Entscheidungsdatum
31.05.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W161 2242281-1/2E
W161 2242277-1/3E
W161 2242278-1/2E
W161 2242279-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , 2.) – 4.) gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Syrien, alle vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2021, Zl. 1086578304-201241050 (1.), Zl. 1086573700-201241041 (2.), Zl. 1091633205-201241033 (3.), Zl. 1265536406-201241009 (4.), zu Recht erkannt:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist die Mutter der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen (BF2 – BF4). Die BF1 stellte am bereits am 10.09.2015 für sich und die minderjährige BF2 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Nach Geburt der BF3 am XXXX stellte sie auch für diese am 29.10.2015 einen Asylantrag. Jeweils mit Bescheid vom 21.09.2016 wurde den BF1 bis BF3 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.
2. Am 02.05.2017 reiste die BF1 mit ihren beiden minderjährigen Töchtern aus Österreich aus und begab sich nach Jordanien, wo sie in der Folge bis 15.01.2020 blieb.
Am 19.05.2017 wurde ein Aberkennungsverfahren gegen die BF1 bis BF3 eingeleitet.
Jeweils mit Bescheid vom 22.03.2018 wurde den BF1 bis BF3 der Status von Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG aberkannt.
Die BF4 wurde am XXXX in Jordanien geboren.
3. Nach illegaler Einreise stellte die BF1 am 09.12.2020 für sich und ihre 3 minderjährigen Töchter neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
4. Eine EURODAC Anfrage ergab für die BF1 sechs Treffer, und zwar jeweils einen Treffer der Kategorie 1 mit Ungarn vom 09.09.2015, mit Österreich vom 10.09.2015, mit Kroatien vom 29.05.2020, mit den Niederlanden vom 05.07.2020, mit Deutschland vom 26.11.2020 sowie einen Treffer der Kategorie 2 mit Kroatien vom 29.05.2020.
5. Die BF1 gab in ihrer Erstbefragung am 10.12.2020 an, sie habe sich vom 02.05.20217 bis 15.01.2020 in Jordanien aufgehalten, dann 10 Tage in der Türkei, 3 Tage im Kosovo, 2 ½ Monate in Serbien, 21 Tage in Kroatien, 9 Tage in Slowenien, 3 Tage in Italien, 2 Tage in Frankreich, nach Durchreise durch Belgien 5 Monate in den Niederlanden, 2 Wochen in Deutschland und befände sich seit 09.12.2020 in Österreich. Sie sei in Österreich anerkannter Flüchtling gewesen. Im Jahr 2017 hätte ihre Mutter in Jordanien einen schweren Autounfall gehabt. Da ihre Geschwister alle in die Türkei geflüchtet seien, habe es niemanden gegeben, der sich um ihre Mutter gekümmert habe. Aus diesem Grund habe sie Österreich mit ihren beiden Kindern verlassen und sei nach Jordanien gegangen. Ihr Mann habe sich zu diesem Zeitpunkt in Jordanien aufgehalten. Ihr drittes Kind sei am XXXX in Jordanien geboren worden. Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, ihr Mann komme aus Jordanien und habe sie aus Liebe geheiratet. Von seiner Familie aus wäre jedoch bestimmt gewesen, dass er seine Cousine heiraten sollte. Daher sei die Familie der Cousine mit ihr nicht einverstanden gewesen. Da die Familie ihres Mannes sie mit dem Umbringen bedroht habe, sei sie neuerlich geflüchtet und habe sie Jordanien am 15.01.2020 in Begleitung ihres Mannes und ihrer Kinder verlassen. Auch ihr Mann sei bedroht worden. Er hätte sich von ihr scheiden lassen sollen, dies jedoch verweigert. Er sei auch mit dem Messer in den Rücken gestochen worden. Sie seien über die Balkanroute in die Niederlande gereist, wo sie einen Asylantrag gestellt hätten. Anschließend seien sie weiter nach Deutschland gereist, wo sie ebenfalls einen Asylantrag gestellt hätten. Von Deutschland seien sie anschließend nach Österreich gereist. Ihr Mann sei zurückgeblieben, da das Geld nicht mehr gereicht habe. Ihre 3 minderjährigen Kinder befänden sich seit ihrer Geburt ständig in ihrer Obhut. Für diese würden dieselben Fluchtgründe gelten.
6. Österreich richtete am 18.12.2020 ein Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an Deutschland. Mit Schreiben vom 14.01.2021 teilte Deutschland mit, dass die BF in Deutschland keinen förmlichen Asylantrag gestellt haben.
Mit Schreiben vom 08.02.2021 wurden Aufnahmeersuchen gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Deutschland, Kroatien und die Niederlande gerichtet.
Jeweils mit Schreiben vom 11.02.2021 erfolgte eine Ablehnung Deutschlands und der Niederlande zur Führung der Asylverfahren der BF aufgrund einer vorliegenden Zuständigkeit Kroatiens.
Mit Schreiben vom 19.02.2021 teilten die kroatischen Dublin-Behörden mit, dass den Aufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin-III-VO entsprochen werde.
