TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/28 W144 2247648-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W144 2247648-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. von Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Pakistan, verließ sein Heimatland im Dezember 2018 und begab sich über den Iran in die Türkei, von wo aus er nach einem einmonatigen Aufenthalt weiter nach Griechenland reiste. In Griechenland verblieb der BF ca. zwei Jahre lang und reiste in der Folge über Mazedonien, Serbien, Rumänien, und Ungarn am 16.09.2021 nach Österreich ein. In Rumänien betrieb der BF ein Asylverfahren. Am Tag seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet stellte er letztlich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz vom 16.09.2021.

Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung wegen Asylantragstellung für Rumänien vom 08.08.2021 vor.

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Verlauf der Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17.09.2021 gab der BF neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass seine Ehefrau, drei Söhne sowie fünf Geschwister in Pakistan aufhältig seien, zudem habe er einen Bruder, der in Frankreich lebe; im Bundesgebiet habe er hingegen keine Verwandten. Zu seinem Aufenthalt in Rumänien gab der BF zunächst (wie sich später herausstellte: wahrheitswidrig) an, dass er sich dort nur „2 bis 3 Tage lang in den Wäldern“ aufgehalten habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 20.09.2021 unter Hinweis auf den Reiseweg des BF und den rumänischen Eurodac-Treffer ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien. Rumänien stimmte mit Schreiben vom 04.10.2021 diesem Ersuchen gem. Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu. Unter einem teilte Rumänien mit, dass der BF am 08.08.2021 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der letztlich im Rechtsmittelweg mit Entscheidung vom 31.08.2021 abgewiesen wurde.

Der BF wurde am 14.10.2021 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Zunächst gab er dabei an, dass er zurzeit gesund sei und keine Medikamente benötige, es sei auch keine sonstige medizinische Versorgung in Österreich geplant. Er habe keine identitätsbezeugenden Dokumente, die er vorlegen könne. Das Geld für die Reise ins Bundesgebiet habe er von Verwandten und Freunden ausgeliehen. Sein Zielland sei Österreich gewesen, er habe gehört, dass man hier leicht Asyl bekomme und Österreich ein schönes Land sei. In Griechenland sei er ein Jahr lang aufhältig gewesen, auch dafür habe er sich Geld von Freunden geborgt, zudem habe er in Griechenland gearbeitet. In Österreich habe er weder Verwandtschaft noch Bekannte. In Rumänien habe er nicht um Asyl angesucht, er habe nur ein Interview abgegeben. Untergebracht gewesen sei er in Rumänien in einem Camp. In diesem Camp habe er einmal täglich zu essen bekommen. Im Zuge seines polizeilichen Aufgriffs sei er von der Polizei geschlagen worden, das Essen im Camp sei nicht gut gewesen, außerdem sei ihm gedroht worden, dass er ins Gefängnis komme, wenn er seine Fingerabdrücke nicht abgebe. In Rumänien habe er Blutdruckprobleme gehabt. Rumänien sein schlechtes Land, er sei dort schlecht behandelt worden. Er wolle hier in Österreich bleiben, arbeiten und seine Familie unterstützen.

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 16.10.2021 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Rumänien gemäß 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Rumänien zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

„zur Lage im Mitgliedstaat:

Es wurde festgestellt, dass Sie in Rumänien keiner Verfolgung oder Misshandlung ausgesetzt wären, bzw. dass Sie diese zu erwarten hätten.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Rumänien nicht ausreichend medizinisch behandelt werden würden.

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Rumänien wurden bisher 1.430.475 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 41.130 diesbezügliche Todesfälle bestätigt und 10.933.473 verabreichte Impfdosen verabreicht wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 16.10.2021).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 16.10.2021).

Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:

Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben.

(VfGH: 17.6.2005, B 336/05; UBAS: 268.445/3-X/47/06 vom 14.3.2006)

Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering sein, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird.

(VwGH: 31.5.2005, Zl. 2005/20/0095)

Covid-19-Pandemie

Letzte Änderung: 18.08.2021

Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie verhängte der Präsident am 16. März 2020 den Ausnahmezustand (EASO 2.6.2020). Die Grenzschutzagentur wurde verstärkt und die Maßnahmen zur Verhinderung "illegaler" Migration verschärft. Darüber hinaus erließ die Regierung entsprechende Verordnungen, in denen die Notstandsmaßnahmen festgelegt wurden. Unter anderem wurde die vorübergehende Beschränkung der Einreise von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen verfügt. Der aufgrund der Pandemie verhängte Ausnahmezustand wurde wiederholt verlängert (ECRE 28.5.2020). Währenddessen wurden die Registrierung mit Ausnahme der Aktivitäten im Zusammenhang mit Anträgen auf internationalen Schutz und auf Zugang zu einem neuen Asylverfahren ebenso wie das Dublin-Verfahren und die Verfahren zur Familienzusammenführung weitgehend ausgesetzt (ECRE 7.12.2020; vgl. ECRE 28.5.2020). Laut Jesuit Refugee Service (JRS) wurden Rückführungsverfahren ausgesetzt oder gestrichen (ECRE 28.5.2020).

Nach der zweiten Covid-Welle wurde versucht, den Asylbetrieb durch die Implementierung umfassender Präventivmaßnahmen (Tragen von Masken; hygienische Maßnahmen; Abstandsregeln etc.) weitgehend aufrechtzuerhalten (EASO 7.12.2020). Anhörungen wurden inzwischen – ebenso wie Überstellungen - unter Berücksichtigung entsprechender gesundheitlicher Vorsorgemaßnahmen in beschränkter Form wieder aufgenommen (AIDA 30.4.2021).

