. Gemäß Art. 31 Abs. 2 UAbs. 3 der Verordnung (EU) 640/2014 werde dieser Betrag mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegengerechnet.
Diese Entscheidung wurde der BF am 12.01.2021 zugestellt.
5. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde vom 28.01.2021 führte die BF aus, dass sie im Jahr 2020 11 Kühe und 5 sonstige Rinder auf die XXXX aufgetrieben habe. Der Auftrieb sei am 09.06.2020 gewesen und der Abtrieb sei mit 19.09.2020 geplant gewesen. Sie habe der Bewirtschafterin dieser Alm das „Meldeformular Alm“ am 09.06.2020 gleich nach dem Auftrieb übergeben. Sie sei davon ausgegangen, dass das Formular von der Bewirtschafterin der XXXX „zeit- und fristgerecht“ an die AMA übermittelt werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sei ihr jedoch mitgeteilt worden, dass die Meldung an die AMA nicht fristgerecht innerhalb von 15 Tagen nach dem Auftrieb übermittelt worden wäre. Aufgrund der verspäteten Meldung des Auftriebes der Tiere sei eine 100 %ige Kürzung der Auftriebsprämie auf zwei Almen und zusätzlich eine Strafzahlung in Höhe von EUR XXXX erfolgt.
In weiterer Folge sei es am 01.09.2020 zu einem frühzeitigen Abtrieb von insgesamt 9 Tieren gekommen. Sie habe für die Bewirtschafterin dieser Alm ein Schreiben aufgesetzt und von der Bewirtschafterin der Alm unterschreiben lassen, um diesen frühzeitigen Abtrieb fristgerecht zu melden.
Sie als bloße Auftreiberin habe alles Menschenmögliche getan, damit eine ordnungsgemäße Meldung des Almauftriebes 2020 durchgeführt hätte werden können. Somit könne § 8i Abs. 1 MOG Anwendung finden, welcher die Kürzung und den Ausschluss abwenden würde, da für die Beschwerdeführerin als auftreibende Betriebsführerin keine Umstände beim Auftrieb erkennbar gewesen wären, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Almbewirtschafterin hätten aufkommen lassen. Die Beschwerdeführerin habe „keine Schuld“, die Tiere hätten tatsächlich mehr als 60 Tage auf der Alm gealpt, weswegen unter Berücksichtigung von § 8i Abs. 1 MOG der angefochtene Bescheid abzuändern sei. Die BF beantragte, das BVwG möge unter Berücksichtigung der „dargestellten Begründung“ den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos beheben, anderenfalls den angefochtenen Bescheid abändern und eine mündliche Verhandlung durchführen.
6. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 05.08.2021 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.
Mit der Beschwerdevorlage übermittelte die AMA eine „Aufbereitung für das BVwG“, in welcher sie Folgendes ausführte:
„Inhaltliche Beurteilung der Beschwerde:
Bis einschließlich dem Antragsjahr 2019 war die österreichische Vorgehensweise so, dass für ein Rind, dessen Verbringung während der 60-tägigen Alpungsperiode außerhalb der in Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 vorgesehenen Frist mitgeteilt wurde, zwar keine Beihilfe gewährt wurde, das Rind jedoch nicht bei der Berechnung der Sanktion gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) 640/2014 berücksichtigt wurde, wenn der Umstand der verspäteten Meldung im Zuge einer Verwaltungskontrolle (nur Abgleich der Angaben an die Rinderdatenbank) festgestellt wurde.
Diese Vorgehensweise wurde zum einen mit Artikel 15 der VO (EU) Nr. 640/2014 argumentiert. Zum anderen mit dem EuGH-Urteil in der Rechtsache C-45/05 (Maatschap Schonewille-Prins), aus dem hervorgeht, dass der Ausschluss von der Gewährung der Prämie für ein Rind, für das die Daten über eine Umsetzung in oder aus dem Betrieb nicht innerhalb der Artikel 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1760/2000 vorgesehenen Frist mitgeteilt worden sind, keine Sanktion darstellt, sondern die Folge der Nichteinhaltung der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Prämie ist. Nur wenn fehlende Meldungen im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt wurden, erfolgte zudem eine Sanktion.
Im Juni 2019 wurde von der Europäischen Kommission ein Prüfbesuch in der Zahlstelle (AMA) durchgeführt, im Zuge dessen die Rechtmäßigkeit der Umsetzung der gekoppelten Zahlungen in Österreich kontrolliert werden sollte. Dabei wurde unter anderem die Vorgehensweise bei verspäteten Meldungen dahingehend beanstandet, dass aus Sicht der Kommission Sanktionen gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) Nr. 640/2014 auch bei Verwaltungskontrollen und nicht nur bei Vor-Ort-Kontrollen zu erfolgen hätten. In weiterer Folge wurden seitens der Kommission finanzielle Korrekturen in Aussicht gestellt. Die Kommission ist den oben skizzierten inhaltlichen Ausführungen Österreichs in diversen Stellungnahmen zu diesem Punkt nicht gefolgt und vertritt weiterhin die Auffassung, auch im Rahmen von Verwaltungskontrollen müsse eine Meldeverspätung neben dem Prämienverlust eine zusätzliche Kürzung gemäß Artikel 30 und 31 VO (EU) Nr. 640/2014 zur Folge haben.