7. Die BF1 wurde am 15.03.2021 vor dem BFA vernommen. Dabei gab sie an, sie fühle sich in der Lage die an sie gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Sie habe bisher im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben getätigt. Sie sei syrische Staatsbürgerin, verheiratet und habe 3 Kinder. Sie habe 9 Jahre lang die Grundschule besucht und als Supervisor an der Kasse eines Lebensmittelgeschäfts gearbeitet. Ihr Ehemann sei in Deutschland Asylwerber. Ihr Bruder und ein Onkel würden in Österreich leben. Ihr Bruder sei seit 6 Jahren in Österreich aufhältig und hier anerkannter Flüchtling. Er habe bis vor einer Woche in Wien gelebt, jetzt sei er in Klagenfurt, die genaue Adresse kenne sie nicht. Er werde jetzt in Klagenfurt arbeiten, er habe ein Jobangebot erhalten, deshalb sei er umgezogen. Sie habe regelmäßig Kontakt zu ihrem Bruder in der Form, dass sie mit ihm täglich telefoniere und dieser für sie dolmetsche, wenn sie etwas brauche. Bis zu seinem Umzug hätten sie sich täglich gesehen. Befragt ob zu dem Bruder ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe gab die BF1 an, nur, wenn sie etwas brauche sei er für sie da, aber eine finanzielle Unterstützung bestehe nicht. Ihr Onkel sei ca. 50 Jahre alt und gemeinsam mit ihrem Bruder nach Österreich gekommen. Er sei dessen gesetzlicher Vertreter gewesen. Der Onkel sei anerkannter Flüchtling. Er lebe in Wien, im XXXX , die genaue Adresse kenne sie nicht auswendig. Sie besuche den Onkel zweimal die Woche. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Onkel bestehe nicht. Sie lebe in Österreich nur mit ihren Kindern zusammen. Ihr Mann lebe in Deutschland. Sie habe in Kroatien keinen Asylantrag gestellt, man habe sie auch für 18 Tage in Haft genommen, gemeinsam mit ihren Kindern. Ihre Tochter XXXX sei krank geworden, sie hätte einen Arzt habe wollen, aber man habe ihr keinen zur Verfügung gestellt. Sie seien in einem Zimmer eingesperrt gewesen.
Im Zuge der Rückübersetzung gab die BF1 an, von der kroatischen Polizei geschlagen worden zu sein und dafür auch Beweise zu haben. Befragt warum sie das nicht erwähnt habe, gab sie an, sie habe es gesagt, aber vielleicht wäre es zu schnell gewesen und der Dolmetsch habe es nicht gehört. Befragt nach diesem Vorfall gab die BF1 an, als man sie in Kroatien aufgehalten habe, hätte man von ihr verlangt, dass sie mit den Polizisten ins Auto einsteigen solle, sie habe das aber nicht gewollt und dann habe eine Polizistin ihr ihren Ellbogen ins Auge gerammt. Sie habe auch Beweisfotos, die sie schicken könne. Damit meine sie, sie habe ein Foto, wo man die Verletzung sehe. Befragt, ob sie die Übergriffe zur Anzeige gebracht habe gab die BF1 an, sie sei von dort geflüchtet, sie hätte eigentlich noch zum Supermarkt gehen und einkaufen sollen. Sie habe ihre ganzen Sachen dort gelassen. Wenn sie eine Anzeige bei der Polizei machen würde, werde man ihr nicht zuhören, weil sie eine Kollegin der Polizei anzeigen würde. Über Vorhalt das es sich bei Kroatien um ein sicheres Land im Sinne des Asylgesetzes handle gab die BF1 an, dass könne nicht sein, das stimme nicht. Man habe sie und ihre Kinder verhaftet, was eigentlich nicht korrekt sei. Ihre andere Tochter werde deswegen psychisch behandelt, sie habe Albträume und mache in der Nacht in die Hose. Sie spreche von ihrer Tochter XXXX . Sie wisse nicht, in welchem Stadium sich ihr Asylverfahren in Kroatien befinde. Eine Anwältin habe ihr gesagt, dass sie 5 Jahre Einreiseverbot für Kroatien bekommen habe und die Fingerabdrücke abgeben solle, damit man sie abschieben könne. Über Vorhalt der beabsichtigten Ausweisung nach Kroatien gab die BF1 an, sie habe nur einen Zettel von dort bekommen, dass sie 5 Jahre Einreiseverbot habe, da sie illegal eingereist sei. Sie wolle nur sagen, dass die Kinder in Kroatien gesundheitlich nicht versorgt worden wären, ihre Tochter sei sehr krank gewesen und habe keine Medikamente mehr gehabt. Man habe die BF1 dort einfach ignoriert und ihr gesagt, dass sie die Verantwortung für ihre Kinder alleine tragen solle. Ihre Tochter sei an Asthma erkrankt und habe gehustet. Sie leide an Asthma. Sie habe ein Rezept von einem Arzt hier in Österreich. Die Tochter müsse inhalieren. Sie sei aus Jordanien geflüchtet, weil die Familie ihres Ehemannes ihr die Kinder habe wegnehmen wollen und in so einem Land wie Kroatien, wo sie keine medizinische Versorgung erhalten habe, möchte sie auch nicht sein. Sie habe alles gesagt, sie habe keine Einwendungen nach der Rückübersetzung vorzubringen und sei alles vollständig und richtig protokolliert worden.
8. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde jeweils I. der Antrag der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.c der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung der Antragstellerinnen angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG deren Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.
Der Bescheid enthält jeweils ausführliche Feststellungen zum kroatischen Asylverfahren. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation im Sinne des § 5 BFA-G.
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 22.4.2020; USDOS 11.3.2020 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
(AIDA 22.4.2020)
Im Jahr 2019 wurden laut Eurostat 1.265 Erstanträge gestellt (von insgesamt 1.400 Anträgen im Vergleich zu 800 Anträgen im Jahr 2018) (Eurostat 20.3.2020; vgl. Eurostat 2.4.2020). Die Zahl der mutmaßlich unbegleiteten Minderjährigen belief sich auf 35 Personen (Eurostat 21.4.2020).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
- Eurostat (2.4.2020): Asylwerber und erstmalige Asylwerber. Jährliche aggregierte Daten, https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/refreshTableAction.do?tab=table&plugin=1&pcode=tps00191&language=de, Zugriff 27.4.2020
- Eurostat (21.4.2020): Asylwerber. Mutmaßlich unbegleitete Minderjährige, https://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tps00194&plugin=1, Zugriff 27.4.2020
- Eurostat (20.3.2020): News Release. Asylum in the EU-Member States, https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10554400/3-20032020-AP-EN.pdf/6ee052a9-ffb8-d170-e994-9d5107def1a8, Zugriff 24.3.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/en/document/2027527.html, Zugriff 18.5.2020
Dublin-Rückkehrer
Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren (dies waren im Jahr 2019 insgesamt 99 Personen), haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn Rückkehrer Kroatien vor dem Ende ihres ursprünglichen Verfahrens verlassen haben und das Verfahren daher suspendiert wurde, müssen sie bei Rückkehr gemäß Art. 18(2) der Dublin-III-VO neuerlich einen Asylantrag stellen. Wer hingegen vor Verlassen des Landes seinen Antrag explizit zurückgezogen hat bzw. eine Zurückweisung erhalten hat, gilt in solch einem Fall als Folgeantragsteller (AIDA 22.4.2020).
