TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/2 W105 2149571-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2021
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Entscheidungsdatum

02.06.2021

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §52 Abs4

Spruch


W105 2149571-2/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Somalia, vertreten durch Mag. Katharina SKORPIK (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)
I.) In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF, auf Dauer unzulässig ist.

II.) Gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 AsylG iVm § 9 Abs. 2 BFA-VG wird eine „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte am 05.01.2016 nach schlepperunterstützter illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab hierbei an, am XXXX geboren zu sein.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) hat mit Bescheid vom 02.02.2017, Zl. XXXX , den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 02.02.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen insgesamt als unglaubwürdig beurteilt hätten werden müssen. Aufgrund der allgemeinen Lage in Somalia, insbesondere der dort herrschenden Nahrungsmittelknappheit und mangels einer innerstaatlichen Fluchtalternative sei ihm eine Rückkehr unter den derzeit dargelegten Umständen nicht zumutbar. Ihm sei daher der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen.

3. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde, welche mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2018, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen wurde.

4. Mit Bescheid des BFA, RD Niederösterreich, vom 01.02.2018, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 02.02.2020 erteilt.

5. In der Folge wurde das gegenständliche Aberkennungsverfahren eingeleitet.

6. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.04.2019 brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Gesundheitszustandes vor, dass er keine Krankheiten habe und gesund sei. Er werde vom Sozialamt unterstützt und sei in Österreich in keinem Verein oder sonstigen Organisation Mitglied. Er habe in Österreich eine somalische Freundin, mit welcher er ein Kind habe. Seine Freundin habe vor kurzem subsidiären Schutz erhalten. Er sei mit seiner Freundin nicht standesamtlich verheiratet und hätten sie dies aktuell nicht vor. Sie würden nicht zusammenleben. Er habe einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 besucht und spreche ein bisschen Deutsch. Er sei in Somalia verheiratet und habe mit seiner Frau keinen Kontakt mehr. Ihm sei von seinem Onkel berichtet worden, dass seine Frau mit den drei gemeinsamen Kindern aus Somalia geflüchtet wäre. Er sei in Somalia früher auch mit einer anderen Frau verheiratet gewesen, mit welcher er zwei Kinder habe. Er stamme aus der Region Bohoodle und sei die Lage dort nach wie vor gleich. Mit seinen Verwandten in Somalia habe er keinen Kontakt mehr. Auch zu seinem Onkel habe er keinen Kontakt mehr. Er wolle in Österreich arbeiten und Steuern zahlen. Er habe Somalia nicht wegen Dürre oder Hunger verlassen. Weil er sich in Österreich sicher fühle, wolle er sich hier integrieren und nicht dorthin zurückkehren, wo er Angst habe. Auch nicht nach Mogadischu. Weder eine Regierung, noch Regen könnten ihm Falle der Rückkehr helfen. Er gehöre der Minderheit der Madhiban an und sei im Falle einer Rückkehr besonders gefährdet. Nach Vorhalt, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichtes seine Zugehörigkeit zur Minderheit der Madhiban bzw. seine Gefährdung aus diesem Grund als nicht glaubhaft eingestuft worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er seinen jetzigen Schutz behalten wolle.

7. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 16.05.2019, Zl. XXXX , wurde

- dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid des BFA vom 02.02.2017, Zl. XXXX , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.),

- die mit Bescheid vom 01.02.2018, Zl. XXXX , erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.),

- dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.),

- gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.),

- gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.),

- gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass die Gründe für die Erteilung subsidiären Schutzes insofern nicht mehr gegeben seien, als die Versorgungslage aufgrund der Regenfälle wieder entspannt wäre und daher nicht wahrscheinlich sei, dass er im Falle einer Rückkehr, vor allem nach Mogadischu oder Hargeysa, einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Er könne in Mogadischu die Unterstützung von Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen, die verschiedenste Unterstützungsleistungen, angefangen von Trinkwasserversorgung über finanzielle Versorgung bis hin zur Wohnraumbeschaffung anbieten würden. Er verfüge in Somalia auch über familiäre Anknüpfungspunkte. Es sei daher davon auszugehen, dass er die Unterstützung seiner Familie in Anspruch nehmen könnte und dort wohnen könnte, bis er eine Arbeitsstelle gefunden habe. Er sei ein gesunder und arbeitsfähiger junger Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Dass es Arbeitsmöglichkeiten in Mogadischu gebe, sei ebenfalls zuvor erwähnter Anfragebeantwortung zu entnehmen. Es sei im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2018 festgestellt worden, dass er eine asylrelevante Gefährdung seiner Person nicht glaubhaft machen habe könne, ebenso wenig wie eine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Madhiban. Es stünden ihm zwei innerstaatliche Fluchtalternativen mit Hargeysa und Mogadischu zur Verfügung. Eine Rückkehr nach Mogadischu oder Somaliland, wo seine Mutter Geschwister, seine Gattin und Kinder leben würden, sei ihm zumutbar. Er sei mit den kulturellen und sprachlichen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut, zumal er bis 2015 dort gelebt habe. Mogadischu sei für Normalbürger, die nicht mit der Regierung zusammenarbeiten würden, vergleichsweise sicher und gut über den Flughafen erreichbar. Weiters wäre in Mogadischu die Lage vergleichsweise sicher und stabil, auch wenn es dort zu Anschlägen komme. Diese Anschläge würden sich jedoch gezielt gegen die Regierung sowie bekannte Aufenthaltsräume richten, jedoch grundsätzlich nicht gegen exponierte somalische Rückkehrer. Ergänzend sei angeführt, dass im Rahmen der Rückkehrhilfe auch eine finanzielle Unterstützung als Startkapital für die Fortsetzung des Lebens in der Heimat gewährt werden könne. Aus der allgemeinen Lage in seinem Heimatland allein ergebe sich keine Gefährdung und sei demnach auch kein Abschiebehindernis im Sinne des § 8 AsylG ersichtlich und erscheine eine Rückkehr nicht grundsätzlich als ausgeschlossen und aufgrund der individuellen Situation auch zumutbar. Er wäre durch eine Rückkehr nach Somalia keiner realen Gefahr mehr ausgesetzt, die eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Im Besonderen sei auf die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.11.2018, Zl. W259 2158655-2/10E, verwiesen, worin ausgeführt wurde, dass sich die Situation in seinem Herkunftsstaat in Bezug auf die Nahrungsmittelversorgung grundlegend geändert habe. Ihm sei daher gemäß § 9 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigen abzuerkennen. Es könne in Österreich keine derartige Integrationsverfestigung festgestellt werden, sodass eine Rückkehrentscheidung als verhältnismäßig anzusehen sei.

8. Mit Schriftsatz vom 18.06.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass der Bescheid unzureichend begründet sei. Die Gründe, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt hätten, hätten sich im Wesentlichen nicht geändert und verkenne das Bundesamt die tatsächliche Situation in Somalia. Ein großer Anteil der Bevölkerung sei von Nahrungsmittelknappheit betroffen und wäre die Versorgung mit Hygieneartikeln und medizinischen Produkten nach wie vor unzureichend. Auch sei die Versorgungslage durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der starken Regenfälle ab April 2018 und den damit einhergehenden Überschwemmungen seien rund eine Viertel Million Menschen gezwungen gewesen, ihre Heimat zu verlassen. Zusammenfassend ergebe sich, dass sich die Lage in Somalia nicht derart gestalte, dass davon gesprochen werden könnte, dass sich diese dauerhaft und erheblich verbessert hätte. Auch in Bezug auf die Sicherheitslage habe sich seit 2017 (bzw. seit der Verlängerung des subsidiären Schutzes) nichts zum Positiven verändert. Zu den Ausführungen des Bundesamtes, dass nicht glaubhaft sei, dass er über keine familiären Bindungen mehr in Somalia verfüge, da er widersprüchliche Angaben getätigt habe, sei anzumerken, dass er gleichlautend angegeben habe, dass seine Frau und seine Kinder aus Somalia geflohen und nach wie vor unbekannten Aufenthaltes seien. Die Entscheidung der Behörde sei nicht nachvollziehbar, wesentlich mangelhaft und formell rechtswidrig. Auch wäre die Beweiswürdigung mangelhaft. Aufgrund der Tatsache, dass er nie in Mogadischu und Hargeysa gelebt habe, würden diese Städte auch nicht als IFA in Betracht kommen. Zudem habe er keine wesentliche Berufserfahrung und keine Schulbildung, sondern sei er nur als Ziegenhirte in Somalia berufstätig gewesen, sodass die baldige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für ihn nicht bald zu erwarten sei. Insgesamt betrachtet drohe ihm im Falle einer Rückkehr nach Somalia aufgrund der schlechten und sich zunehmend verschlechterten Versorgungslage und seiner mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit im Herkunftsland eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK würde somit im gegebenen Fall der Abschiebung nach Somalia auf jeden Fall vorliegen, und mache jene somit unzulässig. Auch sei die Beurteilung seines Privat- und Familienlebens nicht nachvollziehbar. Er sei Vater eines in Österreich lebenden Sohnes im Säuglingsalter, XXXX , geb. XXXX und führe mit der Mutter des Kindes, XXXX , eine Beziehung. Er besuche die beiden häufig und wäre ihm der Kontakt zu seinem Sohn sehr wichtig. Der Feststellung des BFA, dass auch sein Sohn sowie seine Lebensgefährtin aktuell kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich hätten, stehe dem tatsächlichen derzeitigen Bestehen eines schützenswerten Familienlebens nicht entgegen. Hinsichtlich seiner Integration in Österreich sei anzumerken, dass er gewillt sei, sich zu integrieren. Er habe einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 erfolgreich abgeschlossen und besuche derzeit einen Kurs auf dem Niveau A2 und wäre er auf intensiver Arbeitssuche. Mit seiner möglichen Abschiebung würde daher auch in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK eingegriffen.

