TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/1 I421 2244182-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2021
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Entscheidungsdatum

01.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2244182-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. MAROKKO, vertreten durch: BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 08.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer stellte am 05.06.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu am 06.06.2021 von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er dabei an, dass er hier arbeiten und seiner Familie zuhause helfen wolle.

2.       Noch am 06.06.2021 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) statt, in welcher der Beschwerdeführer seinen Asylantrag damit begründete, dass das Geld, das er bei einer internationalen Firma verdiente, nicht ausgereicht habe, um als ältester Sohn seine Familie zu unterstützen. Er wolle hier in Österreich arbeiten und die Familie in Marokko unterstützen.

3.       Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 08.06.2021 vor der belangten Behörde machte der Beschwerdeführer keine ergänzenden Angaben zu seinen Fluchtgründen.

4.       Mit Bescheid vom 08.06.2021, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Zugleich wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

5.       Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 05.07.2021, bei der belangten Behörde eingelangt am selbigen Tag, wegen Behördenwillkür, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden sei, sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang. Beantragt werde daher, das Bundesverwaltungsgericht möge den hier angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverweisen. Für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrags gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG feststellen, dass dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat zukommt; feststellen, dass die gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs 3 BVA-VG auf Dauer unzulässig ist; in eventu feststellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG vorliegen und dem Beschwerdeführer daher eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs 1 AsylG von Amts wegen zu erteilen ist; jedenfalls eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 1 VwGVG durchführen.

6.       Mit Schreiben vom 06.07.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck am 09.07.2021, wurde die Beschwerde samt Akt dem Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck vorgelegt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, ledige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Marokkos und in XXXX geboren. Er bekennt sich zum islamischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist gesund und arbeitsfähig. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19- Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

Der Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit (mindestens) 05.06.2021 in Österreich auf. Von 17.06.2021 bis zum 21.06.2021 war er in der Bundesbetreuungseinrichtung XXXX gemeldet. Seit 21.06.2021 ist er dort abgängig.

Die Familie bestehend aus seinen Eltern, seinem Bruder und seinen vier Schwestern lebt in Marokko. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

In Marokko besuchte der Beschwerdeführer zehn Jahre die Grundschule und arbeitete zuletzt fünf Jahre bei einer Firma als Installateur. Aufgrund seiner Ausbildung und Arbeitserfahrung in Marokko und seiner Gesundheit hat er eine Chance auch hinkünftig im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2.    Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass das Geld, das er verdient habe, nicht ausgereicht habe, um als ältester Sohn die Familie zu unterstützen. Er habe bei einer internationalen Firma gearbeitet, wobei der Vertrag immer nur für sechs Monate gewesen sei und er für die Verlängerung EUR 1000 Schmiergeld zahlen habe müssen. Als er dies nicht mehr gezahlt habe, sei der Vertrag nicht mehr verlängert worden. Er möchte hier in Österreich arbeiten und die Familie in Marokko unterstützen.

Der Beschwerdeführer reiste aus wirtschaftlichen Gründen aus seinem Herkunftsstaat aus. Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer war im Herkunftsstaat weder einer privaten noch einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt und wurde dies von ihm während des Verfahrens auch nicht behauptet.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Marokko aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.

Der Beschwerdeführer muss bei seiner Rückkehr nach Marokko nicht mit einer Verfolgung rechnen und wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Als Grund für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat Marokko gab er lediglich wirtschaftliche Erwägungen bzw. mangelnde Arbeitsmöglichkeiten in Marokko an.

1.3.    Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Gemäß § 1 Z 9 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.06.2021 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko hinsichtlich der relevanten Punkte auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt und wird dazu ausgeführt:

COVID-19 Situation in Marokko:

Zur Corona-Pandemie ist festzuhalten, dass es in Österreich bis 20.09.2021 insgesamt 721.832 laborbestätigte Fälle und 10.678 Verstorbene gab (vgl. https://coronavirus.datenfakten.at/dashboard.html), in Marokko wurden bis zum 20.09.2021 918.126 Infizierte und 13.876 Todesfälle gemeldet. Bis zum 19.09.2021 wurden in Marokko insgesamt 38.436.040 Impfstoffdosen verabreicht (vgl. https://covid19.who.int/region/emro/country/ma).