Die Überstellung von Dublin-Rückkehrern nach Kroatien wurde von europäischen nationalen Gerichten nicht infrage gestellt. Dies wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigt (AIDA 22.4.2020).
In einer im Februar 2019 veröffentlichten Studie der Organisation "Médecins du Monde" wird festgestellt, dass es Dublin-Rückkehrern in Kroatien an psychosozialer Unterstützung fehle (MdM 2.2019). (Siehe dazu auch Abschnitt 6.3. Medizinische Versorgung, Anm.)
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
- MdM – Medecins du Monde (2.2019): Nearing a point of no return, https://medecinsdumonde.be/system/files/publications/downloads/Mental%20health%20of%20asylum%20seekers%20in%20Croatia_0.pdf, Zugriff 24.3.2020
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel, Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt. Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete – auch medizinische - Unterstützung zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren; ein institutionalisiertes Früherkennungssystem gibt es nicht (AIDA 22.4.2020). Als "unbegleitete Minderjährige" gelten Drittstaatsangehörige bzw. staatenlose Personen, die jünger als 18 Jahre alt sind und ohne Begleitung verantwortlicher erwachsener Personen in die Republik Kroatien eingereist sind (HPC o.D.).
In Gesetz und Praxis wird die Identifizierung spezieller Bedürfnisse als kontinuierlicher Prozess während des Verfahrens gesehen. Die frühzeitige Erkennung von Vulnerabilität erfolgt durch speziell ausgebildete Polizeibeamte, die dann das Aufnahmezentrum für Asylwerber je nach Bedarf entsprechend informieren. Die weitere Ermittlung besonderer Schutzbedürftigkeit erfolgt in der Unterbringung durch Sozialarbeiter oder Mitarbeiter von NGOs in Kooperation mit dem Innenministerium (AIDA 22.4.2020; vgl. HPC o.D.). NGOs und das Innenministerium arbeiten zwar zusammen, ein systematischer Informationsaustausch findet jedoch nicht statt. Weniger offensichtliche Vulnerabilität wie z.B. im Zusammenhang mit Traumatisierten oder Opfern von Folter oder Menschenhandel oder auch von LGBTI-Personen werden in der gegenwärtigen Praxis viel seltener erkannt. Das Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma berichtete, dass es noch immer keinen geeigneten Mechanismus zur Identifizierung von Folteropfern gibt (AIDA 22.4.2020).
Mit einem am 30. August 2018 verabschiedeten Protokoll über die Behandlung unbegleiteter Minderjähriger soll die Stellung dieses Personenkreises verbessert werden. Das Protokoll bietet einen detaillierten Überblick über alle Verfahren und enthält Leitlinien für alle relevanten Akteure, die mit unbegleiteten Minderjährigen in Kontakt kommen und mit ihnen arbeiten. Nach Angaben des Innenministeriums wurde eine ressortübergreifende Kommission eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen Organen der staatlichen Verwaltung und anderen am Schutz unbegleiteter Minderjähriger beteiligten Akteuren zu verbessern. Diese Kommission ist 2019 zweimal zusammengetreten, allerdings ohne spezielle Resultate zu erzielen. Am 1. Januar 2019 trat ein neues Pflegeelterngesetz in Kraft, das die Möglichkeit des Aufenthalts unbegleiteter Minderjähriger in einer Pflegefamilie vorsieht (AIDA 22.4.2020).
Die Anträge unbegleiteter minderjähriger Asylwerber (UMA) werden bei der Entscheidungsfindung vorrangig behandelt. Sofern letztere den Wunsch nach Asyl erkennen lassen, ist ihnen vom Zentrum für soziale Wohlfahrt noch vor Antragstellung ein geeigneter Vormund zur Seite zu stellen. Laut Angaben des Ministeriums gab es auch im Jahr 2018 in der Praxis Verzögerungen bei der Bestellung eines gesetzlichen Vormunds. Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Überlastung und Verständigungsprobleme können dazu führen, dass die Rolle der Vormunde eher formal bleibt und sie nicht aktiv im Sinne ihrer Schutzbefohlenen tätig werden. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Ist ein UMA über 16 Jahre alt und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen (AIDA 22.4.2020; vgl. HPC o.D.). Die Ombudsperson für Kinder hat festgestellt, dass es in der Praxis beim Vormundsystem Probleme gibt (HPC o.D.) und die Vormünder oft nicht verfügbar sind bzw. nicht in regelmäßigem Kontakt mit dem Kind stehen. Besuche finden in bestimmten Fällen nur dann statt, wenn diese vom Innenministerium oder anderen Institutionen/Organisationen angesetzt werden (AIDA 22.4.2020).
Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten, die mit dem Minderjährigen täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Minderjährigen und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus einer allgemeinen medizinischen Untersuchung und einem Röntgen der Zähne und/oder der Hand. Im Zweifel ist Minderjährigkeit anzunehmen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der Antragssteller als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber (nur) deswegen nicht abgelehnt werden. Im Zweifel wird zunächst eine zweite Meinung eingeholt, sofern die Zweifel fortbestehen, ist von der Minderjährigkeit auszugehen. Nach Angaben des Innenministeriums wurde das Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2017 und 2018 nicht durchgeführt. Für 2019 liegen diesbezüglich keine Informationen vor (AIDA 22.4.2020).