Vor diesem Hintergrund wurde nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) die Vorgehensweise ab dem Antragsjahr 2020 an die Sichtweise der Kommission angepasst, weshalb Meldeverspätungen nunmehr zusätzlich zum Verlust der Prämie eine Sanktion gemäß Artikel 30 iVm 31 VO (EU) Nr.640/2014 im Verhältnis von 7 beantragten Kühen, die alle Prämienvoraussetzungen erfüllen, zu den 11 für die gekoppelte Stützung beantragten Kühen, bei denen Unregelmäßigkeiten beanstandet wurden, zur Folge haben. Im vorliegenden Fall wurde gemäß Artikel 31 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ein zusätzlicher Sanktionsbetrag einbehalten, da sich die Abweichung auf größer 50% beläuft.
Vor diesem Hintergrund wurde nach Rücksprache mit dem BMLRT die Vorgehensweise ab dem Antragsjahr 2020 an die Sichtweise der Kommission angepasst, weshalb Meldeverspätungen nunmehr zusätzlich zum Verlust der Prämie eine Sanktion gemäß Artikel 30 iVm 31 VO (EU) Nr.640/2014 im Verhältnis von 0 beantragten sonstigen Rindern, die alle Prämienvoraussetzungen erfüllen, zu den 5 für die gekoppelte Stützung beantragten sonstigen Rinder, bei denen Unregelmäßigkeiten beanstandet wurden, zur Folge haben. Im vorliegenden Fall wurde gemäß Artikel 31 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ein zusätzlicher Sanktionsbetrag einbehalten, da sich die Abweichung auf größer 50% beläuft.
…
Die verspätete Meldung des Almobmannes wurde dabei dem Auftreiber zugerechnet (vgl. VwGH im Erkenntnis vom 17.06.2009, Zl. 2008/17/0224).
Zum Vorbringen im Hinblick auf § 8i MOG wird zum einen ausgeführt, dass diese Bestimmung nur Regelungen in Bezug auf die anteilige Futterflächenaufteilung zum Inhalt hatte und daher nicht auf die gekoppelte Stützung Anwendung finden kann. Zum anderen ist durch die verspätete Meldung die Beihilfefähigkeit im Rahmen der gekoppelten Stützung für die betroffenen Rinder nicht gewährt (vgl. auch EuGH in der Rechtssache C-45/05, Maatschap Schonewille-Prins), aber weitere Verwaltungssanktionen im Sinne von Kürzungen und Ausschlüssen der Beihilfe gemäß Artikel 31 VO EU 640/2014 kamen dadurch nicht zur Anwendung.
...“
7. Gemeinsam mit Ablichtungen des Urteiles des EuGH vom 14.05.2017 in der Rechtssache C-45/05 und des Erkenntnisses des VwGH vom 17.06.2009, GZ 2008/17/0224, wurde die „Aufbereitung für das BVwG“ der AMA mit Schreiben des BVwG vom 09.08.2021 an die BF zum Parteiengehör übermittelt. In diesem Schreiben wurde auch zum gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass eine mündliche Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in Wien eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen würde. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit eingeräumt ein ergänzendes Vorbringen zu erstatten.
8. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 26.08.2021 äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht zum Paradigmenwechsel der AMA, wonach bei einem Verstoß gegen Meldepflichten von auf Almen aufgetriebenen Rindern zusätzlich zu einem Entfall einer Prämie auch eine Sanktion gemäß Art. 31 der Verordnung (EU) 641/2014 zu verhängen wäre.
Sie führte lediglich neuerlich aus, dass sie als bloße Auftreiberin auf die XXXX keine Möglichkeit gehabt habe, den erfolgten Meldeverstoß zu vermeiden. Sie habe alle ihr zur Verfügung stehenden Optionen ausgenutzt, damit die Meldung des Auftriebes ihrer Tiere auf die XXXX auch rechtzeitig erfolgen hätte können. Ihr sei keine „Macht“ zugestanden, damit die Meldung rechtzeitig erfolgte. Konkret führte Sie auch Folgendes aus:
„… Da ich beim Meldeverlauf meiner gealpten Rinder im Rinder NET der Agrarmarkt Austria gegen Ende der Meldefrist festgestellt habe, dass diese noch nicht auf die Alm von Frau XXXX (= Bewirtschafterin der XXXX ) per Alm-/Weidemeldung Rinder von Frau XXXX gemeldet waren, habe ich nochmals telefonisch bei Frau XXXX nachgefragt und die Rückmeldung von ihr erhalten, dass die Alm-/Weidemeldung Rinder bereits an die AMA übermittelt wurde.