Nach derzeitigem Stand gilt bis zum 9. September 2021 weiterhin der Ausnahmezustand, wobei eine weitere Verlängerung nicht ausgeschlossen ist. Die Regierung hat - abhängig von der jeweiligen Höhe der Inzidenz - in den betroffenen Ortschaften stufenweise Maßnahmen beschlossen. Es gibt derzeit keine inländischen Reisebeschränkungen (AA 16.8.2021).

Flüchtlinge und Asylsuchende werden von der rumänischen Regierung in die nationale Impfkampagne einbezogen. In der Folge hat die Generalinspektion für Einwanderung in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der NGO "Rumänischer Nationaler Flüchtlingsrat" eine Reihe von Informationsmaterialien über den Impfprozess gegen COVID-19 entwickelt (IGI 13.5.2021; vgl. AIDA 30.4.2021).

Bezüglich der aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports, oder der Johns- Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen, zu kontaktieren.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.8.2021): Rumänien. Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/rumaenien-node/rumaeniensicherheit/210822, Zugriff 16.8.2021

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        EASO European Asylum Support Office (7.12.2020): COVID-19 Emergency Measures in Asylum and Reception Systems, https://easo.europa.eu/sites/default/files/publications/COVID-19%20emergency%20measures%20in%20asylum%20and%20reception%20systems-December-2020_new.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        EASO European Asylum Support Office (2.6.2020): COVID-19 Emergency Measures in Asylum and Reception Systems, https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/covid19-emergency-measures-asylum-reception-systems.pdf, Zugriff 12.8.2021

-        ECRE - European Council on Refugees and Exiles (7.12.2020): Information Sheet 7 Decembre 2020: COVID-19 Measures related to Asylum and Migration Across Europe, https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2020/12/ECRE-COVID-information-sheet-Dec-2020.pdf, Zugriff 16.8.2021

-        ECRE - European Council on Refugees and Exiles (28.5.2020): Information Sheet 28 May 2020: COVID-19 Measures related to Asylum and Migration Across Europe, https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2020/05/COVID-INFO-28-May.pdf, Zugriff 17.11.2020

-        IGI - General Inspectorate for Immigration (13.5.2021): Useful Information on vaccination of refugees and asylum-seekers against covid-19, http://igi.mai.gov.ro/en/blog/useful-information-vaccination-refugees-and-asylum-seekers-against-covid-19, Zugriff 13.8.2021

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 18.08.2021

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (USDOS 30.3.2021; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d). Die Generalinspektion für Einwanderung (IGI), eine dem Innenministerium unterstellte Regierungsbehörde, ist über ihre Direktion für Asyl und Integration (DAI) für das Asylverfahren und erstinstanzliche Entscheidungen sowie auch für den Betrieb der Aufnahmezentren zuständig (AIDA 30.4.2021).

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2020 gab es insgesamt 6.158 Asylanträge, wovon 91,5% auf Männer, 8,4% auf Frauen, 25,4% auf Kinder und 15,9% auf unbegleitete Minderjährige entfielen. Herkunftsländer sind hauptsächlich Afghanistan, Syrien und Irak (AIDA 30.4.2021). Während die meisten EU-Staaten 2020 weniger Asylanträge zu verzeichnen hatten als im Jahr zuvor, widersetzten sich die Länder entlang der Balkanroute diesem Trend, wobei der Anstieg in Rumänien (+3.565, +138%) sowohl absolut als auch relativ gesehen der größte unter den EU-Ländern war (EASO 2021).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 9.8.2021

-        EASO - European Asylum Support Office (2021): EASO Asylum Report 2021, https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/EASO-Asylum-Report-2021.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 6.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 6.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 6.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 6.8.2021

-        USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048467.html, Zugriff 11.8.2021

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 18.08.2021

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab (AIDA 30.4.2021; vgl. IGI 2021).
Hierbei gilt Folgendes:

?        Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt (AIDA 30.4.2021).

?        Wenn der Asylwerber seinen Asylantrag ausdrücklich zurückzieht, kann er, sofern er das Hoheitsgebiet der EU nicht verlassen hat oder in einen Drittstaat oder das Herkunftsland zurückgeschickt wurde, das Asylverfahren bei Rückkehr nach Rumänien nicht fortsetzen, sondern muss einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

?        Entzieht sich ein Antragsteller dem Verfahren (z.B. indem er Rumänien vor dem Asylinterview verlässt und in einen anderen EU-Mitgliedstaat geht), gilt der Antrag nach 30 Tagen als stillschweigend zurückgezogen und das Verfahren wird geschlossen. Sofern der Antragsteller in diesem Fall binnen neun Monaten nach Rumänien zurückkehrt, kann das Verfahren fortgesetzt werden. Andernfalls kann der Rückkehrer lediglich einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

?        Für Personen, die nach Rumänien zurückgeführt wurden und zuvor eine negative Entscheidung in der administrativen Phase des Verfahrens erhalten und keinen gerichtlichen Rechtsbehelf dagegen eingelegt haben, wird das Asylverfahren nicht fortgesetzt. Sie können einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, wonach auf Haft verzichtet wird, wenn sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 30.9.2020).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report – Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 10.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (2021): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 10.8.2021

-        VB des BM.I in Rumänien (30.9.2020): Auskunft IGI, per E-Mail

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 18.08.2021

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 30.4.2021).

