Entscheidungsdatum
17.01.2022Norm
BBG §40Spruch
W201 2249031-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER - GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Burgenland vom 30.09.2021, OB: XXXX , betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpasses gemäß § 40, § 41, § 43 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses, in Verbindung mit dem Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom 16.11.2021, beschlossen:
A)
Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am 06.12.2016 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 60 vH eingetragen.
Dieser Entscheidung wurde das medizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.10.2016, zugrunde gelegt, welchem im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen ist:
„Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Degenerative Wirbelsäulenerkrankung mit Bandscheibenvorfall L4/L5 ohne radikuläre Symptomatik
Nachgewiesener Bandscheibenvorfall, mittelgradige Bewegungseinschränkung.
02.01.02
30 vH
02
Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke
Liegt im mittleren Rahmensatz bei Abspreiz- und Rotationseinschränkung
02.05.08
30 vH
03
Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes
Zustand nach Schlittenprothese bei gutem Operationsergebnis.
02.05.18
20 vH
04
Funktionseinschränkung beider Schultergelenke
Die führende Behinderung ist die linke Schulter-Arthrofibrose. Die rechte Schulter ist nur endlagig eingeschränkt.
02.06.04
30 vH
05
Verlust des Fingers V, Fehlfunktion Finger II, III und IV
Aufgrund der schweren Verletzung ist die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand mit obiger Einschätzung einzustufen.
02.06.34
40 vH
Gesamtgrad der Behinderung
60 vH
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Die führende Behinderung geht von der Handbehinderung aus. Die Behinderung der Schultern ist wesentlich für eine Steigerung einzuschätzen. Die Behinderung von Seiten des Kniegelenkes ist eigentlich nachrangig. Die Behinderung der Wirbelsäule steigert wiederum um eine Stufe.“
2 Der Beschwerdeführer hat am 18.02.2021 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gestellt.
2.1. Dem zur Überprüfung durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 11.06.2011 ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:
„Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut. Ernährungszustand: gut. HNA: frei. Cor: rein, rhythmisch. Pulmo: VA. Abdomen: weich, indolent.
WS: KS gesamte WS, FBA im Stehen knapp unter Knie, Zehen- und Fersenstand bds. mit anhalten möglich, Lasegue bds. neg.
OE: deutliche Funktionseinschränkung beide Schultergelenke, Nacken- und Schürzengriff bds. nicht vollständig endlagig, Verlust des Fingers 5 links und Fehlfunktion der Finger 2, 3 und 4 links, Osteosynthesematerial in situ, Faustschluss links nicht möglich, Hypästhesie im Bereich aller Finger und der linken Hand, Faustschluss rechts vollständig, keine Sensibilitätsstörungen rechte Hand.
UE: blande Narbe bei Halbschlitten rechtes Knie, verdicktes rechtes Sprunggelenk, deutliche Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks, endlagige Funktionseinschränkung im Bereich aller großen Gelenke, Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand mit anhalten bds. möglich, Varikositas bds., US Ödeme rechts > links.
Gesamtmobilität – Gangbild: Gehen: ohne Hilfsmittel ausreichend sicher, Lagewechsel Sitzen - Stehen mühsam mit anhalten, selbständig möglich, Zehen- und Fersenstand und Einbeinstand mit anhalten bds. möglich, ausreichend sicherer Gang und Stand, ausreichend gute körperliche Belastbarkeit.
Status Psychicus: grob unauffällig, in allen Qualitäten ausreichend orientiert, keine wesentliche Einschränkung der Kognition oder Mnestik, Ductus kohärent, euthym.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Halbschlittenprothese rechtes Knie, deutliche Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks, Funktionseinschränkung im Bereich der gesamten Wirbelsäule und aller großen Gelenke, Verlust des Fingers 5 links, Fehlfunktion der Finger 2, 3, und 4 links, Osteosynthese im Bereich der linken Finger in situ
Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da mehrere Gelenke betroffen sind. Unterschenkelödeme sind in dieser Position miterfasst
02.02.03
60 vH
2.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde am 24.06.2021 erteilten Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer ohne Vorlage weiterer Beweismittel im Wesentlichen vorgebracht, dass die Ärztin für Allgemeinmedizin nicht in der Lage sei eine Begutachtung vorzunehmen. Es sei die Befassung eines Orthopäden erforderlich. Auch seien seine Leiden einzeln zu erfassen.
2.3. Zur Überprüfung der Einwendungen hat die belangte Behörde ein auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.09.2021 basierendes Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin eingeholt, welchem im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen ist:
„Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: altersentsprechend. Ernährungszustand: adipös.
Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig. Hals: unauffällig, Pulse vorhanden, Venen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, elastisch, Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch, Herz: rhythmisch, leises Systolikum.
Abdomen: Bauchdecken weich, kein Druckschmerz.
Obere Extremitäten: Rechtshänder. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird an den vorhandenen Fingern links als fehlend, sonst als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich sehr zart. Linke Hand: Zustand nach Amputation des Kleinfingers in Höhe des Köpfchens des Mittelhandknochens. Der Ringfinger ist verkürzt, Mittel und Endgelenk sind versteift, das Grundgelenk ist frei beweglich. Das Mittelfingermittelgelenk ist verplumpt, die Beugung ist bis 40° möglich. Am Zeigefingergrundgelenk Beugung bis 40°, Mittelgelenk bis 70°, Endgelenk frei. Der Daumen ist frei beweglich. Die Narben allesamt unauffällig. Grobgriff ist kraftgemindert durchführbar, Spitzgriff Daumen-Zeigefinger durchführbar. Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Beweglichkeit: Schultern sind über der Horizontalen ½ eingeschränkt, Nacken- und Kreuzgriff sind endlagig gering eingeschränkt. Übrige Gelenke sind frei beweglich, rechte Hand uneingeschränkt.
Untere Extremitäten: Der Barfußgang ist unelastisch aber hinkfrei, Zehenballengang möglich, Fersenstand wird nicht ausgeführt, Einbeinstand ist möglich, Anhocken ist 1/3 eingeschränkt. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ist gleich. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten. Rechtes Sprunggelenk: gering verschwollen, bandfest. Schmerzen bei X- und O-Vermehrung. Linkes Sprunggelenk: vermehrt pigmentierte Narben nach Arthroskopie. Diskret verschwollen, bandfest. Rechtes Knie: blasse Narbe streckinnen. Kein intraartikulärer Erguss. Zohlen-Test pos., allseits bandfest. Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Beweglichkeit: Hüften S 0-0-105 beidseits, R (S 90°) 10-0-30 beidseits, Knie S rechts 0-0-130, links 0-0-135, oberes Sprunggelenk s rechts 10-0-40, links 20-0-40, Pronation rechts 5-0-40, links 5-0-30.
Wirbelsäule: Im Lot. Deutlich Rundrücken, regelrechte Lendenlordose, mäßig Hartspann am thoracolumbalen Übergang. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Beweglichkeit: Halswirbelsäule: KJA 1/21, Seitwärtsneigen 15-0-15, Rotation 50-0-50. Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: Beim Vorwärtsbeugen reichen die Hände zu den Kniegelenken, Seitwärtsneigen und Rotation je ½ eingeschränkt.
Gesamtmobilität – Gangbild: Kommt ohne Gehhilfen zur Untersuchung. Das Gangbild ist etwas unelastisch, minimal linkshinkend, sicher. Aus- und Ankleiden wird teilweise im Sitzen, teilweise im Stehen durchgeführt.
Status Psychicus: wach, Sprache unauffällig.
Ergebnis der durchgeführten Untersuchung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Funktionsbehinderung an der linken Hand nach komplexer Verletzung
Wahl dieser Position, da Verlust des Kleinfingers und hochgradige Funktionsbehinderung an den Fingern 2-4 mit behinderten Greifformen.
02.06.34
40
02
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
Unterer Rahmensatz dieser Position, da fortgeschrittene radiologische Veränderungen, bei jedoch moderater Funktionseinschränkung und ohne Wurzelkompressionszeichen
02.01.02
30
03
Geringe Funktionsbehinderung an beiden Sprunggelenken
Oberer Rahmensatz dieser Position, da nur unwesentliche Beweglichkeitseinschränkung, aber Belastungsminderung
02.02.01
20
04
Beweglichkeitseinschränkung an den Hüften
Unterer Rahmensatz dieser Position, da geringgradig
02.05.08
20
05
Geringe Beweglichkeitseinschränkung an den Schultern
Fixer Rahmensatz
02.06.02
20
06
Schlittenprothese im rechten Knie
Unterer Rahmensatz dieser Position, da reizfrei, bandfest und nur unwesentliche Beugehemmung besteht.
02.05.18
10
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, wegen wechselseitiger relevanter Zusatzbehinderung. Die übrigen Leiden erhöhen wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Im Vergleich zum GA vom 25.10.2016 ist heute eine nur geringe Beweglichkeitseinschränkung an den Hüften objektivierbar. Das Leiden wird heute mit 20% berücksichtigt.
Auch am rechten Knie besteht eine nur unwesentliche Beweglichkeitseinschränkung, das Gelenk ist reizfrei und bandfest. Das Leiden wird entsprechend der Einschätzungsverordnung mit 10% berücksichtigt. Das heutige Leiden 5 wird zusätzlich berücksichtigt. Gegenüber VGA werden die einzelnen Leiden getrennt bewertet.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten: Durch niedrigere Einstufung von Leiden 4 und 6 gegenüber GA vom 25.10.2016.
2.4. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde am 15.09.2021 erteilten Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer unter Vorlage eines Befundberichtes im Wesentlichen vorgebracht, dass Dr. XXXX kein Wissen über Orthopädie habe. Die Untersuchung sei nicht genau durchgeführt worden. Die Befunde seien nicht berücksichtigt worden. Auch seien im Gutachten falsche Angaben zu Beinen, Füßen und Wirbelsäule gemacht worden. Beim linken Sprunggelenk sei der Knorpel weg und so entstehe ein Knochenmarksödem. Beim rechten Knie sei ein Schlitten eingebracht worden, das Knie schmerze und sei geschwollen, was sich negativ auf das Sprunggelenk auswirke, so dass auch dieses anschwelle und schmerze. Die Wirbelsäule sei nicht im Lot sondern verschoben. Seine Leiden hätten sich verschlechtert nicht verbessert und der befasste Gutachter sei ein Stümper und habe nur Blödsinn von sich gegeben. Nach einer 20 Minuten Untersuchung könne man kein Sachverständigengutachten erstellen, dies dauere viel länger. Die Untersuchung sei von einem Facharzt für Orthopädie vorzunehmen.
2.5. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 27.09.2021 datierte medizinischen Stellungnahme eingeholt, in welcher im Wesentlichen Folgendes festgehalten wird:
„Es wird festgehalten, dass der Endgefertigte FA für Unfallchirurgie ist und für dieses Fach auch allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert ist.
Nachgereicht wird ein orthopädischer Befundbericht, der die im Gutachten berücksichtigten Diagnosen anführt. Der Befund bringt keine neuen Erkenntnisse. Die vorgebrachte Argumentation ist nicht geeignet, die bereits vorhandene Leidensbeurteilung zu entkräften, welche daher aufrechterhalten wird.“
2.6. Mit Schreiben vom 28.09.2021 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt. In der Beilage wurden das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 09.09.2021 und dessen Stellungnahme vom 27.09.2021 übermittelt.
2.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.09.2021 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses hat die belangte Behörde den Grad der Behinderung des Beschwerdeführers in Höhe von 50 vH neu festgesetzt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines Befundberichtes wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass Dr. XXXX kein Orthopäde sei und daher sein Gutachten und seine Stellungnahme nicht richtig seien. Die vorgelegten Befunde seien von Dr. XXXX nicht wahrgenommen worden und mache sich dieser nur wichtig.
3.1. In der Folge hat die belangte Behörde zur Überprüfung der Beschwerde eine medizinische Stellungnahme vom bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX eingeholt, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:
„Der nachgereichte orthopädische Befundbericht bringt keine neuen Erkenntnisse. Eine Änderung des Gutachtens ist nicht angezeigt.“
4.1. Mit Schreiben vom 12.11.2021 hat der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift ergänzend wiederholend vorgebracht, dass der befasste Sachverstände nicht in der Lage sei, orthopädische Gesundheitsschädigungen zu beurteilen. Die Befunde und Bilder seien nicht berücksichtigt worden. Die Untersuchung habe nur 20 Minute gedauert. Seine Leiden seien zu gering beurteilt worden. Es handle sich bei seinen Leiden um bleibende Gesundheitsschädigungen welche nicht besser werden könnten.
4.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.11.2021 hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.09.2021 (in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses), abgewiesen.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis übermittelt.
5. Mit Schreiben vom 25.11.2021 hat der Beschwerdeführer rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und im Wesentlichen vorgebracht, dass Dr. XXXX nicht kompetent sei, die Gesundheitsschädigungen falsch beurteilt worden seien und auch die im Gutachten angegebene Wegstrecke nicht richtig sei.
5.1. Mit Schriftsatz vom 02.12.2021 hat der Beschwerdeführer weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.
5.2 Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 07.12.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus (vgl. u.a. 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).
Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Das verwaltungsbehördliche Verfahren erweist sich in Bezug auf den zur ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. (§ 4 Abs. 1 Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010 auszugsweise)
Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten. (§ 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)
Im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 hat die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt – bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand – der festgestellte Grad der Behinderung unberührt. (§ 55 Abs. 5 BBG)
Maßgebend für die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ist die Feststellung der Art und des Ausmaßes der vorliegenden Gesundheitsschädigungen sowie in der Folge die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung.
Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren nur ansatzweise Ermittlungen geführt.
Der belangten Behörde war bereits aus Vorfahren bekannt, dass der Beschwerdeführer an Erkrankungen des orthopädisch Formenkreises leidet und wurde der gegenständliche Antrag durch Vorlage von Beweismitteln untermauert.
Die belangte Behörde hat zur Beurteilung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zuerst ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und diesen Sachverständigenbeweis danach um ein unfallchirurgisches Sachverständigengutachten erweitert.
Es besteht zwar kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt jedoch auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an. Gegenständlich ist die vorgenommene Beurteilung angesichts des komplexen orthopädischen Krankheitsbildes des Beschwerdeführers offensichtlich sachwidrig erfolgt. Das Vorbringen und die vorgelegten Beweismittel enthalten konkrete Anhaltspunkte, dass zusätzlich die Einholung eines Gutachtens der Fachrichtungen Orthopädie erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers insbesondere auch im Hinblick auf das Zusammenwirken der vorliegenden Gesundheitsschädigungen zu gewährleisten.
Die eingeholten Sachverständigengutachten sind im Hinblick darauf, dass der belangten Behörde bereits bei Antragstellung bekannt war, dass beim Beschwerdeführer mehrere orthopädische Leiden bestehen und diese durch Vorlage fachärztlicher Befunde untermauert wurden, nicht ausreichend zur qualifizierten Beurteilung des Gesamtleidenszustandes des Beschwerdeführers.
Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den eingeholten Sachverständigengutachten nicht ausreichend konkret dargestellt wird, wie sich die - gegenüber dem der Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 vH – vermeintliche Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers begründet. So beschreibt der unfallchirurgische Sachverständige diesbezüglich lediglich, dass hinsichtlich des Hüftleidens eine nur geringe Beweglichkeitseinschränkung objektiviert werden konnte, untermauert diese Darstellung aber nicht durch den Vergleich der Bewegungsumfänge mit dem Vorgutachten, wobei gleiches für die vermeintliche Verbesserung des Knieleidens gilt.
Insbesondere hält der unfallchirurgische Sachverständige im Gutachten fest, dass Leiden 5 – das Schulterleiden – mit einem Grad der Behinderung von 20 vH neu in die Diagnoseliste aufgenommen worden sei. Dieses Leiden wurde aber bereits im Gutachten vom 25.10.2016 der Beurteilung unterzogen, mit einem Grad der Behinderung von 30 vH beurteilt und war sogar in der Lage das führende Leiden um eine Stufe zu steigern. Das Gutachten ist somit nicht schlüssig.
Auch werden die vorgelegten medizinischen Beweismittel zwar unter auszugsweiser Zitierung der Inhalte im eingeholten Allgemeinmedizinischen Gutachten angeführt, im unfallchirurgischen Gutachten wird aber auf diese Befunde nicht eingegangen. Somit ist dem Gutachten nicht zu entnehmen, in welcher Form bzw. welchem Ausmaß diese bei der Beurteilung des Grades der Behinderung berücksichtigt wurden.
Die seitens des Entscheidungsorganes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Der Mangel wurde auch im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht behoben. Die zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens eingeholten medizinischen Stellungnahmen des unfallchirurgischen Sachverständigen in welchen auf das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen wird, stellen keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern, ein auf persönlicher Untersuchung basierendes Gutachten der Fachrichtung Orthopädie einzuholen.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Das Verwaltungsgericht hat im Falle einer Zurückverweisung darzulegen, welche notwendigen Ermittlungen die Verwaltungsbehörde unterlassen hat. (Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015)
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens und der obigen Fragestellungen bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann – im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG – nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Die unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht läge angesichts des gegenständlichen mangelhaft geführten verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Raschheit und wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Zu berücksichtigen ist auch der mit dem verwaltungsgerichtlichen Mehrparteienverfahren verbundene erhöhte Aufwand.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG zweckmäßig.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015, Ra 2015/08/0171 vom 27.01.2016, Ra 2015/10/0106 vom 24.02.2016) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Behindertenpass Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Neufestsetzung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2022:W201.2249031.1.00Im RIS seit
02.02.2022Zuletzt aktualisiert am
02.02.2022