Entscheidungsdatum
28.10.2021Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W120 2243474-2/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Eisner als Vorsitzenden, Mag. Dr. Wolfgang Wimmer, MBA MBL LL.M., als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und Mag. Matthias Wohlgemuth als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite über die Anträge vom 7. Juni 2021 vom XXXX , vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek, Rechtanwalt in 1070 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ zu Los 6 der „Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH“, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag,
„[d]as Bundesverwaltungsgericht möge ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären“,
wird betreffend das Los 6 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2021 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten im Wesentlichen vor:
1.1. Die Berechnung der Punkte im Zuschlagskriterium Preis gemäß Punkt 6.4.2 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei folgendermaßen erfolgt: Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhalte 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis würden 0,5 Preispunkte abgezogen werden; das Ergebnis fließe mit 60-%-Gewichtung in die Bewertung ein; es seien daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen. Die Ermittlung erfolge auf zwei Kommastellen kaufmännisch gerundet. Für die teureren Angebote komme folgende Formel zur Anwendung: (100-%-Abstand zum Billigstangebot *0,5)*0,6.
Die vergebende Stelle habe in der am 28. Mai 2021 versendeten Zuschlagsentscheidung die Punkte im Preiskriterium falsch berechnet. Statt der mathematischen Formel „(100-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5)* XXXX “ werde die unrichtige Formel „( XXXX -%-Abstand zum Billigstangebot*0,5)“ angewendet.
1.2. Es werde darauf hingewiesen, dass in Los 6 eine vertiefte Angebotsprüfung aufgrund auffällig niedriger Preise durchzuführen gewesen wäre. Der angebotene Preis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liege XXXX % über dem nächstangebotenen Preis. Bei einer solchen Preisabweichung sei es undenkbar, dass die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit der angebotenen Preise vorliegen könne. Es sei nämlich faktisch unmöglich, qualifizierte Fachkräfte gemäß dem SWÖ-Kollektivvertrag für die AHS-Betreuung zu diesem Preis anzustellen. Ebenso wenig könnten Aufwendungen für fachliche Supervisionen und Weiterbildungen enthalten seien. Die geforderte vertiefte Angebotsprüfung sei vom Auftraggeber nicht durchgeführt worden.
1.3. Aufgrund nicht geregelter Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen sei es für die Bewertungskommission nicht möglich, die im Konzept zu bewertenden Punkte ausschreibungskonform zu bewerten. In den Ausschreibungsunterlagen sei lediglich ein allgemeiner Punkteschlüssel für eine Gesamtbewertung des Konzeptes festgelegt. Welche Gewichtung den einzelnen im Konzept darzustellenden Punkten (Rekrutierung von geeignetem Personal, Ausmaß der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen etc.) beigemessen werden solle, sei für die Kommissionsmitglieder hingegen unklar.
Da die Kommissionsmitglieder gar nicht wissen würden, auf welche Punkte im Konzept der Fokus zu legen sei, gebe es keine andere Möglichkeit als eine völlig willkürliche Konzeptbewertung vorzunehmen. Widersprüchlich sei darüber hinaus, dass der bereits erwähnte Punkteschlüssel lediglich eine Gesamtbewertung für das Konzept vorsehe, aber dennoch von „Subkriterien“ in den Ausschreibungsunterlagen die Rede sei. Diese Subkriterien seien in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nicht bekanntgegeben worden. Es handle sich dabei um einen formalen Mangel.
Es sei widersprüchlich, dass „für jedes Subkriterium“ 24 Punkte vergeben werden würden, jedoch würden insgesamt nur 24 Punkte für das Konzept zur Verfügung stehen. Folglich gebe es keinen Bewertungsschlüssel für die Subkriterien.
1.4. Darüber hinaus würden nur fachkundige Personen als Kommissionsmitglieder herangezogen werden dürfen. Angesichts des Kindeswohls gehe es daher auch um die Frage der Qualifikation der beteiligten Experten: Es gebe unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisstände im Umgang mit Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung.
Ob die Angebotsbewertung den fundamentalen Grundsätzen des Vergaberechtes entsprechend durchgeführt worden sei, sei insbesondere nur dann überprüfbar, wenn die Mitglieder der Bewertungskommission (spätestens) in der Zuschlagsentscheidung bekanntgegeben werden würden. Andernfalls sei dem Bieter jede Möglichkeit verwehrt, etwaige Bedenken gegen Kommissionsmitglieder insbesondere in Hinblick auf Interessenskonflikte oder eine fehlende Fachkunde zu überprüfen. Es handle sich dabei um einen Mangel, der ebenfalls wie beispielsweise eine fehlende verbale Begründung innerhalb der Zuschlagsfrist bekämpft werden könne.
Die Bekanntgabe der Namen der Jurymitglieder sei in Punkt 6.4.6 der Allgemeinen Ausschreibungsunterlagen mit der Begründung ausgeschlossen worden, öffentliche Interessen schützen zu wollen. Die Zusammensetzung der Bewertungskommission stelle einen derart elementaren Grundpfeiler des gesamten Vergabeverfahrens dar, dass bereits der Ausschluss der Veröffentlichung vergaberechtswidrig sei und nicht dem sachgerechten Vorgehen einer öffentlichen Beschaffungsstelle entspreche, sondern diese Vorgehensweise (der Ausschluss) grundsätzlich zu hinterfragen sei. Sofern eine Präklusion vom Ausschluss der Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder überhaupt möglich sei, könne diese Festlegung nur bis zur Abgabe der Konzepte gelten.
Es sei nicht erkennbar, welche „öffentlichen Interessen“ durch die Nichtbekanntgabe der Identität der Kommissionsmitglieder geschützt werden sollten. Viel eher sei es im öffentlichen Interesse gelegen, sicherzustellen, dass die Bewertungskommission ausschließlich aus unparteiischen Personen mit entsprechender Fachkunde bestehe. Da der Auftraggeber nicht über sämtliche mögliche Befangenheitsgründe der einzelnen Kommissionsmitglieder informiert sein könne, liege es auch in seinem Interesse, deren Namen offen zu legen. Er sei daher auf die Mitwirkung der einzelnen Bieter angewiesen, um etwaigen Interessenskonflikten vorbeugen zu können. Die Offenlegung der Kommissionsmitglieder diene daher vielmehr der Wahrung öffentlicher Interessen, da dadurch das Transparenzgebot des Vergaberechtes eingehalten werde.
