TE Bvwg Beschluss 2021/7/7 G315 2242597-1

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Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §33 Abs1

Spruch


G315 2242597-1/29Z

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin in der Beschwerdesache des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Togo, vertreten durch den Verein Legal Focus und zugleich auch durch dessen Obfrau Frau Mag. Eva VELIBEYOGLU, in einer Schubhaftsache den

BESCHLUSS

gefasst:

A) Der mit 09.06.2021 datierte, am 10.06.2021 zur Post gegebene und beim Bundesverwaltungsgericht am 14.06.2021 eingegangene Antrag des XXXX auf Ausfertigung des am 26.05.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zur ersten Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a Abs 1 BFA-VG iVm § 76 FPG wurde durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in dem mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 26.05.2021 in Anwesenheit des BF, einer Dolmetscherin für die französische Sprache und einer Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mündlich verkündeten Erkenntnis die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 der VO EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Artikel 28 Abs. 1 und 2 der VO EU Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 3 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz abgewiesen und der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, dem Bund Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Mit zweiter Schubhaftbeschwerde vom 01.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 02.06.2021, wurde Beschwerde erhoben gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft seit 28.05.2021 und wird ausgeführt, dass dem BF gegenüber nie rechtsgültig eine Entscheidung über die Anhaltung in Schubhaft ergangen sei. Die Entscheidungsfrist für die eingebrachte Schubhaftbeschwerde, welche am 27.05.2021 endete, sei nicht gewahrt worden und gebe es seit 28.05.2021 keinen gültigen Titel für eine Anhaltung mehr.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zu Zl G315 2242597-2 in Anwesenheit des BF, einer Dolmetscherin für die französische Sprache und einer Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verkündet. In diesem Erkenntnis wurde zur Vorfrage des Bestehens eines Anhaltetitel unter anderem dargelegt, dass die mündliche Verkündung am 26.05.2021 rechtswirksam erfolgt und auch die Zustellung einer Ausfertigung an die rechtsfreundliche Vertretung am selben Tag erfolgt sei. Dem Beschwerdeführer wurde im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 26.05.2021 gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG die Niederschrift ausgefolgt. Die Niederschrift enthält eine Belehrung im Sinn des § 29 Abs. 2a VwGVG. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer auch mündlich gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG belehrt.

Mit Schreiben des Vereines Legal Focus vom 09.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 14.06.2021, beantragte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung die schriftliche Ausfertigung der beiden Erkenntnisse in den Verfahren G315 2242597-1 und -2. Die Ausfertigung des schriftlichen Erkenntisses im Verfahren 2242597-1 wurde damit begründet, dass die Niederschrift samt dem mündlich verkündeten Erkenntnis nie ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

Am 28.06.2021 wurde der BF im Wege seiner Rechtsvertretung vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert, wonach das zuvor erwähnte Schreiben, mit welchem die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse in beiden Verfahren beantragt wurde, am 10.06.2021 zur Post gegeben wurde und der Antrag auf schriftliche Ausfertigung im Verfahren 2242597-1 nach der in § 29 VwGVG vorgesehenen Frist sohin als verspätet zu betrachten sei. Ferner wurde der BF im Wege seiner Rechtsvertretung eingeladen, auszuführen, warum die schriftliche Ausfertigung in diesem Verfahren nicht eher beantragt wurde, zumal dem BF und auch der Rechtsvertretung der Umstand der mündlichen Verkündung am 26.05.2021 jedenfalls bekannt war.

Mit Schreiben vom 28.06.2021, eingegangen beim Bundesverwaltungsgericht am 29.06.2021, wurde lediglich auf das Schreiben der Rechtsvertretung vom 09.06.2021 verwiesen und wurde eine Kopie dieses Schreibens neuerlich übermittelt. Am 28.06.2021 wurde dieses Schreiben gesondert noch einmal per Fax übermittelt.

Der vorstehend geschilderte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, er blieb unbestritten und ist damit erwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Gemäß § 29 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht in der Regel, wenn eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden hat, das Erkenntnis mit den wesentlichen
Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

1.2. Gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Der Antrag auf schriftliche Ausfertigung wurde per Post übermittelt. Das Schreiben ist mit 09.06.2021 datiert und enthält den Eingangsstempel des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.06.2021. Ermittlungen des Gerichtes zufolge (AS 316) wurde das Poststück am 10.06.2021 zur Post gegeben. Eine dem widersprechende Stellungnahme wurde trotz Gelegenheit dazu nicht abgegeben.

Gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG ist im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen kommt das Recht zu, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG zu verlangen.

Im gegenständlichen Fall wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 26.05.2021 mündlich in Anwesenheit des Beschwerdeführers verkündet. Die dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG im Anschluss an die mündliche Verkündung am 26.05.2021 ausgefolgte Niederschrift enthält eine Belehrung im Sinn der zitierten Bestimmung. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer auch mündlich gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG belehrt. Der rechtsfreundlichen Vertretung wurde die Niederschrift am selben Tag per Fax zugestellt (AS 245 ff).

2.2. Zum Vorbringen des BF, die Verkündung sei nicht rechtswirksam erfolgt und seien der Obfrau des den BF vertretenden Vereines nur fünf Seiten zugestellt worden, aus denen man nicht schlau würde, ist Folgendes auszuführen:

Die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Abschiebung oder Rücküberstellung nach § 76 Abs. 2 setzt voraussetzt, dass gegen den Fremden, dessen Abschiebung oder Rücküberstellung gesichert werden soll, ein durchsetzbarer (somit rechtswirksamer) „Abschiebetitel“ besteht, da sonst von vornherein der Sicherungszweck der Sicherung der Abschiebung nicht gegeben ist und die Schubhaftverhängung daher auch nicht darauf gestützt werden kann.

Eine Entscheidung, mit der die Anhaltung in Schubhaft für rechtmäßig erklärt wurde, würde einen Betroffenen dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzen, wenn diese Entscheidung nicht binnen der gesetzlichen dafür vorgesehen Fristen ergeht (siehe etwa VfGH B83/95, Sammlungsnummer 14193).

Eine Verkündung des Erkenntnisses im ersten Schubhaftverfahren zur Zahl G315 2242597-1 erfolgte am 26.05.2021 – also innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist – in Anwesenheit des BF und einer Vertreterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie einer Dolmetscherin für die französische Sprache. Die Ladung zu dieser Verhandlung an die Rechtsvertretung war auf dem Postweg versendet worden und langte dort erst nach der mündlichen Verhandlung ein.

Der BF gab zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 25.06.2021 vom Gericht dazu befragt an, dass er ohne seine Rechtsvertretung „weitermachen“ wolle (Verhandlungsprotokoll S. 3). Am Ende der Verhandlung wurde dem BF eine Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkanntnisses übergeben (Verhandlungsprotokoll S. 38) und eine Ausfertigung wurde der Rechtsvertretung am selben Tag per Telefax übermittelt.

Die Frage, ob die mündliche Verkündung des Erkenntnisses vom 26.05.2021 rechtswirksam erfolgte oder zugestellt wurde, widrigenfalls, ob der Zustellmangel durch spätere Umstände geheilt wurde, stellt im gegenständlich Fall eine Vorfrage gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG dar, die wie folgt zu beantworten ist:

Ein namhaft gemachter Vertreter darf auch bei der Verkündung eines mündlichen Bescheides nur dann „übergangen“ werden, wenn sich die Partei ungeachtet des vorliegenden Vollmachtsverhältnisses mit der Verkündung ihr gegenüber einverstanden erklärt. Ansonsten kann der Bescheid in einem solchen Fall nicht rechtswirksam gegenüber der Partei mündlich verkündet werden (Hengstschläger/Leeb, AVG § 10, Rz 23, Stand 01.01.2014, rdb.at).

Sofern die Rechtsvertretung in ihrer Eingabe vom 27.05.2021 andeuten will, die Richterin habe den BF zu einer Zustimmung gedrängt oder ihn manipuliert, wird dies auf das Schärfste zurückgewiesen. Zwar wurde protokollarisch festgehalten, dass eine Ladung „zugestellt“ wurde, aus der Aktenlage jedoch nicht ersichtlich sei, ob diese auch übernommen wurde, wobei es korrekterweise hätte heißen müssen, dass die Ladung „abgefertigt“ und „zur Post gegeben“ wurde. Die Absicht, den BF mit der verwendeten Formulierung in die Irre zu führen oder unter Druck zu setzen, bestand jedenfalls nicht. Wie aus dem Protokoll hervorgeht, wurden auch noch Versuche unternommen, die Rechtsvertretung telefonisch zu kontaktieren, um eine formlose Verschiebung der Verhandlung auf einen freien Termin am nächsten Tag zu vereinbaren, was nicht gelang, zumal die Rechtsvertretung unter der im Verfahren angegebenen Telefonnummer nicht erreichbar war.

