TE Bvwg Beschluss 2021/7/13 L519 2244206-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.07.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


L519 2244206-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RAST & MUSLIU RAe, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.5.2021, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:


I.         Verfahrensgang und Sachverhalt

1.Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

-         BG XXXX 19U117/99Z vom XXXX 1999, § 88/1 und 4 StGB, Geldstrafe 40 TS zu je 220 ATS im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

-         LG XXXX 38 HV 59/2004X vom XXXX 2004, §§ 146, 147/2, 148 (1.Fall) StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre;

-         LG für Strafsachen XXXX , 122 HV 166/2006K vom XXXX 2007, § 33/2 FinStrG; Geldstrafe 150.000,- Eur, im NEF 5 Monate Ersatzfreiheitsstrafe;

-         LG für Strafsachen XXXX , 41 HV 165/2006T vom XXXX 2007; §§ 146, 147 Abs. 1/1 und Abs. 2 und 3 StGB, § 153c/1 StGB, Freiheitsstrafe 2 Jahre;

-         LG XXXX , 037 HV 18/2020h vom XXXX 2020; §§ 146, 147 (1) Z.1, 147 (2), 148 2. Fall StGB; Freiheitsstrafe 30 Monate, davon Freiheitsstrafe 20 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre;

2. Mit Schreiben des BFA vom 4.12.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, eine Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem Einreiseverbot, zu erlassen. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, binnen 14 Tagen 20 Fragen, überwiegend zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich, zu beantworten. Gleichzeitig wurden dem BF die aktuellen Länderfeststellung zur Türkei zur Stellungnahme übermittelt und er aufgefordert, eine vollständige Kopie seines türkischen Reisepasses zu übermitteln.

3. Mit Schreiben vom 23.12.2020 führte die Rechtsvertretung des BF im Wesentlichen aus, dass sich dieser seit 31.3.1977 durchgehend in Österreich befinde. Die gesamte Familie (Sohn, Tochter, 3 Geschwister samt Familien, Gattin,….) lebe ebenfalls in Österreich. Ein Teil der Kinder lebe mit dem BF im gemeinsamen Haushalt. Der BF habe in Österreich die Schule besucht und Ausbildungen absolviert. Außerdem sei er der deutschen Sprache hervorragend mächtig. Er habe in der Türkei keine Lebensgrundlage.

4. Mit dem nunmehr zur Gänze angefochtenen Bescheid wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde über den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

5. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde vom BF in vollem Umfang Beschwerde erhoben. Weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sein sollte, wird in der Beschwerde weder explizit begründet noch explizit beantragt.

6. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Verwaltungsakt des BFA verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) BGBl I 2012/87, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung in Senaten vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (AsylG, BFA-VG, VwGVG) nicht getroffen, es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

1.Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

2.Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2. Mit Spruchpunkt V. der gegenständlich angefochtenen Bescheide erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ab.

Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA –Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde und des eigenen Vorbringens des BF ist davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des BF in Österreich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen würde, zumal der BF immerhin 4 auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Straftaten verübt hat und daher eine erneute Delinquenz gegen fremdes Vermögen mit hoher Wahrscheinlichkeiten zu erwarten ist, zumal den BF bislang weder seine Familie noch das verspürte Haftübel von derartigen Straftaten abhalten konnten. Dazu kommt, dass der BF seit 30.6.2021 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet ist und offensichtlich versucht, sich durch Untertauchen dem fremdenrechtlichen Verfahren bzw. dem Behördenzugriff zu entziehen.

Weiter ist weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ein konkreter Grund hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in der Türkei in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), auf Verbot der Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung (Art. 3 EMRK), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) oder in seinem Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6, Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würde, wenn er in seinen Herkunftsstaat Türkei zurückkehrt und dort das Ergebnis des Verfahrens abwartet. Ein schützenswertes Familienleben konnte der BF aus folgenden Gründen nicht glaubhaft dartun: Die Kinder sind erwachsen. Der BF ist geschieden und war lediglich von 10.7.2020 bis 30.6.2021 bei XXXX als Unterkunftgeberin in der XXXX , Wien gemeldet. Laut ZMR ist XXXX selbst lediglich von 5.3.2007 bis 20.11.2020 unter dieser Adresse (Unterkunftgeber: Wiener Wohnen) gemeldet gewesen. Seit 20.11.2020 ist ihr Wohnsitz am XXXX (Unterkunftgeber: Gemeinnützige WohnungsAG). Dort wohnen laut ZMR auch 2 Töchter und ein Sohn. Von einer aktuell bestehenden Lebensgemeinschaft oder einem ernsthaften Familienleben kann daher keine Rede sein.

Auch ist weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat abzuleiten.

Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens – kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch in der Türkei abwarten könne. Insofern erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seitens der belangten Behörde zu Recht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L519.2244206.1.00

Im RIS seit

01.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten