TE OGH 2021/11/29 8Ob113/21g

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Veröffentlicht am 29.11.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ADir. RgR. E*, vertreten durch Dr. Thomas Kainz, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. V* AG, *, 2. A* GmbH, *, 3. P* Gesellschaft mbH & Co OG, *, 4. P* GmbH & Co KG, *, alle vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Leistung und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 28.860 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2021, GZ 4 R 19/21z-17, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 18. September 2020, GZ 58 Cg 41/20t-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Ansehung der viertbeklagten Partei wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über den vom Obersten Gerichtshof am 17. 3. 2020 zu 10 Ob 44/19x gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.

Text

Begründung:

[1]            Der Kläger erwarb von der viertbeklagten Fahrzeughändlerin im Jahr 2012 ein von der Erstbeklagten hergestelltes (und von der Drittbeklagten importiertes) Fahrzeug um einen Kaufpreis von 28.860 EUR. Die Übergabe fand am 27. 7. 2012 statt. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 der Abgasklasse EU5 ausgestattet.

[2]            Bei Dieselmotoren dieses Typs war eine Software in der Motorsteuerung installiert, welche dafür sorgte, dass die Abgasrückführung nach zwei Betriebsmodi erfolgte („Umschaltlogik“). Im ersten Modus, der nur im Emissionsprüfungsverfahren unter Laborbedingungen zum Einsatz kam, war die Abgasrückführungsrate höher als im zweiten Modus, der unter normalen Fahrbedingungen zur Anwendung gelangte.

[3]            Im Jahr 2015 erfuhr der Kläger aus den Medien, dass ein „Abgasskandal“ bei Fahrzeugen der Erstbeklagten dahin aufgedeckt worden war, dass die Nox-Werte im Straßenbetrieb höher als angegeben waren.

[4]            Er erhielt ein im Namen der Drittbeklagten verfasstes Schreiben vom Oktober 2015, mit dem er insbesondere darüber informiert wurde, dass auch sein Fahrzeug vom „Abgasskandal“ betroffen war und „Nacharbeiten erforderlich sein werden“.

[5]            Die Erstbeklagte erarbeitete eine technische Maßnahme („Software-Update“), welche sie betroffenen Fahrzeuginhabern anbot, um die Motorsteuerungssoftware dahingehend zu verändern, dass die Nox-Grenzwerte eingehalten werden. Dieses „Software-Update“ spielte die Zweitbeklagte im Oktober 2016 anlässlich eines Jahresservice auf die Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs des Klägers auf, ohne dass dies vom Kläger veranlasst oder beauftragt war.

[6]            Vor Oktober 2016 war dem Kläger bewusst, dass sein Fahrzeug vom „Abgasskandal“ betroffen war und ein „Software-Update“ durchzuführen wäre.

[7]            Bis zur Klagseinbringung nahm der Kläger keinen Kontakt zur Viertbeklagten auf, um einen Mangel geltend zu machen.

[8]            Mit seiner am 1. 4. 2020 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der Viertbeklagten – gestützt auf Gewährleistung und Irrtum bzw Arglist – den Austausch des Fahrzeugs Zug um Zug gegen ein mangelfreies, fabrikneues, typenidentisches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung, in eventu die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zahlung von 28.860 EUR sA Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Fahrzeug sei mangelhaft, weil es eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn von Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 enthalte und nachgerüstet werden müsse. Zudem sei die EG-Typengenehmigung rechtswidrig erschlichen worden und aufgrund des Verbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung ex lege erloschen. Jedenfalls drohe der Entzug der Zulassung. Überdies müsse sich die Viertbeklagte das Wissen der Erstbeklagten um die Manipulation zurechnen lassen.

[9]            Die Viertbeklagte bestritt. Sämtliche Ansprüche des Klägers seien verjährt. Zudem liege weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel vor. Die EG-Typengenehmigung und die Zulassung seien aufrecht. Die bloß theoretische Abänderung oder Aufhebung solcher behördlichen Genehmigungen begründe jedenfalls keinen Rechtsmangel. Die Viertbeklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, dass bei Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 eine Software verwendet wurde, die den Nox-Ausstoß in Prüfverfahren beeinflusst habe. Die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung würden nicht vorliegen.