Nur nebenbei sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass die von der Rechtsvertretung im Verfahren verwendete Faxadresse für Sendungen des Gerichtes gesperrt ist und die Rechtsvertretung auch im weiteren Verfahren trotz expliziter Einladung des Gerichtes (Akt zum zweiten Schubhaftverfahren, G315 2242597-2, E-Mail vom 02.06.2021 an die Adresse des Vereines) nicht bekanntgab, wie eine kurzfristige Erreichbarkeit der Rechtsvertretung – welche gerade in Schubhaftverfahren gegeben sein sollte – sichergestellt werden kann.

Dass der BF aus freiem Willen entschied, die Verhandlung ohne seine Vertreter zu bestreiten ist auch vor dem Hintergrund der Äußerungen in der zweiten Schubhaftverhandlung ersichtlich, in welcher er, wie auch bereits in der ersten Schubhaftverhandlung, angab, er habe seine Rechtsvertretung nicht gewählt und dazu vermerkte, er habe auch nichts mit der Beschwerde zu tun; er wolle die Verhandlung ohne seine Vertretung bestreiten (Akt zum zweiten Schubhaftverfahren, G315 2242597-2, AS 333 ff).

Der BF zeigte weder im ersten, noch im zweiten Schubhaftverfahren auf, weshalb das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Äußerungen und dem Verhalten des BF in der mündlichen Verhandlung nicht hätte annehmen dürfen, dass sich dieser auch mit der Verkündung des Erkenntnisses ihm gegenüber bereit erklärt hat (vgl. etwa Ra 2020/11/0223-4, RZ 9). Im Übrigen wurde bislang auch nicht dargetan, ob bzw. weshalb die Rechtsvertretung von der Unrechtmäßigkeit der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Rechtsvertretung ausgeht.

Darauf, dass mündliche Verkündungen in Abwesenheit eines Rechtsvertreters ohne ParteienvertreterInnen grundsätzlich zulässig sind, weist bzw. weisen etwa die Bestimmung des § 25 Abs 4a VwGG (und die entsprechende Bestimmung im VfGG) hin: "Die Revision ist nicht mehr zulässig, wenn nach Verkündung oder Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses ausdrücklich auf die Revision verzichtet wurde. Der Verzicht ist dem Verwaltungsgericht schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.".

Auch scheint die analoge Anwendung der Bestimmung des § 11 Abs 8 BFA-VG gemäß § 17 VwGVG (danach gilt die Zustellung eines Schubhaftbescheides an einen Fremden, der einen Zustellbevollmächtigten hat, auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist und die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen) zulässig, zumal eine historische Betrachtungsweise ergibt, dass diese Bestimmung auch von den UVS angewendet wurde.

Insgesamt ist nach Meinung des Bundesverwaltungsgerichtes das Erkenntnis vom 25.06.2021 rechtswirksam erlassen worden und ist dieses seit der mündlichen Verkündung Teil des Rechtsbestandes. Ein allfälliger Zustellmangel im Zusammenhang mit der Übermittlung des Protokolles über die Verhandlung und die mündliche Verkündung ist damit gar nicht relevant.

Selbst jedoch, wenn man von der Unwirksamkeit einer mündlichen Verkündung ausgehen wollte, ist festzuhalten, dass das Protokoll der Niederschrift samt der Niederschrift der mündlichen Verkündung der Rechtsvertretung noch am selben Tag zugekommen ist. In diesem Zusammenhang sind folgende Erwägungen maßgebend:

Das Protokoll der Verhandlung mitsamt der Niederschrift über die mündliche Verkündung vom 25.06.2021 wurde an eine Faxadresse, die dem Vorbringen der Rechtsvertretung zufolge der Obfrau des Vereines zuzurechnen ist (siehe Eingabe der Rechtsvertretung vom 27.05.2021), zugestellt, wiewohl behauptet wird, dass die Obfrau lediglich einige Seiten erhalten habe, aus denen man „nicht schlau“ würde.

Zur grundsätzlichen Erlaubtheit der Zustellung per Fax im vorliegenden Fall ist auszuführen, dass für die erkennende Richterin aus den einschlägigten Bestimmungen der BVwG-EVV (elektronischer-Verkehr-Verordnung) nicht abzuleiten ist, dass eine Zustellung per Fax im gegenständlichen Fall nicht zulässig gewesen wäre. Eine Priorisierung der Zustellarten gemäß § 2 leg. cit wird weder vom Gesetz vorgenommen, noch ist der erkennenden Richterin Judikatur dazu bekannt. In Bezug auf den gegenständlichen Fall ist auch festzuhalten, dass im Verfahren lediglich der Verein in Erscheinung trat, welcher Anbringen jeweils im Wege eines Faxgerätes (welches für Sendungen des Bundesverwaltungsgerichtes gesperrt ist) oder per E-Mail, an das Bundesverwaltungsgericht versendete, zumal er am elektronischen Rechtsverkehr im Sinne der BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung – BVwG-EVV und § 21 BVwGG nicht teilnimmt und dazu auch nicht verpflichtet ist. Eine Übermittlung von Erledigungen per Telefax im Sinne des § 2 leg. cit. kann daher grundsätzlich ebenfalls als nicht unrechtmäßig erkannt werden.