Die absoluten Zahlen sind daher durchaus vergleichbar, doch muss berücksichtigt werden, dass Marokko mit 36 Millionen weitaus mehr Einwohner hat als Österreich. In Relation zur Einwohnerzahl liegt die Infektions- sowie die Sterberate in Marokko somit prozentual noch deutlich unter jener von Österreich.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zudem mit nur geringen Symptomen vergleichbar einer Grippe. Bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre ist die Sterblichkeit sehr gering und liegt unter 1%.

Viele Arbeitnehmer oder Kleinstunternehmer in Marokko haben im Zuge der COVID-19-Pandemie ihre Arbeitsplätze und Einnahmequellen verloren. Der Export ist stark rückläufig, die Tourismuseinnahmen sind eingebrochen. Es gibt Direktzahlungen aus dem staatlichen Krisenfonds an Haushalte, eine Stundung von Krediten, eine Ankündigung zur Unterstützung der Wirtschaft, eine Aussetzung von Steuerprüfungen und von Zöllen auf bestimmte Grundnahrungsmittel. Gemessen am Prozentsatz des BIP steht Marokko bei der Mobilisierung von Ressourcen weltweit an 4. Stelle (ÖB Rabat 5.2020). Für die Dauer der Pandemie wurde eine Art bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt, das auch die im informellen Sektor beschäftigten Menschen erhalten. Die Hilfe kommt 4,3 Millionen Menschen zugute (i.d.R. werden die Familienoberhäupter gezählt) (Focus 6.7.2020).

Im Gesundheitsbereich ist die Situation unter Kontrolle. Es gibt keinen Wasser- oder Nahrungsmittelengpass (ÖB Rabat 5.2020).

König Mohammed VI gab Anfang Dezember den Auftrag an seine Regierung, dass all seinen Staatsbürgern und ansässigen Ausländern ein gratis Impfschutz gegen COVID-19 bereitgestellt werden soll. Seit 29. Januar ist die Impfkampagne angelaufen, es werden je nach verfügbarem Impfstoff bis zu 400.000 Menschen pro Tag geimpft (WKÖ).

Quellen:

?        AGES: FAQ Coronavirus, https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

?        Focus (6.7.2020): Mehrere Millionen Tote erwartet: Die schlimmste Corona-Epidemie droht der Welt erst noch, https://www.focus.de/gesundheit/news/corona-in-afrika-die-schlimmste-epidemie-droht-der-welt-erst-noch_id_12170350.html

?        ÖB Rabat –Österreichische Botschaft Rabat (5.2020): Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation per E-Mail

?        WKÖ, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-in-marokko.html

Zur aktuellen Lage in Marokko werden zudem folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Marokko ist eine islamisch legitimierte Monarchie mit konstitutionellen und demokratischen Elementen. Die zentralen politischen Vorrechte und die Führung des Landes liegen bei König Mohammed VI. Seit der Verfassungsreform von 2011 wird die Regierung durch das Parlament gebildet (AA 9.2.2021a; vgl. AA 31.1.2021; UDSOS 11.3.2020). Laut der Verfassung vom 1.7.2011 ist Marokko eine konstitutionelle, demokratische und soziale Erbmonarchie, mit direkter männlicher Erbfolge und dem Islam als Staatsreligion. Abweichend vom demokratischen Grundprinzip der Gewaltenteilung kontrolliert der König in letzter Instanz die Exekutive, die Judikative und teilweise die Legislative (GIZ 12.2020a; vgl. ÖB 5.2019). Im Zusammenhang mit den Protestbewegungen in Nordafrika im Frühjahr 2011 leitete der König im Jahr 2011 eine Verfassungsreform und vorgezogene Neuwahlen ein. Proteste im Norden des Landes sind vor allem Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Umsetzung sozio-ökonomischer Reformen, die schleppend verläuft (GIZ 12.2020a). Die Verfassung vom 1.7.2011 brachte im Grundrechtsbereich einen deutlichen Fortschritt für das Land; in Bezug auf die Königsmacht jedoch nur eine Abschwächung der absolutistischen Stellung. Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die neue Verfassung aufgewertet und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Die Judikative wird als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks und balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist jedoch in der Verfassung vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 5.2019).