[10]           Mit Teilurteil wies das Erstgericht das Klagebegehren gegen die Viertbeklagte (und insoweit rechtskräftig auch gegen die Drittbeklagte) ab. Rechtlich qualifizierte es die vorgetragenen Mängel als Sachmängel, für die die zweijährige Gewährleistungsfrist ab Übergabe des Fahrzeugs bei Klagseinbringung bereits verstrichen gewesen sei. Auch das Recht auf Irrtumsanfechtung sei verjährt. Eine Anfechtung wegen Arglist scheide aus, weil der Viertbeklagten das Verhalten der Erstbeklagten nicht zuzurechnen sei.

[11]           Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Klagsabweisung hinsichtlich der Viertbeklagten erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Impliziter Vereinbarungsinhalt beim Kauf eines Kraftfahrzeugs sei seine Zulassungsfähigkeit im Straßenverkehr und damit die Rechtsbeständigkeit seiner EG-Typengenehmigung. Fehle es daran, sei dies als Rechtsmangel zu werten. Die implementierte „Umschaltlogik“ sei daher als Rechtsmangel des Kaufgegenstands zu qualifizieren. Beim Rechtsmangel beginne die Gewährleistungsfrist zwar erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt werde. Kenntnis von einer bloß erschlichenen und daher grundsätzlich der Entziehung unterliegenden behördlichen Bewilligung habe allerdings bereits mit Kenntnis der den Rechtsmangel bewirkenden Software-Ausgestaltung im Grundsätzlichen bestanden. Der Kläger habe aufgrund der von ihm verfolgten Medienberichterstattung ab September 2015 grundsätzlich von den beiden Betriebsmodi gewusst, aus denen sich – jedenfalls mit der bloß erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit – habe ableiten lassen, dass das Fahrzeug mit dieser Beschaffenheit über keine rechtsbeständige EG-Typengenehmigung und somit über keine für den bedungenen Gebrauch erforderliche rechtsbeständige Zulassung verfüge. Ob das zwischenzeitige „Software-Update“ mit „Thermofenster“ ebenfalls zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die fehlende Rechtsbeständigkeit der Zulassung und damit gleichermaßen einen Rechtsmangel annehmen lasse, könne dahingestellt bleiben. Der Kläger habe von der Viertbeklagten eine Verbesserung gar nicht begehrt; auch sei das „Software-Update“ ohne Zutun der Viertbeklagten von einem Dritten (der Zweitbeklagten) aufgespielt worden. Für eine Zurechnung der Erst- an die Viertbeklagte bestehe insoweit keine Rechtsgrundlage.

[12]           Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, und ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob die „Umschaltlogik“ als Sach- oder als Rechtsmangel zu qualifizieren sei und welche Kenntnisse des Fahrzeugkäufers über die Software-Ausgestaltung den Lauf der Gewährleistungsfrist für Rechtsmängel nach § 933 Abs 1 ABGB auslösten.

[13]           In seiner gegen diese Entscheidung gerichteten – von der Viertbeklagten beantworteten – Revision wendet sich der Kläger insbesondere gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Gewährleistungsfrist für die Mängel des Fahrzeugs bei Klagseinbringung bereits abgelaufen gewesen sei.

Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[14]     1. Eine Leistung ist als mangelhaft anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Seine berechtigte Erwartung ist an der Verkehrsauffassung zu messen (RS0018547 [T5, T6]; RS0114333 [T5]).