Das Gesetz sieht Ausnahmen vom Non-Refoulement-Prinzip vor, wenn begründete Hinweise darauf hindeuten, dass Ausländer (einschließlich Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge) beabsichtigen, terroristische Handlungen zu begehen oder den Terrorismus zu begünstigen. Schutzsuchende, die aus Gründen der nationalen Sicherheit für "unerwünscht" erklärt wurden, werden bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in Gewahrsam genommen und dann abgeschoben (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048467.html, Zugriff 13.8.2021

Versorgung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Bedürftige Asylsuchende haben Anspruch auf Versorgung ab dem Moment, in dem sie ihre Absicht äußern Asyl zu beantragen, bis zum Abschluss ihres Verfahrens und nach dem Erlöschen ihres Rechtes auf Aufenthalt in Rumänien. Dies beinhaltet Unterbringung, eine Beihilfe für Verpflegung und Kleidung und ein Taschengeld. In der Praxis werden Antragsteller erst untergebracht sobald ihre Anträge offiziell registriert wurden. Die meisten Asylbewerber sind in staatlichen Zentren untergebracht. Asylwerber können auf Antrag aber auch unter einer privaten Unterkunft leben, jedoch auf eigene Kosten. Folgeantragsteller haben kein Recht auf Versorgung (AIDA 30.4.2021).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen. Als Zuschuss für den Kauf von Lebensmitteln werden 10 Lei (2 EUR, Anm.)/Person/Tag, für Kleidung 100 Lei (20 EUR, Anm.) im Winter und 67 Lei (13 EUR) in der warmen Jahreszeit und für andere Ausgaben 6 Lei (1,2 EUR)/Person/Tag gewährt. Der monatliche Zuschuss beträgt somit insgesamt knapp über 100 EUR (IGI o.D.g; vgl. VB 30.9.2020, AIDA 30.4.2021).

Somit sind Asylwerber hinsichtlich der materiellen Unterstützung Staatsangehörigen gegenüber in etwa gleich gestellt (AIDA 30.4.2021).

Auch haben Asylwerber - nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Datum der Einreichung des Asylantrags - unter denselben Bedingungen wie rumänische Staatsbürger Zugang zum Arbeitsmarkt (IGI o.D.g). Allerdings bestehen in der Praxis oftmals Probleme, legale Arbeit zu finden; dies ergibt sich nicht zuletzt auch aufgrund der Zurückhaltung zahlreicher Arbeitgeber, Flüchtlinge anzustellen (USDOS 30.3.2021).

Kinder von Asylwerbern erhalten vom Staat unter den gleichen Bedingungen wie rumänische Staatsangehörige entsprechende Beihilfen für Minderjährige (IGI o.D.g).

Auch verschiedene NGOs bieten Unterstützungsleistungen an. Das von AidRom durchgeführte Projekt "A.C.A.S.A. - Complex Social Assistance for Asylum Seekers" zielt darauf ab, Asylwerber über gesetzliche Rechte und Pflichten in Bezug auf den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem, das Sozialversicherungssystem usw. zu informieren sowie entsprechende soziale und rechtliche Beratung anzubieten und damit den Zugang zu den verfügbaren öffentlichen Diensten zu erleichtern und soziale Integration durch soziokulturelle, Bildungs- und Freizeitaktivitäten und die Bereitstellung von Rumänisch-Sprachkursen zu unterstützen. Auch materielle Hilfe wird gewährt (AIDRom o.D.b).

Das "Jesuit Refugee Service" (JRS) ist in allen offenen Aufnahmezentren (Bukarest, Timisoara, Somcuta Mare, Giurgiu, Radauti und Galati) sowie in den beiden Haftanstalten (Arad und Otopeni) vertreten. Die meisten Aktivitäten richten sich direkt an die Begünstigten, d. h. an mindestens 3 000 Personen pro Jahr, und umfassen Rechtsbeistand und -vertretung, soziale Beratung, materielle Unterstützung und Unterbringung, medizinische Versorgung sowie kulturelle und Bildungsaktivitäten (JRS o.D.).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2019 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 16.8.2021

-        AIDRom (o.D.b): A.C.A.S.A. - Complex social assistance for asylum applicants, http://aidrom.ro/english/index.php/portfolio/a-c-a-s-a-complex-social-assistance-for-asylum-applicants/, Zugriff 16.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 16.8.2021

-        JRS - Jesuit Refugee Service (o.D.): JRS Romania, https://jrseurope.org/en/country/romania/, Zugriff 16.8.2021

-        USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048467.html, Zugriff 16.8.2021

-        VB des BM.I in Rumänien (30.9.2020): Auskunft IGI, per E-Mail

Unterbringung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Bedürftige Asylsuchende haben Anspruch auf Versorgung ab dem Moment, in dem sie ihre Absicht äußern Asyl zu beantragen, bis zum Abschluss ihres Verfahrens und nach dem Erlöschen ihres Rechtes auf Aufenthalt in Rumänien. Dies beinhaltet Unterbringung, eine Beihilfe für Verpflegung und Kleidung und ein Taschengeld. In der Praxis werden Antragsteller erst untergebracht sobald ihre Anträge offiziell registriert wurden. Die meisten Asylbewerber sind in staatlichen Zentren untergebracht. Asylwerber können auf Antrag aber auch unter einer privaten Unterkunft leben, jedoch auf eigene Kosten. Folgeantragsteller haben kein Recht auf Versorgung (AIDA 30.4.2021).

Rumänien verfügt über sechs regionale Aufnahmezentren mit insgesamt 1.100 Unterbringungsplätzen (AIDA 30.4.2021). Zusätzlich betreibt AIDRom im Rahmen der Umsetzung des nationalen AMIF-Programms in Timi?oara und in Bukarest zwei Unterkunftszentren für Vulnerable (insbesondere Alleinerziehende mit Kindern) mit insgesamt 33 Plätzen. (AIDA 30.4.2021; vgl. AIDRom o.D.c).

