TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/2 L524 2148270-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2021
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Entscheidungsdatum

02.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


L524 2148270-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Kurt KULAC, Kaiserfeldgasse 27/IV, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen Asyl vom 11.02.2019, Zl. 61956401-160643190/BMI-BFA_STM_RD, betreffend Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.04.2021, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgte eine Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und am 26.09.2016 die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

Mit Bescheid des BFA vom 31.01.2017, Zl. 61956401-160643190/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die Beschwerdeführerin richtete gegen diesen Bescheid vom 31.01.2017, der an eine Rechtsanwältin, der die Beschwerdeführerin jedoch keine Vollmacht erteilt hatte, zugestellt wurde, eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2018, L519 2148270-1/9E, wurde die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 08.02.2018, Zl. 61956401-160643190/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Gegen den Bescheid des BFA vom 08.02.2018 erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.04.2018, L524 2148270-2/2E, wurde der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückverwiesen.

Am 07.02.2019 erfolgte eine Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA.

Mit Bescheid des BFA vom 11.02.2019, Zl. 61956401-160643190/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid des BFA vom 11.02.2019 erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 28.04.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur die Beschwerdeführerin, die mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung und einer Vertrauensperson erschien, als Partei teilnahm. Das BFA nahm an der Verhandlung unentschuldigt nicht teil.

II. Feststellungen:

Die 56jährige Beschwerdeführerin ist türkische Staatsangehörige, Kurdin und sunnitische Muslimin. Die Beschwerdeführerin wurde in XXXX in der Nähe von Cihanbeyli in der Provinz Konya in der türkischen Region Zentralanatolien geboren und wuchs dort auf. Es kann nicht festgestellt werden, wo bzw. wie die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise konkret lebte.

Die Beschwerdeführerin ist geschieden. Das genaue Datum der Scheidung kann nicht festgestellt werden. Dass die Beschwerdeführerin nach der Beendigung der Ehe noch für längere Zeit bei ihrem Ehegatten verblieben ist bzw. wohnhaft war, kann ebenso wenig festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin verfügt über keine Schulbildung. Sie ist Analphabetin und spricht Türkisch und Kurdisch.

In der Türkei leben drei Brüder, zwei Schwestern und zwei Tanten sowie der ehemalige Gatte. Ein Bruder, eine Tante und der ehemalige Gatte wohnen weiterhin im früheren Heimatdorf XXXX in der Nähe von Cihanbeyli in der Provinz Konya in der türkischen Region Zentralanatolien. Zwei Schwestern und eine Tante leben ebenfalls in der Provinz Konya, ein Bruder in der Provinz U?ak und ein Bruder in der Provinz Karaman. Sollte der Kontakt zu diesen Personen (nach der Ausreise aus der Türkei) tatsächlich abgebrochen sein, läge dem – mit Ausnahme der Beziehung zu ihrem ehemaligen Gatten – kein nachhaltiges Zerwürfnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Familie zugrunde, das eine neuerliche Kontaktaufnahme in jedem Fall ausschließen würde.

Die Beschwerdeführerin verließ im Mai 2016 die Türkei und reiste illegal in Österreich ein, wo sie am 09.05.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Sie hält sich somit als Asylwerberin rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Die Beschwerdeführerin verließ die Türkei zwecks Verbesserung der Lebenssituation und um sich in Österreich bei ihren beiden Kindern ein Leben aufzubauen bzw. hier unter Umständen einer Arbeit nachzugehen. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei verfolgt wurde. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründe, wonach sie von ihrem Ehegatten – nach der Scheidung – geschlagen worden sei, sie von unbekannten Privaten durch das Werfen von Steinen an das Fenster, das Klopfen an der Türe und an das Fenster sowie unflätige Beleidigungen in der Türkei nachts des Öfteren belästigt worden sei bzw. sie bei einer Rückkehr in die Türkei befürchte, von ihrem ehemaligen Gatten getötet bzw. von unbekannten Privaten vergewaltigt und/oder getötet zu werden, werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt.

Der Sohn der Beschwerdeführerin hat bereits im Jahr 2010 im Zuge eines Visumverfahrens eine Verpflichtungserklärung für die Beschwerdeführerin abgegeben.

In Österreich leben eine Tochter und deren Kinder sowie ein Sohn der Beschwerdeführerin. Die Tochter und der Sohn der Beschwerdeführerin sind türkische Staatsangehörige. Sie sind jeweils aufgrund eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Eine weitere Tochter und eine Tante der Beschwerdeführerin leben in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Beschwerdeführerin lebt bei ihrer Tochter. Diese befindet sich nach der Geburt des dritten Kindes noch bis etwa Herbst 2021 in Karenz. Die Beschwerdeführerin unterstützt(e) ihre Tochter bei der Betreuung der drei Enkelkinder. Der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin wird von ihren in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland aufhältigen Kindern bestritten.

Die Beschwerdeführerin bezieht keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Die Beschwerdeführerin verlässt kaum ihr Zuhause. Sie hat, abgesehen von ihren hier lebenden Familienangehörigen, keine sozialen Kontakte. Sie ist kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie hat in Österreich auch keine Schule, Kurse oder sonstige Ausbildungen besucht. Sie geht hier keiner ehrenamtlichen oder gemeinnützigen Arbeit nach. Die Beschwerdeführerin hat keine Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache besucht und legte auch keine Prüfungen ab. Sie beherrscht die deutsche Sprache nicht. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit. Sie hat seit ihrer Jugend Magenbeschwerden, die medikamentös therapiert werden. Sie befand sich in Österreich weder in der Vergangenheit, noch befindet sie sich derzeit im Hinblick auf ihre psychische Verfassung in einer Therapie oder Behandlung. Die Beschwerdeführerin ist einvernahmefähig und es ist keine Erkrankung bzw. Beeinträchtigung ihrer Gesundheit fassbar, welche die Beschwerdeführerin außer Lage setzen würde, gleichlautende und detaillierte Angaben zu Ereignissen aus der Vergangenheit zu machen. Aktuelle ärztliche bzw. medizinische Befunde, welche eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit aufzeigen und/oder Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Sie gehört keiner Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung an.

Zur Lage in der Türkei:

COVID-19

Am 11.3.2020 verkündete der türkische Gesundheitsminister, Fahrettin Koca, die Nachricht vom tags zuvor ersten bestätigten Corona-Fall (FNS 16.3.2020; vgl. DS 11.3.2020). Mit Jahresende 2020 wurden 2,18 Mio. Corona-Fälle und rund 21.000 Tote in der Türkei verzeichnet (JHU 30.12.2020).

Am 25.11.2020 erklärte Gesundheitsminister Fahrettin Koca, dass nunmehr alle positiv auf COVID-19 getesteten Personen in die Statistik aufgenommen werden. Ende Juli 2020 hatte das Gesundheitsministerium nämlich damit begonnen, die Corona-Infektionszahlen anzupassen, indem nur noch diejenigen, die tatsächlich Symptome entwickelten und einer Behandlung bedurften, statistisch gemeldet wurden. Dadurch blieben die offiziellen Zahlen in der Türkei im internationalen Vergleich niedrig. Auf diese Weise seien nach Medienberichten bis Ende Oktober 2020 bis zu 350.000 Corona-Infektionen verschwiegen worden (BAMF 30.11.2020). Das kam für den türkischen Ärzteverband nicht überraschend, der seit Monaten davor warnt, dass die bisherigen Zahlen der Regierung das Ausmaß der Ausbreitung verschleiern und dass der Mangel an Transparenz zu dem Anstieg beiträgt. Der Ärzteverband behauptet, dass die Zahlen des Ministeriums immer noch zu niedrig seien, verglichen mit ihrer eigenen Schätzung von mindestens 50.000 neuen Infektionen pro Tag. Die Krankenhäuser des Landes sind laut der Vorsitzenden des Ärzteverbandes, Sebnem Korur Fincanci, überlastet, das medizinische Personal ist ausgebrannt und die Contract-Tracer, die einst dafür bekannt waren, den Ausbruch unter Kontrolle zu halten, haben Schwierigkeiten, die Übertragungen zu verfolgen (AP 29.11.2020).