Einige Schlüsselministerien sind in Marokko der Kontrolle des Parlamentes und des Premierministers entzogen. Dies betrifft folgenden vier Ressorts: Inneres, Äußeres, Verteidigung, Religiöse Angelegenheiten und Stiftungen. Soziale Reformen während der Regentschaft Mohamed VI sollten mehr Wohlstand für alle bringen - doch faktisch nahm die ohnehin starke Kontrolle der Königsfamilie und ihrer Entourage über die Reichtümer und Ressourcen des Landes weiter zu. Abweichend vom demokratischen Grundprinzip der Gewaltenteilung kontrolliert der König in letzter Instanz die Exekutive, die Judikative und teilweise die Legislative; der König ernennt auch Regierungschef „Président du Gouvernement“, wie auch den Vorsitzenden des obersten Richterrats „Conseil supérieur du pouvoir judiciaire“ (GIZ 12.2020a).

Das marokkanische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Unterhaus (Chambre des Représentants, Madschliss an-Nuwwab) und dem Oberhaus (Chambre des conseillers, Madschliss al-Mustascharin). Die Abgeordneten des Unterhauses werden alle fünf Jahre in direkten allgemeinen Wahlen neu gewählt. Das Unterhaus besteht aus 395 Abgeordneten. Entsprechend einer gesetzlich festgelegten Quote sind mindestens 12% der Abgeordneten Frauen. Das Oberhaus (Chambre des Conseillers) besteht aus mindestens 90 und maximal 120 Abgeordneten, die in indirekten Wahlen für einen Zeitraum von sechs Jahren bestimmt werden. Der König ist Vorsitzender des Ministerrates, hat Richtlinienkompetenz und ernennt den Regierungschef aus der Partei die bei den Wahlen als Sieger hervorgeht (GIZ 12.2020a).

In Marokko haben am 7.10.2016 Wahlen zum Repräsentantenhaus stattgefunden. Als stärkste Kraft ging die seit 2011 an der Spitze der Regierung stehende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung („Parti de la Justice et du Développement“) hervor. Am 5.4.2017 ernannte König Mohammed VI Saad-Eddine El Othmani zum Premier-Minister. Größte Oppositionspartei ist die Partei für Authentizität und Modernität (PAM). Sie rangiert an zweiter Stelle mit 102 Sitzen und konnte ihre Stimmengewinne mehr als verdoppeln und gilt daher als heimliche Siegerin. Dahinter gereiht ist mit 46 Sitzen die traditionsreiche Unabhängigkeitspartei (PI – Parti de l'Istiqlal), dahinter andere Parteien (GIZ 12.2020a).

Seit Anfang 2017 ist Marokko wieder offiziell Mitglied der Afrikanischen Union (GIZ 12.2020a).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.2.2021a): Marokko - Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/politisches-portrait/224120, Zugriff 11.3.2021

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 11.3.2021

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2020a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 11.3.2021

?        ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko

?        USDOS - United States Department of State [USA] (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/MOROCCO-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 2.4.2020

Sicherheitslage

Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 15.3.2021). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 15.3.2021). In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (FD 15.3.2021), bzw. wird von Reisen abgeraten (AA 15.3.2021).

Die Westsahara darf nur nach Genehmigung durch die marokkanischen Behörden und nur auf genehmigten Strecken bereist werden (FD 15.3.2021). Zusätzlich besteht für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara eine Reisewarnung (AA 15.3.2021 ; vgl. FD 15.3.2021, BMEIA 15.3.2021).

Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko terroristischer Angriffe. Im Dezember 2018 wurden zwei Touristinnen auf einer Wandertour in der Nähe des Mont Toubkal im Atlasgebirge Opfer eines Gewaltverbrechens mit terroristischem Hintergrund (AA 15.3.2021; vgl. EDA 15.3.2021). In Teilen der Sahara und des Sahels besteht das Risiko von Entführungen (EDA 15.3.2021).

Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich (EDA 15.3.2020; vgl. BMEIA 15.3.2021). In der Region Rif kann es zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in Drogenproduktion und -handel involviert sind (FD 15.3.2021; vgl. BMEIA 15.3.2021; EDA 15.3.2021).

In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu. Die Grenze zu Algerien ist seit 1994 geschlossen (EDA 15.3.2021; vgl. AA 15.3.2021).

Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Es wird sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden (EDA 15.3.2021).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.3.2021): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 15.3.2021

?        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres [Österreich] (15.3.2021): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 15.3.2021

?        EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (15.3.2021): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 15.3.2021

?        FD - France Diplomatie [Frankreich] (15.3.2021): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#derniere_nopush, Zugriff 15.3.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Der Grundrechtskatalog (Kapitel I und II) der Verfassung ist substantiell; wenn man noch die durch internationale Verpflichtungen übernommenen Grundrechte hinzuzählt, kann man von einem recht umfassenden Grundrechtsrechtsbestand ausgehen. Als eines der Kerngrundrechte fehlt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Verfassung selbst stellt allerdings den Rechtsbestand unter den Vorbehalt der traditionellen „roten Linien“ - Monarchie, islamischer Charakter von Staat und Gesellschaft, territoriale Integrität (i.e. Annexion der Westsahara) - quasi als „Baugesetze“ des Rechtsgebäudes. Der vorhandene Rechtsbestand, der mit der neuen Verfassungslage, v.a. in Bereichen wie Familien- und Erbrecht, Medienrecht und Strafrecht, teilweise nicht mehr konform ist, gilt weiterhin (ÖB 5.2019). In den Artikeln 19 bis 35 garantiert die Verfassung die universellen Menschenrechte (AA 31.1.2021).

Staatliche Repressionsmaßnahmen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sind nicht festzustellen. Gewichtige Ausnahme: wer die Vorrangstellung der Religion des Islam in Frage stellt, die Person des Königs antastet oder die Zugehörigkeit der Westsahara zu Marokko anzweifelt. Obwohl Kritik an den Staatsdoktrinen strafrechtlich sanktioniert wird, werden entsprechende Verurteilungen in den vergangen Jahren eher selten bekannt. Marokkanische NGOs sind der Auffassung, dass administrative Schikanen eingesetzt und Strafverfahren zu anderen Tatbeständen (z. B. Ehebruch oder Steuervergehen) angestoßen oder auch konstruiert werden, um politisch Andersdenkende sowie kritische Journalisten einzuschüchtern oder zu verfolgen (AA 31.1.2021).

Im Mai 2017 stellte sich Marokko dem Universellen Staatenüberprüfungsverfahren (UPR) des UN-Menschenrechtsrats. Marokko akzeptierte 191 der 244 Empfehlungen (AA 31.1.2021).

Gesetzlich sind Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, einige Gesetze schränken jedoch die Meinungsfreiheit im Bereich der Presse und den sozialen Medien ein (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 31.1.2021). Es kommt vereinzelt zur Strafverfolgung von Journalisten. Staatliche Zensur existiert nicht, sie wird durch die Selbstzensur der Medien im Bereich der drei Tabuthemen ersetzt. Ausländische Satellitensender und das Internet sind frei zugänglich. Die unabhängige Presse wurde in der Covid-19-Krise ruhig gestellt (Stopp von Printmedien, Online-Berichterstattung weitgehend über offizielle Kommuniqués, Gesetzentwurf gegen Nutzung sozialer Medien) (AA 31.1.2021).