Asylwerber können auch die Unterbringung in einer Privatunterkunft auf eigene Kosten beantragen. In diesem Fall müssen sie dem Generalinspektorat für Immigration (IGI-DAI) einen entsprechenden Mietvertrag vorlegen (AIDA 30.4.2021).

Die Aufnahmezentren erfüllen grundsätzlich die Standards von EU und UNHCR und sind auch für die Nahrungszubereitung entsprechend mit geeigneten Küchen ausgestattet (VB 30.09.2020; vgl. AIDA 30.4.2021).

Wenn es die räumlichen Verhältnisse zulassen, wird versucht, Familien während des Asylverfahrens möglichst gemeinsam und von anderen Asylwerbern getrennt unterzubringen. Andernfalls werden alleinstehende Frauen mit alleinerziehenden Müttern mit Kindern und alleinstehende Männer zusammen mit alleinerziehenden Männern untergebracht (AIDA 30.4.2021).

Asylwerber, die in den genannten Aufnahmezentren untergebracht sind, haben Zugang zu sozialer Unterstützung, kulturellen Aktivitäten und kultureller Orientierung. Sozial- und Gemeindearbeiter in den Zentren organisieren verschiedene Aktivitäten für Erwachsene und Minderjährige (AIDA 30.4.2021).

Der Jesuit Refugee Service (JRS) ist in allen Aufnahmezentren vertreten (AIDA 30.4.2021). Darüber hinaus betreibt die Organisation zwei Integrationszentren in Galati und Constanta. Auch führt JRS regelmäßige Besuche an den Grenzen und auf den internationalen Flughäfen durch und bietet Geduldeten Unterbringung und soziale Dienste an (JRS o.D.).

Bezüglich der hygienischen Zustände in einzelnen Aufnahmezentren gibt es immer wieder Beschwerden, die sich auch in entsprechenden Berichten des Ombudsmanns widerspiegeln. In Giurgiu, R?d?u?i und Timi?oara wird über Ungeziefer, den schlechten Zustand der Matratzen und zum Teil auch über längst überfällige Sanierungsarbeiten insbesondere von Küchen und Sanitäranlagen berichtet, wenngleich in den vergangenen Jahren einige Reparaturen und Verbesserungen vorgenommen wurden. Vor allem in Timi?oara sind die hygienischen Zustände schlecht (AIDA 30.4.2021).

Die Aufnahmezentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Zentrum in ein anderes verlegt werden, wobei gegen eine solche Verlegung keine Beschwerde zulässig ist. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten die Unterkunft in einem der Aufnahmezentren, finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 30.4.2021).

Wenn die Kapazität der Aufnahmezentren für Asylsuchende überschritten wird, kann IGI-DAI Asylwerbern im Rahmen der verfügbaren Mittel eine Unterbringungsbeihilfe gewähren. Folgende monatliche Beträge pro Person können geleistet werden: ein Mietzuschuss von 450 Lei (umgerechnet ca. 93 EUR) sowie ein Unterhaltszuschuss von 120 Lei (ca. 25 EUR) im Sommer und 155 Lei (ca. 32 EUR) im Winter. Im Falle eines Zweipersonenhaushalts verringert sich der monatliche Betrag, der einer Person für die Miete gezahlt wird, um 30%. Bei einem Haushalt mit drei oder mehr Mitgliedern sinkt der monatlich an eine Person für die Miete gezahlte Betrag um 40% (AIDA 30.4.2021; vgl. VB 30.9.2020).

In Arad und Otopeni gibt es zwei Schubhaftzentren mit insgesamt 274 Plätzen (AIDA 30.4.2021). Die Insassen dieser beiden Zentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 30.09.2020). Das Jesuit Refugee Service (JRS) ist in den beiden Zentren aktiv (JRS o.D.).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        AIDRom - Ecumenical Asociation of churches from Romania (o.D.c): About AIDRom, http://aidrom.ro/english/index.php/about-aidrom/, Zugriff 16.8.2021

-        JRS - Jesuit Refugee Service (o.D.): JRS Romania, https://jrseurope.org/en/country/romania/, Zugriff 16.8.2021

-        VB des BM.I in Rumänien (30.9.2020): Auskunft IGI, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung und Behandlung sowie auf klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse wird Asylwerbern Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung gewährt. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h). Darüber hinaus werden Asylwerber in nationale Gesundheitsprogramme zur Prävention, Überwachung und Kontrolle ansteckender Krankheiten in epidemiologischen Risikosituationen einbezogen (AIDA 30.4.2021).

Mit dem Erhalt einer persönliche Identifikationsnummer, die in ihren vorläufigen Ausweispapieren erscheint, können sich Asylwerber im öffentlichen Krankenversicherungssystem anmelden und haben mit Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge den Status eines Versicherten mit den gleichen Rechten und Leistungen wie rumänische Staatsangehörige. Seit 2019 haben Asylwerber in allen regionalen Aufnahmezentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner (AIDA 30.4.2021).

In Giurgiu gibt es nach Angaben des Leiters einen Arzt, eine Krankenschwester und einen Psychologen. In R?d?u?i besteht eine Betreuung durch einen Arzt und zwei im Jahr 2020 eingestellte medizinische Assistenten. Weiters wurde ein Arzt als Dienstleister unter Vertrag genommen, und ein Arzt der Stiftung IKAR wurde eingestellt. Die Asylwerber werden einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Der Dolmetscher wird in dieser Phase nicht immer hinzugezogen (AIDA 30.4.2021).

Im Aufnahmezentrum Timi?oara ist ein Arzt auf Teilzeitbasis (11 bis 15 Uhr) anwesend; zwei Krankenschwestern, die in acht-Stunden-Schichten arbeiten, werden von IGI-DAI gestellt (AIDA 30.4.2021).