Beginnend mit 1.12.2020 ist ein Lockdown in Kraft getreten, welcher Ausgangssperren unter der Woche von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr umfasst. An den Wochenenden herrschte eine totale Ausgangssperre von Freitag 21.00 Uhr bis Montag 5.00 Uhr. An allen Orten, wo sich mehrere Menschen befinden, insbesondere auf Märkten und in Geschäften, gilt Maskenpflicht. Auf öffentlichen Plätzen wurde ein Rauchverbot auch im Freien eingeführt. Das Verbot zur Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen durch staatliche und staatsnahe Organisationen sowie von Verbänden bleibt aufrecht. Sportveranstaltungen werden ohne Zuschauer durchgeführt. An Beerdigungen und Hochzeiten dürfen maximal 30 Personen teilnehmen. Feiern und Zusammenkünfte in häuslicher Umgebung sind untersagt. Gastronomische Einrichtungen bleiben tagsüber nur für Lieferservice geöffnet. Einkaufszentren und Lebensmittelgeschäfte dürfen nur zwischen 10.00 Uhr und 20.00 Uhr geöffnet haben. Beim Betreten von Einkaufszentren wird der sogenannten HES (Hayat Eve Sigar) - Code verlangt, ein behördlich verliehener elektronischer Schlüssel, mittels welchem der momentane Status der jeweiligen Person in Hinblick auf Corona verfolgt und überprüft werden kann. Er dient z.B. als Zutrittsvoraussetzung zu Ämtern oder eben Einkaufszentren. Beginnend mit 5.11.2020 müssen kulturelle Einrichtungen, wie Theater, ab 22.00 Uhr geschlossen sein. Kinos bleiben bis auf weiteres geschlossen. Alle Schulen inklusive Vorschulen

sind geschlossen und werden bis auf weiteres nur mehr im Fernunterricht fortgeführt. Jugendliche unter 20 Jahren dürfen nur zwischen 13.00 Uhr und 16.00 Uhr die Wohnung verlassen. Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist Ihnen untersagt. Ältere Menschen über 65 Jahre dürfen tagsüber nur während bestimmter Uhrzeiten (10.00 Uhr – 13.00 Uhr) die Wohnungen verlassen. Auch für diese Personengruppe ist die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln verboten (WKO 21.1.2021).

Ab 28.12.2020 müssen alle Personen, die mit dem Flugzeug in die Türkei reisen, einen Nachweis erbringen, dass sie innerhalb von 72 Stunden vor der Einreise mit einem PCR-Test negativ auf COVID-19 getestet wurden. Einreisende ohne einen negativen Test müssen entweder an ihrer gemeldeten Adresse in der Türkei oder in einer von der Regierung bezeichneten Einrichtung in Quarantäne gehen. Alle Personen, die über die Land- oder Seegrenzen in die Türkei einreisen, unterliegen ab dem 30.12.2020 den gleichen Anforderungen. Die Richtlinie wird mindestens bis zum 1.3.2021 in Kraft bleiben (Garda World 25.12.2020).

Am 30.12.2020 wurde das bis 17.1.2021 gültige Entlassungsverbot per Präsidialdekret um weitere zwei Monate verlängert (Hürriyet 30.12.2020).

In der zweiten Jänner-Woche 2021 ist mit den Impfungen begonnen worden. Zum Einsatz kommt das chinesische Vakzin der Firma Sinovac, dem am 13.1.2021 nach einem Eilverfahren eine Notzulassung erteilt wurde. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sie werde parallel zur Impfkampagne fortgesetzt, teilten die Behörden mit. Prioritär werden die 1,1 Mio. Mitarbeiter des Gesundheitswesens sowie Menschen über 65 Jahren geimpft. Laut dem Generalsekretär der Ärztevereinigung werde die landesweite Impfkampagne voraussichtlich im Juli 2021 angeschlossen werden. Bei Lieferverzögerungen könne sie auch bis Dezember dauern. Türkische Mediziner haben infolge der Ergebnisse in Brasilien und Indonesien ihre Zweifel an der Wirksamkeit des Impfstoffs geäußert. Die türkische Rechtsmedizinerin und Vorsitzende der Ärztevereinigung Sebnem Korur Fincanci sagte, die Sicherheit des Impfstoffs stehe jedoch außer Frage und appellierte, sich impfen zu lassen. Als Folge der intransparenten Politik will sich allerdings nur jeder zweite impfen lassen (FAZ 14.1.2021).

Politische Lage

Die Türkei ist eine Präsidialrepublik und laut Art. 2 ihrer Verfassung ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat auf der Grundlage öffentlichen Friedens, nationaler Solidarität, Gerechtigkeit und der Menschenrechte. Staats- und zugleich Regierungschef ist seit Einführung des präsidialen Regierungssystems am 9.7.2018 der Staatspräsident, der die politischen Geschäfte führt (AA 24.8.2020; vgl. DFAT 10.9.2020), wobei das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft wurde (DFAT 10.9.2020; vgl. bpb 9.7.2018).

Die Verfassungsarchitektur ist weiterhin von einer fortschreitenden Zentralisierung der Befugnisse im Bereich des Präsidentenamtes geprägt, ohne eine solide und wirksame Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative zu gewährleisten. Da es keinen wirksamen Kontroll- und Ausgleichsmechanismus gibt, bleibt die demokratische Rechenschaftspflicht der Exekutive auf Wahlen beschränkt. Unter diesen Bedingungen setzten sich die gravierenden Rückschritte bei der Achtung demokratischer Normen, der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten fort. Die politische Polarisierung verhindert einen konstruktiven parlamentarischen Dialog. Die parlamentarische Kontrolle über die Exekutive bleibt schwach. Unter dem Präsidialsystem sind viele Regulierungsbehörden und die Zentralbank direkt mit dem Präsidentenamt verbunden, wodurch deren Unabhängigkeit untergraben wird. Mehrere Schlüsselinstitutionen, wie der Generalstab, der Nationale Nachrichtendienst, der Nationale Sicherheitsrat und der Souveräne Wohlfahrtsfonds, sind dem Büro des Präsidenten angegliedert worden (EC 29.5.2019). Der öffentliche Dienst wurde politisiert, insbesondere durch weitere Ernennungen von politischen Beauftragten auf der Ebene hoher Beamter und die Senkung der beruflichen Anforderungen an die Amtsinhaber (EC 6.10.2020).

Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt und kann bis zu zwei Amtszeiten innehaben, mit der Möglichkeit einer dritten Amtszeit, wenn während der zweiten Amtszeit vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgerufen werden. Erhält kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, findet eine Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten statt. Die 600 Mitglieder des Einkammerparlaments werden durch ein proportionales System mit geschlossenen Parteienlisten bzw. unabhängigen Kandidaten in 87 Wahlkreisen für eine Amtszeit von fünf (vor der Verfassungsänderung vier) Jahren gewählt. Wahlkoalitionen sind erlaubt. Die Zehn-Prozent-Hürde, die höchste unter den OSZE-Mitgliedstaaten, wurde trotz der langjährigen Empfehlung internationaler Organisationen und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht gesenkt. Die unter der Militärherrschaft verabschiedete Verfassung garantiert die Grundrechte und -freiheiten nicht ausreichend, da sie sich auf Verbote zum Schutze des Staates konzentriert und der Gesetzgebung erlaubt, weitere unangemessene Einschränkungen festzulegen. Die Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit und das Wahlrecht selbst werden durch die Verfassung und die Gesetzgebung übermäßig eingeschränkt (OSCE/ODIHR 21.9.2018).

Am 16.4.2017 stimmten 51,4% der türkischen Wählerschaft für die von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) initiierte und von der rechts-nationalistischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) unterstützte Verfassungsänderung im Sinne eines exekutiven Präsidialsystems (OSCE 22.6.2017; vgl. HDN 16.4.2017). Die gemeinsame Beobachtungsmisson der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) kritisierte die ungleichen Wettbewerbsbedingungen beim Referendum. Einschränkungen von grundlegenden Freiheiten aufgrund des Ausnahmezustands hatten negative Auswirkungen. Im Vorfeld des Referendums wurden Journalisten und Gegner der Verfassungsänderung behindert, verhaftet und fallweise physisch attackiert. Mehrere hochrangige Politiker und Beamte, darunter der Staatspräsident und der Regierungschef setzten die Unterstützer der Nein-Kampagne mit Terror- Sympathisanten oder Unterstützern des Putschversuchs vom Juli 2016 gleich (OSCE/PACE 17.4.2017).

Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 24.6.2018 errang Amtsinhaber Recep Tayyip Erdo?an mit 52,6% der Stimmen bereits im ersten Wahlgang die nötige absolute Mehrheit für die Wiederwahl. Bei den gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen erhielt die regierende AKP 42,6% der Stimmen und 295 der 600 Sitze im Parlament. Zwar verlor die AKP die absolute Mehrheit, doch durch ein Wahlbündnis mit der rechts-nationalistischen MHP unter dem Namen „Volksbündnis“ verfügt sie über eine Mehrheit im Parlament. Die kemalistisch-sekulare Republikanische Volkspartei (CHP) gewann 22,6% bzw. 146 Sitze und ihr Wahlbündnispartner, die national-konservative ?yi-Partei, eine Abspaltung der MHP, 10% bzw. 43 Mandate. Drittstärkste Partei wurde die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) mit 11,7% und 67 Mandaten (HDN 27.6.2018). Trotz einer echten Auswahl bestand keine Chancengleichheit zwischen den kandidierenden Parteien. Der amtierende Präsident und seine AKP genossen einen beachtlichen Vorteil, der sich auch in einer übermäßigen Berichterstattung der staatlichen und privaten Medien zu ihren Gunsten widerspiegelte. Zudem missbrauchte die regierende AKP staatliche Verwaltungsressourcen für den Wahlkampf. Der restriktive Rechtsrahmen und die unter dem (damals noch) geltenden Ausnahmezustand gewährten Machtbefugnisse schränkten die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, auch in den Medien, ein (OSCE/ODIHR 21.9.2018).

Am 23.6.2019 fand in Istanbul die Wiederholung der Bürgermeisterwahl statt. Diese war von

nationaler Bedeutung, da ein Fünftel der türkischen Bevölkerung in Istanbul lebt und die Stadt

ein Drittel des Bruttonationalproduktes erwirtschaftet (NZZ 23.6.2019). Bei der ersten Wahl am 31.3.2019 hatte der Kandidat der oppositionellen CHP, Ekrem ?mamo?lu, mit einem Vorsprung von nur 13.000 Stimmen gewonnen. Die regierende AKP hatte jedoch das Ergebnis angefochten, sodass die Hohe Wahlkommission am 6.5.2019 schließlich die Wahl wegen formaler Fehler bei der Besetzung einiger Wahlkomitees annullierte (FAZ 23.6.2019; vgl. Standard 23.6.2019). ?mamo?lu gewann die wiederholte Wahl mit 54%. Der Kandidat der AKP, Ex-Premierminister Binali Y?ld?r?m, erreichte 45% (Anadolu 23.6.2019). Die CHP löste damit die AKP nach einem Vierteljahrhundert als regierende Partei in Istanbul ab (FAZ 23.6.2019). Bei den Lokalwahlen vom 30.3.2019 hatte die AKP von Staatspräsident Erdo?an bereits die Hauptstadt Ankara (nach 20 Jahren) sowie die Großstädte Adana, Antalya und Mersin an die Opposition verloren. Ein wichtiger Faktor war der Umstand, dass die pro-kurdische HDP auf eine Kandidatur im Westen des Landes verzichtete (Standard 1.4.2019) und deren inhaftierter Vorsitzende, Selahattin Demirta?, auch bei der Wahlwiederholung seine Unterstützung für ?mamo?lu betonte (NZZ 23.6.2019).

Die Gesetzgebungsverfahren sind nicht effektiv. Präsidialdekrete bleiben der parlamentarischen Beratung und Kontrolle entzogen (EC 6.10.2020; vgl. ÖB 10.2020). Präsidialdekrete können nur noch vom Verfassungsgericht aufgehoben werden (ÖB 10.2020). Parlamentarier haben kein Recht, mündliche Anfragen zu stellen. Schriftliche Anfragen können nur an den Vizepräsidenten und Minister gerichtet werden. Der Rechtsrahmen verankert zwar den Grundsatz des Vorrangs von Gesetzen vor Präsidialdekreten und bewahrt somit das Vorrecht des Parlaments, nichtsdestotrotz hat der Präsident bis Dezember 2019 53 Dekrete erlassen, die ein breites Spektrum sozioökonomischer Politikbereiche abdecken und eben nicht in den Geltungsbereich von Präsidialdekreten fallen (EC 6.10.2020). Der Präsident hat die Befugnis hochrangige Regierungsbeamte zu ernennen und zu entlassen, die nationale Sicherheitspolitik festzulegen und die erforderlichen Durchführungsmaßnahmen zu ergreifen, den Ausnahmezustand auszurufen; Präsidialdekrete zu Exekutivangelegenheiten außerhalb des Gesetzes zu erlassen, das Parlament indirekt aufzulösen, indem er Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ausruft, das Regierungsbudget zu erstellen und 4 von 13 Mitgliedern des Rates der Richter und Staatsanwälte sowie 12 von 15 Richtern des Verfassungsgerichtshofes zu ernennen. Wenn drei Fünftel des Parlamentes zustimmen, kann dieses eine parlamentarische Untersuchung mutmaßlicher strafrechtlicher Handlungen des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der Minister im Zusammenhang mit ihren Aufgaben einleiten. Der Präsident darf keine Dekrete in Bereichen erlassen, die durch die Verfassung der Legislative vorbehalten sind. Der Präsident hat jedoch das Recht, gegen jedes Gesetz ein Veto einzulegen, obgleich das Parlament mit absoluter Mehrheit ein solches Veto außer Kraft setzen kann, während das Parlament nur beim Verfassungsgericht die Nichtigkeitserklärung von Präsidialdekreten beantragen kann (EC 29.5.2019).

Zunehmende politische Polarisierung verhindert weiterhin einen konstruktiven parlamentarischen Dialog. Die Marginalisierung der Opposition, insbesondere der HDP, hält an. Viele der HDP-Abgeordneten sowie deren beide ehemaligen Ko-Vorsitzende befinden sich nach wie vor in Haft (Stand Ende Dezember 2020), im Falle von Selahattin Demirta? trotz eines neuerlichen Urteils des EGMR, diesen sofort frei zu lassen (ZO 22.12.2020). Die Unzulänglichkeiten des Systems der parlamentarischen Immunität, das die Meinungsfreiheit von gewählten Amtsträgern außerhalb des Parlaments einschränkt, bleiben ungelöst (EC 6.10.2020).

Trotz der Aufhebung des zweijährigen Ausnahmezustands im Juli 2018 wirkt sich dieser negativ auf Demokratie und Grundrechte aus. Einige gesetzliche Bestimmungen, die den Regierungsbehörden außerordentliche Befugnisse einräumen und mehrere restriktive Elemente des Notstandsrechtes wurden beibehalten und ins Gesetz integriert (EC 6.10.2020). Nach dem Ende des Ausnahmezustandes am 18.7.2018 verabschiedete das Parlament ein Gesetzespaket mit Anti-Terrormaßnahmen, das vorerst auf drei Jahre befristet ist (NZZ 18.7.2018; vgl. ZO 25.7.2018). In 27 Paragrafen wird geregelt, wie der Staat den Kampf gegen den Terror auch im Normalzustand weiterführen will. So behalten die Gouverneure einen Teil ihrer Befugnisse aus dem Ausnahmezustand. Sie dürfen weiterhin Menschen bei Verdacht, dass sie „die öffentliche Ordnung oder Sicherheit stören“, bis zu 15 Tage den Zugang zu bestimmten Orten und Regionen verwehren und die Versammlungsfreiheit einschränken. Der neue Gesetzestext regelt auch im Detail, wie Richter, Sicherheitskräfte oder Ministeriumsmitarbeiter entlassen werden können (ZO 25.7.2018). Mehr als 152.000 Beamte, darunter Akademiker, Lehrer, Polizisten, Gesundheitspersonal, Richter und Staatsanwälte, wurden durch Notverordnungen entlassen. Mehr als 150.000 Personen wurden während des Ausnahmezustands verhaftet und mehr als 78.000 aufgrund Vorwürfen mit Terrorismusbezug festgenommen (EC 29.5.2019).