…“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 30.03.2020 stellte die BF einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2020, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.
Am 09.06.2020 wurden 11 Kühe und 5 sonstige Rinder der BF auf die XXXX und weitere 7 Kühe auf die XXXX aufgetrieben.
Die Meldung des Auftriebs der auf die XXXX aufgetriebenen Tiere erfolgte rechtzeitig innerhalb der 15tägigen Meldefrist, während die Bewirtschafterin der XXXX die Meldung über die am 09.06.2020 auf diese Alm aufgetriebenen 11 Kühe und 5 sonstige Rinder der BF erst am 07.07.2021 an die Rinderdatenbank der AMA meldete.
Damit wurde die Almauftriebsmeldung der im Antragsjahr 2020 auf die XXXX aufgetriebenen Tiere der Beschwerdeführerin nicht innerhalb der fünfzehntägigen Frist nach erfolgtem Almauftrieb von der Almbewirtschafterin an die AMA getätigt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang sowie die angeführten Feststellungen zur Antragstellung und zum Auftrieb von Rindern auf die XXXX sowie die XXXX und zur Meldung des Auftriebes ergeben sich aus den von der AMA im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten. Widersprüchlichkeiten liegen nicht vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
3.2. In der Sache:
a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:
„Artikel 52
Allgemeine Vorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten können den Betriebsinhabern unter den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen eine gekoppelte Stützung gewähren (in diesem Kapitel im Folgenden „gekoppelte Stützung“).
(2) Die gekoppelte Stützung kann für folgende Sektoren und Erzeugungen gewährt werden: Getreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen, Körnerleguminosen, Flachs, Hanf, Reis, Schalenfrüchte, Stärkekartoffeln, Milch und Milcherzeugnisse, Saatgut, Schaf- und Ziegenfleisch, Rind- und Kalbsfleisch, Olivenöl, Seidenraupen, Trockenfutter, Hopfen, Zuckerrüben, Zuckerrohr und Zichorien, Obst und Gemüse sowie Niederwald mit Kurzumtrieb.
[…].
(6) Die gekoppelte Stützung wird in Form einer jährlichen Zahlung gewährt und unterliegt vorgegebenen Mengenbegrenzungen mit festgesetzten Flächen und Erträgen oder Anzahl an Tieren.
[…].“
Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11.03.2014, ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014, lautet auszugsweise:
„Artikel 53
Voraussetzungen für die Gewährung der Stützung
1. Die Mitgliedstaaten legen im Einklang mit den Rahmenvorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und den Bedingungen der vorliegenden Verordnung Beihilfefähigkeitskriterien für gekoppelte Stützungsmaßnahmen fest.
2. Die Flächen, Erträge und Tierzahlen gemäß Artikel 52 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 werden von den Mitgliedstaaten für die einzelnen Regionen oder Sektoren festgelegt. Sie berücksichtigen die Höchsterträge, bewirtschafteten Flächen oder Tierzahlen, die in der betreffenden Region oder dem betreffenden Sektor in mindestens einem der fünf Jahre erreicht wurden, die dem Beschluss gemäß Artikel 53 Absatz 1 der genannten Verordnung vorausgehen.
Die jährliche Zahlung wird als Stützungsbetrag je Einheit angegeben. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen dem gemäß Anhang I Nummer 3 Buchstabe i der vorliegenden Verordnung angegebenen Betrag, der für die Finanzierung der Maßnahme festgesetzt wurde, und entweder der in dem betreffenden Jahr beihilfefähigen Fläche bzw. Tierzahl oder der festgelegten Fläche bzw. Tierzahl gemäß Unterabsatz 1.
[…].
4. Betrifft die gekoppelte Stützungsmaßnahme Rinder und/oder Schafe und Ziegen, legen die Mitgliedstaaten als Beihilfefähigkeitsbedingung für die Stützung die Anforderungen der Kennzeichnung und Registrierung von Tieren gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates bzw. der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 des Rates fest.
Unbeschadet anderer Beihilfefähigkeitsbedingungen sollte ein Tier jedoch auch dann als beihilfefähig gelten, wenn die in Unterabsatz 1 genannten Anforderungen an die Kennzeichnung und Registrierung ab einem Zeitpunkt erfüllt sind, der vom Mitgliedstaat festzusetzen ist und nicht später sein darf als:
a) der erste Tag des Haltungszeitraums des betreffenden Tieres, wenn ein Haltungszeitraum gilt;
b) ein Datum, das auf der Grundlage objektiver Kriterien gewählt wird und mit der gemäß Anhang I gemeldeten Maßnahme im Einklang steht, wenn kein Haltungszeitraum gilt.
