TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 96/19/1651

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Veröffentlicht am 26.09.1996
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art6;
AufG 1992 §1 Abs3 Z1;
AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1996, Zl. 118.945/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes i. V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde bleibt die maßgebliche erkennbare Sachverhaltsannahme der belangten Behörde unbestritten, daß die vom Beschwerdeführer am 26. Februar 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17. März 1994 für nichtig erklärt wurde, weil sie in der ausschließlichen oder überwiegenden Absicht eingegangen wurde, dem Beschwerdeführer fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligungen zu verschaffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Eingehung einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Aus diesem Grunde liegt eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor, die zur Versagung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330, mit weiteren Hinweisen). Für die Entscheidung der belangten Behörde über das Vorliegen des eben dargestellten Grundes für die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung ist demnach die Frage, ob eine derartige nichtige Ehe vorliegt, als Vorfrage zu beurteilen.

Da die vom Beschwerdeführer eingegangene Ehe aus den von der Behörde wiedergegebenen Gründen für nichtig erklärt wurde, war diese an die Beurteilung dieser Vorfrage durch das Gericht gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1664).

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid mit dem Argument, Österreich habe durch seinen Beitritt zur Europäischen Union deren Vereinbarungen mit dem türkischen Staat übernommen, aus welchen sich ergebe, daß das Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrecht der bereits ansässigen Türken nicht auf der Grundlage der nationalen Ausländergesetzgebung wieder entzogen werden könne. Das Assoziationsrecht verleihe türkischen Zuwanderern einen Anspruch auf (gemeint wohl: die Verlängerung) eine(r) Aufenthaltserlaubnis, unabhängig von den Gründen, die für ihre Erteilung maßgeblich gewesen seien. Ein Entzug der Aufenthaltsberechtigung sei nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründe dringend geboten sei. Das Vorliegen derartiger Gründe habe die belangte Behörde aber nicht festgestellt; auch lägen solche Gründe in keiner Weise vor.

Soweit dieses Vorbringen dahingehend zu verstehen ist, daß sich der Beschwerdeführer (auch) in den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Rechten nach Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des auf Grund des am 12. September 1963 abgeschlossenen Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates verletzt erachtet, führt dies die Beschwerde aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg:

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG benötigen Fremde, wenn sie auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen, keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Träfen auf den Beschwerdeführer die in Art. 6 des in Rede stehenden Assoziationsratsbeschlusses umschriebenen Tatsachenvoraussetzungen zu, käme ihm nach dieser Rechtsgrundlage ein Aufenthaltsrecht zu, ohne daß es einer Bewilligung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes bedürfte.

In dieses Aufenthaltsrecht wäre daher durch den bekämpften Bescheid nicht eingegriffen worden. Die Rechtsstellung des Beschwerdeführers in Ansehung der ihm - allenfalls - durch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Berechtigung zum Aufenthalt ist von der Zugehörigkeit des angefochtenen Bescheides zum Rechtsbestand unabhängig (vgl. den hg. Beschluß vom 14. März 1996, Zl. 95/19/0125, und das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424).

Im übrigen tritt der Beschwerdeführer der Annahme der belangten Behörde, er verfüge nach Nichtigerklärung seiner Ehe über keine familiären Beziehungen in Österreich, nicht entgegen. Schützenswerte familiäre Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 MRK bestehen daher nicht.

Daß die belangte Behörde Feststellungen über private Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich, deren Anknüpfung nicht durch die Eingehung der für nichtig erklärten Ehe ermöglicht wurde, unterlassen hätte, wird in der Beschwerde nicht geltend gemacht. Ein Eingriff in ein durch die nichtige Ehe erst ermöglichtes Privatleben im Inland wäre aber im Hinblick auf die durch die Tatsache der Eingehung der Scheinehe gestörte öffentliche Ordnung gerechtfertigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0757).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996191651.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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