UMA unter 14 Jahren werden in Kinderheimen und jene über 14 Jahren in Jugendunterkünften untergebracht. Die Mitarbeiter dieser Unterkünfte sind jedoch nicht speziell auf den Umgang mit UMA vorbereitet. Verschiedene NGOs haben Bedenken insbesondere hinsichtlich der Unterbringung von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen geäußert, da dort hauptsächlich Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten betreut werden. Die Eignung dieser Einrichtungen für den Aufenthalt von UMA kann in Zweifel gezogen werden, insbesondere wenn man die besonderen Bedürfnisse dieser Minderjährigen sowie die Nichtverfügbarkeit von Dolmetschern in diesen Einrichtungen berücksichtigt. Ein neues Gesetz über Pflegefamilien, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, eröffnet die Möglichkeit, unbegleitete Minderjährige in Pflegefamilien unterzubringen. Die Angaben zur Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylwerber, die 2019 internationalen Schutz in Kroatien beantragt haben, divergieren laut der Ombudsperson für Kinder beträchtlich; Während das Innenministerium deren Zahl mit 70 angibt, haben die Zentren für Sozialfürsorge über die Ernennung von Vormündern für 281 unbegleitete Minderjährige entschieden (AIDA 22.4.2020).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 18.5.2020
- HPC - Croatian Law Centre (o.D.): Legal representation of unaccompanied children - Croatia, http://www.asylumineurope.org/reports/country/croatia/age-assessment-and-legal-representation-unaccompanied-children-0, Zugriff 27.3.2020
Non-Refoulement
Seit 2016 gibt es eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten. Diese sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei. Auf letztere wird das Konzept des sicheren Herkunftsstaates in der Praxis nicht angewandt. Im Jahr 2018 wurde das Konzept in insgesamt 76 Fällen umgesetzt, die sich wie folgt verteilen: bei Algeriern (39), Marokkanern (13), Tunesiern (13), Kosovaren (5), Serben (4) und Bosniern (2). Entsprechende Zahlen für 2019 liegen nicht vor. Laut Gesetz kann ein Land dann als sicherer Drittstaat eingestuft werden, wenn ein Antragsteller dort sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko, ernsten Schaden zu erleiden, wenn das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährt wird. Ob dies zutrifft, ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn ein Antragsteller bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten hat oder Refoulement-Schutz genießt, kann sein Antrag in Kroatien als unzulässig zurückgewiesen werden (AIDA 22.4.2020).
Eines der zentralen Themen in Kroatien war in den vergangenen Jahren der eingeschränkte Zugang zum Asylsystem für Personen, die via Serbien oder Bosnien und Herzegowina einreisen wollten (AIDA 22.4.2020). Internationale und kroatische NGOs sowie internationale Organisationen außerhalb des Landes wie das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) berichteten über polizeiliche Pushbacks von Migranten, die versuchten, über die Grenze zu Serbien und insbesondere zu Bosnien und Herzegowina illegal in das Land einzureisen (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 8.11.2019, SRF 28.9.2019; AI 2019). Es gab auch Berichte über Polizeigewalt (FH 4.2.2019). Durch die erwähnten Pushbacks werden die Migranten von materieller und medizinischer Hilfe ausgeschlossen bzw. sogar ihre Besitztümer (Kleidung, Schlafsäcke, Rucksäcke, Zelte) verbrannt bzw. auch andere Gegenstände wie Mobiltelefone, Powerbanks oder persönliche Dokumente ins Visier genommen (ECRE 30.8.2019).
Es gibt Berichte über einen fortgesetzten und unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung von Asylwerbern (ECRE 31.1.2020).
Seitens der Ombudsperson wurde nach Eingang einer anonymen Beschwerde eines Grenzpolizisten, wonach die illegale Misshandlung von Migranten von den Vorgesetzten der Polizei angeordnet worden sei, schließlich das Parlament informiert. Das Innenministerium wies diese Behauptungen als unbegründet und ungenau zurück. Die Regierung arbeitete in den meisten Fällen mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Asylsuchenden, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Hilfe zu gewähren. Die Regierung hat bedeutende Schritte unternommen, um Personen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020). Auch die Europäische Kommission beurteilt die Einrichtung eines Kontrollregimes für das Verhalten der kroatischen Grenzbeamten sowie das Versprechen der kroatischen Regierung, allen Vorwürfen nachzugehen, positiv. Es gebe ausreichende Belege dafür, dass das Land bemüht ist, seine Verpflichtungen zum Schutze der Menschenrechte zu erfüllen (HRW 8.11.2019).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
- AI – Amnesty International (2019): Pushed to the edge. Violence and abuse gainst refugees and migrants along the Balkan route, https://www.amnesty.org/download/Documents/EUR0599642019ENGLISH.PDF, Zugriff 13.3.2020
- ECRE - European Council on Refugees and Exiles (30.8.2019): Report on Illegal Pushback and Border Violence, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Report%20on%20Illegal%20Pushback%20and%20Border%20Violence%20_%20European%20Council%20on%20Refugees%20and%20Exiles%20%28ECRE%29.pdf, Zugriff 17.1.2020
- ECRE - European Council on Refugees and Exiles (31.1.2020): New Report on Torture of Asylum Seekers by Authorities, https://www.ecre.org/croatia-new-report-on-torture-of-asylum-seekers-by-authorities/, Zugriff 17.4.2020
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2015957.html, Zugriff 13.1.2020
- HRW – Human Rights Watch (8.11.2019): EU: Push-Backs an kroatischer Grenze beenden, https://www.hrw.org/de/news/2019/11/08/eu-push-backs-kroatischer-grenze-beenden, Zugriff 23.3.2020
- SRF - Schweizer Rundfunk (28.9.2019): lllegale Push-Backs - SEM bei Kroatien-Rückführungen zurückgepfiffen, https://www.srf.ch/news/schweiz/illegale-push-backs-sem-bei-kroatien-rueckfuehrungen-zurueckgepfiffen, Zugriff 24.3.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Croatia, https://www.ecoi.net/en/document/2027527.html, Zugriff 23.03.2020
Versorgung
Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht gilt ab dem Zeitpunkt, an dem die betreffenden Personen den Willen zur Asylantragsstellung erkennen lassen und umfasst Unterbringung in einem Aufnahmezentrum, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung sowie Refundierung der Fahrtkosten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die monatliche finanzielle Unterstützung wird ab der Unterbringung in einem Aufnahmezentrum gewährt und beläuft sich per 31.12.2019 auf 100 Kuna (EUR 13,40) pro Person. Auch wenn sich der Betrag bei abhängigen Familienmitgliedern erhöht, gilt er doch als sehr gering bemessen. Asylwerber, deren Verfahren nach neun Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber wird jedoch durch die Sprachbarriere und die hohe Arbeitslosigkeit behindert. Asylwerber haben keinen Zugang zu Jobtrainings, sie können aber auf freiwilliger Basis innerhalb der Aufnahmezentren mitarbeiten. Auch können sie bei gemeinnützigen Tätigkeiten oder bei der Arbeit humanitärer Organisationen mitwirken (AIDA 22.4.2020).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
Unterbringung
Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in entsprechenden Aufnahmezentren. Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über zwei offene Aufnahmezentren für Asylwerber, in Zagreb im „Hotel Porin“ (Kapazität: 600 Plätze) und in Kutina (Kapazität: 100 Plätze). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt. Das Zentrum in Kutina zielt auf die Unterbringung vulnerabler Antragsteller ab, auch wenn 2019 dort hauptsächlich umgesiedelte Personen beherbergt wurden, bis diese am Ende des Jahres in anderen Städten mit bezahlten Wohnungen ausgestattet wurden. Der Plan, in Mala Gorica ein neues Aufnahmezentrum zu bauen, wurde nach Protesten der lokalen Bevölkerung wieder verworfen und das veranschlagte Geld in die Renovierung der bestehenden Zentren investiert (AIDA 22.4.2020).