[…].“
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.07.2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates, ABl. L 204, 11.08.2000, S. 1 – im Folgenden VO (EG) 1760/2000 – schafft jeder Mitgliedstaat nach Maßgabe dieses Titels ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern.
Gemäß Art. 3 VO (EG) 1760/2000 beruht das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern auf folgenden Elementen:
a) Ohrmarken zur Einzelkennzeichnung von Tieren,
b) elektronischen Datenbanken,
c) Tierpässen
d) Einzelregistern in jedem Betrieb.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 müssen Tierhalter folgende Anforderungen erfüllen:
? Sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,
? sie teilen der zuständigen Behörde ab dem Zeitpunkt, zu dem die elektronische Datenbank voll betriebsfähig ist, die genauen Daten jeder Umsetzung von Tieren in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen nach dem betreffenden Ereignis mit. Die Kommission kann jedoch auf Antrag eines Mitgliedstaats nach dem Verfahren des Artikels 23 Absatz 2 festlegen, unter welchen Umständen die Mitgliedstaaten die Höchstfrist verlängern können, und spezifische Regeln für die Bewegungen von Rindern vorsehen, die im Sommer an verschiedenen Orten in den Bergen weiden sollen.
Die Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten Nr. 2001/672/EG, ABl. L 235, vom 04.09.2001, S. 23 idF des Beschlusses der Kommission vom 25.05.2010, ABl. L 127 vom 26.05.2010, S. 19, lautet auszugsweise:
„Artikel 1
Diese Entscheidung gilt in den im Anhang genannten Mitgliedstaaten oder Teilgebieten derselben für die Bewegungen von Rindern von verschiedenen Haltungsorten zu Weideplätzen in Berggebieten in der Zeit vom 15. April bis zum 15. Oktober.
Artikel 2
(1) Jeder der in Artikel 1 genannten Weideplätze muss eine spezifische, in der nationalen Datenbank zu erfassende Registriernummer erhalten.
(2) Die für die Weideplätze zuständige Person erstellt eine Liste der Rinder, die für eine Bewegung im Sinne von Artikel 1 vorgesehen sind. Diese Liste muss mindestens enthalten:
? die Registriernummer des Weideplatzes
und für jedes Rind
? die individuelle Kennnummer des Tieres;
? die Kennnummer des Herkunftsbetriebes;
? das Datum der Ankunft auf dem Weideplatz;
? den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abtriebs.
(3) Die unter Ziffer 2 genannte Liste wird von dem für die Überwachung der Rinderbewegung zuständigen Tierarzt bestätigt.
(4) Die Angaben für die in Absatz 2 genannte Liste sind der zuständigen Behörde gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 spätestens 15 Tage nach dem Datum des Auftriebs der Tiere auf die Weide zu übermitteln.
(5) Alle Ereignisse wie Geburten, Todesfälle und andere Bewegungen, die während des Aufenthalts der Tiere auf der Weide eintreten, sind im Einklang mit den allgemeinen Bestimmungen in die nationale Datenbank für Rinder aufzunehmen. Die für den Weideplatz zuständige Person muss den für den Herkunftsbetrieb Verantwortlichen darüber so schnell wie möglich unterrichten. Auch das tatsächliche Datum des Abtriebs und der Zielort jedes Tieres muss im Einklang mit den allgemeinen Bestimmungen gemeldet werden.
[…].“
Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:
„Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:
[…].
18. „ermitteltes Tier“:
a) im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere ein Tier, das alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, […].“
„Artikel 15
Ausnahmen von der Anwendung von Verwaltungssanktionen
Die in diesem Kapitel vorgesehenen Verwaltungssanktionen finden keine Anwendung auf die Teile des Beihilfe- oder Zahlungsantrags, für die der Begünstigte die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfe- oder Zahlungsantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, die zuständige Behörde hat dem Begünstigten ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, bereits mitgeteilt oder ihn bereits über Verstöße in Bezug auf den Beihilfe- oder Zahlungsantrag unterrichtet.
Auf der Grundlage der Angaben des Begünstigten gemäß Absatz 1 wird der Beihilfe- oder Zahlungsantrag berichtigt, um die tatsächliche Situation widerzuspiegeln.“
„Artikel 30
Berechnungsgrundlage
(1) In keinem Fall kann die Beihilfe oder Stützung für mehr Tiere gewährt werden, als im Beihilfe- oder Zahlungsantrag angegeben sind.