Das Aufnahmezentrum Bukarest verfügte 2020 über zwei medizinische Assistenten und einen Arzt sowie einen Psychologen. Im Falle medizinischer Probleme werden die Asylwerber an die Krankenhäuser des Innenministeriums überwiesen. Die Untersuchung erfolgt ohne Hilfe eines Dolmetschers (AIDA 30.4.2021).

Gala?i: Es gibt einen Arzt, eine Krankenschwester und eine Psychologin in Vollzeit. Der Arzt und die Krankenschwester führen die medizinischen Untersuchungen durch, wiederum meistens ohne Dolmetscher.

?omcuta Mare: Die medizinische Untersuchung wird von einem Arzt des IGI-DAI durchgeführt. Wenn der Dolmetscher von IGI-DAI zu diesem Zeitpunkt nicht im Zentrum ist, wird jemand aus der Gemeinde für Übersetzungen herangezogen (AIDA 30.4.2021).

Die ICAR Foundation bietet in Partnerschaft mit AIDRom zusätzlich medizinische Dienstleistungen für Asylsuchende an, die über das nationale Programm AMIF finanziert werden. So führt ICAR beispielsweise bis 25. September 2021 das Projekt "Krankenversicherung für Asylwerber in Rumänien (ASIG - RO)" durch, in dessen Rahmen Asylsuchende medizinisch versorgt und spezialisierte psychologische Hilfe und Beratung erhalten (AIDA 30.4.2021).

ICAR bietet – kostenlos - medizinische Leistungen in den Bereichen Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Kardiologie, Urologie, Physiotherapie und Kinetotherapie an (ICAR o.D.). Zudem ist ICAR die einzige Organisation, die über die notwendige Erfahrung bei der psychologischen Betreuung von Folterüberlebenden und traumatisierten Asylwerbern in allen Aufnahmezentren verfügt (AIDA 30.4.2021). Zudem erstellt ICAR Atteste, welche die physischen und psychischen Folgen von Traumata durch Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Bestrafungen dokumentieren. Auf Ersuchen der Anwälte der Klienten, anderer NGOs oder des Gerichts werden Untersuchungen angesetzt bzw. entsprechende Berichte erstellt (ICAR o.D.).

Flüchtlinge und Asylsuchende werden von der rumänischen Regierung in die nationale Impfkampagne einbezogen. In der Folge hat die Generalinspektion für Einwanderung in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der NGO "Rumänischer Nationaler Flüchtlingsrat" eine Reihe von Informationsmaterialien über den Impfprozess gegen COVID-19 entwickelt (IGI 13.5.2021; vgl. AIDA 30.4.2021).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 13.8.2021

-        ICAR - ICAR-Foundation (o.D.): Services. Medical, http://www.icarfoundation.ro/medical/, Zugriff 15.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 13.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.8.2021

-        IGI - General Inspectorate for Immigration (13.5.2021): Useful Information on vaccination of refugees and asylum-seekers against covid-19, http://igi.mai.gov.ro/en/blog/useful-information-vaccination-refugees-and-asylum-seekers-against-covid-19, Zugriff 13.8.2021

Schutzberechtigte

Letzte Änderung: 18.08.2021

Aufenthaltsgenehmigungen für Schutzberechtigte können für Antragsteller mit Flüchtlingsstatus für drei Jahre und für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre erteilt und bei Bedarf verlängert werden. Eine permanente Aufenthaltsbewilligung kann Schutzberechtigten gewährt werden, sofern diese fünf Jahre rechtmäßig auf rumänischem Staatsgebiet aufhältig waren. Darüber hinaus müssen bestimmte Kriterien (u.a. Kenntnis der rumänischen Sprache, Vorliegen einer Krankenversicherung, sowie von Unterkunft und Einkommen in bestimmter Höhe) erfüllt sein. Die Erlangung der Staatsbürgerschaft kann im Allgemeinen nach acht Jahren (auch bei Personen mit subsidiärem Schutz) erfolgen, oder fünf Jahre nach Heirat mit einem/r rumänischen Staatsbürger/in. Anerkannte Flüchtlinge sind hier bevorzugt und können bereits nach vier Jahren ununterbrochenem Aufenthalt in Rumänien die Staatsbürgerschaft beantragen (AIDA 30.4.2021). Jedoch sind nicht zuletzt die Anforderungen insbesondere hinsichtlich der finanziellen Situation der Antragsteller schwierig zu erfüllen (USDOS 30.3.2021).

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte haben Zugang zu Bildung, Wohnungen, Erwachsenenbildung, Arbeit, öffentlicher Gesundheitsfürsorge und Sozialleistungen (USDOS 30.3.2021; vgl. IGI o.D.h, IGI o.D.i, IGI o.D.j, IGI o.D.k, IGI o.D.l, AIDA 30.4.2021). Die Möglichkeiten, die genannten Leistungen tatsächlich in Anspruch zu nehmen, sind allerdings nicht überall im Land in gleichem Maße gegeben, sondern vom Grad des Bewusstseins der verschiedenen öffentlichen und privaten Akteure abhängig, die für die Gewährleistung des Zugangs zu diesen Diensten verantwortlich sind (USDOS 30.3.2021). Beispielsweise können Schutzberechtigte Schwierigkeiten haben, einen Mietvertrag zu erhalten, der die von den Behörden geforderten Bedingungen erfüllt, da die Vermieter den Behörden oftmals nicht mitteilen wollen, dass sie ihre Wohnungen vermietet haben (AIDA 30.4.2021).