Gesetzlich unter Strafe gestellt und aktiv verfolgt sind und werden kritische Äußerungen betreffend den Islam, die Institution der Monarchie und die offizielle Position der Regierung zur territorialen Integrität und den Anspruch auf das Gebiet der Westsahara (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 13.1.2021, AA 31.1.2021, FH 3.3.2021), sowie Kritik an Staatsinstitutionen oder das Gutheißen von Terrorismus. Für Kritik in diesen Bereich können weiterhin Haftstrafen verhängt werden. Zwischen September 2019 und Januar 2020 verhafteten und verfolgten die Behörden in verschiedenen Städten mindestens zehn Aktivisten, Künstler, Studenten oder andere Bürger, weil sie sich in sozialen Medien kritisch über die Behörden äußerten. Sie wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, unter anderem wegen "mangelnden Respekts vor dem König", "Diffamierung staatlicher Institutionen" und "Beleidigung von Amtsträgern" (HRW 13.1.2021).

Verfolgung wegen politischer Überzeugungen erfolgt zwar nicht systematisch flächendeckend, bleibt aber ein reelles Risiko für politisch aktive Personen außerhalb des politischen Establishments und Freigeister. Parameter des „Wohlverhaltens“ sind die „roten Linien“ (Monarchie, Islam, territoriale Integrität) sowie der Kampf gegen den Terrorismus. Wer sich dagegen kritisch äußert oder dagegen politisch aktiv wird, muss mit Repression rechnen. Durch Fokussierung auf Einzelfälle, deren Publizierung gar nicht behindert wird, entsteht eine generalpräventive Grundstimmung: die Marokkaner wissen sehr gut abzuschätzen, wann sie mit Äußerungen in tiefes Wasser geraten könnten. Dies hindert aber nicht, dass Jugend, Menschenrechtsaktivisten, Interessensvertreter dennoch laufend ihre Stimme erheben, wobei nicht jede kritische oder freiherzige Äußerung unbedingt Konsequenzen haben muss; insbesondere Medien und Persönlichkeiten mit großer Visibilität wird ein gewisser Freiraum zugestanden. Gegenüber Regierung, Ministern und Parlament etwa kann ganz freimütig Kritik geübt werden. Die „kritische Masse“ für das Eingreifen der Obrigkeit scheint erst beim Zusammentreffen mehrerer Faktoren zustande zu kommen: Etwa Infragestellen des Autoritätsgefüges (Königshaus, Sicherheitskräfte) oder Kritik am Günstlingsumfeld des Hofes („Makhzen“) verbunden mit publizitärer Reichweite des Autors (ÖB 5.2019).

Die – auch im öffentlichen Raum kaum kaschierten – Überwachungsmaßnahmen erstrecken sich auch auf die Überwachung des Internets und elektronischer Kommunikation, wobei Aktivisten, die für eine unabhängige Westsahara eintreten – vor allem im Gebiet der Westsahara selbst – besonders exponiert sind (ÖB 5.2019).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der Verfassung von 2011 verfassungsrechtlich geschützt, werden aber durch die „roten Linien“ Glaube, König, Heimatland eingeschränkt (AA 31.1.2021). Versammlungen von mehr als drei Personen sind genehmigungspflichtig (USDOS 11.3.2020). Die Behörden gehen meist nicht gegen öffentliche Ansammlungen und die häufigen politischen Demonstrationen vor, selbst wenn diese nicht angemeldet sind (AA 31.1.2021; vgl. USDOS 11.3.2020). In Einzelfällen kommt es jedoch zur gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen (AA 31.1.2021; vgl. FH 3.3.2021; USDOS 11.3.2020; HRW 13.1.2021).