Abschließend sei festzuhalten, dass die Zuschlagsentscheidung bestimmten formalen Anforderungen genügen müsse, andernfalls handle es sich um keine Zuschlagsentscheidung. Es sei schlicht nicht möglich, zwingende Anforderungen an eine Zuschlagsentscheidung in den Ausschreibungsunterlagen abzubedingen.
1.5. Im gegenständlichen Vergabeverfahren seien der Antragstellerin in Hinblick auf die Qualität lediglich die verbale Beurteilung für ihre eigene Konzeptbewertung zur Verfügung gestellt worden. Die Zurverfügungstellung von Ausführungen zum Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei unterblieben und der Auftraggeber habe sich damit begnügt, die Qualitäts-Gesamtpunktzahl der präsumtiven Zuschlagsempfängerin preiszugeben. Ein Vergleich zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin sei dadurch unmöglich.
Insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass das erste Kommissionsmitglied in der Konzeptbewertung der Antragstellerin folgende Punkte bemängelt habe: „ XXXX " Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei der Qualität die volle Punktezahl erhalten habe, sei davon auszugehen, dass diese Kritikpunkte bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht gegeben seien. Aufgrund der umfangreichen Kenntnisse des Bietermarktes der Antragstellerin sei stark zu bezweifeln, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die kritisierten Punkte in höherem Ausmaß erfülle als dies bei der Antragstellerin der Fall sei. Es sei daher in keiner Weise nachvollziehbar, warum die präsumtive Zuschlagsempfängerin hier die volle Punkteanzahl erhalte.
Das erste Kommissionsmitglied führe bei der Antragstellerin Mängel hinsichtlich der Erfahrung der Koordination und Bedenken hinsichtlich der Personalfluktuation an. Dazu sei zu bemerken, dass mehrere Führungskräfte der Antragstellerin über viele Jahre Erfahrung in der Leistungserfüllung verfügen würden und der aktive Koordinator zum Zeitpunkt der Einreichung der Ausschreibung über mehr als zehn Jahre Erfahrung verfügt habe.
Zusätzlich handle es sich um eine völlig unzutreffende Vermutung des ersten Kommissionsmitglieds, dass es „ XXXX " Vielmehr erfülle die Antragstellerin derzeit in XXXX der gesamten österreichischen AHS-Betreuung nachhaltig (und rückwirkend bis zu den Anfängen im Jahr 2010). Die Organisation der Leistungserbringung in den Bundesländern würde zentral von Wien aus erfolgen, wobei auch eigene Ansprechpersonen in den Bundesländern zur Verfügung stehen würden.
Wie das erste Kommissionsmitglied daher zu dem Schluss komme, dass die österreichweite Vernetzung für die Leistungserbringung bei der Antragstellerin nicht vorhanden sei, sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar.
Sofern das Bundesverwaltungsgericht dennoch zu dem Schluss kommen sollte, dass es sich bei dem Konzept um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handle, müsse der Antragstellerin auch im Falle schutzwürdiger Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nachvollziehbare Zuschlagsentscheidung zur Verfügung gestellt werden. Eine Offenlegung der Konzepte wäre in diesem Fall nicht zwingend notwendig. Die Offenlegung der verbalen Beurteilung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre bereits ausreichend, um einen Vergleich zur Antragstellerin herstellen zu können. Eine Beeinträchtigung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen wäre nicht zu befürchten, da beispielsweise die verbalen Beurteilungen der Antragstellerin recht allgemein gehalten seien und keinen Rückschluss auf Betriebsgeheimnisse zulassen würden. Vereinzelt bestünde die Möglichkeit, Passagen entsprechend zu schwärzen.
1.6. Es sei beispielsweise gemäß Punkt 6.4.4 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen darzulegen, wie die Rekrutierung von geeignetem Personal erfolgen solle. Dabei werde aber nicht näher darauf eingegangen, was unter einem „geeigneten Personal" zu verstehen sei, da die objektive Qualifikation der AHS-Betreuerinnen in der Ausschreibung nicht festgelegt werde. Dementsprechend bleibe der Bieter im Unklaren darüber, welche Qualitätsstandards und Kompetenzen dieses „geeignete“ Personal vorzuweisen habe, um Punkte zu erlangen.
In Hinblick auf die Rekrutierung des geeigneten Personals sei außerdem festzuhalten, dass die Antragstellerin keine Rekrutierung von zusätzlichem Personal benötige, da sie bereits über ein solches verfüge. Aufgrund der fehlenden Beurteilungskriterien sei nicht nachvollziehbar, wie sich dieser Umstand punktemäßig in der Bewertung widerspiegele.
Außerdem werde der Bieter aufgefordert, „Überlegungen zur Gestaltung der Kommunikation darzulegen“. Die Ausschreibungsunterlagen würden aber keine Informationen dazu liefern, um welche Kommunikation es hier überhaupt gehen solle. Es werde darüber hinaus nicht angegeben, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, um Punkte für die Gestaltung der Kommunikation zu erlangen.
Es wären daher alle der Antragstellerin vorgereihten Bieter auszuscheiden und der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen.
In der Begründung der Bewertung durch die Jury für die Antragstellerin gebe es eine Anmerkung bezüglich des Mangels einer Vernetzung für die Leistungserbringung in allen Losen. Konkret finde sich in der Bewertung des ersten Jurymitglieds der Absatz: „ XXXX Von dem genannten Kommissionsmitglied habe die Antragstellerin 14 Punkte im Qualitätskriterium 2b bekommen. Da eine genauere Nachvollziehbarkeit der Jurybewertung mangels Offenlegung der Bewertungskriterien nicht möglich sei, gehe die Antragstellerin davon aus, dass der vom Jurymitglied vorgebrachte Kritikpunkt in Bezug auf mangelnde Vernetzung einen Grund für den Punkteabzug darstelle. Eine mangelnde Vernetzung in Österreich und die daraus folgende Unmöglichkeit der Leistungserbringung in allen Losen werde aber bereits im Kriterium Preis berücksichtigt, indem für die Bewerbung in mehreren Losen zusätzliche Punkte zu erlangen seien bzw. für die Nichtbewerbung in mehreren Losen keine Punkte vergeben werden würden. Somit werde derselbe Grund in beiden Zuschlagskriterien negativ bewertet, was den Grundprinzipien des Vergaberechtes widerspreche und wodurch die Ermittlung des Bestbieters nicht möglich sei.