Im September 2016 verabschiedete die Regierung ein Dekret, das die Ernennung von „Treuhändern“ anstelle von gewählten Bürgermeistern, stellvertretenden Bürgermeistern oder Mitgliedern von Gemeinderäten, die wegen Terrorismusvorwürfen suspendiert wurden, erlaubt. Dieses Dekret wurde im Südosten der Türkei vor und nach den Kommunalwahlen 2019 großzügig angewandt (DFAT 10.9.2020). Mit Stand Oktober 2020 war die Zahl der Gemeinden, denen aufgrund der Lokalwahlen vom März 2019 ursprünglich ein Bürgermeister aus den Reihen der HDP vorstand (insgesamt 65) um 48 reduziert. Die Zentralregierung entfernte die gewählten Bürgermeister, hauptsächlich mit der Begründung, dass diese angeblich Verbindungen zu terroristischen Organisationen hatten, und ersetzte sie durch Treuhänder (EC 6.10.2020; vgl. bianet 2.10.2020). Die Kandidaten waren jedoch vor den Wahlen überprüft worden, sodass ihre Absetzung noch weniger gerechtfertigt war. Hunderte von HDP-Kommunalpolitikern und gewählten Amtsinhabern sowie Tausende von Parteimitgliedern wurden wegen terroristischer Anschuldigungen inhaftiert. Da keine Anklage erhoben wurde, verstießen laut Europäischer Kommission diese Maßnahmen gegen die Grundprinzipien einer demokratischen Ordnung, entzogen den Wählern ihre politische Vertretung auf lokaler Ebene und schadeten der lokalen Demokratie (EC 6.10.2020).

Sicherheitslage

Die Türkei steht vor einer Reihe von Herausforderungen im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Dazu gehören der wieder aufgeflammte Konflikt zwischen den staatlichen Sicherheitskräften und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Südosten des Landes, externe Sicherheitsbedrohungen im Zusammenhang mit der Beteiligung der Türkei an Konflikten in Syrien und im Irak sowie die Bedrohung durch Terroranschläge durch interne und externe Akteure (DFAT 10.9.2020).

Die Regierung sieht die Sicherheit des Staates durch mehrere Akteure gefährdet: namentlich durch die seitens der Türkei zur Terrororganisation erklärten Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, durch die auch in der EU als Terrororganisation gelistete PKK, durch, aus türkischer Sicht, mit der PKK verbundene Organisationen, wie die YPG in Syrien, durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) und weitere terroristische Gruppierungen, wie der linksextremistischen DHKP-C. Die Ausrichtung des staatlichen Handelns auf die „Terrorbekämpfung“ und die Sicherung „nationaler Interessen“ hat infolgedessen ein sehr hohes Ausmaß erreicht. Die Türkei musste von Sommer 2015 bis Ende 2017 eine der tödlichsten Serien terroristischer Anschläge ihrer Geschichte verkraften, vornehmlich durch die PKK und ihre Ableger, den sog. IS und im geringen Ausmaß durch die DHKP-C (AA 24.8.2020; vgl. SD 29.6.2016, AJ 12.12.2016).

Die Lage im Südosten des Landes ist weiterhin sehr besorgniserregend (EC 6.10.2020). Dort sind die Spannungen besonders groß und es kommt immer wieder zu Ausschreitungen und bewaffneten Zusammenstößen (EDA 28.12.2020). Die Regierung setzte die inneren und grenzüberschreitenden Sicherheits- und Militäroperationen im Irak und in Syrien sowie innerhalb des Landes fort (USDOS 24.6.2020; vgl. EC 6.10.2020). In den Grenzgebieten ist die Sicherheitslage durch wiederkehrende Terrorakte der PKK prekärer (EC 6.10.2020). In den größeren Städten und in den Grenzregionen zu Syrien kann es zu Demonstrationen und Ausschreitungen kommen (EDA 28.12.2020).

Laut der türkischen Menschenrechtsvereinigung (?HD) kamen 2019 bei bewaffneten Auseinandersetzungen 440 Personen ums Leben, davon 98 Angehörige der Sicherheitskräfte, 324 bewaffnete Militante und 18 Zivilisten (?HD 18.5.2020a). 2018 starben 502 Personen, davon 107 Sicherheitskräfte, 391 bewaffnete Militante und vier Zivilisten (?HD 19.4.2019). 2017 betrug die Zahl der Todesopfer 656 (?HD 24.5.2018) und 2016, am Höhepunkt der bewaffneten Auseinandersetzungen, 1.757 (?HD 1.2.2017). Die International Crisis Group zählte seit dem Wiederaufflammen der Kämpfe fast 5.200 Tote (PKK-Kämpfer, Sicherheitskräfte, Zivilisten) im Zeitraum Juli 2015 bis 10.12.2020. Im Jahr 2020 wurden bis zum 10.12.2020 311 Opfer registriert. Besonders hoch waren die Zahlen in den Monaten Mai bis September 2020 (ICG 20.12.2020). Es gab keine Entwicklungen hinsichtlich der Wiederaufnahme eines glaubwürdigen politischen Prozesses zur Erzielung einer friedlichen und nachhaltigen Lösung (EC 6.10.2020).

Die innenpolitischen Spannungen und die bewaffneten Konflikte in den Nachbarländern Syrien und Irak haben Auswirkungen auf die Sicherheitslage (EDA 8.10.2020). Im Grenzgebiet der Türkei zu Syrien und Irak, insbesondere in Diyarbak?r, Cizre, Silopi, Idil, Yüksekova und Nusaybin sowie generell in den Provinzen Mardin, ??rnak und Hakkâri bestehen erhebliche Gefahren durch angrenzende Auseinandersetzungen. In den Provinzen Hatay, Kilis, Gaziantep, ?anl?urfa, Diyarbak?r, Mardin, Batman, Bitlis, Bingöl, Siirt, Mu?, Tunceli, ??rnak, Hakkâri undVan besteht ein erhöhtes Risiko. In den genannten Gebieten werden immer wieder „zeitweilige Sicherheitszonen“ eingerichtet und regionale Ausgangssperren verhängt. Zur Einrichtung von Sicherheitszonen und Verhängung von Ausgangssperren kam es bisher insbesondere im Gebiet südöstlich von Hakkâri entlang der Grenze zum Irak sowie in Diyarbak?r und Umgebung sowie südöstlich der Ortschaft Cizre (Dreiländereck Türkei-Syrien-Irak), aber auch in den Provinzen Gaziantep, Kilis, Urfa, Hakkâri, Batman und A????r? (AA 28.12.2020a).

Das türkische Parlament stimmte (mit Ausnahme der pro-kurdischen HDP) am 7.10.2020 einem Gesetzentwurf zu, das Mandat für grenzüberschreitende Militäroperationen sowohl im Irak als auch in Syrien um ein weiteres Jahr zu verlängern (BAMF 19.10.2020).

Die Sicherheitskräfte verfügen auch nach Beendigung des Ausnahmezustandes weiterhin über die Möglichkeit, die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken sowie kurzfristig lokale Ausgangssperren zu verhängen (EDA 28.12.2020).

Gülen- oder Hizmet-Bewegung

Fethullah Gülen, muslimischer Prediger und charismatisches Zentrum eines weltweit aktiven Netzwerks, das bis vor kurzem die wohl einflussreichste religiöse Bewegung des Landes war, wird von seinen Gegnern als Bedrohung der staatlichen Ordnung betrachtet (Dohrn 27.2.2017). Während Gülen von seinen Anhängern als spiritueller Führer betrachtet wird, der einen toleranten Islam fördert, der Altruismus, Bescheidenheit, harte Arbeit und Bildung hervorhebt (BBC 21.7.2016), und als leidenschaftlicher Befürworter des interreligiösen und interkulturellen Austauschs dargestellt wird, beschreiben Kritiker Gülen als islamistischen Ideologen, der über ein strikt organisiertes Wirtschafts- und Medienimperium regiert und dessen Bewegung den Sturz der säkularen Ordnung der Türkei anstrebt (Dohrn 27.2.2017). Vor dem Putschversuch vom Juli 2016 schätzten internationale Beobachter die Zahl der Gülen-Mitglieder in der Türkei auf mehrere Millionen (DFAT 10.9.2020).