2017 gab es eine Vielzahl von Protesten gegen staatliches Versagen, Korruption und Machtwillkür in der Rif-Region, die unter dem Schlagwort „Hirak“ zusammengefasst werden. Berichtet wurde von zunehmend hartem Durchgreifen der Sicherheitskräfte, Videos von Polizeieinsätzen wurden durch Aktivisten in Facebook hochgeladen (AA 31.1.2021).

Obwohl verfassungsmäßig Vereinigungsfreiheit gewährleistet ist, schränkt die Regierung dieses Recht manchmal ein (USDOS 11.3.2020). Organisationen wird die offizielle Registrierung verweigert (HRW 13.1.2021). Politischen Oppositionsgruppen und Organisationen, die den Islam als Staatsreligion, die Monarchie, oder die territoriale Integrität Marokkos infrage stellen, wird kein NGO-Status zuerkannt (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2046530.html, Zugriff 12.3.2021

?        HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Morocco/Western Sahara, 13 January 2021
https://www.ecoi.net/en/document/2043675.html, Zugriff 12.3.2021

?        ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

?        USDOS - United States Department of State [USA] (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/MOROCCO-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 2.4.2020

Bewegungsfreiheit

Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Behörden respektieren diese Rechte üblicherweise (USDOS 11.3.2020).

Sahrawis/Sahraouis genießen innerhalb Marokkos uneingeschränkte Bewegungsfreiheit (AA 31.1.2021). Die Regierung stellte Sahrawis weiterhin Reisedokumente zur Verfügung, und es wurden keine Fälle von Behörden gemeldet, die Sahrawis daran hinderten, das Land zu verlassen (USDOS 11.3.2020).

Wer nicht per Haftbefehl gesucht wird, kann unter Beachtung der jeweiligen Visavorschriften in der Regel problemlos das Land verlassen. Dies gilt auch für bekannte Oppositionelle oder Menschenrechtsaktivisten (AA 31.1.2021).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        USDOS - United States Department of State [USA] (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Morocco, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/MOROCCO-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 2.4.2021

Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 31.1.2021).

Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 12.2020c).

Ein gravierendes Problem bildet nach wie vor die Arbeitslosigkeit 2018 (laut IMF bei 9,8%, Dunkelziffer liegt wesentlich höher), vor allem unter der Jugend (ÖB 5.2019). Entwicklungsproblematisch für Marokko ist die Jugendarbeitslosigkeit und der Mangel an Arbeitsplätzen (GIZ 12.2020c).

Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an dritter Stelle. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens verteilt der Staat Subventionen: Diese wurden in den letzten Jahren allerdings gekürzt, von 5 Mrd. Euro auf voraussichtlich umgerechnet 1,2 Mrd. Euro in 2018. Für das Jahr 2020 wurde eine Erhöhung auf 1,4 Mrd. Euro angekündigt.Derzeit werden Kochgas, Mehl und Zucker subventioniert, seit Corona außerdem nicht medizinische Mund-Nase-Masken. Die Staatsverschuldung nimmt trotz Subventionskürzungen und Privatisierungen zu (GIZ 12.2020c).

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 5.2019).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2020c): LIPortal - Marokko – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.3.2021

?        ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

Medizinische Versorgung

Politisch verantwortlich für die medizinische Versorgung ist das Gesundheitsministerium. Die meisten Marokkaner müssen für ihre Gesundheit allein vorsorgen. Wer einen formellen Arbeitsvertrag hat, ist zwar offiziell krankenversichert, aber viele Leistungen müssen trotzdem aus eigener Tasche bezahlt werden. Patienten mit geringem Einkommen haben seit 2002 die Möglichkeit, sich im Rahmen der öffentlichen Assurance Maladies Obligatoire (AMO) oder des Gesundheitssystems Régime d'Assistance Médicale (RAMED) behandeln zu lassen (GIZ 12.2020b).

Es gibt ein an die Beschäftigung geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem (CNSS). Seit 2015 können sich unter bestimmten Umständen auch Studierende und sich legal im Land aufhaltende Ausländer versichern lassen. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ zur kostenfreien Behandlung erhalten (AA 31.1.2021).

