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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. November 1995, Zl. 110.875/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. des Aufenthaltsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. September 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 12. September 1994 im Wege der Ersatzzustellung an eine Mitbewohnerin der Abgabestelle des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 3. Oktober 1994 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ohne Vorhalt ihrer Verspätung zurück. Begründend führte sie aus, gemäß § 63 Abs. 5 AVG seien Berufungen innerhalb von zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Die Zustellung an den Beschwerdeführer sei rechtswirksam am 12. September 1994 erfolgt, die am 3. Oktober 1994 erhobene Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich im Zeitpunkt der Ersatzzustellung am 12. September 1994 nicht an der Abgabestelle aufgehalten. Die Rückkehr an die Abgabestelle sei erst am 21. September 1995 (gemeint wohl: 1994) erfolgt. Zum Beweise seiner Ortsabwesenheit berief sich der Beschwerdeführer auf die Einvernahme der Ersatzempfängerin.
Die Berufungsbehörde ist verpflichtet, dem Berufungswerber die offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Sie hat das Risiko einer Bescheidaufhebung dann zu tragen, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, diese Feststellung dem Rechtsmittelwerber jedoch vor ihrer Entscheidung nicht vorgehalten hat (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 537, wiedergegebene Judikatur).
Aus dem Grunde des § 16 Abs. 5 ZustellG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustellG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Durch das oben wiedergegebene Vorbringen legt der Beschwerdeführer die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels dar, weil bei Zutreffen seiner Beschwerdebehauptungen die Berufungsfrist nicht vor dem 22. September 1994 zu laufen begonnen und die am 3. Oktober 1994 in postalische Behandlung genommene Berufung die Frist des § 63 Abs. 5 AVG daher gewahrt hätte.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Parteiengehör RechtsmittelverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191679.X00Im RIS seit
20.11.2000