Erdo?an stand Gülen jahrzehntelang nahe. Beide hatten bis vor einigen Jahren ähnliche Ziele: die politische Macht des Militärs zurückzudrängen und den frommen Anatoliern zum gesellschaftlichen Aufstieg zu verhelfen (HZ 20.7.2016). Die beiden Führer verband die Gegnerschaft zu den säkularen, kemalistischen Kräften in der Türkei. Sie hatten beide das Ziel, die Türkei in ein vom türkischen Nationalismus und einer starken, konservativen Religiosität geprägtes Land zu verwandeln. Selbst nicht in die Politik eintretend, unterstützte Gülen die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) bei deren Gründung und späteren Machtübernahme, auch indem er seine Anhänger in diesem Sinne mobilisierte (MEE 25.7.2016). Gülen-Anhänger hatten viele Positionen im türkischen Staatsapparat inne, die sie zu ihrem eigenen Vorteil nutzten, und welche die regierende AKP tolerierte (DW 13.7.2018). Erdo?an nutzte wiederum die bürokratische Expertise der Gülenisten, um das Land zu führen und dann, um das Militär aus der Politik zu drängen. Nachdem das Militär entmachtet war, begann der Machtkampf (BBC 21.7.2016). Das Bündnis zwischen Erdo?an und Gülen begann aufzuweichen, als die Gülenisten in Polizei und Justiz zu unabhängig wurden. Das Klima verschärfte sich, als Gülen selbst Erdo?an für seinen Umgang mit den Protesten im Gezi-Park im Jahr 2013 kritisierte. Im Dezember 2013 kam es zum offenen politischen Zerwürfnis zwischen der AKP und der Gülen-Bewegung, als Gülen-nahe Staatsanwälte und Richter Korruptionsermittlungen gegen die Familie des damaligen Ministerpräsidenten Erdo?an sowie Minister seines Kabinetts aufnahmen (AA 24.8.2020). Erdo?an beschuldigte daraufhin Gülen und seine Anhänger, die AKP-Regierung durch Korruptionsuntersuchungen zu Fall bringen zu wollen, da mehrere Beamte und Wirtschaftsführer mit Verbindungen zur AKP betroffen waren, und Untersuchungen zu Rücktritten von AKP-Ministern führten (MEE 25.7.2016). Seitdem wirft die Regierung Gülen und seiner Bewegung vor, die staatlichen Strukturen an sich unterwandert zu haben (AA 24.8.2020). In der Folge versetzte die Regierung die an den Ermittlungen beteiligten Staatsanwälte, Polizisten und Richter (bpb 1.9.2014) und begann schon seit Ende 2013 darüber hinaus, in mehreren Wellen Zehntausende mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung in diversen staatlichen Institutionen zu suspendieren, zu versetzen, zu entlassen oder anzuklagen. Die Regierung hat ferner, unter dem Vorwand der Unterstützung der Gülen-Bewegung, Journalisten strafrechtlich verfolgt und Medienkonzerne, Banken sowie andere Privatunternehmen durch die Einsetzung von Treuhändern zerschlagen und teils enteignet (AA 24.8.2020).

Ein türkisches Gericht hatte im Dezember 2014 einen Haftbefehl gegen Fethullah Gülen erlassen. Die Anklage beschuldigte die Gülen- bzw. Hizmet-Bewegung, eine kriminelle Vereinigung zu sein. Zur gleichen Zeit ging die Polizei gegen mutmaßliche Anhänger Gülens in den Medien vor (Standard 20.12.2014). Türkische Sicherheitskräfte waren landesweit mit einer Großrazzia gegen Journalisten und angebliche Regierungsgegner bei der Polizei vorgegangen (DW 14.12.2014). Am 27.5.2016 verkündete Staatspräsident Erdo?an, dass die Gülen-Bewegung auf Basis einer Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrates vom 26.5.2016 als terroristische Organisation registriert wird (HDN 27.5.2016).Im Juni 2017 definierte das Oberste Berufungsgericht (auch Appellationsgericht genannt), i.e. das Kassationsgericht (türk. Yarg?tay), die Gülen- Bewegung als terroristische Organisation. In dieser Entscheidung wurden auch die Kriterien für die Mitgliedschaft in dieser Organisation festgelegt (UKHO 2.2018; vgl. Sabah 17.6.2017).

Die türkische Regierung beschuldigt die Gülen-Bewegung hinter dem Putschversuch vom 15.7.2016 zu stecken, bei dem mehr als 250 Menschen getötet wurden. Für eine Beteiligung gibt es zwar zahlreiche Indizien, eindeutige Beweise aber ist die Regierung in Ankara bislang schuldig geblieben (DW 13.7.2018). Die Gülen-Bewegung wird von der Türkei als „Fetullahç? Terör Örgütü – (FETÖ)“, „Fetullahistische Terror Organisatio“, tituliert, meist in Kombination mit der Bezeichnung „Devlet Yap?lanmas? (PDY)“, die „Parallele Staatsstruktur“ bedeutet (UKHO 2.2018; vgl. AA 24.8.2020). Die EU stuft die Gülen-Bewegung weiterhin nicht als Terrororganisation ein und steht auf dem Standpunkt, die Türkei müsse substanzielle Beweise vorlegen, um die EU zu einer Änderung dieser Einschätzung zu bewegen (Standard 30.11.2017; vgl. Presse 30.11.2017). Auch für die USA ist die Gülen- bzw. Hizmet-Bewegung keine Terrororganisation (TM 2.6.2016).

Im Zuge der massiven Verfolgung nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 wurden - die Zahlen variieren - über 20.300 Armeeangehörige, darunter 150 der 326 Generäle und Admirale, 4.145 Richter und Staatsanwälte, mehr als 33.000 Polizeibeamte und mehr als 5.000 Akademiker entlassen. Über 540.000 Personen wurden (zeitweise) festgenommen. Über 160 Medien, mehr als 1.000 Bildungseinrichtungen und fast 2.000 NGOs wurden ohne ordentliches Verfahren geschlossen (SCF 5.10.2020). 150.000 öffentlich Bedienstete wurden entlassen (EC 6.10.2020; vgl. SCF 5.10.2020).

Nach Angaben des türkischen Justizministeriums und des Innenministeriums wurden seit 2016 gegen ca. 500.000 Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Über 30.000 mutmaßliche Gülen- Mitglieder verbüßen entweder eine rechtskräftige Haftstrafe oder befinden sich in Untersuchungshaft (AA 24.8.2020). Nach einer Mitteilung des Innenministeriums an den türkischsprachigen Dienst der BBC waren mit Stand Mitte Februar 2020 noch 26.862 Personen wegen Verbindungen zur Gülen-Bewegung inhaftiert (TM 21.2.2020).