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 31.1.2021).

Rund 30.000 Menschen in Marokko sollen mit HIV infiziert sein. Knapp 50% der Infizierten sind weiblich. Prostitutierte und Homosexuelle sind überdurchschnittlich oft betroffen. Damit hat Marokko in der MENA-Region eine Spitzenposition inne (GIZ 10.2020b). Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 31.1.2021).

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3% der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis („Carte RAMED“), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 5.2019). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 31.1.2021).

Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen 2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 5.2019).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.3.2021): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 15.3.2021

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2020b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 15.3.2021

?        ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet (AA 31.1.2021).

Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 5.2019).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021

?        ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko mit Stand 18.03.2021.

Darüber hinaus wurden Auskünfte aus dem Zentralen Fremdenregister, der Grundversorgung und dem Strafregister eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.3.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen auf den diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 06.06.2021, AS 23 ff) und vor der belangten Behörde (Protokoll vom 06.06.2021, AS 33 ff). Der Beschwerdeführer gab vor der Landespolizeidirektion Niederösterreich an, den Namen XXXX zu haben (AS 3), erklärte diesbezüglich vor der belangten Behörde, dass er bei der Polizei den Namen in arabischer Schrift aufgeschrieben hätte und er nicht sagen könne, wie sein Namen übersetzt worden sei und sein Name XXXX sei und er am XXXX geboren sei (Protokoll vom 06.06.2021, AS 43). Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Im Verfahren behauptete er, seinen Reisepass an der Grenze zu Griechenland auf der türkischen Seite begraben zu haben.

Die Feststellung zu seinem Gesundheitszustand basiert auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, zumal er anführte, dass alles in Ordnung sei (Protokoll vom 06.06.2021, AS 43), worauf in der Folge unter Berücksichtigung seines erwerbsfähigen Alters die Feststellung zu dessen Arbeitsfähigkeit fußt. Daher haben sich auch keine Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des Beschwerdeführers zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19- Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202 ergeben.

Die Feststellung zu den in Marokko lebenden Familienangehörigen gründet auf den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme. Hierbei führte er zudem aus, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Familie habe (Protokoll vom 06.06.2021, AS 47). Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 06.06.2021, AS 45) sowie aus dem Umstand seines erst sehr kurzen Aufenthalts in Österreich.

Glaubhaft erachtet der erkennende Richter die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich seiner Schulausbildung und seiner Arbeit als Installateur (Protokoll vom 06.06.2021, AS 24, 37).

Die Feststellung zur mangelnden Erwerbstätigkeit in Österreich gründet auf dem eingeholten Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des Beschwerdeführers, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet basiert auf einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Aus dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung mehr bezieht und seit 21.06.2021 aus der Bundesbetreuungseinrichtung abgängig ist.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 09.07.2021.

Dass der Beschwerdeführer keine Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht aufweist, ergibt sich aus dem Umstand, dass er solche im Verfahren weder dargelegt noch formell nachgewiesen hat.

2.4.    Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hatte, somit weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde.

Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung glaubhaft an, Marokko verlassen zu haben, weil er hier arbeiten und seiner Familie helfen wolle. Auf Nachfrage, was er im Falle einer Rückkehr zu befürchten hätte, gab er zu Protokoll, keine Probleme mit den Behörden zu haben, er wolle nur arbeiten und seine Familie versorgen (Protokoll vom 06.06.2021, AS 28).

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde konkretisierte der Beschwerdeführer, dass das Geld, das er verdient habe, nicht ausgereicht habe, um als ältester Sohn die Familie zu unterstützen. Er habe bei einer internationalen Firma gearbeitet, wobei der Vertrag immer nur für sechs Monate gewesen sei und er für die Verlängerung EUR 1000 Schmiergeld zahlen habe müssen. Als er dies nicht mehr gezahlt habe, sei der Vertrag nicht mehr verlängert worden. Auch vor der belangten Behörde bejahte er, dass er Marokko nicht aufgrund einer Verfolgung oder Bedrohung verlassen habe, sondern ausschließlich wegen der mangelnden Arbeitsmöglichkeiten (Protokoll vom 06.06.2021, AS 48 f).