9. Am 27.06.2019 langten die Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

10. Mit Erkenntnis vom vom 16.09.2019, Zl. XXXX , wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.

11. Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.09.2019 erhob er Beschwerdeführer durch seine vormalige rechtsfreundliche Vertreterin eine außerordentliche Revision.

12. Mit Beschluss vom 06.04.2020, Zl. Ra 2019/01/0430-10, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision, soweit sie sich gegen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung sowie die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 richtete, zurück und erkannte zu Recht, dass das Erkenntnis im Übrigen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werde.

Zur teilweisen Aufhebung führte der Verwaltungsgerichtshof aus wie folgt:

[…] Nach der (mittlerweile) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Demzufolge kann insbesondere bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft (vgl. etwa VwGH 17.01.2020, Ra 2019/18/0446, mwN). Ein derart eindeutiger Fall lag hier nicht vor, zumal der Revisionswerber die Beurteilung des BFA zu seinem Privat- und Familienleben substantiell bestritt. Er führe mit der Mutter seines 2019 geborenen und in Österreich subsidiär schutzberechtigten Sohnes, einer somalischen Staatsangehörigen eine Beziehung. Der Revisionswerber besuche seinen Sohn und dessen Mutter bei jeder Gelegenheit und sei ihm sei der Kontakt zu seinem Sohn sehr wichtig. Eine Reise nach Somalia sei dem Sohn und der Lebensgefährtin des Mitbeteiligten unzumutbar, die Reise in ein Drittland sei für den Revisionswerber de facto unmöglich. Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG und der darauf rechtlich aufbauenden Aussprüche gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. […]

13. Mit Verfügung vom 17.08.2020 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichts um die Beantwortung einer Fragenliste aufgefordert.

14. Am 26.08.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht nachstehend wiedergegebende Beantwortung des Fragenkataloges des Bundesverwaltungsgerichts ein (Fragestellungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts hier kursiv dargestellt):

- Haben Sie Kontakt zu Familie, Freunden und Verwandten im Herkunftsstaat?

„Nein.“

- Wo sind Familienangehörige, Freunde bzw. Verwandte aufhältig?

„Freunde und Verwandte waren bei dem letzten Kontakt in Bohodle, Somalia. Ehefrau und Kinder in Wien.“

- Wann waren Sie das letzte Mal mit der Familie, Freunden und Verwandten im Herkunftstaat in Kontakt bzw. welche Kontaktmöglichkeiten nutzten Sie dazu?

„Letzter Kontakt ca. 2017, genaues Datum nicht mehr erinnerlich; über Facebook-Kontakt mit einem Clanangehörigen konnta kurzzeitig Kontakt hergestellt werden, dieser Facebook-Kontakt besteht allerdings nicht mehr.“

- Falls Kontakt besteht, welche Familienangehörigen sind noch im Herkunftsstaat aufhältig (Alter, Beruf)?

„Es ist dem BF unbekannt, wer noch im Herkunftsstaat ist, da kein Kontakt besteht.“

- Haben Ihre Familie, Freunde oder Verwandten im Herkunftsstaat Besitz? Wenn ja, welchen?

„Zum Zeitpunkt der Ausreise besaß die Familie Nutztiere für den eigenen Gebrauch und zum Verkauf für die eigene Bedarfsdeckung, derzeitiger Besitz mangels Kontakt ist unbekannt.“

- Wie bestreiten Ihre Familie, Freunde bzw. Verwandten ihren Lebensunterhalt?