Laut Staatspräsident Erdo?an sind die staatlichen Institutionen noch nicht vollständig von Mitgliedern der „FETÖ“ befreit (Ahval 10.4.2019). Die systematische Verfolgung mutmaßlicher Anhänger der Gülen-Bewegung dauert an (ÖB 10.2020; vgl. AA 24.8.2020, EC 6.10.2020). Zwar wurde der größte Teil der Gülen-Aktivisten verhaftet und verurteilt, doch kommt es weiterhin zu Festnahmen, insbesondere unter Lehrkräften, Soldaten und Polizisten (ÖB 10.2020). Verhaftungen von vermeintlichen Gülen-Mitgliedern, wie beispielsweise auf der Informationsplattform NewTurkey aufgelistet, finden im Schnitt wöchentlich statt, wobei es mehrere größere Verhaftungswellen gab (NewTurkey 21.10.2020). Mitte Jänner 2020 erließen die Behörden Haftbefehle gegen 237 Personen. Im Zuge von Polizeioperationen in 49 Provinzen wurden mindestens 203 Verdächtige festgenommen (DS 14.1.2020). Anfang März 2020 wurden Haftbefehle gegen 115 Verdächtige in mehreren Städten erlassen. Betroffen waren Lehrer, Geschäftsleute, Anwälte sowie ehemalige Polizisten (TM 4.3.2020). Während mehrtägiger landesweiter Großrazzien wurden in den ersten Juni-Tagen des Jahres 2020 rund 160 Menschen, größtenteils Militärs wegen vermeintlicher Verbindungen zum Putschversuch von 2016 verhaftet (DW 8.6.2020; vgl. DS 16.6.2020, ZO 9.6.2020). Ende August 2020 vermeldeten die Behörden die Festnahme von über hundert weiteren vermeintlichen Gülen-Mitgliedern (DS 1.9.2020). Während in der zweiten September-Hälfte wieder Militärangehörige, diesmal über 90, verhaftet wurden (DS 20.9.2020), nahmen die Sicherheitsorgane Anfang desselben Monats auch 30 Studentinnen wegen Verbindungen zur Gülen-Bewegung fest (TM 3.9.2020) sowie zwei Wochen später 47 Rechtsanwälte, weil diese angeblich durch ihre Rechtsberatung Gülen-Mitglieder unterstützt hätten (AM 16.9.2020) [hierzu siehe auch Kapitel: Rechtsstaatlichkeit / Justizwesen]. Der Oktober 2020 verzeichnete mehrere Operationen, bei denen vermeintliche Gülen-Anhänger festgenommen wurden. Die größte war Mitte des Monats. Bei der Suche nach 167 Verdächtigen nahm die Polizei am 13.10.2020 in zwei Operationen in insgesamt 41 Provinzen 142 Personen fest. Betroffen waren insbesondere die Luftwaffe und die Küstenwache (CNN 13.10.2020; vgl. DS 13.10.2020). Anfang Dezember 2020 wurden landesweit, insbesondere in Izmir, fast 150 Offiziere von Polizei und Armee festgenommen (DS 1.12.2020), eine Woche später gefolgt von mindestens 266 Festnahmen von Armee-Angehörigen auf der Basis von fast 400 Haftbefehlen in 50 Provinzen (Anadolu 8.12.2020).

Mit Stand November 2020 waren insgesamt 4.154 Putschverdächtige verurteilt, davon über 2.500 zu schweren oder lebenslangen Haftstrafen in 279 Prozessen bei zehn noch ausständigen (DS 26.11.2020). Ende Juni 2020 verurteile ein Gericht in Ankara von 245 Angeklagten im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 121 von ihnen zu lebenslangen Haftstrafen. 86 Angeklagte erhielten eine lebenslange Haftstrafe unter verschärften Haftbedingungen, 35 weitere Angeklagte wurden zu einer regulären lebenslangen Haftstrafe verurteilt (DW 26.6.2020; vgl. MEE 26.6.2020). Am 26.11.2020 endete der bislang größte Prozess gegen 475 vermeintliche Gülen-Mitglieder, denen eine direkte Teilnahme am Putschversuch vorgeworfen wurde. 337 Angeklagte wurden unter anderem wegen „Umsturzversuchs“, „Attentats auf den Präsidenten“ und „vorsätzlicher Tötung“ zu lebenslangen Haftstrafen, in der Mehrheit zu verschärften Bedingungen, verurteilt. Ein kleinerer Teil erhielt kürzere Haftstrafen. 75 Personen wurden freigesprochen (FAZ 26.11.2020; DS 26.11.2020). Am 30.12.2020 erfolgten die Urteile im letzten Massenprozess gegen Gülen-Mitglieder des Jahres 2020. Von 132 Angeklagten wurden 92 zu lebenslangen Haftstrafen, darunter 12 unter verschärften Bedingungen, wegen ihrer Aktivitäten als Mitglieder der Armee im Zuge des Putschversuches verurteilt. 22 Menschen erhielten wegen Beihilfe zum Umsturzversuch zwischen zwölfeinhalb und 19 Jahren Gefängnis. Weitere Urteile ergingen wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und wegen versuchten Mordes. Neun Soldaten sind freigesprochen worden (Anadolu 30.12.2020; vgl. ZO 30.12.2020).

Die Kriterien für die Feststellung der Anhänger- bzw. Mitgliedschaft sind hierbei recht vage. Türkische Behörden und Gerichte ordnen Personen nicht nur dann als Terroristen ein, wenn diese tatsächlich aktives Mitglied der Gülen-Bewegung sind, sondern auch dann, wenn diese beispielsweise lediglich persönliche Beziehungen zu Mitgliedern der Bewegung unterhalten, eine von der Bewegung betriebene Schule besucht haben oder im Besitz von Schriften Gülens sind (AA 24.8.2020). Bereits am 3.9.2016 veröffentlichte die Tageszeitung Milliyet eine nicht erschöpfende „Liste von sechzehn Kriterien“, die als Richtschnur für die Entlassung aus staatlichen Funktionen und für die Strafverfolgung dient. Personen, welche die angeführten Kriterien in unterschiedlichem Maße erfüllen, werden offiziellen Verfahren unterzogen und als „Terroristen“ bezeichnet - gefolgt von ihrer Festnahme oder Inhaftierung. Nach Angaben der Regierung war das Ziel der Erstellung einer solchen Liste, „die Schuldigen von den Unschuldigen zu unterscheiden“ (JWF 1.2019). In der Regel reicht das Vorliegen eines der folgenden Kriterien, um eine strafrechtliche Verfolgung als mutmaßlicher Gülenist einzuleiten: Nutzen der verschlüsselten Kommunikations-App „ByLock“; Geldeinlagen bei der Bank Asya nach dem 25.12.2013 (bis zu deren Schließung 2016) oder anderen Finanzinstituten der sogenannten „parallelen Struktur“; Abonnement bei der Nachrichtenagentur Cihan oder der Zeitung Zaman; Spenden an Gülen-Strukturen zugeordneten Wohltätigkeitsorganisationen (AA 24.8.2020; vgl. JWF 1.2019), wie der einst größten Hilfsorganisation des Landes „Kimse Yok Mu“ (JWF 1.2019); der Besuch der Gülen-Bewegung zugeordneter Schulen durch die eigenen Kinder; Kontakte zu Gülen zugeordneten Gruppen/Organisationen/Firmen, inklusive Beschäftigungsverhältnis; Teilnahme an religiösen Versammlungen der Gülen-Bewegung (AA 24.8.2020; vgl. JWF 1.2019). Weiter Kriterien sind u.a. die Unterstützung der Gülen-Bewegung in Sozialen Medien, der mehrmalige Besuch von Internetseiten der Gülen-Bewegung und die Nennung durch glaubwürdige Zeugenaussagen, Geständnisse Dritter oder schlicht infolge von Denunziationen (JWF 1.2019). Eine Verurteilung setzt in der Regel das Zusammentreffen mehrerer dieser Indizien voraus, wobei der Kassationsgerichtshof präzisiert hat, dass für die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation ein gewisser Bindungsgrad der Person an die Organisation nachgewiesen werden muss (AA 24.8.2020). Der Kassationsgerichtshof entschied im Mai 2019, dass weder das Zeitungsabonnement eines Angeklagten noch seine Einschreibung eines Kindes in einer Gülen-Schule als Beweis dienen kann, dass die Person in terroristische Aktivitäten verwickelt oder Mitglied einer terroristischen Vereinigung war (SCF 6.8.2019).

Terroristische Gruppierungen: PKK – Partiya Karkerên Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans)

Der Kampf der marxistisch orientierten Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), die nicht nur in der Türkei verboten, sondern auch von den USA und der EU als terroristische Organisation eingestuft ist, wird gegenwärtig offiziell für eine weitreichende Autonomie innerhalb der Türkei geführt (ÖB 10.2020).

Ein von der PKK angeführter Aufstand tötete zwischen 1984 und einem Waffenstillstand im Jahr 2013 schätzungsweise 40.000 Menschen. Der Waffenstillstand brach im Juli 2015 zusammen, was zu einer Wiederaufnahme der Sicherheitsoperationen führte. Seitdem wurden über 5.000 Menschen getötet (DFAT 10.9.2020). Andere Quellen gehen unter Berufung auf vermeintliche Armeedokumente von fast 7.900 Opfern, darunter PKK-Kämpfer und Zivilisten, durch das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte aus, zuzüglich 520 getöteter Angehöriger der Sicherheitskräfte (NM 11.4.2020). Der PKK-Gewalt standen Verhaftungen und schwere Menschenrechtsverletzungen seitens der türkischen Militärregierung (ab 1980) gegenüber. Die PKK agiert vor allem im Südosten, in den Grenzregionen zum Iran und Syrien sowie im Nord-Irak, wo auch ihr Rückzugsgebiet, das Kandil-Gebirge, liegt (ÖB 10.2020).