Letztlich gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahme am 08.06.2021 vor der belangten Behörde unter anderem zu Protokoll, dass er im Falle einer Rückkehr nach Marokko nur finanzielle Engpässe zu befürchten hätte und führte weiters aus, dass Marokko grundsätzlich ein schönes Land sei. Auf die Frage, ob er im Falle eines negativen Asylantrages bereit wäre, freiwillig zurückzukehren, meinte er: „Ich werde freiwillig zurückkehren“. (Protokoll vom 08.06.2021, AS 143)

Zusammengefasst lässt sich aus dem Vorbringen keine aktuelle, gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr ableiten. Vielmehr gab der Beschwerdeführer selbst zu Protokoll Marokko nicht aufgrund einer Verfolgung oder Bedrohung verlassen zu haben. Der Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer Marokko aus finanziellen Problemen verlassen hat, ist daher zu folgen.

Aus dem zitierten Länderinformationsblatt ergibt sich, dass die Arbeitslosigkeit zwar weiterhin ein Problem darstellt, das nationale Arbeitsmarktservice aber eine Internet-Plattform zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt und auch Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden. Von der marokkanischen Regierung wird auch ein Programm zur Armutsbekämpfung und des sozialen Wohnbaus geführt und ist eine medizinische Behandlung auch für nicht krankenversicherte Personen mit sehr geringem Einkommen durch das System RAMED gesichert.

In weiterer Folge führt eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Marokko nicht automatisch dazu, dass er einer wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Auch ist er angesichts der weitgehend stabilen Sicherheitslage nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Aufgrund seiner Schulausbildung und Arbeitserfahrung als Installateur wird es ihm im Falle einer Rückkehr möglich sein, sich in den marokkanischen Arbeitsmarkt zu integrieren und seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Wenn er ausführt, dass er nicht genug Geld verdiene, um für die ganze Familie sorgen zu können, so ist darauf Bedacht zu nehmen, dass seine Geschwister selbst in einem erwerbsfähigen Alter sind und seine Eltern auch derzeit ohne seine Hilfe von der Landwirtschaft leben (Protokoll vom 06.06.2021, AS 47). Da der Beschwerdeführer im Herkunftsland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und keine sonstigen außergewöhnlichen Umstände vorliegen, ist es für das erkennende Gericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass dem Beschwerdeführer in Marokko keine Gefahren drohen, die einen subsidiären Schutz rechtfertigen würden.

Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.

2.4.    Zu den Länderfeststellungen:

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund drei Monaten haben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben und wird Marokko wie schon zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung weiterhin als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 9 HStV geführt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder im Administrativverfahren noch im Beschwerdeverfahren substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.4. bereits dargelegt wurde, konnten keine konkreten, gegen den Beschwerdeführer persönlich gerichteten Verfolgungshandlungen festgestellt werden, zumal der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen nur mit wirtschaftlichen Gründen begründete und eine asylrelevante Verfolgung nicht behauptete.

Der Beschwerdeführer brachte selbst zu Protokoll, dass er nur arbeiten wolle, das sei sein einziges Interesse, er habe keine politischen Interessen, nur arbeiten (Protokoll vom 06.06.2021, AS 51). Da der Beschwerdeführer Marokko nur verlassen hat, um im Ausland arbeiten zu können und mehr Geld zu verdienen, sich der Beschwerdeführer sohin nicht aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden außerhalb von Marokko befindet, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht vor.

Der Beschwerdeführer machte keine Furcht vor Verfolgung aus einem Konventionsgrund geltend und stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Stammrechtssatz (E 20.02.1985, 85/01/0052) dazu bereits fest, dass allein wirtschaftliche Gründe eine Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu rechtfertigen vermögen.

Daher ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Marokko keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz zukommt. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiären Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides)

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, w

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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