1.7. Im Zuschlagskriterium „Qualität“ würden gemäß Punkt 6.4.3. der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen für die Abgabe eines Angebots in weiteren Losen Punkte vergeben werden. Das widerspreche der Idee hinter der Aufteilung eines Leistungsgegenstands in mehrere Lose, da dadurch insbesondere kleineren Unternehmen die Chance gegeben werden solle, an einer Vergabe (erfolgreich) teilzunehmen. Entweder der Auftraggeber entscheide sich im Zuge der Ausschreibung, den besten Anbieter pro Los zu ermitteln oder dieser unterlasse eine Losaufteilung und ermittele einen Bestbieter für das gesamte Bundesgebiet. Die hier gewählte Variante, scheinbar einen Bestbieter pro Bundesland ermitteln zu wollen, in Wahrheit aber einen bundesweiten Gesamtanbieter zu ermitteln, stehe im diametralen Widerspruch zum bereits erwähnten Grundgedanken der losweisen Vergabe von öffentlichen Aufträgen.
Durch die Belohnung einer Bewerbung in allen Losen mit 16 Punkten würden kleinere Bewerber automatisch weniger Punkte erhalten. Insofern sei die Ermittlung des Bestbieters durch die Gestaltung der Bewertung nicht möglich. Die Ermittlung des Bestbieters pro Los sei weiters schlicht unmöglich, wenn 16 % der möglichen Maximalpunkte für das Anbieten der Leistung in allen neun Bundesländern vergeben werden würden.
1.8. Der Auftraggeber habe in Punkt 6.4 das Bestangebotsprinzip (Preis und Qualität) festgelegt. Tatsächlich wäre es aufgrund der Festlegungen möglich gewesen, ohne die Erbringung irgendeiner qualitativ nennenswerten Leistung den Zuschlag zu erhalten. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass bereits das Anbieten in sämtlichen Bundesländern zur Erzielung von 16 Punkten führe. Allein die Abgabe eines Konzeptes (wenn auch qualitativ noch so geringwertig) bewirke die Erreichung von 4 Punkten. Somit hätten – ohne Nachweis irgendwelcher Qualitätssicherungen oder -standards im Zuschlagskriterium „Qualität“ – 20 Punkte erreicht werden können. Sofern der Bieter dann auch noch als Billigstbieter im betreffenden Los hervorgegangen wäre, hätte er im Zuschlagskriterium „Preis“ 60 Punkte, somit insgesamt 80 Punkte erhalten. Abschließend sei festzuhalten, dass es überaus fragwürdig erscheine, in einer Ausschreibung, deren Leistungsgegenstand so hohen Qualitätsstandards entsprechen müsse, die Qualität lediglich mit 40 % und den Preis mit 60 % zu bewerten sowie zusätzlich im Zuschlagskriterium Qualität die Bedeutung des Konzepts durch die Vergabe von 16 Punkten für die bundesweite Leistungserbringung zu untergraben. Es stelle sich darüber hinaus die Frage, inwiefern es ein Qualitätsmerkmal sein könne, in der Lage zu seien, in mehreren Losen ein Angebot abzugeben.
Es handle sich dabei um eine objektiv nicht nachvollziehbare Gewichtung von Zuschlagskriterien, welcher Umstand eine willkürliche Angebotsbewertung ermögliche.
Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass trotz bereits vorliegender Bestandfestigkeit der Ausschreibungsunterlagen diese eine derartige Mangelhaftigkeit aufweisen würden, dass die Ermittlung des Bestbieters nicht möglich, das Vergabeverfahren daher zu wiederholen und die Zuschlagsentscheidung jedenfalls nichtig sei. Aufgrund der oben genannten Gründe sei die Ermittlung des Bestbieters nach objektiven, allen Bietern bei Verfassen ihres Angebots zugänglichen, Kriterien nicht möglich.
1.9. Aus all diesen Gründen stelle die Antragstellerin folgende
„Anträge,
[d]as Bundesverwaltungsgericht möge
• ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären;
• eine mündliche Verhandlung anberaumen;
• der ASt Einsicht in den Vergabeakt sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts gewähren sowie das Angebot der ASt sowie sämtliche mit dem Angebt der ASt im Zusammenhang stehende Dokumente des Vergabeaktes (Schriftverkehr, Prüfbericht der AG, usw) von der Akteneinsicht allfälliger sonstiger Unternehmen zum Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses der ASt ausnehmen und
• der AG auftragen, der ASt die Pauschalgebühr binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution gemäß § 19a RAO zu Händen ihrer ausgewiesenen Rechtsvertreter zu ersetzen.“
2. Am 10. Juni 2020 erteilte der Auftraggeber zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.
3. Der Auftraggeber nahm in seiner Stellungnahme vom 18. Juni 2021 zu den im gegenständlichen Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechtswidrigkeiten Stellung und führte Folgendes aus:
Zum Nachprüfungsantrag sei vorab festzuhalten, dass das Angebot der Antragstellerin im Los 6 nicht an zweiter Stelle gereiht sei und dadurch selbst im Falle der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht als Rahmenvertragspartnerin in Betracht komme. Damit einhergehend könne der Antragstellerin durch die behauptete rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers kein Schaden entstehen, wodurch im gegenständlichen Fall die Antragslegitimation nicht gegeben sei.
Da im gegenständlichen Fall die Anfechtungsfristen verstrichen seien, seien die Ausschreibungsunterlagen unabänderbar geworden und damit würden allfällige Unklarheiten zu Lasten der Antragstellerin gehen.