Zu den Kernforderungen der PKK gehören nach wie vor die Anerkennung der kurdischen Identität sowie eine politische und kulturelle Autonomie der Kurden unter Aufrechterhaltung nationaler Grenzen in ihren türkischen, aber auch syrischen Siedlungsgebieten (BMIBH 7.2020)

2012 initiierte die Regierung den sog. „Lösungsprozess“ (keine offiziellen Verhandlungen), bei dem zum Teil auch auf Vermittlung durch Politiker der Demokratischen Partei der Völker (HDP) zurückgegriffen wurde. Nach der Wahlniederlage der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) im Juni 2015 (Verlust der absoluten Mehrheit), dem Einzug der pro-kurdischen HDP ins Parlament und den militärischen Erfolgen kurdischer Kämpfer im benachbarten Syrien, brach der gewaltsame Konflikt wieder aus (ÖB 10.2020). Auslöser für eine neuerliche Eskalation des militärischen Konflikts war auch ein der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zugerechneter Selbstmordanschlag am 20.7.2015 in der türkischen Grenzstadt Suruç, der über 30 Tote und etwa 100 Verletzte gefordert hatte. PKK-Guerillaeinheiten töteten daraufhin am 22.7.2015 zwei türkische Polizisten, die sie einer Kooperation mit dem IS bezichtigten. Das türkische Militär nahm dies zum Anlass, in der Nacht zum 25.7.2015 Bombenangriffe auf Lager der PKK in Syrien und im Nordirak zu fliegen. Parallel fanden in der Türkei landesweite Exekutivmaßnahmen gegen Einrichtungen der PKK statt. Noch am selben Tag erklärten die PKK-Guerillaeinheiten den seit März 2013 jedenfalls auf dem Papier bestehenden Waffenstillstand mit der türkischen Regierung für bedeutungslos (BMI-D 6.2016). Der Lösungsprozess wurde vom Präsidenten für gescheitert erklärt. Ab August 2015 wurde der Kampf von der PKK in die Städte des Südostens getragen: Die Jugendorganisation der PKK hob in den von ihnen kontrollierten Stadtvierteln Gräben aus und errichtete Barrikaden, um den Zugang zu sperren. Die Kampfhandlungen, die bis ins Frühjahr 2016 anhielten, waren von langen Ausgangssperren begleitet und forderten zahlreiche Todesopfer unter der Zivilbevölkerung (ÖB 10.2020).

Die International Crisis Group verzeichnet über 3.100 getötete PKK-Kämpfer seit dem Wiederaufflammen der Kämpfe 2015, schätzt jedoch selbst die Dunkelziffer als höher ein. Die türkischen Behörden sprechen hingegen von über 10.000 „neutralisierten“ PKK-Kämpfern, d.h. diese wurden getötet oder festgenommen. Besonders stark betroffen waren die südöstlichen Provinzen: Hakkari, ??rnak, Sur, Diyarbak?r sowie die zentral-östliche Provinz Tunceli (Dersim) (ICG 20.10.2020).

Die Kampfhandlungen zwischen dem türkischen Militär und den Guerilla-Einheiten der PKK in den südost-anatolischen und den nordsyrischen Gebieten mit überwiegend kurdischer Bevölkerungsmehrheit setzten sich fort und verschärften sich teils noch. Schon aus diesem Grund erscheint eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung gegenwärtig als unwahrscheinlich (BMIBH 7.2020; vgl. ICG 20.10.2020). Bei einer der der größten Anti-Terror-Operationen in 42 Provinzen wurden Ende November 2020 laut Innenministerium mindestens 641 vermeintliche PKK-Mitglieder festgenommen (Anadolu 28.11.2020). Bis Anfang Dezember hatten 218 PKK-Mitglieder durch die Überzeugungsarbeit der Behörden laut Innenministerium freiwillig ihre Waffen niedergelegt bzw. sich gestellt (Anadolu 3.12.2020).

In der Türkei kann es zur strafrechtlichen Verfolgung von Personen kommen, die nicht nur dem militanten Arm der PKK angehören. So können sowohl österreichische Staatsbürger als auch türkische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Österreich durchaus ins Visier der türkischen Behörden geraten, wenn sie beispielsweise einem der PKK freundlich gesinnten Verein, der in Österreich oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat aktiv ist, angehören oder sich an dessen Aktivitäten beteiligen. Eine Mitgliedschaft in einem solchen Verein oder auch nur auf Facebook oder in sonstigen sozialen Medien veröffentlichte oder mit „gefällt mir“ markierte Beiträge eines solchen Vereins können bei der Einreise in die Türkei zur Verhaftung und Anklage wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung führen. Auch können Untersuchungshaft und ein Ausreiseverbot über solche Personen verhängt werden (ÖB 10.2020).

Terroristische Gruppierungen: sog. IS – Islamischer Staat (alias Daesh)

Die Türkei ist ein Herkunfts- und Transitland für ausländische (terroristische) Kämpfer, sogenannte „Foreign Terrorist Fighters“ (FTF), die sich dem sogenannten Islamischen Staat und anderen terroristischen Gruppen anschließen wollen und in Syrien und im Irak kämpfen (USDOS 24.6.2020). Die Türkei hat den sog. Islamischen Staat (IS, ISIS, Daesh) im Jahr 2013 als terroristische Organisation eingestuft, aber die Türkei wird seit langem beschuldigt, als „Dschihad- Highway“ zu dienen, da die türkischen Sicherheitskräfte wegschauen, wenn Tausende von ausländischen Kämpfern und türkischen Staatsbürgern illegal über die 911 Kilometer lange, durchlässige Grenze nach Syrien strömen (AM 25.8.2020). Seit 2013 war die Türkei eine führende Quelle von Rekrutierungen für den sog. IS und eine Drehscheibe für den Schmuggel von Waffen, anderen Lieferungen und Menschen über die türkisch-syrische Grenze (ICG 29.6.2020).