[15]           2. Sachmängel sind Beeinträchtigungen der Sachsubstanz (zB 1 Ob 105/08k). Ein Rechtsmangel liegt dagegen vor, wenn der Veräußerer dem Erwerber nicht die Rechtsposition verschafft, die er ihm nach dem Vertrag hätte verschaffen müssen (10 Ob 21/08y; 5 Ob 26/17k ua). Unter Rechtsmängel fallen nicht nur privatrechtliche, sondern auch öffentlich-rechtliche Fehler, wie etwa das Fehlen bau- und gewerbebehördlicher Bewilligungen (3 Ob 5/07t; 7 Ob 184/03i mwN). In der Entscheidung 10 Ob 502/94 (10 Ob 503/94) wurde eine gegen jederzeitigen Widerruf erteilte Baubewilligung bei einem Haus als Rechtsmangel beurteilt, weil nach der Verkehrsauffassung vom Vorhandensein einer unwiderruflichen Genehmigung ausgegangen werde (vgl RS0029427). Zu 3 Ob 5/07t wurde klargestellt, dass die bloß theoretische Aufheb- oder Abänderbarkeit eines Bescheids im Sinn des § 68 Abs 3 AVG – die überdies nur ex nunc wirke – demgegenüber keinen Rechtsmangel darstelle, weil sie mit einer solch unzureichenden Genehmigung nicht vergleichbar sei. Nach der Rechtsprechung reicht es für die Bejahung eines Rechtsmangels bereits aus, dass die Umstände, aus denen er sich ableitet, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen (10 Ob 21/08y; 5 Ob 26/17k).

[16]           3. Gemäß § 933 Abs 1 ABGB beginnt die Gewährleistungsfrist für Sachmängel mit Ablieferung der Sache zu laufen, bei Rechtsmängel aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird.

[17]           Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtslage vor dem GewRÄG 2001, BGBl I 2001/48, begann die Frist für Rechtsmängel nicht (erst) mit der Geltendmachung des Anspruchs eines Dritten, sondern bereits mit der Erkennbarkeit des Mangels zu laufen (RS0027844; RS0018822 [T2]).

[18]           Der Unterschied im Text des § 933 ABGB in Bezug auf die – jetzt ausdrücklich als solche bezeichnete – Verjährungsfrist in Zusammenhang mit Rechtsmängel besteht im Vergleich zur alten Rechtslage nach der dritten Teilnovelle des ABGB (RGBl 69/1916) darin, dass sich das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis vormals auf den „von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruch“ bezog, während nunmehr explizit an Rechtsmängel schlechthin angeknüpft wird (vgl VfGH G 418/2015, JBl 2016, 776).

[19]           Im Hinblick auf diese Änderung des Wortlauts wird in der Lehre und Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass die bisherige Rechtsprechung, welche die objektive Erkennbarkeit genügen ließ, nicht aufrechterhalten werden kann. Vielmehr sei nun auf die tatsächliche Kenntnis des Mangels abzustellen (P. Bydlinski in KBB, ABGB6 § 933 Rz 15; Zöchling-Jud in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 933 ABGB Rz 11; aA Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 933 Rz 94 ff). Nach P. Bydlinski (aaO) ist das für den Übernehmer unzweifelhafte Bestehen des Mangels entscheidend.

[20]           Dabei kann aber, weil § 1489 ABGB gleichermaßen auf das Tatbestandsmerkmal Kenntnis abstellt, die Rechtsprechung zur Fristauslösung im Schadenersatzrecht nicht außer Acht gelassen werden (s auch VfGH G 418/2015): Demnach gilt die Kenntnisnahme des Geschädigten schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in dem dieser die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (RS0034327).

[21]           4. Richtig ist, dass der 10. Senat im Vorlagebeschluss zu 10 Ob 44/19x angenommen hat, dass ein Fahrzeug, wie es der Kläger auch hier erworben hat, jedenfalls deshalb mangelhaft im Sinn des § 922 ABGB war, weil die unzulässige Abschalteinrichtung gegenüber der für die Erteilung der EG-Typengenehmigung zuständigen Behörde nicht offen gelegt wurde, was die mangelnde Rechtsbeständigkeit der erteilten Typengenehmigung nach sich gezogen habe. Dies habe sich in der Anordnung von Nebenbestimmungen zur EG-Typengenehmigung durch das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) manifestiert (Bescheid vom 15. 10. 2015).

[22]           Aus den Feststellungen im Anlassverfahren ergibt sich – worauf der Revisionswerber zu Recht verweist – nicht, dass und ab welchem Zeitpunkt der Kläger Kenntnis von der mangelnden Rechtsbeständigkeit der EG-Typengenehmigung bzw der drohenden Aufhebung der Zulassung hatte. Der Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich aus der Kenntnis der beiden Betriebsmodi („Umschaltlogik“) ohne Weiteres auch die Kenntnis des Rechtsmangels ableiten ließe, kann nicht beigetreten werden. Die „Umschaltlogik“ als solche ist allenfalls als Sachmangel zu beurteilen. Zu der Frage, ab wann der Kläger wusste (oder ohne nennenswerte Mühe hätte in Erfahrung bringen können), dass diese „Umschaltlogik“ die mangelnde Rechtsbeständigkeit der EG-Typengenehmigung bewirkt, fehlen Feststellungen. Die getroffenen Feststellungen lassen – auch unter Beachtung des „Software-Updates“ – nicht einmal die Schlussfolgerung zu, dass dem Kläger dieser Umstand überhaupt erkennbar war.