(2) Die im Betrieb vorhandenen Tiere gelten nur als ermittelt, wenn sie im Beihilfe- oder Zahlungsantrag identifiziert sind. Identifizierte Tiere können ersetzt werden, ohne dass dies zum Verlust des Anspruchs auf Zahlung der Beihilfe oder Stützung führt, sofern die zuständige Behörde den Begünstigten nicht bereits über Verstöße in Bezug auf den Beihilfe- oder Zahlungsantrag unterrichtet oder ihm nicht bereits ihre Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, mitgeteilt hat. Mitgliedstaaten, die nicht von der Möglichkeit eines antragslosen Systems Gebrauch machen, stellen gemäß den von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 78 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erlassenen Vorschriften sicher, dass eindeutig feststeht, welche Tiere unter die Anträge der Begünstigten fallen.
(3) Liegt die Zahl der in einem Beihilfe- oder Zahlungsantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere, so wird der Beihilfe- oder Stützungsbetrag unbeschadet des Artikels 31 anhand der Zahl der ermittelten Tiere berechnet.
[…].
Artikel 31
Verwaltungssanktionen im Zusammenhang mit den im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere oder tierbezogenen Stützungsmaßnahmen gemeldeten Tieren
(1) Wird in Bezug auf Beihilfeanträge im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere oder in Bezug auf Zahlungsanträge im Rahmen einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme eine Differenz zwischen der angegebenen und der gemäß Artikel 30 Absatz 3 ermittelten Zahl der Tiere festgestellt, so ist der Gesamtbetrag, auf den der Begünstigte im Rahmen dieser Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr Anspruch hat, um den gemäß Absatz 3 dieses Artikels zu bestimmenden Prozentsatz zu kürzen, wenn bei höchstens drei Tieren Verstöße festgestellt werden.
(2) Werden bei mehr als drei Tieren Verstöße festgestellt, so ist der Gesamtbetrag der Beihilfe oder Stützung, auf den der Begünstigte im Rahmen der in Absatz 1 genannten Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr Anspruch hat, wie folgt zu kürzen:
a) um den gemäß Absatz 3 zu bestimmenden Prozentsatz, wenn dieser nicht mehr als 10 % beträgt;
b) um das Doppelte des gemäß Absatz 3 zu bestimmenden Prozentsatzes, wenn dieser mehr als 10 %, jedoch nicht mehr als 20 % beträgt.
Beträgt der nach Absatz 3 dieses Artikels bestimmte Prozentsatz mehr als 20 %, so wird im Rahmen der Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Beihilfe oder Stützung, auf die der Begünstigte gemäß Artikel 30 Absatz 3 Anspruch gehabt hätte, nicht gewährt.
Beträgt der nach Absatz 3 dieses Artikels bestimmte Prozentsatz mehr als 50 %, so wird im Rahmen der Beihilferegelung, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Beihilfe oder Stützung, auf die der Begünstigte gemäß Artikel 30 Absatz 3 Anspruch gehabt hätte, nicht gewährt. Darüber hinaus wird der Begünstigte mit einer zusätzlichen Sanktion in Höhe des Betrags belegt, der der Differenz zwischen der angegebenen und der gemäß Artikel 30 Absatz 3 ermittelten Zahl der Tiere entspricht. Kann dieser Betrag innerhalb der drei Kalenderjahre, die auf das Kalenderjahr der Feststellung folgen, nicht vollständig gemäß Artikel 28 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 verrechnet werden, so wird der Restbetrag annulliert.
[…].
(3) Zur Bestimmung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Prozentsätze wird bei den Beihilfe- oder Stützungsanträgen oder der Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr die Zahl der im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere, einer tierbezogenen Stützungsmaßnahme oder einer Vorhabenart angegebenen Tiere, bei denen Verstöße festgestellt wurden, durch die Zahl der für diese Beihilferegelung für Tiere, Stützungsmaßnahme oder Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme ermittelten Tiere dividiert.
Macht ein Mitgliedstaat von der Möglichkeit eines antragslosen Systems gemäß Artikel 21 Absatz 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 Gebrauch, gilt für die Zwecke dieses Absatzes, dass potenziell beihilfefähige Tiere, die im System zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren nicht ordnungsgemäß identifiziert bzw. registriert sind, als Tiere zählen, bei denen Verstöße festgestellt wurden, unabhängig davon, ob sie die Beihilfefähigkeitsbedingungen gemäß Artikel 53 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 erfüllen.