Die Türkei ist ein aktives Mitglied der „Global Coalition to Defeat ISIS“. Öffentlichen Daten zufolge umfasste die Einreiseverbotsliste der Türkei im November 2019 etwa 76.000 Personen. Seit 2011 hat die Türkei mehr als 7.800 ausländische Kämpfer aus über 100 Ländern repatriiert. Das türkische Innenministerium berichtete, dass sich mit Stand 9.12.2019 1.174 IS-Mitglieder in türkischem Gewahrsam befanden (USDOS 24.6.2020). Bis April 2017 haben nach offiziellen Zählungen der Regierung etwa 2.100 Türken das Land verlassen, um mit extremistischen Gruppen zu kämpfen, meist beim sog. IS (CEP 21.4.2020). Andere, regierungsunabhängige Schätzungen gehen von einer weit höheren Zahl von 5.000 bis 9.000 aus (ICG 29.6.2020). Es wird angenommen, dass inzwischen mehr als 600 Personen in die Türkei zurückgekehrt sind (CEP 21.4.2020). Das Verständnis der türkischen Behörden für die IS-Gefahr hat sich weiterentwickelt. Zunächst unterschätzten sie die Bedrohung, die von Rückkehrern ausgehen könnte, und blieben 2014- 2015 weitgehend zwiespältig gegenüber der Rekrutierung durch den sog. IS. Diese Wahrnehmung begann sich im Laufe des Jahres 2016 zu verlagern, insbesondere nach dem ersten IS-Angriff im Mai 2016 auf eine staatliche Institution, der Polizeizentrale in Gaziantep (ICG 29.6.2020). Laut offiziellen Angaben gab es in der Türkei bislang mindestens zehn Selbstmordattentate, sieben Bombenanschläge und vier bewaffnete Angriffe, bei denen 315 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt wurden (TurkishPress 2.11.2020). Die türkischen Behörden machen den sog. IS seit Mitte 2015 für mehrere große Terroranschläge innerhalb des Landes verantwortlich. Im Juli 2015 starben bei einem Selbstmordattentat in Suruç 32 Menschen, und im Oktober desselben Jahres kamen ebenfalls durch ein Selbstmordattentat bei einer Friedenskundgebung in Ankara 102 Menschen ums Leben. Die türkischen Behörden brachten den sog. IS auch in Verbindung mit einem Selbstmordanschlag vom August 2016 auf eine Hochzeit in Gaziantep, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen. Der sog. IS bekannte sich zum Angriff auf den Istanbuler Nachtclub Reina am Morgen des 1.1.2017, der 39 Tote und Dutzende weitere Verletzte zur Folge hatte (CEP 21.4.2020). Seitdem gab es keine Anschläge des sog. IS mehr in der Türkei (ICG 29.6.2020). Seit 2016 haben die Behörden die Polizeioperationen gegen den sog. IS verstärkt, gefolgt von zahlreichen Verhaftungen (CGRS-CEDOCA 5.10.2020), die bis in die Gegenwart anhalten. So wurden Ende Dezember 2019 in landesweiten Polizeiaktionen fast 150 vermeintliche Unterstützer des sog. IS festgenommen (Anadolu 30.12.2019). 2020 wurden bereits für die ersten vier Monate des Jahres über 350 Festnahmen von vermeintlichen IS-Anhängern gemeldet, wobei cirka ein Viertel inhaftiert, während die anderen entweder deportiert wurden oder noch auf ihren Prozess warten (Anadolu 4.5.2020). Am 1.9.2020 verkündete Innenminister Süleyman Soylu die Festnahme des sogenannten Emirs des IS in der Türkei, Mahmut Ozden, und die Sicherstellung von Plänen für Anschläge und die Entführung von Politikern (MEE 1.9.2020; vgl. AJ 1.9.2020). Für den Oktober 2020 wurde eine markante Ausweitung des Vorgehens gegen den sog. IS verzeichnet, wonach hierdurch laut Sicherheitsbehörden im selben Monat nicht nur zahlreiche Anschläge verhindert, sondern 204 IS-Verdächtige festgenommen und eine Vielzahl an Waffen, Munition und Dokumenten beschlagnahmt wurden (TurkishPress 2.11.2020).

Was die IS-Rückkehrer, z.B. aus Syrien, anbelangt, so werden diese, wenn überhaupt – weniger als 10% oder etwa 450 türkische Staatsbürger der geschätzten Tausenden Rückkehrer sind inhaftiert - wegen ihrer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für drei oder vier Jahre ins Gefängnis gesteckt. Hunderte werden demnächst entlassen. Gleichzeitig haben die staatlichen Institutionen der Türkei erst vor kurzem damit begonnen, über sogenannte De-Radikalisierungs- Maßnahmen nachzudenken (ICG 29.6.2020).

Rechtsstaatlichkeit/Justizwesen

Die Rechtsstaatlichkeit wird ausgehöhlt und die Grundfreiheiten werden weiter eingeschränkt. Dies markiert eine Beschleunigung des Prozesses der Autokratisierung, der im Land bereits zuvor im Gange war (BS 29.4.2020). Die ernsthaften Bedenken der EU hinsichtlich einer weiteren Verschlechterung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Unabhängigkeit der Justiz wurden in vielen Bereichen nicht ausgeräumt, sondern verzeichneten im Gegenteil weitere Rückschritte (EC 6.10.2020; vgl. PACE 24.1.2019). Die Situation in Hinblick auf die Justizverwaltung und die Unabhängigkeit der Justiz hat sich merkbar verschlechtert (CoECommDH 19.2.2020; vgl. EC 6.10.2020, USDOS 11.3.2020). Die Auswirkungen dieser Situation auf das Strafrechtssystem zeigen sich dadurch, dass sich zahlreiche seit langem bestehende Probleme, wie der Missbrauch der Untersuchungshaft, verschärft haben und neue Probleme hinzugekommen sind. Vor allem bei Fällen von Terrorismus und organisierter Kriminalität hat die Missachtung grundlegender Garantien für ein faires Verfahren durch die türkische Justiz und die sehr lockere Anwendung des Strafrechts auf eigentlich rechtskonforme Handlungen zu einem Grad an Rechtsunsicherheit und Willkür geführt, der das Wesen des Rechtsstaates gefährdet (CoE-CommDH 19.2.2020).

Mit Auslaufen des Ausnahmezustandes im Juli 2018 beschloss das Parlament das Gesetz Nr. 7145, durch das Bestimmungen im Bereich der Grundrechte abgeändert wurden. Zahlreiche Maßnahmen des Ausnahmezustandes, darunter insbesondere die Verleihung außerordentlicher Befugnisse an staatliche Behörden und Einschränkungen der Grundfreiheiten, wurden nunmehr gesetzlich verankert. Besonders problematisch sind der weit ausgelegte Terrorismus-Begriff in der Anti-Terror-Gesetzgebung sowie einzelne Artikel des türkischen Strafgesetzbuches, so Art. 301 – Verunglimpfung/Herabsetzung des türkischen Staates und seiner Institutionen; Art. 299 – Beleidigung des Staatsoberhauptes (ÖB 10.2020). Teile der Notstandsvollmachten wurden auf die vom Staatspräsidenten ernannten Provinzgouverneure übertragen (AA 14.6.2019). Diese können nicht nur das Versammlungsrecht einschränken, sondern haben großen Spielraumbei der Entlassung von Beamten, inklusive Richtern (ÖB 10.2020). Das Gesetz Nr. 7145 sieht auch keine Abschwächung der Kriterien vor, auf Grundlage derer (Massen-)Entlassungen ausgesprochen werden können (wegen Verbindungen zu Terrororganisationen, Handeln gegen die Sicherheit des Staates etc.). Ein adäquater gerichtlicher Überprüfungsmechanismus ist nicht vorgesehen. Beibehalten wird auch die Möglichkeit, Reisepässe der entlassenen Person einzuziehen (ÖB 10.2019).

Rechtsanwaltsvereinigungen aus 25 Städten sahen in einer öffentlichen Deklaration im Februar 2020 die Türkei in der schwersten Justizkrise seit dem Bestehen der Republik, insbesondere infolge der Einmischung der Regierung in die Gerichtsbarkeit, der Politisierung des Rates der Richter und Staatsanwälte (HSK), der Inhaftierung von Rechtsanwälten und des Ignorierens von Entscheidungen der Höchstgerichte sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) (bianet 24.2.2020).

Im vom World Justice Project jährlich erstellten „Rule of Law Index“ rangierte die Türkei im Jahr 2020 auf Platz 107 von 128 untersuchten Ländern. Der statistische Indikator verharrte wie 2019 auf dem Messwert von 0,43 (1 ist der statistische Bestwert, 0 der absolute Negativwert). Besonders schlecht schnitt das Land in den Unterkategorien „Grundrechte“ mit 0,32 (Rang 123 von 128) und „Einschränkungen der Macht der Regierung“ mit 0,30 sowie bei der Strafjustiz mit 0,38 ab. Gut war der Wert für „Ordnung und Sicherheit“ mit 0,69, der annähernd dem globalen Durchschnitt von 0,72 entsprach (WJP 11.3.2020).

Gemäß Art. 138 der Verfassung sind Richter in der Ausübung ihrer Ämter unabhängig. Tatsächlich wird diese Verfassungsbestimmung jedoch durch einfachgesetzliche Regelungen und politische Einflussnahme (Druck auf Richter und Staatsanwälte) unterlaufen. Die fehlende Unabhängigkeit der Richter und Staatsanwälte ist die wichtigste Ursache für die vom EGMR in seinen Urteilen gegen die Türkei häufig monierten Verletzungen von Regelungen zu fairen Gerichtsverfahren (insgesamt 13 im Jahr 2019), obwohl dieses Grundrecht in der Verfassung verankert ist. Die dem Justizministerium weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften sind nach wie vor für die Organisation der Gerichte zuständig (ÖB 10.2020). Die richterliche Unabhängigkeit ist überdies durch die umfassenden Kompetenzen des in Disziplinar- und Personalangelegenheiten dem Justizminister unterstellten HSK infrage geste

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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