Zum besagten Zustellvorgang ist ferner festzuhalten:

Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde an eine Faxadresse, die offensichtlich der Obfrau des Vereines zuzurechnen ist, übermittelt.

Tatsächlich wurde sowohl die erste als auch die zweite Beschwerde in den oben näher bezeichneten Verfahren von einem Gerät mit der Nummer XXXX (laut Sendevermerk Legal Focus zugehörig) versendet – welches für Sendungen des Gerichtes gesperrt ist (siehe handschriftlicher Vermerk der Zustellverfügung im gegenständlichen Verfahren). Das Telefax mit der Nummer XXXX war im elektronischen System des Bundesverwaltungsgerichtes bis zu einer Aktualisierung der Daten im Laufe des Verfahrens ebenfalls als Adresse des Vereines registriert. Aus den Ausführungen in der Beschwerdeschrift im zweiten Schubhaftverfahren sowie in einer Eingabe vom 27.05.2021 im ersten Verfahren in Zusammenschau mit einer Weisung des für das Verfahren vormals zuständigen Referenten an die Kanzlei sowie deren Erledigungsvermerk (S 267; daraus ist ersichtlich, dass lediglich ein Zustellversuch an die zuletzt genannten Nummer unternommen wurde), kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um das Faxgerät der Vereinsobfrau (als Rechtsanwältin) handelt und nicht dem Verein zurechenbar ist.

Abgesehen von der Frage, um wessen Adresse es sich dabei handelt, ist festzuhalten, dass die zuvor genannte Faxnummer im Verfahren von der Rechtsvertretung im Verfahren tatsächlich nie benutzt wurde und hätte die Niederschrift der Judikatur zu § 37 ZustellG zufolge wohl nicht an diese Fax-Adresse zugestellt werden dürfen.

Im Hinblick auf die Frage der Heilung eines allfälligen Zustellmangels sind folgende Erwägungen maßgeblich:

Aus dem im Akt erliegenden Übertragungsprotokoll der Übermittlung der Erledigung an die zuvor genannten Faxadresse sind Übertragungsfehler jedenfalls nicht ersichtlich und hat die Rechtsvertretung bislang lediglich unsubstantiiert behauptet, es seien der Vereinsobfrau nur einige Seiten übermittelt worden, aus denen man nicht schlau würde.

Sofern der BF in einer Eingabe seiner Rechtsvertretung vom 07.06.2021 im zweiten Schubhaftverfahren, G315 2242597-2, dem Bundesverwaltungsgericht am 08.06.2021 zugegangen und der erkennenden Richterin während der mündlichen Verhandlung vorgelegt, angibt, das Gericht hätte eine erfolgreiche Mitteilung zu belegen, ist anzumerken, dass damit der am 04.06.2021 im zweiten Schubhaftverfahren ergangenen Aufforderung zur Mitwirkung an der Klärung des Sachverhaltes des Gerichtes nicht entsprochen wurde.

Die aufgrund der Beschwerde im zweiten Schubhaftverfahren anberaumte mündliche Verhandlung am 08.06.2021 diente gerade dem Zweck, die behaupteten Verfahrensmängel zu erörtern und wurde der BF im Wege seiner Rechtsvertretung am 04.06.2021 aufgefordert, bis zur mündlichen Verhandlung am 06.08.2021, 8:00 Uhr oder aber in der Verhandlung nachvollziehbar darzustellen, warum von einem Zustellmangel und der Ungültigkeit des am 26.05.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses auszugehen ist. Ferner wurde ausdrücklich bekanntgegeben, dass in der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht genommen werden kann (Akt zum zweiten Schubhaftverfahren, S. 295 ff). Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht verständlich, weshalb die Rechtsvertretung die Gelegenheit nicht nutzte – die Nicht-Teilnahme der Rechtsvertretung wurde lediglich unter Hinweis auf terminliche Gründe angekündigt, was vor allem deshalb erstaunte, da die Vertretung mit einer Verhandlung binnen Wochenfrist aufgrund ihrer Beschwerde rechnen musste und der BF nicht nur durch die Vereinsmitglieder sondern auch durch eine Rechtsanwältin ad personam vertreten ist – und auch in ihrer schriftlichen Eingabe keine Belege für die behauptete Fehlerhaftigkeit der Sendung beischloss oder sonstige Angaben zur Aufklärung des Sachverhaltes tätigte, sondern sich lediglich darauf zurückzog, dass das Gericht verantwortlich für fehlerhafte Sendungen sei und etwas hätte vorlegen müssen. In diesem Zusammenhang sei noch einmal erwähnt, dass mit der mündlichen Verhandlung und der angebotenen Akteneinsicht diese Vorlage bezweckt wurde. Auch dem BF wurde in der mündlichen Verhandlung Einsicht in den Verfahrensakt geboten, worauf er jedoch verzichtete und mehrfach darauf hinwies, er habe mit der Beschwerde nichts zu tun.