In Rumänien ist jede Behörde (Innenministerium, Bildungsministerium, Arbeitsministerium, Gesundheitsministerium, etc.) in ihrem jeweiligen Fachgebiet für die Integration Fremder verantwortlich. Die Koordination liegt beim im Innenministerium angesiedelten Generalinspektorat für Immigration (IGI). Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen umfassen zum einen den Zugang zu Rechten (auf Arbeit, Wohnung, Bildung, Krankenversorgung, Sozialleistungen) und die Umsetzung von Integrationsprogrammen (kulturelle und staatsbürgerliche Bildung, Beratung, Erwerb der rumänischen Sprache). Hauptaufgabe aller Integrationsmaßnahmen ist es, Personen mit Schutzstatus die Selbsterhaltung und Unabhängigkeit von der Hilfe des Staates bzw. NGOs zu ermöglichen. Um diese Ziele zu erreichen, unterstützt das IGI über seine Regionalzentren und im Rahmen eines bis zu 12-monatigen Integrationsprogramms die Schutzberechtigten mit verschiedenen Maßnahmen (IGI o.D.i). Das Programm kann in Ausnahmefällen bei entsprechender Begründung sowie insbesondere bei Vulnerablen über die vorgesehene maximale Dauer von einem Jahr hinaus verlängert werden (IGI o.D.e). Die Teilnahme am Integrationsprogramm muss binnen 30 Tagen ab Statuszuerkennung beantragt werden (IGI o.D.i; vgl. EC 20.12.2019). Die Teilnahme ist nicht obligatorisch, bietet aber Vorteile wie nicht rückzahlbare finanzielle Unterstützung (EC 20.12.2019). Diese beträgt bis zu einem Jahr lang monatlich 540 Lei (ca. 110 Euro). Weiters wird den Schutzberechtigten die Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglicht (IGI o.D.i). Arbeitslose Schutzberechtigte können zudem Umzugs-, Mobilitäts- oder sonstige Beihilfen erhalten. Wenn die Schutzberechtigten über keine finanziellen Mittel verfügen, können sie sich – vorausgesetzt, es sind genügend Plätze vorhanden - für die Dauer von sechs bis maximal zwölf Monaten in den regionalen Zentren aufhalten (AIDA 30.4.2021).

Vor kurzem wurde in Kooperation der NGOs Global Help Association, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der Ökumenischen Vereinigung der Kirchen in Rumänien (AIDRom) in Giurgiu ein neues regionales Integrationszentrum eröffnet. Aufgabe des Zentrums ist es, die soziale Eingliederung von Personen mit internationalem Schutzstatus und anderen Drittstaatsangehörigen unterstützen, die sich in den Bezirken Giurgiu, Calarasi, Ialomita, Teleorman, Olt und Dolj im Südosten Rumäniens niedergelassen haben. Das Zentrum bietet Unterstützung in Form von Information, Beratung, Bildung, kulturellen und sozialen Dienstleistungen und Sachleistungen und erleichtert Flüchtlingen und Migranten den Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und zum Arbeitsmarkt (EC 31.3.2021).

Personen mit internationalem Schutz genießen hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt grundsätzlich dieselben Rechte wie rumänische Staatsbürger (IGI o.D.j), allerdings können in der Praxis mangelnde Kenntnisse der rumänischen Sprache (und in einigen Fällen der englischen Sprache) den Zugang zum Arbeitsmarkt behindern. In der Praxis hängt der Zugang zum Arbeitsmarkt auch von der Wirtschaftskraft der Stadt oder Region ab. Es kommt immer wieder vor, dass Banken sich weigern, Schutzberechtigten ein Konto einzurichten. Sie berufen sich hierbei auf ihre Verpflichtung, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu unterbinden (AIDA 30.4.2021).

In Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt gibt es keine Unterschiede zwischen Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutz. Zur Durchführung von Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung ist die Nationale Agentur für Beschäftigung über ihre Agenturen verpflichtet, für jede Person, die in das Integrationsprogramm aufgenommen wurde, einen individuellen Plan zu erstellen und sie als Arbeitsuchende gemäß den gesetzlichen Bestimmungen so schnell wie möglich bei der Nationalen Agentur für Beschäftigung zu registrieren. Die Nationale Agentur für Beschäftigung kann auch mit NGOs zusammenarbeiten, um Personen, die internationalen Schutz genießen, zu informieren, zu beraten oder ihnen andere Dienstleistungen anzubieten (AIDA 30.4.2021).

Personen mit internationalem Schutz verfügen über denselben Zugang zum Gesundheitswesen wie rumänische Staatsbürger. Wenn sie - wie etwa Folteropfer und traumatisierte Personen - unter psychischen Problemen leiden, können sie die erforderlichen Behandlungen gleichberechtigt wie rumänischer Bürger in Anspruch nehmen. Für unter 18-Jährige, 18 bis 26 Jahre alte Studenten ohne Einkommen, Behinderte und beim Ehepartner Mitversicherte ist die Krankenversicherung gratis; bei legaler Beschäftigung ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Beitrag zur Krankenversicherung zu bezahlen. In jedem Fall müssen sich Schutzberechtigte, bevor sie als Versicherte Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen können, an die Krankenkasse (CAS) wenden und sich bei einem Hausarzt anmelden (IGI o.D.h). Hausärzte weigern sich allerdings häufig, Personen mit internationalem Schutzstatus, einschließlich Kinder, zu registrieren, weil sie die Patienten für mindestens sechs Monate registrieren müssen und befürchten, dass die Begünstigten in der Zwischenzeit Rumänien verlassen. Eine grundsätzliche Problematik besteht im mangelnden Verständnis bezüglich der Funktionsweise der Krankenversicherungsanstalt (Casa de Asigur?ri de S?natate, CAS). NGOs spielen eine Schlüsselrolle, um hier Unterstützung anzubieten (AIDA 30.4.2021).