Das „Hotel Porin“, offizielle Bezeichnung „Reception Center for Asylum Seekers Zagreb“, ist ein ehemaliges Hotel, das nach der Schließung nunmehr im Eigentum der Polizei steht. Das Zentrum wird von Polizei und Regierung mit Unterstützung zahlreicher NGOs wie Croatian Baptist Aid, MSF, dem Roten Kreuz und IOM betrieben (BGAV 13.5.2019). Eine umfassende Renovierung 2019 hat die Lebensbedingungen für die Asylwerber wesentlich verbessert (AIDA 22.4.2020).
Die Bewohner können sich frei bewegen, müssen aber – sofern keine Sondergenehmigung vorliegt – bis 23 Uhr wieder im Haus sein. In Kutina teilen sich Familien ein Zimmer, unbegleitete Minderjährige und alleinstehende Frauen werden getrennt untergebracht. In Zagreb werden maximal vier Personen pro Zimmer untergebracht; Familien mit mehr als fünf Mitgliedern werden nach Möglichkeit zwei Zimmer zur Verfügung gestellt. Die Ausstattung mit Duschen und Toiletten ist ausreichend und die Einrichtungen werden regelmäßig gereinigt (AIDA 22.4.2020).
In beiden Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Minderjährige bis 16 Jahre erhalten zusätzlich eine Nachmittagsjause. In vom Roten Kreuz ausgestatteten Küchen können sich die Asylwerber außerdem selbst Mahlzeiten zubereiten (AIDA 22.4.2020).
Das Personal des Innenministeriums in den Aufnahmezentren ist ausreichend. Es werden soziale und pädagogische Aktivitäten organisiert wie etwa Sportaktivitäten, Sprach- und EDV-Kurse und verschiedenste Workshops beispielsweise über kroatische Kultur und über Sitten und Gebräuche. Auch Kinderspielzimmer, Bibliothek, Friseur und ähnliches stehen zur Verfügung. Die meisten Asylwerber bleiben nicht lange in den Aufnahmezentren, da sie sich auf der Durchreise befinden (AIDA 22.4.2020).
Der Jesuitische Flüchtlingsdienst JRS organisiert zahlreiche Freizeitaktivitäten und Sprachkurse. Zudem können die Bewohner der Aufnahmezentren eine asylrechtliche Beratung und psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen (JRS o.D.).
UNICEF setzt sich besonders dafür ein, dass bei der Organisation und Planung der Dienste in den Aufnahmezentren den Bedürfnissen der Kinder besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird (AIDA 22.4.2020). Für Familien mit Kindern stellt UNICEF die medizinische Versorgung von Müttern und Kindern sowie Unterstützung für schwangere und stillende Mütter bereit. Weiters organisiert UNICEF abgeschlossene Bereiche, in denen die Kinder spielen und informell lernen können (UNICEF o.D.).
Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, muss das Zentrum verlassen werden (AIDA 22.4.2020).
Kroatien verfügt zurzeit über drei Schubhaftzentren mit einer Gesamtkapazität von insgesamt 219 Personen: das geschlossene (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 95 Plätzen und die Transitzentren in Trilj und in Torvarnik mit jeweils 62 Plätzen. 2018 wurden gemäß kroatischen Innenministerium insgesamt 928 Migranten inhaftiert, davon 535 in Jezevo, 109 in Tovarnik und 284 in Trilj. Diese Zahl umfasst nicht die von der Polizei angeordneten Inhaftierungen, sondern nur jene, die von Aufnahmezentren für Asylwerber oder den Asylbehörden angeordnet wurden. Es liegen keine Daten über die Inhaftierung von Migranten und Bewerbern um internationalen Schutz im Laufe des Jahres 2019 vor (AIDA 22.4.2020).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
- BGAV - Baptist General Association of Virginia (13.5.2019): Via Will Cumbia, Venturer: Partnering with Croatian Baptists in Ministry with Refugees in Bosnia, https://bgav.org/partnering-with-croatian-baptists-in-ministry-with-refugees-in-bosnia/, Zugriff 7.1.2020
- JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Activities in Organisation. Activities in the detention, http://www.jrs.hr/en/activities-in-organization/, Zugriff 27.4.2020
- UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (o.D.): Helping child refugees and migrants, https://www.unicef.org/croatia/en/helping-child-refugees-and-migrants, Zugriff 27.4.2020
Unterbringung Vulnerabler/UMA
Für Vulnerable gelten spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Sie werden im allgemeinen Unterbringungssystem versorgt. So dient das Zentrum Kutina primär der Unterbringung vulnerabler Asylwerber. Dort wurden spezielle Bereiche für Frauen und Vulnerable eingerichtet. Familien werden gemeinsam, alleinstehende Frauen, unbegleitete Minderjährige und Traumatisierte in getrennten Räumen untergebracht. In manchen Fällen wurden Kinder gemeinsam mit erwachsenen Asylwerbern untergebracht (AIDA 22.4.2020).