Die Berechnung der Preispunkte sei in den Ausschreibungsunterlagen nicht mit einer mathematischen Formel festgelegt, sondern verbal beschrieben. In Punkt 6.4.1 und 6.4.2 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei des Weiteren klar geregelt, dass der Preis mit 60 % gewichtet sei und daher in diesem Kriterium maximal 60 Punkte erreicht werden könnten. Je Prozent des höheren Preises würden 0,5 Punkte abgezogen werden. Daraus ergebe sich die Formel: 60-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5.
Die Antragstellerin führe in ihrem Nachprüfungsantrag jedoch die in den Ausschreibungsunterlagen nicht vorgesehene Formel an: (100-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5) * 0,6.
Diese Formel würde bedeuten, dass zwar der billigste Bieter 60 Punkte erhalte, allerdings bei jedem anderen Bieter 0,3 (0,5*0,6) Punkte je Prozent höheren Angebotspreises von der maximalen Punktezahl abgezogen werden würden. Dies entspreche nicht der Festlegung in Randziffer 141 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen:
Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhalte 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis würden 0,5 Preispunkte abgezogen werden, das Ergebnis fließe mit 60-%-Gewichtung in die Bewertung ein, es seien daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen.
Der erste Satz beziehe sich ausdrücklich nur auf das billigste Angebot. Der zweite Satz setze höhere Preise voraus. Der dritte Satz beschreibe die Vorgehensweise bei der Berechnung im Allgemeinen.
Würde die Berechnung anhand der einzelnen Sätze getrennt voneinander vorgenommen werden, könnte die Ansicht vertreten werden, dass das billigste Angebot jedenfalls 100 Punkte allein für das Kriterium Preis erhalten müsste, während teurere Angebote weniger als 60 Punkte erhalten würden. Das stünde im Widerspruch zur Tabelle in Randziffer 139 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen, die von maximal 60 Punkten im Kriterium Preis ausgehe.
Daher ergebe sich für einen verständigen Bieter völlig eindeutig, dass der erste Satz der Randziffer 141 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nur so zu lesen sein könne, dass das billigste Angebot die volle Punktezahl (also 100 % der erreichbaren Maximalpunkte, sohin 60 Punkte) erhalte.
Die Antragstellerin übersehe, dass selbst unter Prämisse der Richtigkeit ihrer Ausführungen, die Antragstellerin durch die falsche Berechnung nicht beschwert sein könne, da sie auch bei Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel nicht als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre. Damit erweise sich die aufgezeigte vermeintlich vorliegende Rechtswidrigkeit der falschen Punktevergabe im Ergebnis selbst in diesem Fall als nicht relevant für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens wäre daher nicht möglich gewesen.
Im Los 6 sei ein höherer preislicher Abstand zwischen dem erst- und zweitgereihten Bieter vorhanden und es sei in diesem Los eine vertiefte Preisprüfung durchgeführt worden. Im Zuge dieser vertieften Preisprüfung seien sämtliche Preise entsprechend plausibilisiert worden.
Klar ersichtlich sei daher, dass die neben den objektiv feststellbaren Zuschlagskriterien (Anzahl der angebotenen Lose und Preis) die Punktevergabe für die Konzeptausarbeitung ausführlich und nachvollziehbar beschrieben worden sei.
Den Bestimmungen in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen in den Randziffern 139 und 150 sei ausdrücklich zu entnehmen, dass für das Konzept insgesamt 24 Punkte erreicht werden könnten. Des Weiteren sei der Kommission aufgrund der Vorgaben in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sehr wohl bewusst gewesen, auf welche Punkte im Konzept der „Fokus“ zu legen sei, zumal in Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen eine ausführliche und ebenso nachvollziehbare Darstellung aufgenommen worden sei, in welcher die im Konzept zu behandelnden Punkte aufgelistet worden seien. Die exakt selben Konzeptkriterien seien in Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen in einem Bewertungsleitfaden nochmalig für die Kommissionsmitglieder dargestellt.
Zudem sei den bestandsfesten Bestimmungen der Allgemeinen Ausschreibungsbestimmungen nicht nur zu entnehmen, welche Punkte im Konzept zu behandeln seien, sondern sei der Kommission zudem ausdrücklich in Randziffer 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen eine Bewertungsskala vorgegeben worden.
Wenn daher die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vermeine, dass die Kommissionsmitglieder gar nicht wissen hätten können, „auf welche Punkte im Konzept der Fokus zu legen“ gewesen sei und es keine andere Möglichkeit gegeben habe „als eine völlig willkürliche Konzeptbewertung vorzunehmen“, so ignoriere sie wohl augenscheinlich die bestandsfesten Festlegungen in den verfahrensgegenständlichen Ausschreibungsunterlagen.
Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die vom Auftraggeber gewählte Bewertungsmethode vollinhaltlich den Vorgaben des BVergG 2018 entspreche und keine Rechtswidrigkeiten in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen vorliegen würden.
Für jeden Bieter sei klar ersichtlich, dass keine Bewertung von Subkriterien erfolge, sondern lediglich die Konzeptausarbeitung anhand der vorgegebenen Skala als Ganzes mit maximal 24 Punkten zu bewerten sei. Wenn daher die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vermeine, dass die Ausschreibungsunterlagen widersprüchlich und/oder Subkriterien nicht bekanntgegeben worden seien, so lasse sie den objektiven Erklärungswert der bestandsfesten Festlegungen in den Randziffern 139 und 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen außer Acht.
Ausdrücklich festzuhalten sei, dass im gegenständlichen Fall keinerlei Anzeichen für einen Interessenskonflikt vorliegen würden. Zudem handle es sich wohl offenkundig um ein Hilfsargument der Antragstellerin, um eine Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder zu erreichen. Bereits an dieser Stelle sei die Antragstellerin darauf hinzuweisen, dass sie hierbei zwei getrennt voneinander zu behandelnde Themenbereich miteinander vermenge. Zudem sei festzuhalten, dass gemäß Randziffer 149 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen die Kommissionsmitglieder absolut unbeeinflusst und unabhängig voneinander anhand des zuvor übermittelten Bewertungsbogens sowohl mittels Punktebewertung als auch verbalisiert ihre Bewertung abgegeben hätten. Die Konsolidierung der Bewertungsbögen sei nach deren Übermittlung mittels Durchschnittsberechnung durch den Auftraggeber erfolgt.