[23]           Dem Kläger gelingt es daher aufzuzeigen, dass (selbst unter Zugrundelegung der alten Rechtsprechung zum Fristbeginn beim Rechtsmangel) noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die Klage gegen die Viertbeklagte zu Recht wegen Verjährung abgewiesen wurde.

[24]                    5. Im Weiteren kann allerdings nicht ausgeblendet werden, dass beim Fahrzeug des Klägers noch vor Klagseinbringung ein „Software-Update“ zwecks Beseitigung der beiden vor der zuständigen Behörde verheimlichten Betriebsmodi durchgeführt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob die Mangelhaftigkeit der EG-Typengenehmigung, von der der 10. Senat bei einem vergleichbaren Fahrzeug ausging, durch die Installation des „Software-Updates“ behoben wurde, wofür spricht, dass das KBA die erteilte EG-Typengenehmigung nicht widerrufen oder zurückgenommen hat (vgl 10 Ob 44/19x, Pkt 5.2).

[25]           Für die Beurteilung dieser Thematik ist jedoch sehr wohl die Beantwortung der im Verfahren 10 Ob 44/19x vom 10. Senat dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen von Interesse:

„1. Ist Art 2 Abs 2 lit d der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl L 171/12 vom 7. 7. 1999) dahin auszulegen, dass ein Kraftfahrzeug, das in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl L 171/1 vom 29. 6. 2007) fällt, jene Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 ausgestattet ist, die Fahrzeugtype aber dennoch über eine aufrechte EG-Typengenehmigung verfügt, sodass das Fahrzeug im Straßenverkehr verwendet werden kann?

2. Ist Art 5 Abs 2 lit a der Verordnung (EG) 715/2007 dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Z 10 dieser Verordnung, die derart konstruiert ist, dass die Abgasrückführung außerhalb vom Prüfbetrieb unter Laborbedingungen im realen Fahrbetrieb nur dann voll zum Einsatz kommt, wenn Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius herrschen, nach Art 5 Abs 2 lit a dieser Verordnung zulässig sein kann, oder scheidet die Anwendung der genannten Ausnahmebestimmung schon wegen der Einschränkung der vollen Wirksamkeit der Abgasrückführung auf Bedingungen, die in Teilen der Europäischen Union nur in etwa der Hälfte des Jahres vorliegen, von Vornherein aus?

3. Ist Art 3 Abs 6 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen, dass eine Vertragswidrigkeit, die in der Ausstattung eines Fahrzeugs mit einer nach Art 3 Z 10 in Verbindung mit Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung liegt, dann als geringfügig im Sinn der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist, wenn der Übernehmer das Fahrzeug in Kenntnis ihres Vorhandenseins und ihrer Wirkungsweise dennoch erworben hätte?“

[26]           Es ist daher auch in diesem Verfahren zweckmäßig, vorerst die Klärung abzuwarten, ob auch nach dem „Software-Update“ eine unzulässige Abschalteinrichtung beim gekauften Fahrzeug vorliegt, bevor dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung in Bezug auf die Verjährungsfrage aufgetragen wird. Sollte das nämlich nicht der Fall sein, könnte der Kläger aus dem Umstand, dass vor der (mit Billigung des KBA durchgeführten) Installation des „Software-Updates“ die EG-Typengenehmigung nicht rechtsbeständig war, jedenfalls keine Gewährleistungsansprüche gegenüber der Viertbeklagten mehr ableiten.

[27]           6. Aus prozessökonomischen Gründen ist dieses Verfahren daher zu unterbrechen (RS0110583).

Textnummer

E133673

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00113.21G.1129.000

Im RIS seit

02.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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