Auch in diesem Zusammenhag sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich der den BF vertretende Verein eines Faxgerätes bedient, welches für Sendungen des Bundesverwaltungsgerichgtes gesperrt ist. Sofern die Vertreterin des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung am 08.06.2021 darlegt, dass der Verein die Verantwortung hätte, Kommunkationskanäle, die er selbst im Verfahren verwendet, offenzuhalten und hier offenbar bewusst verhindert werden soll, dass Zustellungen auf diesem Wege bewirkt werden, so kann sich auch das Gericht dieses Eindruckes nicht gänzlich erwehren.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die bloße Behauptung, die Niederschrift sei bei der Obfrau fehlerhaft eingegangen, ohne dies – trotz ausdrücklicher Aufforderung des Gerichtes und Gelegenheit dazu – weiter zu konkretisieren oder zu belegen oder sonst an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken in Zusammenschau mit dem sonstigen Verhalten der Rechtsvertretung im gegenständlichen und auch im nachfolgenden Verfahren nicht glaubhaft und daher lediglich als Schutzbehauptung zu werten ist.

Aufgrund der im Akt einliegenden Sendebestätigungen ist für das Gericht vielmehr davon auszugehen, dass eine Sendung an ein Faxgerät, das offensichtlich der Obfrau des Vereines zuzuordnen ist, erfolgreich und fehlerfrei zur Gänze (Übertragungsdaten finden sich auf jeder Seite des Protokolls) zugegangen ist, womit eine Heilung eines allenfalls fehlerhaften Zustellvorganges an eine Faxadresse, die im Verfahren nicht verwendet wurde, eingetreten ist.

Bei mehreren Zustellbevollmachtigten gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist (VwGH 14.02.2002, 99/18/0076). Einerseits ist aufgrund der im Akt erliegenden Vollmachtsurkunde davon auszugehen, dass die Niederschrift einer Vertreterin zugekommen ist, die den BF als Rechtsanwältin ad personam vertritt. Andererseits ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass die Niederschrift auch dem Verein zugegangen ist, zumal die zuvor Genannte Obfrau des den BF vertretenden Vereines ist und dieser durch seine Mitglieder im gegenständlichen Fall vertreten wird, wie in der Vollmacht ausgeführt.

2.3. Insgesamt war daher davon auszugehen, dass das Erkenntnis auch der Rechtsvertretung am 26.05.2021 zugekommen ist, wiewohl bereits festgehalten wurde, dass dieses bereits seit der mündlichen Verkündung dem Rechtsbestand angehört.

Ausgehend von den obenstehenden Erwägungen begann die zweiwöchige Frist des § 29 Abs. 2a VwGVG zur Beantragung einer Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes am 26.05.2021 zu laufen und erweist sich der am 10.06.2021 zur Post gegebene und am 14.06.2021 bei Gericht eingegangene Antrag als verspätet, da die zweiwöchige Frist mit Ablauf des 09.06.2021 endete.

Der per Post eingebrachte Antrag auf Ausfertigung des am 26.05.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher als verspätet zurückzuweisen.

2.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Dem mündlich verkündeten und schriftlich ausgefertigten Erkenntnis zur Zahl G315 2242597-2, in welchem die Revision für zulässig erklärt wurde, folgend war diese auch für die spiegelbildlich relevante Rechtsfrage im gegenständlichen Verfahren zuzulassen. Soweit ersichtlich existiert zur Frage, ob – gerade bei Vertretungsverhältnissen in einer Konstellation wie im gegenständlichen Falle (der BF wird durch Mitglieder eines Vereines und dessen Obfrau als Rechtsanwältin ad personam vertreten, wobei lediglich der Verein im Verfahren in Erscheinung tritt) – eine Priorisierung von Zustellmöglichkeiten vorzunehmen ist, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Fristablauf Fristversäumung Revision zulässig Schubhaftbeschwerde Verfristung Verspätung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G315.2242597.1.00

Im RIS seit

01.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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