Ausdrücklich in Randziffer 157 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei festgelegt, dass die Bekanntgabe der Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht erfolge. Diese Festlegung sei ua gewählt worden, um die Kommissionsmitglieder vor möglichen Versuchen einer Einflussnahme durch die Bieter zu schützen. Wenn nunmehr die Antragstellerin vermeine, dass diesbezüglich eine zeitliche Begrenzung der Präklusionswirkung (Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung) eintrete, so entbehre dieses Vorbringen nicht nur jedweder Logik, sondern widerspreche es auch den vergaberechtlichen Grundsätzen der Bestandsfestigkeit.
Im vorliegenden Fall sei zur Bewertung jedenfalls eine fachlich kompetente Bewertungskommission bestehend aus erfahrenen, entsprechend ausgebildeten und im Themenbereich der Ausschreibung beruflich tätigen Experten herangezogen worden. Zudem sei die Antragstellerin darauf hinzuweisen, dass im Zuge der gegenständlichen Vergabe eine besondere Dienstleistung im Sinne des § 151 BVergG 2018 beschafft werde. Unabhängig von der gegebenen Fachkunde der Kommissionsmitglieder, wäre der Auftraggeber mangels Erwähnung in § 151 BVergG 2018 nicht dazu verpflichtet gewesen, die Vorgaben des § 134 BVergG 2018 einzuhalten.
Ausdrücklich sei der Randziffer 156 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen zu entnehmen, welche Informationen betreffend die kommissionellen Bewertungsergebnisse bekanntgegeben werden würden. Mangels Anfechtung innerhalb der vorgesehenen Antragsfrist sei auch diese Festlegung bestandsfest geworden und diese Festlegung binde alle am Vergabeverfahren beteiligten Parteien. Unabhängig davon seien in der verfahrensgegenständlich angefochtenen Zuschlagsentscheidung die Punktebewertungen sorgfältig und ausführlich dargelegt worden sowie sei die Antragstellerin demgemäß ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die von ihr ins Treffen geführte Nichtvergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse wohl aus bereits offensichtlichen Gründen als vollkommen verfehlt anzusehen sei.
Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der einzelnen Kommissionsmitglieder sei durch die erfolgte Bekanntgabe der Bewertungspunkte ausreichend gegeben. Des Weiteren sei die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sofern das Bewertungskorsett in Form einer Skala bereits eine nachvollziehbare Begründung für die Bewertung enthalte, sogar eine gesonderte verbale Begründung der Kommission gänzlich entfallen hätte können. Nachdem ein solches Bewertungskorsett im Sinne einer Bewertungsskala den Kommissionsmitgliedern vorgegeben und trotzdem eine verbale Begründung vorgenommen worden sei, habe der Auftraggeber diese dahingehenden Vorgaben hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Kommissionsentscheidung sogar übererfüllt.
Wenn seitens der Antragstellerin vorgebracht werde, dass die Bewertung eines Kommissionsmitglieds nicht nachvollziehbar sei, so sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt sei, anstelle der Kommission die Angebote zu bewerten. Nur dann, wenn die Bewertung durch die Kommission den von der Ausschreibung eingeräumten Ermessensspielraum überschritten haben sollte, sei das Bundesverwaltungsgericht zuständig, diese Bewertung aufzuheben. In diesem Zusammenhang sei daher ausdrücklich festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall von der Bewertungskommission der von der Ausschreibung eingeräumte Ermessensspielraum nachweislich nicht überschritten worden und demgemäß die Bewertung auf Grundlage der bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen vorgenommen worden sei.
Losgelöst von der Tatsache, dass die Festlegungen der Präklusion unterliegen würden, sei zudem auszuführen, dass die von der Antragstellerin verlangten weiteren Beurteilungskriterien ebenso auf eine unzulässige Überspannung hinauslaufen würden. Auch diese Forderung nach der Präzisierung ließe sich nämlich ad infinitum fortsetzen, obwohl bereits in den Ausschreibungsunterlagen vollkommen nachvollziehbar und transparent offengelegt worden sei, anhand welcher Beurteilungskriterien das Konzept zu bewerten sei.
Die Antragstellerin übersehe, dass die Definition der Anforderungen ausschließlich dem Ingerenzbereich des Auftraggebers zufalle. Dies gelte ebenso für die bestandsfesten Festlegungen im Leistungsverzeichnis. Auch in diesem Zusammenhang bekämpfe die Antragstellerin daher erneut bereits der Präklusion unterliegende Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen.
Eine Vernetzung im Bereich sozialer Betreuungsleistungen sei wesentlich, da bestehende Kontakte zu relevanten Einrichtungen und Organisationen sicherstellen würden, dass ein Dienstleister einen Überblick über die verfügbaren Angebote und Ressourcen habe und darauf im Anlassfall schneller und treffsicherer zugreifen könne. Dies sei insbesondere für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Unterstützungsorganisationen relevant, aber etwa auch für die bestmögliche Weiterbildung der eingesetzten Mitarbeiter oder die laufende Abstimmung mit den zuständigen Personen des Auftraggebers.
Im Kriterium „Weitere Lose", welches in keinem Zusammenhang oder Verhältnis mit dem Kriterium „Preis" stehe, sei hingegen lediglich die Frage zu behandeln, wie viele Lose angeboten worden seien. Hintergrund dieses Kriteriums seien die möglichen Synergien, die durch eine überregional einheitliche Betreuung entstehen würden, und die Vermeidung zusätzlicher Aufwände, die sich aus der Abstimmung mit mehreren Dienstleistern ergeben würden. Die bereits bestehende Vernetzung spiele in diesem Kriterium keine Rolle und sei auch nicht als Voraussetzung definiert, um mehrere Lose anbieten zu können. Es gebe daher zwischen diesen Kriterien weder im berücksichtigten Sachverhalt noch in der Zielsetzung Überschneidungen und von einer Doppelverwertung könne keine Rede sein.
Die Behauptung einer doppelten Verwertung von Negativpunkten in diesen Kriterien sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Antragstellerin im Kriterium „Weitere Lose" die volle Punktezahl erhalten habe. Einen Punkteabzug in diesem Kriterium habe es daher nachweislich nicht gegeben.