UNICEF berichtete, dass Ende 2019 ein kurzfristiger Vertrag mit dem JRS (gültig bis April 2020) unterzeichnet wurde, der die Finanzierung der Wiederherstellung eines kinderfreundlichen Raums vorsieht (AIDA 22.4.2020). Ziel ist es, einen sicheren Ort für die Kinder zu schaffen, an dem sie lernen, spielen und Spaß haben können. Weiters soll den Kindern Schutz, psychosoziales Wohlbefinden und nicht-formale Bildung geboten werden. Dem Alter der Kinder entsprechend werden altersgerechte Spiele, Lerntechniken und pädagogische Inhalte verwendet (JRS o.D.).
Sozialarbeiter bieten tägliche psychosoziale Betreuung und organisieren soziale und kulturelle Events. Unbegleiteten Minderjährigen, psychisch beeinträchtigten Personen und potentiellen Traumaopfern wird besondere Beachtung geschenkt. Wenn nötig, werden die Betroffenen zu medizinischer bzw. psychologischer Spezialbehandlung überwiesen. Um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern und Kinder vor Erwachsenen zu schützen, führen die in den Empfangszentren tätigen Mitarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes Workshops durch und organisieren auch individuelle Beratungen über mögliche Risiken sexueller Gewalt, Ausbeutung und des Menschenhandels. Weiters gibt es Sprachkurse, Arbeitsvermittlung usw. Mehrere NGOs sind in den Zentren präsent und bieten Unterstützungsmaßnahmen an. Es existieren in Kroatien keine Monitoringmechanismen bezüglich der Einhaltung der Unterbringungsgarantien für Vulnerable. Sozialarbeiter des kroatischen Innenministeriums und des Roten Kreuzes sind aber täglich in den Zentren anwesend und können unterstützend tätig werden. In der Praxis können die Mitarbeiter des Kroatischen Roten Kreuzes während ihrer regelmäßigen Arbeit und der Kommunikation mit Asylsuchenden sowie bei der Einzel- und Gruppenunterstützung die Bedürfnisse anfälliger Gruppen beobachten und, wenn erforderlich, Änderungen in der Unterbringung vorschlagen. Bei Bedarf können Vulnerable auch anderweitig untergebracht werden. Laut Innenministerium werden spezielle Unterbringungsbedürfnisse meist auf Empfehlung des Arztes nach dem ersten Gesundheitscheck festgestellt (z.B. spezielle Diät, psychosoziale Unterstützung, spezielle Unterkunft) (AIDA 22.4.2020).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 24.4.2020
- JRS – Jesuit Refugee Service (o.D.): Child Friendly Space in the Reception Center for International Protection seekers in Zagreb, http://www.jrs.hr/en/causes/child-friendly-space-in-the-reception-center-for-international-protection-seekers-in-zagreb/, Zugriff 17.4.2020
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische und psychologische Behandlung. Diese Behandlung ist in den Aufnahmezentren Zagreb und Kutina verfügbar. Zudem wurde in beiden Zentren eine Ambulanz für chronische und lebensbedrohliche Krankheiten eingerichtet. Das Kroatische Rote Kreuz bietet ein breites Spektrum verschiedenster Leistungen an. Dazu gehören eine permanente psychologische und psychosoziale Unterstützung sowie eine besondere Betreuung potentieller Opfer von Folter und Traumata (AIDA 22.4.2020).
Zur spezialisierteren Behandlung werden die betroffenen Personen an das Spital in Kutina überwiesen, das unter anderem über Ambulanzen in den Bereichen Kinderheilkunde, Gynäkologie und Neuropsychiatrie verfügt. Im Spital in Zagreb sind Suchtbehandlung, eine Zahnambulanz sowie eine Psychiatrie verfügbar. Darüber hinaus werden Antragsteller an lokale Krankenhäuser überwiesen, d.h. in Sisak für diejenigen, die in Kutina untergebracht sind, und an das Krankenhaus von Zagreb. Auch wurden für die Asylwerber zuständige Apotheken, jeweils eine in Zagreb und Kutina, festgelegt. Ein Ärzteteam von MdM war jeden Werktag von 9 bis 15 Uhr im Aufnahmezentrum in Zagreb und je nach Bedarf im Aufnahmezentrum in Kutina anwesend (AIDA 22.4.2020).
Vulnerable Antragsteller, insbesondere Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, sind entsprechend medizinisch zu behandeln. In der Praxis ist diese zusätzliche Gesundheitsversorgung jedoch nicht regelmäßig zugänglich. Ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler existiert nicht, sie werden oft an den Arzt im Unterbringungszentrum verwiesen. Seit 2010 betreibt das Croatian Law Centre das Projekt “Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants”. 24 Personen wurden 2019 im Rahmen dieses Projekts betreut (AIDA 22.4.2020).
Teams von Medecins du Monde - bestehend aus Allgemeinmedizinern, einer Krankenschwester, einem Psychologen und einem Dolmetscher - bieten bei Bedarf medizinische und psychologische Unterstützung an. MdM arbeitet täglich mit diesen Menschen, von denen die meisten Opfer von multiplen Traumata sind, zusammen und kümmert sich – sofern erforderlich - auch um den Transport und die Begleitung in Krankenhäuser. Weiters wird Asylwerbern auch eine spezialisierte Betreuung angeboten. Zweimal im Monat sind ein Psychiater, ein Kinderarzt und ein Gynäkologe bei den Konsultationen anwesend. Sie ermöglichen Frauen und Kindern eine fachärztliche Betreuung. Schließlich wird auch die Impfung von Kindern gefördert, indem diese zu den entsprechenden Einrichtungen begleitet werden (MdM o.D.; vgl. MdM 6.2018). Im Jahr 2019 führte das Ärzteteam von MdM 3.556 ärztliche Konsultationen durch, hiervon 1.360 Erstuntersuchungen neu eingetroffener Asylwerber, weiters 1.200 psychologische Einzelberatungen und 110 psychiatrische Fachuntersuchungen (AIDA 22.4.2020).