Für diejenigen, die nicht krankenversichert sind, können NGOs bei Bedarf die Kosten für ärztliche Konsultationen und Behandlungen übernehmen. Personen, die ohne Einkommen die Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch nehmen möchten, sind zur Zahlung von Krankenversicherungsbeträgen für die Dauer von 12 Monaten verpflichtet. In der Praxis beträgt der monatliche Beitrag umgerechnet etwa 44 EUR. Die Kosten für eine Jahreskrankenversicherung (gültig für 12 Monate) belaufen sich mit 265 EUR auf etwa 10% von sechs Bruttomindestlöhnen. Die Zahlung einer einmonatigen Krankenversicherung führt zur Verpflichtung, für das gesamte Jahr zu zahlen, um die Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen zu können. Bei Einstellung der monatlichen Zahlungen erfolgt eine entsprechende Verschuldung. In verschiedenen Städten können NGOs wie ICAR oder JRS im Rahmen von Integrationsprogrammen hier Unterstützung leisten. In Bukarest existiert jedoch kein derartiges Angebot (AIDA 30.4.2021).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (30.4.2021): Country Report - Romania 2020 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2021/04/AIDA-RO_2020update.pdf, Zugriff 16.8.2021

-        EC - European Commission (20.12.2019): European Website on Integration. Governancxe of Migrant Integration in Romania, https://ec.europa.eu/migrant-integration/governance/romania, Zugriff 16.8.2021

-        EC - European Commission (31.3.2021): Romania: New regional integration centre opened in Giurgiu, https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/romania-new-regional-integration-centre-opened-in-giurgiu, Zugriff 16.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.e): Vulnerable categories, http://igi.mai.gov.ro/en/content/vulnerable, Zugriff 17.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 15.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.i): Integration program, http://igi.mai.gov.ro/en/content/integration-program, Zugriff 16.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.j): Access to labor market, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-labor-market, Zugriff 15.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.k): Access to education, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-education, Zugriff 15.8.2021

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.l): Access to social benefits, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-social-benefits, Zugriff 16.8.2021

-        USDOS - US Department of State (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048467.html, Zugriff 13.8.2021

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie bei Ihrer Überstellung nach Rumänien einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wären.

Es haben sich keine medizinisch belegbaren Tatsachen ergeben, die einer Außerlandesbringung gem. § 61 FPG entgegenstehen.

A)       Beweiswürdigung

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:

[ … ]

-        betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:

Die Feststellungen zum Mitgliedstaat basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische“ Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig“ ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt“ (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt“ sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen – ohne besondere Fachkenntnisse – hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Im gegenständlichen Fall wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich Rumänien aufgrund der Dublin III-Verordnung zur Übernahme bereiterklärte und somit europarechtlich zur Prüfung des Asylantrages verpflichtet ist. Ebenso hat Rumänien die Statusrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie und die Aufnahmerichtlinie anzuwenden, ein den dort genannten Anforderungen entsprechendes Asylverfahren zu führen, beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Schutz zu gewähren und für die Dauer des Verfahrens eine entsprechende Grundversorgung zu bieten. Sie konnten nicht konkret und substantiiert vorbringen, warum Rumänien in Ihrem Fall Ihren Asylantrag nicht unter Einhaltung der innerstaatlichen, völker- und europarechtlichen Bestimmungen prüfen und eine entsprechende Entscheidung treffen sollte, weshalb die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der „Sicherheit“ der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall nicht erschüttert werden konnte.

Ebenso ist festzuhalten, dass sich Asylwerber im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublinstaates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen können, in dem sie bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten können. Es ist auch auf den Hauptzweck der Dublin II-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsreglung zu treffen ist. Schwierige Lebensbedingungen, wie etwa regional bestehende Engpässe bei den Aufnahmekapazitäten oder Umstände, wie sie von Ihnen bemängelt wurden, weisen selbst im Falle ihres Zutreffens keine die Schwelle des Art. 3 EMRK übersteigende Eingriffsintensität auf (vgl. dazu in einem ähnlich gelagerten Fall Erkenntnis des AGH vom 13.03.2013, Zl. S2 433.030-1/2013/3E).

Jedenfalls hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Rumänien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

(Erkenntnis Bundesverwaltungsgericht vom 01.08.2019, Zahl: W240 2221667-1/2E)

Sie führten in der Erstbefragung am 17.09.2021 an, dass in Rumänien alles gepasst hat.

So gaben Sie in der ersten sich bietenden Möglichkeit gegenüber den Behörden anzugeben, warum Sie Rumänien verlassen haben keinerlei Verfolgungs- oder Bedrohungssituationen in Rumänien an, sondern nur, dass alles gepasst hat.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt am 14.10.2021 führten Sie auf die Frage, warum Sie nun regelmäßig Rumänien verlassen haben, an, dass Sie bei Ihrem Aufgriff von der Polizei geschlagen wurden. Auch bekamen Sie nichts Gutes zum Essen.

Die Frage, ob Sie in Rumänien jemals verfolgt, bedroht oder ähnliches wurden, gaben Sie an, dass Sie von der Polizei bedroht wurden, denn diese sagte, wenn Sie die Fingerabdrücke nicht abgeben, Sie für mindestens 1 Jahr ins Gefängnis müssen.

So gaben Sie nun an, von der Polizei bedroht worden zu sein. Dass Sie geschlagen wurden, führten Sie nicht mehr an.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Vorbringen insbesondere auch dann nicht als glaubwürdig anzusehen, wenn dieses im Laufe des Instanzenzuges gesteigert wird (VwGH v. 7.12.1988, 88/01/0276,0284, VwGH v. 2.2.1994, 93/01/1035 auch VwGH vom 10.10.1996, ZI 96/20/0361; vgl. auch VwGH vom 17.6.1993, ZI 92/01/0776, vom 30.6.1994, ZI 93/01/1138, oder vom 19.5.1994, ZI 94/19/0049). Aufgrund der gleichen Interessenslage muss dies auch bei Vorbringenssteigerung innerhalb der selben Instanz oder zwischen Vorbringen vor verschiedenen Behörden gelten.

Diesbezüglich wird angeführt, dass laut ständiger Judikatur des VwGH den Angaben des Asylwerbers bei seiner ersten Befragung im Verwaltungsverfahren grundsätzlich größere Glaubwürdigkeit beizumessen ist als dem späteren Vorbringen. Es entspricht nämlich den Erfahrungswerten den entscheidenden Behörde, dass Asylwerber gerade bei der ersten Befragung spontan jene Angaben treffen, die der Wahrheit am nächsten kommen (vgl. vgl. VwGH 08.04.1987, 85/01/0299, 02.03.1988, 86/01/0214, 05.06.1987, 87/18/0022 u.a), weshalb festzustellen war, dass Sie Ihr Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahmen gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gesteigert haben, womöglich auch in der Hoffnung asylrelevante Probleme vorbringen zu können.

Es geht auch der VwGH davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Aus diesem Grund geht die Behörde von der Unglaubwürdigkeit aus. Denn wenn Sie tatsächlich von der rumänischen Polizei geschlagen oder bedroht worden wären, hätten Sie dies sicherlich sofort auch in der Erstbefragung angegeben und nicht nur, dass in Rumänien alles gepasst hat.

Sie tätigten auch niemals eine Anzeige bei der Polizei auf Grund eines Vorfalles.

Auch haben Sie sich niemals an die Vorgesetzten der Polizisten gewandt.

Die Behörden von Rumänien verfolgen strafrechtlich die illegalen Aktivitäten von Privatpersonen, setzen also konkrete Schritte zur Strafverfolgung solcher Straftaten, was eindeutig auf die Schutzwilligkeit und Schutzmöglichkeit des Staates, Bürger vor Übergriffen von Privatpersonen zu schützen, hinweist.

Sie haben auch niemals um Hilfe und Unterstützung bei Menschenrechtsorganisationen in Rumänien angesucht.

Aus Ihren Angaben sind somit keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass Sie tatsächlich in konkrete Gefahr liefen, in Rumänien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnten.

Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Rumänien ausgefolgt. So gaben Sie als Stellungnahme dazu an, dass Rumänien ein sehr schlechtes Land wäre, man dort schlecht behandelt wird.

Die Behörde schenkt dem Amtswissen gegenüber Ihren Angaben in der Einvernahme bezüglich der Sicherheitslage, medizinische Versorgung und sozialer Unterstützung in Rumänien größere Glaubwürdigkeit, weil dieses aus verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen stammt, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist.

Es ist anzuführen, dass Rumänien, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und des Europarates, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtssprechung des EGMR lasse sich, führt der VwGH weiter aus, keine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Rumänien erkennen.

Eine Grundversorgung für Asylwerber in jeglicher Hinsicht ist in Rumänien, wie in der Feststellung angeführt, gewährleistet.“

Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt (und gemeint: sohin Rumänien für die Prüfung des Antrags zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Humanitäre Gründe gem. Art 16 und 17 Abs. 2 Dublin III-VO lägen (implizit) nicht vor. Seine Ausweisung stelle mangels familiärer Anknüpfungspunkte und dem Umstand, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz gewesen sei, keinen ungerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.

Der Bescheid wurde am 18.10.2021 rechtswirksam zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die jedenfalls fristgerecht erhobene Beschwerde des BF vom 20.10.2021, in welcher er im Wesentlichen allgemeine Kritik am rumänischen Asylsystem und dem Unterbringungs- und Versorgungsniveau geltend machte. Gerügt wurden etwa, unzumutbare Unterbringungsbedingungen, illegale Pushbacks an der rumänischen Grenze, sowie dass in casu keine Einzelfallprüfung seitens der belangten Behörde vorgenommen worden sei, ob der BF im Falle seiner Rückkehr eine ordnungsgemäße Unterbringung und Versorgung erhalten würde.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.

Besondere, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Rumänien sprechen, liegen nicht vor.

Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass der BF im Falle einer geordneten Rücküberstellung von Österreich nach Rumänien im Rahmen der Dublin III-VO Gefahr liefe, seitens rumänischer Behörden unmenschlich behandelt oder misshandelt zu werden.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der BF stellte am 08.08.2021 in Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde daraufhin in einer Flüchtlingsunterkunft aufgenommen.

Nicht festgestellt werden kann somit, dass der BF in Rumänien keine Versorgung und Unterkunft erhalten hat oder erhalten würde.

Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären Anknüpfungspunkte und lebt auch mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Der BF leidet an keinen Krankheiten und benötigt aktuell keine Medikamente.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt des BFA, insbesondere den Eurodac-Treffern, dem rumänischen Antwortschreiben im Rahmen der Dublin-Konsultationen und dem Vorbringen des BF selbst.

In Bezug auf sein Vorbringen, dass er von rumänischen Polizeibeamten nach seinem illegalen Grenzübertritt geschlagen worden sei, kann dahingestellt bleiben, ob dieses Vorbringen mit der Wirklichkeit übereinstimmt, da im Hinblick auf eine anzustellende Prognose nicht erkannt werden kann, dass

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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