„Kleine Viehzucht (zum Zeitpunkt des letztmaligen Kontaktes.“

- Wie ist die wirtschaftliche Sitation Ihrer Familie?

„Derzeit mangels Kontakt keine Einschätzung möglich; als der BF in Somalia lebte, konnte die Familie ihren Lebensbedarf decken, das Familieneinkommen war für somalische Verhältnisse durchschnittlich; die Familie lebte zusammen in einer Basthütte.“

- Welcher Arbeit sind Sie im Herkunftsstaat nachgegangen? Wie haben Sie ihren Lebensunterhalt bestritten?

„Der BF arbeitete als Viehhirte.“

- Sind Sie gesund?

„Körperlich geht es dem BF gut, psychisch leidet er unter starkem Stress wegen seines unsicheren Aufenthalts und drohender Trennung von seinen Kindern und seiner Ehefrau sowie der Unmöglichkeit seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.“

- Welchen Familienstand haben Sie in Österreich?

„Verheiratet, zwei Kinder mit der Ehefrau in Österreich.“

- Leben Familienangehörige bzw. Verwandte in Österreich? Wenn ja wo?

„Der BF lebt mit seiner Ehefrau und den zwei gemeinsamen Kindern in der Mietwohnung seiner Ehefrau in XXXX .“

- Wo lebt die Mutter Ihres 2019 geborenen Sohnes und Ihr Sohn?

„Siehe oben.“

- Besteht Kontakt zur Mutter (und in Österreich damals subsidiär Schutzberechtigten) Ihres 2019 geborenen Sohnes und in welcher Form (Leben im gemeinsamen Haushalt, Heirat weitere Kinder, wie oft besteht pro Woche Kontakt zum Kind/Kindern)?

„Siehe oben, das zweite gemeinsame Kind XXXX wurde am XXXX geboren; die Ehefrau sowie beide Söhne sind asylberechtigt.“

- Sofern Kontakt besteht, Sind Sie in Österreich in einer neuen Partnerschaft? Wenn ja, hat der Beschwerdeführer Kinder und wie gestaltet sich der Kontakt zu diesen (Leben im gemeinsamen Haushalt)?

„siehe oben.“

- Wie heißen Ihre Kinder und wann und wo sind sie geboren?

„ XXXX wurde am XXXX in Wien geboren; XXXX wurde am XXXX in Wien geboren.“

- Sind Ihre Kinder in Ausbildung/Arbeit? Wenn ja, welcher?

„Es handelt sich um Kleinkinder.“

- Absolvieren Sie in Österreich eine Ausbildung oder Kurse bzw. wurden bereits Ausbildungen oder Kurse abgeschlossen? Wenn ja, welche?

„Der BF hat den Deutschkurs A1 abgeschlossen (siehe bereits Beschwerde vom 18.06.2019)

- Gehen Sie in Österreich einer Arbeit nach? Wenn nein, wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

„Nein, dem BF ist es aufgrund der Aberkennung des subsidiären Schutzes nicht möglich einer Arbeit nachzugehen; der BF ist arbeitswillig und fähig und möchte so bald wie möglich eine Arbeit aufnehmen; der BF lebt bei seiner Familie und wird von seiner Ehefrau unterstützt.“

- Sind Sie in Österreich Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation?

„Nein.“

- Was machen Sie in Ihrer Freizeit in Österreich?

„Der BF verbringt seine Zeit mit seinen Kindern und seiner Ehefrau und kümmert sich um die Kindererziehung.“

- Haben Sie Freunde aus ihrem Herkunftsstaat in Österreich bzw. haben Sie österreichische Freunde?

„Der BF hat österreichische wie somalische Bekannte in Österreich, verbringt aber im Wesentlichen seine Zeit mit seiner Familie.“

- Besuchten Sie einen Deutschkurs bzw. können Sie Zertifikate über Ihr Deutschniveau vorlegen?

„Der BF kann mangels eigenem Einkommen derzeit nicht an einem Deutschkurs teilnehmen; das A1 Zertifikat wurde mit der Beschwerde vom 18.06.2019 bereits vorgelegt.“

- Wie stellen Sie sich Ihr Leben in Österreich vor?