Darüber hinaus bietet als Teil des MdM-Teams ein Sozialarbeiter Informationen, Anleitungen und praktische Unterstützung für Asylwerber (z.B. Begleitung von Patienten in Gesundheitseinrichtungen, Begleitung von Kindern von Asylwerbern zur Impfung). Auch Schutzberechtigte werden entsprechend unterstützt, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Durch Workshops oder individuelle Beratung informiert das medizinische Team von MdM über Prävention von Infektionskrankheiten, Hygiene, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Familienplanung (MdM 6.2018).
Außerdem hat das "Zentrum für Kinder, Jugend und Familie“ (Modus) seit März 2015 mit der Bereitstellung von kostenloser Beratung und Psychotherapie für Antragsteller und Flüchtlinge begonnen. 2019 wurde die Beratung nicht in den Aufnahmezentren selbst, sondern in den Räumlichkeiten der Organisation angeboten und von drei Psychologen und zwei Dolmetschern für Farsi und Arabisch unterstützt. Eine Sitzung dauert zwischen 45 und 60 Minuten und beinhaltet die üblichen Regeln für die Gewährung psychologischer Unterstützung, wie z.B. Vertraulichkeit und die Möglichkeit, sich auf die zu behandelnden Themen zu einigen (AIDA 22.4.2020).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2020): National Country Report Croatia 2019, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2019update.pdf, Zugriff 27.4.2020
- MdM - Médecins du Monde (o.D.): Soigner et soutenir les demandeurs d'asile à Zagreb & Kutina. Croatie, https://medecinsdumonde.be/projets/soigner-et-soutenir-les-demandeurs-dasile-a-zagreb-kutina#Notreaction, Zugriff 27.4.2020
- MdM - Médecins du Monde (6.2018): Croatia – Hidden (human) faces of European Union’s Dublin regulation from a health perspective, https://medecinsdumonde.be/system/files/publications/downloads/MdM-BE%20-%20Croatia%20Hidden%20human%20faces%20Dublin%20-%20June%202018.pdf, Zugriff 27.4.2020
- MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail
Zu Covid-19 wurden folgende Feststellungen getroffen:
„COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.
In Österreich gab es mit Stand 28.04.2021, 08.20 Uhr 612.170 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.126 Todesfälle; in Kroatien wurden zur diesem Zeitpunkt 324.833 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 6.957 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht, dies bestätigt auch Chinas Gesundheitsbehörde und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Menschen mit milden Symptomen erholen sich der WHO zufolge in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchen drei bis sieben Wochen.“
Soweit sich das Bundesamt auf Quellen älteren Datums beziehe, werde angeführt, dass diese – aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse im Mitgliedstaat Kroatien - nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
Beweiswürdigend wurde in den angefochtenen Bescheiden hervorgehoben, dass die Identität der BF in Ermangelung identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe.
Die BF leiden an keinen schweren oder ansteckenden körperlichen Erkrankungen bzw. psychischen Störungen, welche einer Außerlandesbringung nach Kroatien entgegenstünden.
Die BF haben in Kroatien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, Kroatien habe sich mit Schreiben vom 19.02.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit c der Dublin III-VO für zuständig für die Prüfung ihrer Anträge auf internationalen Schutz erklärt. Ein zuständigkeitsbeendendes Sachverhaltsmerkmal könne nicht festgestellt werden bzw. habe sich ein solches im Zuge des Verfahrens nicht ergeben.
In Österreich würden der volljährige Bruder sowie ein Onkel der BF1 leben. Beide seien gemeinsam im Jahr 2014 in das Bundesgebiet eingereist und seither in Österreich aufhältig. Der Bruder sei in Österreich subsidiär schutzberechtigt und in Klagenfurt wohnhaft. Der Onkel sei in Österreich asylberechtigt und in Wien wohnhaft. Die BF würden mit den angeführten Verwandten nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Weiters bestehe weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Andere Verwandte befänden sich nicht in Österreich. Auch eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich könne nicht festgestellt werden.
Ein in besonderem Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen.
In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Regelvermutung des § 5 Abs 3 AsylG unter Abwägung aller Umstände nicht habe erschüttert werden können.
9. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde im Namen aller BF eingebracht. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die Familie (einschließlich des Ehemannes bzw. Vater der Beschwerdeführerinnen) habe in den Niederlanden einen Asylantrag gestellt und sei anschließend nach Deutschland zurückgereist, wo ebenfalls ein Asylantrag gestellt worden wäre. Von Deutschland sei die Familie nach Österreich gereist, aber der Ehemann bzw. der Vater sei zurückgeblieben, da das Geld nicht mehr gereicht habe. Es sei unrichtig, dass die beschwerdeführende Familie in Kroatien Asylanträge gestellt habe. In Kroatien sei lediglich ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt worden. Es sei nicht erhoben worden, ob bzw. in welchen Ländern Asylanträge gestellt worden wären und in welchem Stadium sich die Asylverfahren befänden, insbesondere in Hinblick auf die Antragstellung in Deutschland, die offenbar mit dem Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer erfolgt sei. Unrichtig seien auch die Feststellungen in Bezug auf die Verhältnisse in Kroatien. Die medizinische Betreuung sei völlig unzulänglich. Das Asylsystem in Kroatien leide offenbar an systemischen Fehlern, die zu einer Gefährdung der BF im Sinne des Artikel 3 EMRK führen. Richtigerweise wäre das Asylverfahren der beschwerdeführenden Familie gemeinsam mit dem Ehemann gemeinsam mit dem Ehemann bzw. Vater wegen des Gebotes des Zusammenhaltes der Familie in Deutschland zu führen gewesen. In Österreich sei das Verfahren zu führen, weil familiäre und verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte gegeben seien durch den Bruder und den Onkel der BF1. Jedenfalls gäbe es keinen Grund, Kroatien nach den Kriterien der Dublin III-VO zur Prüfung der Asylanträge der Beschwerdeführer für zuständig zu erklären. Verwiesen sei auf Erwägungsgrund 13 der Dublin III-VO, wonach das Wohl des Kindes vorrangige Erwägung sein sollte, dass Wohlbefunden, die soziale Entwicklung berücksichtigend. Gemäß Erwägungsgrund 16 hätte die uneingeschränkte Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und des Wohles des Kindes als ein verbindliches Zuständigkeitskriterium herangezogen werden (offenbar gemeint: müssen).