Die Antragstellerin habe für alle Lose ein Angebot gelegt und habe in dem Kriterium „Weitere Lose" die volle Punkteanzahl erhalten. Sie könne daher von einer allfälligen Rechtswidrigkeit dieser Festlegung denkunmöglich beschwert seien. Der Vollständigkeit halber werde aber auch festgehalten, dass die Festlegung sachlich gerechtfertigt sei. Schließlich sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass bei Einhaltung des Ermessensspielraumes im Sinne des § 28 BVergG 2018 sich weder ein Anspruch auf losweise Vergabe noch auf Gesamtvergabe eines Auftrags ableiten lasse.
Die Antragstellerin übersehe, dass neben der Definition der Anforderungen des Leistungsgegenstandes auch die Vornahme der Gewichtung der einzelnen Kriterien ausschließlich dem Ingerenzbereich des Auftraggebers zufalle. Auch in diesem Zusammenhang bekämpfe die Antragstellerin daher erneut bereits der Präklusion unterliegende Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen.
Des Weiteren sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass ihre dahingehenden Vorwürfe, wonach ein Bieter bereits für die Abgabe eines Konzeptes automatisch Punkte bekommen würde, nicht den wahren Gegebenheiten entsprechen würden.
Ein Konzept ohne einen über die Mindestanforderungen hinausgehenden Mehrwert hätte daher keine Punkte erhalten. Schließlich sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass es sich hierbei um rein theoretische Ausführungen handle und diese ohne jeden Bezug zur angefochtenen Entscheidung stehen würden, zumal in allen Losen Angebote mit einer hohen Qualitätswertung ausgewählt worden seien.
4. Mit Schreiben vom 1. Juli 2021 übermittelte die Antragstellerin eine weitere Stellungnahme und nahm zu den Ausführungen des Auftraggebers vom 18. Juni 2021 Stellung.
5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15. Juli 2021 im Beisein der Antragstellerin und des Auftraggebers sowie deren Rechtsvertretern eine öffentlich mündliche Verhandlung durch.
6. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wurde am 07. Juni 2021 über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt. Von ihr wurden keine begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Ausschreibung
1.1.1. Der Auftraggeber schrieb unter der Bezeichnung „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ einen Dienstleistungsauftrag nach dem Bestangebotsprinzip im Oberschwellenbereich aus. Es erfolgte eine Unterteilung in neun Lose.
Der Auftraggeber veröffentlichte die Ausschreibung am 29.01.2021 in Österreich und im Amtsblatt der Europäischen Union am 01.02.2021 zur Ausschreibungsnummer 2021/S 021-050188. Der Auftraggeber führt dieses Verfahren als offenes Verfahren durch.
1.1.2. Die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:
„4.2.1 Allgemeine Regelungen
[…]
56 Die Weitergabe des gesamten Auftrages und die Weitergabe von kritischen Leistungsteilen [sind] jedoch unzulässig. Von dieser Bestimmung ausgenommen sind Kaufverträge und die Weitergabe an verbundene Unternehmen gem. § 2 Z 40 BVergG 2018.“
[…]
5.3 Technische Leistungsfähigkeit
[…]
Schlüsselpersonal
[…]
87 Der Koordinator muss in einem Angestelltenverhältnis zum Bieter im Ausmaß von zumindest 10 Wochenstunden stehen oder ist im Zuschlagsfall in ein solches aufzunehmen und ist jedenfalls vom Bieter gemäß Punkt 5.3.2 zu nennen. Gemäß RZ 56 muss die Schlüsselperson beim bietenden Unternehmen (Bieter oder Mitglied der Bietergemeinschaft) angestellt sein. Der Koordinator darf daher nicht als bzw. bei einem Subunternehmer beschäftigt sein.
[…]
5.3.2 Nachweise
[…]
94 Schlüsselpersonal
? Vollständig ausgefülltes Formblatt Eignung
? Aktueller Lebenslauf des namhaft gemachten Koordinators
? Nachweis über das laufende Anstellungsverhältnis (bspw. Auszug/Anmeldebestätigung des Sozialversicherungsträgers) am Tag der Angebotsöffnung nicht älter als 3 Monate, oder Erklärung des Unternehmens und der Person, ein solches Angestelltenverhältnis einzugehen
[…]
6.4.1. Zuschlagskriterien
139 Die Bewertung erfolgt nach dem Bestangebotsprinzip unter Zugrundelegung folgender Zuschlagskriterien, der Rahmenvertrag wird daher je Los mit jenem nicht auszuscheidenden Bieter geschlossen, dessen Angebot insgesamt die höchste Punktezahl erreicht hat.
Kriterium
Max. Gesamtpunkte
1
Preis
60
2
Qualität
40
a)
Weitere Lose
16
b)
Konzeptausarbeitungen
24
6.4.2. Preis
140 Im Zuschlagskriterium 1 (Preis) werden die Punkte wie folgt vergeben:
141 Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhält 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis werden 0,5 Preispunkte abgezogen, das Ergebnis fließt mit 60 % Gewichtung in die Bewertung ein, es sind daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen. Die Ermittlung erfolgt auf zwei Kommastellen kaufmännisch gerundet.
6.4.3 Weitere Lose
142 Im Zuschlagskriterium 2a (Weitere Lose) werden die Punkte wie folgt vergeben:
• Sofern ein Unternehmer für zwei Lose ein Angebot legt, werden 2 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für drei Lose ein Angebot legt, werden 4 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für vier Lose ein Angebot legt, werden 6 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für fünf Lose ein Angebot legt, werden 8 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für sechs Lose ein Angebot legt, werden 10 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für sieben Lose ein Angebot legt, werden 12 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für acht Lose ein Angebot legt, werden 14 Punkte vergeben.
• Sofern ein Unternehmer für neun Lose ein Angebot legt, werden 16 Punkte vergeben.
143 Dieses Kriterium ist mittels entsprechenden Angeboten im Preisblatt nachzuweisen. Die erreichten Punkte errechnen sich im Preisblatt automatisch.
6.4.4 Konzeptausarbeitungen
144 Im Zuschlagskriterium 2b (Konzeptausarbeitungen) werden die Punkte wie folgt vergeben:
145 Es ist ein Konzept vorzulegen, in dem dargestellt wird, wie die Erbringung von Assistenzleistungen für psychisch beeinträchtigte Personen - insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum Störungen - qualitativ hochwertig und auf allen Seiten (Auftraggeber, Auftragnehmer, Assistenten, Stakeholder wie Schulen, etc) nachhaltig sichergestellt werden kann. Darzulegen ist, wie die Rekrutierung von geeignetem Personal erfolgen soll, in welchem Ausmaß und zu welchen Inhalten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, und wie eine begleitende Supervision seitens der Auftragnehmer sichergestellt wird. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu beschreiben, die einem häufigen Wechsel vom Assistenzpersonal vorbeugen sollen. Anzuführen sind auch Überlegungen zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber sowie den Schulstandorten, an denen die Leistungen der Assistenten erbracht werden und eine allfällige Zusammenarbeit mit außerschulischen Unterstützungsstrukturen. Es ist außerdem darzulegen, welche Maßnahmen die Organisation auf allen Ebenen (hinsichtlich Organisations- und Personalentwicklung) setzt, um die Leistungserbringung kontinuierlich zu verbessern.
146 Das Konzept darf maximal 10 A4-Seiten (Schriftart Times New Roman, Schriftgröße 11,5 Pt.) umfassen.
147 Es ist ein Gesamtkonzept pro Bieter abzugeben, unabhängig von der Anzahl der angebotenen Lose.
148 Die Angebote der Bieter werden inhaltlich von einer Kommission bewertet. Die Kommission besteht aus mindestens 3 fachkundigen Personen.
149 Jedes Kommissionsmitglied gibt eine getrennte Punktebewertung und verbale Beurteilung ab. Gewertet wird der Durchschnitt aller Kommissionsmitglieder.
150 Für jedes Subkriterium können jeweils zwischen 0 und 24 Punkte nach folgendem Schema vergeben werden:
0 Punkte: kein Konzept abgegeben bzw. unzureichender Erfüllungsgrad, kein Mehrwert erkennbar
4 Punkte: unterdurchschnittlicher Erfüllungsgrad, geringer Mehrwert erkennbar
9 Punkte: durchschnittlicher Erfüllungsgrad, einzelne Punkte als Mehrwert erkennbar
14 Punkte: gut erfüllt, überwiegend als Mehrwert erkennbar sehr gut erfüllt
19 Punkte: größtenteils als Mehrwert erkennbar bestmöglich erfüllt
24 Punkte: überdurchschnittlicher Mehrwert erkennbar
6.4.6. Bekanntgabe der Bewertungsergebnisse
156 Im Zuge der Bekanntgabe der Entscheidung, mit welchem Unternehmen der Rahmenvertrag abgeschlossen werden soll, werden den nicht berücksichtigten Bietern insbesondere folgende Informationen bekannt gegeben:
• Der Name des erfolgreichen Bieters
• Der bewertungsrelevante Gesamtpreis des erfolgreichen Angebotes
• Die Punktewertung des eigenen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium
• Die Punktewertung des erfolgreichen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium, ausgenommen die verbale Begründung der Punktevergabe im Kriterium 2b, da diese für ihre Nachvollziehbarkeit die Offenlegung des Konzeptes erfordern würde
157 Zum Schutz öffentlicher Interessen bzw. berechtigter Geschäftsinteressen der Bieter werden folgende Informationen nicht bekannt gegeben:
• Personenbezogene Daten des Bieters bzw. der Mitarbeiter und Kunden des Bieters
• Die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission“
1.2. Zum Angebot der Antragstellerin
Die Antragstellerin beteiligte sich rechtzeitig am vorliegenden Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Angebotes am 1. März 2021.
Das Angebot der Antragstellerin wurde von dem Auftraggeber nicht ausgeschieden.
Die Antragstellerin ist im Los 6 der gegenständlichen Vergabe an vierter Stelle gereiht.
Selbst bei Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel wäre die Antragstellerin im Los 6 nicht als erstgereihte Bieterin anzusehen.
1.3. Zu den Angebotssummen
Im vorliegenden Verfahren wurden im Los 6 von folgenden Bietern Angebote mit den folgenden Angebotssummen gelegt:
von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX
von einem anderen Unternehmen: EUR XXXX
von einem weiteren Unternehmen XXXX
von der Antragstellerin: EUR XXXX
1.4. Zur vertieften Angebotsprüfung
Der Auftraggeber führte im Los 6 eine vertiefte Angebotsprüfung durch.
1.5. Zur Aufklärung zum Angebot
Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 15. April 2021 wurde die präsumtive Zuschlagsempfängerin in Los 6 um verbindliche schriftliche Aufklärung durch das beigefügte Excel-Dokument und um Offenlegung der Kalkulation ersucht.
Am 20. April 2021 erfolgte die entsprechende Nachreichung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin.
1.6. Zum Stand des Vergabeverfahrens
Am 28. Mai 2021 übermittelte der Auftraggeber an die Antragstellerin die hier gegenständliche Zuschlagsentscheidung, welche auszugsweise wie folgt lautet:
„Sie haben zu dem Vergabeverfahren ‚Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen‘ BBG-GZ. 5192.03745, ein Angebot für die nachstehenden Lose gelegt:
Der Auftraggeber beabsichtigt aufgrund der Ergebnisse der Bestbieterermittlung, den Zuschlag an folgendes Unternehmen zu erteilen:
[…]
Los 6
[…]
Konzeptausarbeitung:
Entsprechend den Festlegungen in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen werden Ihnen in den untenstehenden Tabellen die detaillierte Punktebewertung sowie die jeweiligen verbalen Begründungen im Zuschlagskriterium der Konzeptausarbeitung bekannt gegeben:
“
Der Auftraggeber hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt.
Die Antragstellerin bezahlte die entsprechenden Pauschalgebühren.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie den Auskünften, die nur der Auftraggeber erteilen kann.
Die Echtheit und Richtigkeit der herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen traten nicht auf.