„Der BF möchte in Österreich arbeiten (der BF hat als er über subsidiären Schutz verfügte bereits gearbeitet) und möchte vor allem mit seiner Familie zusammen leben; Deutsch lernen und am gesellschaftlichen Leben in Öterreich teilhaben.“

- Sind sie in Österreich in Konflikt mit dem Gesetz geraten?“

„Nein. Der BF war im Gegenteil Opfer einer Straftat; als er aus dem Hinterhalt mit einem Luftdruckgewehr angeschossen wurde. Hierzu liegt eine polizeiliche Anzeige vor.“

- Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?

„Nein.“

15. Mit Verfügung vom 13.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichts das aktuelle Länderinformationsblatt zur Situation in Somalia (LIB vom 31.03.2021) übermittelt und ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von 2 Wochen eingeräumt.

16. Mit Stellungnahme 26.04.2021 brachte der Beschwerdeführer bezüglich seines Privat- und Familienlebens vor, dass er in Österreich ein schützenswertes Privat- und Familienleben führe. Wie bereits im Verfahren dargelegt, führe er ein intensives Familienleben mit seiner in Österreich asylberechtigten Lebensgefährtin und seinen in Österreich asylberechtigen Kindern. Neu hinzu komme, dass er mit seiner Lebensgefährtin ein weiteres Kind erwarte, wobei der errechnete Geburtstermin der 30.04.2021 wäre. Ihm wäre daher jedenfalls ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen.

Vorgelegt wurde unter einem ein Mutter-Kind-Pass.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der männliche, volljährige, ledige, gesunde, und arbeitsfähige Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und ist somalischer Staatsangehöriger. Er stammt aus der Region Togdheer in Somaliland. Die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er hat laut eigenen Angaben keine Schulbildung und als Ziegenhirte in Somalia gearbeitet.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich eine Lebensgemeinschaft mit XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia. Er hat mit seiner Lebensgefährtin zwei gemeinsame Söhne, XXXX , geb. XXXX , sowie XXXX , geb. XXXX , die beide in Wien geboren wurden. Ein weiteres Kind des Beschwerdeführers wurde XXXX geboren. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sowie die beiden gemeinsamen Kinder XXXX sowie XXXX sind in Österreich asylberechtigt. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin sowie den gemeinsamen Kindern besteht seit 23.10.2019 ein gemeinsamer Wohnsitz. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wird von diesem im Alltag sowie in der Betreuung der gemeinsamen Kinder unterstützt.

Der Beschwerdeführer war in Somalia zuvor mit einer somalischen Staatsangehörigen verheiratet und stammen aus dieser Beziehung zwei Kinder. Die Mutter sowie zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben noch in Somalia. Der Beschwerdeführer steht mit diesen Angehörgen nicht in Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich einen Deutschkurs bis zum Niveau A1 absolviert.

De Beschwerdeführer ist gesund. Er ist strafrechtlich unbescholten. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Er geht zum Entscheidungszeitpunkt keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

2. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:

Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den bereits vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 16.09.2019, Zl. XXXX getroffenen Feststellungen und sind unstrittig. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich, inbesondere dem Umstand, dass er mit einer somalischen Staatsangehörigen eine Lebensgemeinschaft führt, aus welcher mittlerweile drei gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, ergeben sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers sowie den in Vorlage gebrachten Geburtsurkunden. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit 23.10.2019 an derselben Adresse wie seine Lebensgefährtin und daher mit seiner Familie seit diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Haushalt lebt, ergibt sich aus seinen Angaben sowie dem zentralen Melderegister. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Lebensgefährtin im Alltag und bei der Betreuung der Kinder unterstützt, ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des im Verfahren. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Betreuungsinformationssystem des Bundes.

Die Feststellung, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sowie seine mit ihr gemeinsamen Kinder in Österreich asylberechtigt sind, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das zentrale Informationssysytem des Bundes.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 hat, ergibt sich aus dem vorgelgten ÖSD Zertifikat vom 07.05.2019.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Ausgehend davon, dass mit Beschluss vom 06.04.2020, Zl. Ra 2019/01/0430-10, der Verwaltungsgerichtshof die Revision des Beschwerdeführers, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung sowie die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom vom 16.09.2019, Zl. XXXX gerichtet hat, zurückgewiesen worden war, erwuchsen die Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenesen und Asyl vom 16.05.2019, Zl. XXXX , in Rechtskraft und war nunmehr lediglich jeweils über die Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu entscheiden.