10. Die BF legten am 19.05.2021 einen von der MigrantInnenberatung St. Marx in Auftrag gegebenen psychologischen Befund betreffend die mj. BF2 vor. Demnach fand am 12.05.2021 ein Befundgespräch statt, welches zusammenfassend ergab: „ XXXX zeigt ausgeprägte Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung nach psychischen und physischen Traumata mit klinisch relevanten Symptomen nach ICD-10: F43.1.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF1 lebte eigenen Angabe zufolge von Mai 2017 bis Jänner 2020 mit ihren Töchtern in Jordanien. Von dort gelangte sie über die Türkei, den Kosovo und Serbien über Kroatien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten. In Kroatien stellten die BF am 29.05.2020 Anträge auf internationalen Schutz, warteten den Verfahrensausgang jedoch nicht ab und reisten weiter in die Niederlande, wo sie am 05.07.2020 Asylanträge stellten. Die Niederlande richteten am 22.07.2020 Übernahmeersuchen nach Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Kroatien. Kroatien stimmte der Übernahme der BF mit Schreiben vom 03.08.2020 gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zu. Die BF begaben sich jedoch weiter nach Deutschland, wo sie am 26.11.2020 weitere Asylanträge stellten. Deutschland richtete am 15.01.2021 ein Übernahmeersuchen nach Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Kroatien, welchem Kroatien mit Schreiben vom 28.01.2021 gemäß Artikel Abs. 1 lit. c Dublin IIII-VO zustimmte.
Die BF begaben sich jedoch weiter nach Österreich, wo sie nach illegaler Einreise am 09.12.2020 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellten. In der Folge leiteten die österreichischen Dublin Behörden Konsultationsverfahren mit Deutschland, Kroatien und den Niederlanden ein. Nach der Ablehnung von Deutschland und der Niederlande, jeweils mit der Begründung, dass eine Zuständigkeit Kroatiens für die Führung der Asylverfahren der BF vorliege, erteilte Kroatien mit schriftlicher Erklärung vom 19.02.2021 gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-VO seine Zustimmung zur Zuständigkeit für die Asylverfahren der BF.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Kroatiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
Zur Lage im Mitgliedstaat Kroatien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den oben wiedergegebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid an.
Die BF leiden an keinen akut lebensbedrohlichen Krankheiten bzw. psychischen Störungen. Bei der BF2 wurden nach einem Befundgespräch am 12.05.2021 ausgeprägte Symptome einer posttraumatische Belastungsstörung nach psychischen und physischen Traumata mit klinisch relevanten Symptomen nach ICD-10: F43.1. festgestellt.
In Österreich leben der Bruder der BF1 XXXX als subsidiär Schutzberechtigter sowie der Onkel XXXX als Asylberechtigter. Beide sind im Jahr 2014 gemeinsam in Österreich eingereist und seither hier aufhältig. Mit den angeführten Verwandten besteht weder ein gemeinsamer Haushalt noch kann ein Abhängigkeitsverhältnis in finanzieller oder sonstiger Hinsicht festgestellt werden. Weitere Verwandten der BF leben nicht in Österreich.
Ein zu beachtendes Familienleben in Österreich kann ebenso wenig festgestellt werden wie eine besondere Integrationsverfestigung der BF in Österreich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg ergeben sich aus den Angaben der BF1 in Zusammenschau mit den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen.
Die Feststellungen zum Verfahrensgang, insbesondere zum Konsultationsverfahren, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem darin befindlichen Vorbringen der BF sowie dem Schriftwechsel zwischen der österreichischen, der niederländischen, der detuschen und der kroatischen Dublin-Behörde.
Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur medizinischen und allgemeinen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Kroatien nicht maßgeblich geändert hat.
Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das kroatische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Kroatien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.
Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF basieren auf dem Akteninhalt und den Angaben der BF1. Eine ernsthafte Erkrankung wurde im Verfahren nicht behauptet, auch wurden keine ärztlichen Befunde oder Nachweise für einen stationären Spitalsaufenthalt von den BF vorgelegt. Auch der erst nach Bescheid-Erlassung und Beschwerde-Einbringung vorgelegte psychologische Befund betreffend die BF2 ist nicht geeignet, eine Krankheit bzw. psychische Störung von solcher Schwere darzustellen, dass diese die Überstellung der BF2 nach Kroatien unzulässig machen würde.
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen der BF1.
Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Demnach ist nicht zu erkennen, dass sich die Situation in Kroatien schlechter darstelle als in Österreich;
Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben respektive keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission.
Mittlerweile haben die Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, die Überstellungen von Dublin- Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder aufgenommen und sind laut Auskunft des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Dublin-Out Überstellungen (wenn auch auf niedrigerem Niveau) seit Mitte Juni 2020 wieder gut angelaufen. Nichtsdestotrotz sind Überstellungen aufgrund der COVID-19 Situation nach wie vor zum Teil Einschränkungen (z.B. Vorlage von COVID-Tests) unterworfen und können Anpassungen rasch notwendig sein.
Auch wenn weltweit eine starke Zunahme von Neuinfektionen zu verzeichnen ist, kann letztlich davon ausgegangen werden, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung überwunden sein werden; dies auch im Hinblick auf die bereits erfolgte Zulassung mehrerer Corona-Impfstoffe.
Gegenständlich relevant ist noch, dass die BF zu keinem Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens Ausführungen hinsichtlich einer Gefährdung im Zusammenhang mit der Covid-Situation in Kroatien getroffen haben; insofern also eine spezifische Verfahrensergänzung hiezu im vorliegenden Eilverfahren nicht erforderlich war; die Einschätzung, dass sich Kroatien nicht in einer Art. 3 EMRK-widrigen Ausnahmesituation infolge der Pandemie befindet, wird wie eben erwogen durch das Bundesverwaltungsgericht – auch in seiner sonstigen Rechtsprechung – als notorisch vorausgesetzt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Die gegenständliche Beschwerde ist nach dem 01.01.2014 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden, sodass insgesamt nach der Rechtslage ab diesem Tag vorzugehen ist.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.g.F. geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.