TE Vfgh Erkenntnis 1994/10/5 B1170/93

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Veröffentlicht am 05.10.1994
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.08.90, mit der auf der B 182 Brenner Straße ein Fahrverbot für LKW von mehr als 7.5 t erlassen wurde §2 lita
VfGG §88

Leitsatz

Unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer einen Standort im Sinne des §2 lita der FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.08.90 hat oder nicht, ist der Beschwerdefall nach Aufhebung der Ortsbezeichnung "Steinach am Brenner" mit E v 03.10.94, V5/94, so zu beurteilen, als ob für Unternehmen mit Standort in Steinach am Brenner das Fahrverbot in unbeschränktem Maße gilt. Der Beschwerdeführer ist also ungeachtet der Gesetzwidrigkeit der bezeichneten Wortfolge durch deren Anwendung nicht in seinen Rechten verletzt worden. Darüberhinaus bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine rechtlichen Bedenken. Ungeachtet des Umstands, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht recht bekam, war ihm der Ersatz der Prozeßkosten zuzusprechen: In der Beschwerde wurde nämlich ein Verordnungsprüfungsverfahren angeregt, das zur Aufhebung einer bestimmten Wortfolge wegen Gesetzwidrigkeit geführt hat.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Das Land Tirol ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit S 15.000,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit seiner Beschwerde gemäß Art144 B-VG macht der Beschwerdeführer geltend, daß ihn der angefochtene Berufungsbescheid, mit dem er wegen Übertretung eines Fahrverbots bestraft wurde, in seinen Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletze. Der angefochtene Bescheid stütze sich auf die seiner Meinung nach gesetzwidrige Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20. August 1990, mit der ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t auf der B 182 Brenner Straße erlassen wurde, von dem aber gemäß §2 der Verordnung Fahrzeuge von Unternehmen mit dem Standort ua. in Steinach am Brenner ausgenommen seien. Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß das Güterbeförderungsunternehmen, in dessen Auftrag er den Sattelzug zum Zeitpunkt der Tat gelenkt hatte, außer im Standort Innsbruck "in einer weiteren Betriebsstätte im Standort Brennerstr. 46 in Steinach a. Br., in diesem Standort eingeschränkt auf den Bürobetrieb", ausgeübt werde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters durch den angefochtenen Bescheid dadurch im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, daß die Behörde die angewendete Verordnung in gleichheitswidriger Weise ausgelegt hat. Die belangte Behörde habe sich mit einem Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht auseinandergesetzt und daher in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Auch die "fälschlicherweise erfolgte Anwendung des §51 lite Abs2 VStG, wonach die belangte Behörde von der Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung absah", belaste den angefochtenen Bescheid mit Willkür.

Wegen der Anwendung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erachtet sich der Beschwerdeführer auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

Dadurch, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid dafür bestraft wird, "daß er Vermögen in einem bestimmten Gebiet des österreichischen Staatsgebietes transportierte", werde er auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit des Vermögens gemäß Art4 StGG verletzt.

Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

2. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck verteidigte in der über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes erstatteten Äußerung die Gesetzmäßigkeit der von ihr erlassenen Verordnung vom 20. August 1990, Z 4-51/23-4/90, (Fahrverbotsverordnung).

II. Aus Anlaß der vorliegenden

Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 14. Dezember 1993 beschlossen, die Gesetzmäßigkeit der Ortsbezeichnung "Steinach am Brenner," in §2 lita der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20. August 1990, Z4-51/23-4/90, verlautbart im Boten für Tirol, Nr. 950, vom 5. Oktober 1990, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 3. Oktober 1994, V5/94, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Wortfolge als gesetzwidrig aufgehoben.

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer einen Standort im Sinne des §2 lita der Verordnung hat oder nicht, ist der Beschwerdefall nach Aufhebung der bezeichneten Ortsbezeichnung so zu beurteilen, als ob für Unternehmen mit Standort in Steinach am Brenner das Fahrverbot in unbeschränktem Maße gilt. Der Beschwerdeführer ist also ungeachtet der Gesetzwidrigkeit der bezeichneten Wortfolge durch deren Anwendung nicht in seinen Rechten verletzt worden. Darüberhinaus bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine rechtlichen Bedenken.

Auch im Bereich der Vollziehung kann der Verfassungsgerichtshof keinen Mangel finden, der in die Verfassungssphäre reichen würde, zumal der Beschwerdeführer die Übertretung als solche nicht bestritten hat.

Eine Verletzung des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt offenkundig nicht vor, da der Behörde kein der Gesetzlosigkeit gleichkommendes Verhalten anzulasten ist (VfSlg. 8471/1978, 9020/1981).

Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens verweist der Verfassungsgerichtshof auf die ständige Judikatur (vgl. zB VfSlg. 7361/1974, 8086/1977, 8689/1979), wonach sich dieses Recht auf die örtliche Bewegung als solche bezieht. Das Verbot der Benützung bestimmter Fahrzeuge auf einer öffentlichen Straße greift daher in dieses Recht von vornherein nicht ein.

2. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Ungeachtet des Umstands, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht recht bekam, war ihm der Ersatz der Prozeßkosten zuzusprechen: In der Beschwerde wurde nämlich ein Verordnungsprüfungsverfahren angeregt, das zur Aufhebung einer bestimmten Wortfolge wegen Gesetzwidrigkeit geführt hat (vgl. ua. VfSlg. 9449/1982, 9584/1982). Im zugesprochenen Betrag sind

S 2.500,- an Umsatzsteuer enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und Z2 VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Fahrverbot, VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1170.1993

Dokumentnummer

JFT_10058995_93B01170_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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