(4) Wird der Gesamtbetrag der Beihilfe oder Stützung, auf die der Begünstigte im Rahmen einer Beihilferegelung, einer Stützungsmaßnahme oder einer Vorhabenart im Rahmen einer solchen Stützungsmaßnahme für das betreffende Antragsjahr Anspruch hat, anhand der Anzahl der Tage berechnet, an denen sich die die Beihilfefähigkeitsbedingungen erfüllenden Tiere im Betrieb befinden, so wird auch die Zahl der Tiere, bei denen Verstöße gemäß den Absätzen 1 und 2 festgestellt wurden, anhand der Anzahl der Tage berechnet, an denen sich diese Tiere im Betrieb befinden.
Bei potenziell beihilfefähigen Tieren gemäß Absatz 3 Unterabsatz 2 wird die Zahl der Tiere, bei denen Verstöße festgestellt wurden, anhand der Zahl der Tage berechnet, an denen die Tiere für die Beihilfe oder Stützung infrage kommen.“
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17.07.2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 227 vom 31.07.2014, S. 69, im Folgenden VO (EU) 809/2014, lautet auszugsweise:
„Artikel 21
Anforderungen an Beihilfeanträge für Tiere und Zahlungsanträge im Rahmen tierbezogener Stützungsmaßnahmen
[…]
(4) Die Mitgliedstaaten können Verfahren einführen, wonach die Angaben in der elektronischen Datenbank für Tiere für den Beihilfe- oder Zahlungsantrag für Tiere herangezogen werden können, sofern die elektronische Datenbank für Tiere den für die ordnungsgemäße Verwaltung der Beihilferegelungen oder Fördermaßnahmen erforderlichen Zuverlässigkeits- und Durchführungsstandard für die einzelnen Tiere gewährleistet.
Die Verfahren gemäß Unterabsatz 1 können in einem System bestehen, bei dem der Begünstigte den Beihilfe- und/oder Zahlungsantrag für alle Tiere stellen kann, die zu einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitpunkt oder in einem vom Mitgliedstaat bestimmten Zeitraum nach den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Tiere beihilfe- und/oder förderfähig sind.
[…].“
Das Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, lautet auszugsweise:
„Fakultative gekoppelte Stützung
§ 8f. (1) Die in § 8 Abs. 1 Z 6 vorgesehene gekoppelte Stützung wird für Rinder, Schafe und Ziegen je aufgetriebene raufutterverzehrende Großvieheinheit (RGVE) gewährt.
(2) Die Umrechnung in RGVE wird folgendermaßen vorgenommen:
1. Rinder über 24 Monate 1,0 RGVE
2. Rinder über 6 bis 24 Monate 0,6 RGVE
3. Kälber bis 6 Monate 0,4 RGVE
4. Schafe und Ziegen über 12 Monate 0,15 RGVE
5. Schafe und Ziegen bis 12 Monate 0,07 RGVE
(3) Die gekoppelte Stützung beträgt
1. je Kuh bzw. je RGVE Mutterschafe und Mutterziegen 62 €
2. je sonstige RGVE 31 €.
(4) Die Anzahl der im jeweiligen Antragsjahr förderfähigen RGVE darf 290 000 nicht übersteigen.
[…].
Regelung für Auftreiber auf gemeinschaftlich genutzte Futterflächen
§ 8i. (1) Betriebsinhabern, die auf gemeinschaftlich genutzte Almen und Weiden Tiere auftreiben, wird die beihilfefähige Fläche entsprechend dem Anteil der von ihnen jeweils aufgetriebenen Tiere zugerechnet. Gemäß Art. 73 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. Nr. L 316 vom 30.11.2009 S. 1, finden Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn für den auftreibenden Betriebsinhaber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können.
(2) Abs. 1 findet auch auf rechtskräftig abgeschlossene Antragsjahre Anwendung, wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht wird und der Bescheid längstens innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor Inkrafttreten dieser Bestimmung in Rechtskraft erwachsen ist. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten dieser Bestimmung bei der AMA einzubringen, die darüber zu entscheiden hat.“
Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet auszugsweise:
„Fakultative gekoppelte Stützung
§ 13. (1) Die fakultative gekoppelte Stützung kann nur für jene auf Almen aufgetriebenen Rinder, Schafe und Ziegen gewährt werden, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rinder und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97, ABl. Nr. L 204 vom 11.08.2000 S. 1, bzw. gemäß der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Schafen und Ziegen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Richtlinien 92/102/EWG und 64/432/EWG, ABL. Nr. L 5 vom 09.01.2004 S. 8, gekennzeichnet und registriert sind. Ein Tier gilt jedoch auch dann als prämienfähig, wenn die Angaben gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 am ersten Tag der Alpung des betreffenden Tiers mitgeteilt worden sind.
(2) Die fakultative gekoppelte Stützung wird vom Betriebsinhaber mit der Einreichung des Mehrfachantrags-Flächen und der Almauftriebsliste gemäß § 22 Abs. 5 der Horizontalen GAP-Verordnung sowie für Rinder zusätzlich in Verbindung mit den Angaben aus der elektronischen Datenbank für Rinder betreffend die Alm/Weidemeldungen gemäß Art. 2 der Entscheidung 2001/672/EG mit besonderen Regeln für die Beweidung von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten, ABl. Nr. L 235 vom 04.09.2001, S. 23, beantragt.
(3) Die für die Gewährung der fakultativen gekoppelten Stützung maßgebliche Anzahl wird anhand der zum Stichtag 15. Juli gealpten Tiere des jeweiligen Betriebsinhabers ermittelt.
(4) Die Tiere müssen mindestens 60 Tage gealpt werden. Die Alpungsdauer beginnt mit dem Tag des Auftriebs, jedoch höchstens 15 Tage vor Abgabe der Alm/Weidemeldung für Rinder bzw. der Almauftriebsliste. Der Tag des Almabtriebs wird bei der Alpungsdauer nicht berücksichtigt. Als Almen sind die im Mehrfachantrag-Flächen des betreffenden Kalenderjahres unter der Nutzung „Alm“ angemeldeten Flächen einer im Almkataster eingetragenen Alm zu verstehen.
(5) Die Berechnung des Alters der aufgetriebenen Tiere erfolgt zum Stichtag 1. Juli des betreffenden Kalenderjahres. Als Mutterschafe bzw. Mutterziegen gelten weibliche Tiere, die zu diesem Stichtag mindestens 1 Jahr alt sind.
(6) Die Anzahl der im jeweiligen Antragsjahr förderfähigen RGVE darf folgende Obergrenzen nicht übersteigen:
1. bei Kühen 124 714 RGVE
2. bei sonstigen Rindern 149 262 RGVE
3. bei Mutterschafen und Mutterziegen 12 871 RGVE
4. bei sonstigen Schafen und Ziegen 3 153 RGVE“
Die Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 201/2008 idF BGBl. II Nr. 306/2016, lautet auszugsweise:
„Meldungen durch den Tierhalter
§ 6. (1) Innerhalb von sieben Tagen sind zu melden:
1. Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von kennzeichnungspflichtigen Tieren sowie Verbringungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
2. Verbringungen von Tieren zwischen Betrieben eines Tierhalters in verschiedenen Gemeinden unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,
3. der Auftrieb auf Almen/Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,
4. der Auftrieb auf Almen/Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, in der jeweils geltenden Fassung, vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Antrag gemäß
§ 21 der Horizontalen GAP-Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015, in der geltenden Fassung anderer Bewirtschafter enthalten sind.
Davon ausgenommen ist jedoch der Auftrieb auf Zwischenweiden (zum Beispiel Vorsäß, Maisäß, Nachsäß, Aste) desselben Tierhalters vor oder nach einem meldepflichtigen Auftrieb auf eine Alm oder Weide.
[…]
(5) Die Alm/Weidemeldung ist unter Verwendung eines von der AMA aufzulegenden Formblattes durchzuführen und postalisch oder online bei der AMA einzubringen. Die übrigen Meldungen nach Abs. 1 und 2 sind telefonisch, schriftlich oder online unbeschadet des § 5 Abs. 1 bei der AMA einzubringen.“
b) Rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurden die Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung reformiert. An die Stelle der Einheitlichen Betriebsprämie traten die Basisprämie und mehrere ergänzende Zahlungen, insbesondere die Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. „Greeningprämie“). An die Stelle der an die Produktion gekoppelt gebliebenen Mutterkuhprämie trat eine Prämie für den Auftrieb von Tieren auf Almen („gekoppelte Stützung“).
Wie bereits im Rahmen der Mutterkuhprämie kommt auch bei der gekoppelten Stützung gemäß Art. 21 Abs. 4 VO (EU) 809/2014 ein vereinfachtes Antrags-Verfahren zur Anwendung. Dabei werden gemäß § 13 Abs. 2 bis 5 Direktzahlungs-Verordnung 2015 die prämienfähigen Tiere unmittelbar auf Basis der Alm-/Weidemeldungen an die Rinderdatenbank ermittelt. Dabei stellt gemäß vgl. Art. 53 Abs. 4 VO (EU) 639/2014 iVm § 13 Abs. 1 Direktzahlungs-Verordnung 2015 auch im Rahmen der gekoppelten Stützung die Einhaltung der Bestimmungen der Rinderkennzeichnung eine Förderungsvoraussetzung dar.
Werden Rinder auf Almen aufgetrieben, ist dieser Umstand gemäß Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung der Kommission mit besonderen Regeln für die Bewegungen von Rindern im Fall des Auftriebs auf die Sommerweide in Berggebieten Nr. 2001/672/EG binnen 15 Tagen vom Bewirtschafter der Alm an die Rinderdatenbank zu melden.
Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass die verfahrensgegenständliche Almweidemeldung hinsichtlich der am 09.06.2020 auf die XXXX aufgetriebenen 11 Kühe und 5 sonstigen Rinder der BF von der dafür zuständigen Bewirtschafterin der XXXX nicht innerhalb der 15tägigen Frist und damit nicht rechtzeitig an die AMA gemeldet wurde. Daher kann für diese Tiere der BF für das Antragsjahr 2020 keine gekoppelte Stützung gewährt werden.
Aus Artikel 31 der VO (EU) 640/2014 folgt jedoch, dass nicht nur für diese 11 Kühe und 5 sonstigen Rinder für das Antragsjahr 2020 keine gekoppelte Stützung zu gewähren ist. Insgesamt wurde bei 16 Tieren – und damit bei mehr als drei Tieren – ein Meldeverstoß festgestellt. Insgesamt wurden 23 Tiere der Beschwerdeführerin im Antragsjahr 2020 auf Almen aufgetrieben und damit bei knapp 70 % (= mehr als 50 %) der von der Beschwerdeführerin im Antragsjahr 2020 aufgetriebenen Tieren ein Meldeverstoß festgestellt. Damit wurden gemäß Artikel 31 Absatz 2 der VO (EU) 640/2014 von der AMA rechtskonform für keines der von der Beschwerdeführerin auf eine Alm aufgetriebenes Tier im Antragsjahr 2020 eine gekoppelte Stützung gewährt. Auch die in der angefochtenen Entscheidung zusätzlich ausgesprochene zusätzliche Sanktion ergibt sich ebenfalls aus Artikel 31 Absatz 2 der VO (EU) 640/2014 und erfolgte damit ebenfalls rechtskonform.
Die Beschwerdeführerin hat sich nicht gegen die Anwendung von Artikel 31 Absatz 2 der VO (EU) 640/2014 gewandt und dagegen auch kein zu berücksichtigendes Vorbringen erstattet. Auch das erkennende Gericht vermag – selbst wenn die AMA in ihrer Aufbereitung für das BVwG ausführt, dass sich die Spruchpraxis nach Rücksprache mit dem zuständigen Ministerium aufgrund einer Rüge der Europäischen Kommission geändert habe, keine unrichtige Rechtsanwendung von Artikel 31 Absatz 2 der VO (EU) 640/2014 zu erkennen, zumal der Wortlaut dieser Bestimmung nach Auffassung des erkennenden Gerichtes unmissverständlich ist und zu jenem Ergebnis führt, das in der angefochtenen Entscheidung enthalten ist.
Sofern die BF sich auf ein mangelndes Verschulden beruft, da die Meldung nicht von ihr selbst, sondern von der Almbewirtschafterin der XXXX abgegeben worden sei, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach solche Meldungen der Almbewirtschafterin der XXXX der Beschwerdeführerin als Auftreiberin zuzurechnen sind (vgl. VwGH 17.06.2009, 2008/17/0224).
Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 26.08.2021 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des VwGH vom 17.06.2009, GZ. 2008/17/0224, auf eine „Macht über die Meldung“ hinweist, vermag diese Argumentation das erkennende Gericht nicht zu überzeugen, zumal die Beschwerdeführerin mit der Auswahl der XXXX , auf der ihre Tiere aufgetrieben wurden, auch die Bewirtschafterin dieser Alm mitausgewählt hat und damit unter Berücksichtigung eines Auswahlverschuldens der Bewirtschafterin der XXXX auch diese „Macht über die Meldung“ mitübertragen hat.
Eine Anwendung von § 8i MOG kommt – wie bereits von der AMA in der Aufbereitung für das BVwG zutreffend ausgeführt wurde – deswegen nicht in Frage, weil der Regelungsbereich dieser Bestimmung sich, wie bereits aus deren Überschrift erkennbar ist, auf gemeinschaftlich genutzte Futterflächen, und nicht auf den Bereich der gekoppelten Stützung, bezieht. Eine Anwendung von § 8i MOG auf den Bereich der gekoppelten Stützung kommt mangels einer hiezu erforderlichen gesetzlichen Grundlage nicht in Frage.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).
Die angefochtene Entscheidung der AMA erfolgte sohin rechtskonform und die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es ergaben sich auch sonst keine Hinweise auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. zur Rechtzeitigkeit einer Alm/Weidemeldung VwGH 29.08.2018, Ro 2014/17/0114, und EuGH 07.06.2018, Rs C-554/16, EP Agrarhandel GmbH, und zur Frage, ob Handlungen des Almbewirtschafters dem Auftreiber zuzurechnen sind, VwGH 17.06.2009, 2008/17/0224).
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:W114.2245084.1.00Im RIS seit
02.02.2022Zuletzt aktualisiert am
02.02.2022