TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 94/09/0073

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Veröffentlicht am 26.09.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs3 Z12;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B & Co KG in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 18. Juni 1993, Zl. IIc/6702 B/10314, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 21. April 1993 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgestz (AuslBG) für die "jugoslawische" Staatsangehörige J. für die Tätigkeit als Bedienerin.

Mit Bescheid vom 7. Mai 1993 lehnte die Behörde erster Instanz den Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, daß der Vermittlungsausschuß im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe und darüber hinaus das "Ermittlungsverfahren" ergeben habe, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, wobei der genannte Bescheid seinem gesamten Inhalte nach wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten wurde.

Ohne (aktenkundige) weitere Erhebungen durchzuführen, gab die belangte Behörde der Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. "§ 4 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 und 3 Z. 4" sowie § 13a AuslBG i.d.F. BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde ausschließlich auf § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG und führte aus, daß bei einer durch das Landesarbeitsamt Wien am 24. November 1992 durchgeführten Kontrolle die illegale Beschäftigung von vier ausländischen Arbeitskräften in W, H-straße 11-12, durch die Beschwerdeführerin festgestellt, sowie bei einer Erhebung des Arbeitsamtes Mödling am 30. September 1992 in V, der Einsatz von vier Ausländern ohne gültige Arbeitsberechtigung eruiert worden sei. Wegen dieser Übertretungen des AuslBG seien über die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnissen des Magistratischen Bezirksamtes für den

15. Bezirk vom 6. April 1993 und 17. Mai 1993 zwei Verwaltungsstrafen in der Höhe von jeweils S 132.000,-- verhängt worden. Aufgrund einer weiteren Übertretung des AuslBG sei mit Straferkenntnis vom 31. August 1992 die Verhängung einer Verwaltungsstrafe in der Höhe von S 5.500,-- über die Beschwerdeführerin erfolgt. Somit stehe § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Februar 1994, B 1411/93-6, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht trotz Ablehnung eines Antrages oder ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben, wiederholt Ausländer beschäftigt hat. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Versagung der Beschäftigungsbewilligung offensichtlich ausschließlich auf diese Gesetzesbestimmung gestützt (nach der Gegenschrift handle es sich bei dem im Spruch angeführten § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG um einen Schreibfehler).

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringt die Beschwerdeführerin vor, daß die belangte Behörde ihr kein Parteiengehör zum Ausschließungsgrund des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG gewährt habe. Gegen die beiden Straferkenntnisse vom 6. April und 17. Mai 1993 sei Berufung eingebracht worden, und die Beschwerdeführerin habe in keinem dieser Verfahren gesetzwidrigerweise Ausländer beschäftigt.

Es ist zwar die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Auffassung zutreffend, daß es, um die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG stützen zu können, nicht erforderlich ist, daß bereits rechtskräftige Verurteilungen nach § 28 AuslBG vorliegen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1993, 92/09/0372). Vielmehr kann nach dem zitierten Erkenntnis die Behörde im Bewilligungsverfahren selbständig das Vorliegen des Versagungsgrundes des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG beurteilen, ohne den Ausgang allenfalls schon anhängiger Verwaltungsstrafverfahren abwarten zu müssen.

Die Möglichkeit einer selbständigen Beurteilung dieses Versagungstatbestandes enthebt die Behörde aber nicht von der Verpflichtung, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unter Wahrung des Parteiengehörs durchzuführen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1995, Zlen. 93/09/0169, 93/09/0233 bis 0243).

Im gegenständlichen Verfahren rügt die Beschwerdeführerin zu Recht die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, wobei nach dem Beschwerdevorbringen auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Wahrung des Parteiengehörs zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Soweit in der Gegenschrift u.a. ausgeführt wird, daß mittlerweile in einem der beiden Strafverfahren die Berufungsbehörde (hinsichtlich der Übertretung des AuslBG) abweisend entschieden habe, ist darauf hinzuweisen, daß eine Begründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 607) und eine - nachträgliche - verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung eine zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorzunehmende eigenständige Beurteilung auch nicht ersetzen könnte. Im übrigen ist der Gegenschrift auch zu entnehmen, daß die dem ebenfalls im angefochtenen Bescheid angeführten Straferkenntnis vom 31. August 1992 zugrundeliegenden Taten in der Zeit vom 1. Juli bis 26. Dezember 1991, sohin außerhalb des zwölfmonatigen Beobachtungszeitraumes vor Antragseinbringung gemäß § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG, lagen.

Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß von S 390,-- zuzuerkennen (S 120,-- pro einzubringender Ausfertigung der Beschwerde und S 30,-- für die Beilage).

Schlagworte

Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090073.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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