Zu A)

Zum Ausspruch, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und zur Erteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung":

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des Fremdenpolizeigesetzes BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017 (FPG) zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

§ 57 Abs 1 AsylG lautet auszugsweise:

„Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1.         wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2.         zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3.         wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA- Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018 (BFA-VG) auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird -insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Nach ständiger Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (EGMR 21.06.1988, Fall Berrehab, Appl. 10.730/84 [Z 21]; 26.05.1994, Fall Keegan, Appl. 16.969/90 [Z 44]); diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.02.1996, Fall Gül, Appl. 23.218/94 [Z 32]). Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können; die Familienbeziehung wird insbesondere nicht dadurch beendet, dass das Kind in staatliche Pflege genommen wird (vgl. VfSlg. 16.777/2003 mit Hinweis auf EGMR 25.02.1992, Fall Margareta und Roger Andersson, Appl. 12.963/87 [Z 72] mwN; zu den Voraussetzungen für ein (potentielles) Familienleben zwischen einem Kind und dessen Vater s. auch EGMR 15.09.2011, Fall Schneider, Appl. 17.080/07 [Z 81] mwN). Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (vgl. VfGH 24.09.2018, E 1416/2018, mit Hinweis auf Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527; 23.02.2011, 2011/23/0097; 08.09.2010, 2008/01/0551, mwH); zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK begründet, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527 mit Hinweisen auf die diesbezügliche EGMR-Judikatur). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen, wie z.B. zwischen Eltern und erwachsenen Kindern, zwischen Geschwistern, zwischen Onkel/Tanten und Neffen/Nichten usw., fallen jedoch nur dann unter den Schutz des Art. 8 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. z.B. VwGH 02.08.2016; Ra 2016/20/0152).

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt. Ebenso wenig wird verkannt, dass der Beschwerdeführer seine familiären Bindungen zu einem Zeitpunkt einging, als er sich der Unsicherheit seines Aufenthaltes bewusst sein musste.

Der Beschwerdeführer lebt jedoch seit 23.10.2019 durchgehend mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern im gemeinsamen Haushalt.

Der Beschwerdeführer führt daher mit seiner Ehegattin und seinen nunmehr drei minderjährigen Kindern ein tatsächliches Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Ein Eingriff in dieses Familienleben wäre aufgrund seiner Intensität - insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls - nicht zu rechtfertigen: Die Betreuung der Kinder ist zwischen den Eltern aufgeteilt, der Beschwerdeführer ist mit Aufgaben der täglichen Pflege vertraut und pflegt eine liebevolle Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern. Insgesamt ist daher von einer engen affektiven Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern auszugehen, so dass, selbst wenn man davon ausginge, dass die Mutter unter Zuhilfenahme von Kinderbetreuungseinrichtungen die Sorge für die gemeinsamen Kinder allein übernehmen könnte, es kaum vertretbar wäre, die beiden Kinder allein mit einem Elternteil zu belassen und ihnen eine langfristige Trennung von ihrem Vater zuzumuten. Eine Rückkehrentscheidung würde zwangsläufig zu einer Trennung der beiden Kinder vom Vater führen und in jedem Fall eine maßgebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls darstellen. Diesem Umstand kommt insofern noch zusätzliches Gewicht zu, als dem Kindeswohl nach höchstgerichtlicher Judikatur bei der Interessensabwägung ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 05.09.2018, Zl. Ra 2018/21/0108). Unter Berücksichtigung der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur erscheint daher die Fortsetzung des Familienlebens des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat nicht zumutbar (vgl. VfGH 19.06.2015, Zl. E 246/2015).

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall erforderlich ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht in dem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Der Beschwerdeführer hat die deutsche Sprache auf dem Niveau A1 erlernt und bezieht aktuell Leistungen aus der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer steht laut eigenen Aussagen nicht mehr in Kontakt mit seinen Angehörigen im Herkunftsstaat. Insbesondere unter Berücksichtigung seines aufrechten Familienlebens mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern im Bundesgebiet hat sich sein Lebensmittelpunkt unzweifelhaft in das Bundesgebiet verlagert, sodass diesbezüglich von einer deutlichen Abschwächung etwaiger noch vorhandener Bindungen zum Herkunftsstadt gesprochen werden kann.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen im vorliegenden Fall insgesamt die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Es kann - insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls - eine Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nicht als verhältnismäßig angesehen werden und würde dies eine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten (vgl. dazu etwa VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0096).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist.

Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privat-, insbesondere aber des Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer ist, und es ist daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Ausgehend davon, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zur Aufrechterhaltung seines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, er jedoch weder das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, ist ihm gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung Integration Rechtsanschauung des VwGH Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W105.2149571.2.00

Im RIS seit

01.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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