Die Feststellung, dass die Antragstellerin auch unter Zugrundelegung der Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel im Los 6 nicht als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre, ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen der Antragstellerin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Seite 5 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2021, arg. „VR: Sie haben zum Los 9 ausgeführt, dass nach Ausscheiden der billigsten Bieter und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sich etwas ändert. Würde unter Ihrer Berechnung des Preises und Wegfall des billigsten Angebotes bei der Berechnung Ihr Angebot vor dem präsumtiven liegen? – ASt: Es ist korrekt, dass wir auch unter Zugrundelegung unserer Berechnung der Preisformel und dem Ausscheiden des billigsten Angebotes im Los 9 nicht vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegen würden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre, aus unserer Sicht, wie in den Stellungnahmen ausgeführt, auszuscheiden gewesen. – VR: Betrifft dies alle Lose? – ASt: Ja. Wir wären unter Zugrundelegung unserer Berechnung in keinem Los vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegen.“).
Die Feststellung hinsichtlich der Angebotssummen basiert auf dem an alle Bieter versendeten Angebotsöffnungsprotokoll.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und zur formalen Zulässigkeit
3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrags handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Nachprüfungsantrag zu entscheiden. Somit liegt Senatszuständigkeit vor.
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH. Dieser ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 Z 1 BVergG 2018. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 7 BVergG 2018. Nach den Angaben des Auftraggebers beträgt der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für die gesamten neun Lose EUR XXXX , sodass es sich gemäß § 12 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Im Anhang XVI BVergG 2018 sind die besonderen Dienstleistungsaufträge gemäß der §§ 151 und 312 BVergG 2018 aufgelistet. Die gegenständlich ausgeschriebene Dienstleistung „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ fällt unbestritten und auch unzweifelhaft in den Bereich des Anhanges XVI (arg. „Dienstleistungen des Sozialwesens und zugehörige Dienstleistungen“).
Ergänzend dazu regelt § 151 Abs 1 BVergG 2018 welche Bestimmungen dieses Gesetzes für die Vergabe von besonderen Dienstleistungen gemäß Anhang XVI Geltung haben. Neben den in § 151 Abs 1 BVergG 2018 aufgelisteten Normen sind die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze (Transparenz, Gleichbehandlung aller Bieter, Diskriminierungsverbot) zu beachten.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 28. Mai 2021 wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte. Ein Grund für eine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs 2 BVergG 2018 liegt nicht vor. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühren in der erforderlichen Höhe.
Wenn der Auftraggeber nunmehr vorbringt, die Antragslegitimation der Antragstellerin sei nicht gegeben, da das Angebot der Antragstellerin aufgrund der Nichtreihung an zweiter Stelle selbst im Falle der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht als Rahmenvertragspartnerin in Betracht komme, weshalb der Antragstellerin die Antragslegitimation fehle, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:
§ 342 Abs 1 BVergG 2018 sieht vor, dass ein Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen kann, sofern 1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrags behauptet, und 2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
In der Literatur heißt es dazu, dass bei Fehlen der Antragslegitimation der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen sei, jedoch der Gerichtshof der Europäischen Union klargestellt habe, dass auch das Unterlassen einer gebotenen Neuausschreibung einen Schaden darstellen könne, weil der Unternehmer seine Chance auf Erhalt des Auftrags im laufenden Vergabeverfahren oder bei Widerruf dieses Verfahrens in einem neuen Vergabeverfahren wahren könne und einem Bewerber oder Bieter das rechtlich geschützte Interesse am Ausscheiden auszuscheidender Angebote zustehe (vgl. Reisner in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer [Hrsg], BVergG 2018 – Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2019] § 342 Rz 10f mit Verweis auf EBRV 69 BlgNR XXVI. GP 196).
Vor diesem Hintergrund und dem Vorbringen der Antragstellerin, dass eine Bestbieterermittlung nicht möglich und das Vergabeverfahren zu widerrufen sei, geht das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Antragstellerin vom Vorliegen der Antragslegitimation aus.
Die Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 liegen daher bei der Antragstellerin bezüglich des Antrags auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vor. Die Antragstellerin wies ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Abgabe des Angebotes nach und brachte das Vorliegen eines drohenden Schadens aufgrund des Erhalts der Zuschlagsentscheidung in Form von Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren plausibel vor.
Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin weder ausgeschieden wurde noch für das Bundesverwaltungsgericht auf Basis des Vergabeaktes ein Ausscheidensgrund hervorkam, ist die Antragstellerin zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung legitimiert.
3.2. Anzuwendendes Recht
3.2.1. § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
3.2.2. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65, lauten:
„§ 2 Begriffsbestimmungen
„§ 2
[…]
40. Verbundene Unternehmen sind Unternehmen gemäß § 189a Z 8 des Unternehmensgesetzbuches – UGB, dRGBl. S 219/1897, deren Jahresabschluss mit demjenigen des Auftraggebers, Bewerbers oder Bieters konsolidiert ist; ferner gelten als verbundene Unternehmen im Sinne dieses Bundesgesetzes diejenigen Unternehmen, auf die der Auftraggeber, Bewerber oder Bieter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die einen beherrschenden Einfluss auf den Auftraggeber, Bewerber oder Bieter ausüben können oder die gemeinsam mit dem Auftraggeber, Bewerber oder Bieter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens unterliegen, sei es aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden sonstigen Vorschriften. Ein beherrschender Einfluss ist zu vermuten, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals eines anderen Unternehmens hält oder über die Mehrheit der mit den Anteilen eines anderen Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines anderen Unternehmens bestellen kann.
Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
(2) Die völkerrechtlich zulässige unterschiedliche Behandlung von Bewerbern und Bietern aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit oder des Warenursprunges bleibt von Abs. 1 unberührt.
(3) Bei der Durchführung von Vergabeverfahren ist eine gebietsmäßige Beschränkung des Teilnehmerkreises oder eine Beschränkung der Teilnahme auf einzelne Berufsstände, obwohl auch andere Unternehmer die Berechtigung zur Erbringung der Leistung besitzen, unzulässig.
(4) Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe sind nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zu vergeben. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.
(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Energieeffizienz, Materialeffizienz, Abfall- und Emissionsvermeidung, Bodenschutz) oder des Tierschutzes bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bed