TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 96/09/0140

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Veröffentlicht am 26.09.1996
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der L-Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. März 1996, Zl. 10/6702 B/153 2283, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 16. November 1995 beim Arbeitsmarktservice Lebensmittel Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den bosnischen Staatsangehörigen K für die berufliche Tätigkeit als Ladner. Spezielle Kenntnisse oder eine Ausbildung seien - nach den Antragsangaben - für diese Tätigkeit nicht erforderlich.

Am 28. November 1995 erteilte die Beschwerdeführerin der Arbeitsmarktverwaltung (Arbeitsamt) einen Vermittlungsauftrag zur Stellung einer Ersatzkraft. Zur Arbeitsplatzbeschreibung gab die Beschwerdeführerin in diesem Vermittlungsauftrag u. a. folgendes an: "Keine Praxis erforderlich;

Ausbildungserfordernis Pflichtschule; auf spezielle Einschränkungen soll nicht geachtet werden; Führerschein nicht erforderlich; Arbeitszeitgestaltung als Wechseldienst; keine behinderten Arbeitskräfte".

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Lebensmittel Wien vom 16. Jänner 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß auf dem Teilarbeitsmarkt Ladner Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch Ersatzkräfte mit der Begründung abgewiesen, daß deren Qualifikation bzw. praktische Erfahrung für den konkreten Arbeitsplatz nicht ausreiche. Derartige Anforderungen seien im Antrag jedoch nicht gestellt worden. Die Beschwerdeführerin lege an die Stellenbewerber unbegründet höhere Maßstäbe an als an die beantragte ausländische Arbeitskraft.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte darin vor, sie benötige seit längerer Zeit dringend Personal. Sie übermittle auch stets "den geforderten Leitfaden". Über Inserate in den Tageszeitungen Kurier und Kronen Zeitung habe sie "aus 56 Vorstellungen wenigstens ein Kraft aufnehmen können". Die Beschwerdeführerin habe nicht mit einem ablehnenden Bescheid gerechnet, da der beantragte Ausländer seit 1992 in Österreich lebe; dieser habe "zwei Kinder mit seiner Lebensgefährtin, die derzeit in Karenz ist".

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. März 1996 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge gegeben". Zur Begründung wird - nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage - ausgeführt, es sei eine Ersatzkraftstellung durch inländische und ausländische Ladner im Sinne von § 4b Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 AuslBG möglich. Diese Personen würden der von der Beschwerdeführerin beantragten Arbeitskraft - die dem § 4b Abs. 1 Z. 3 leg. cit. zu unterstellen sei - vorgehen. Der Beschwerdeführerin seien in Vermittlungsvormerkung stehende Ladner angeboten und zugewiesen worden. Es sei aber zu keiner Einstellung gekommen. Laut zweier von der Beschwerdeführerin retournierter Vorstellungskarten seien die zugewiesenen Bewerber ohne Angabe von Gründen nicht eingestellt worden. Die Beweisführung darüber, ob eine geeignete Ersatzkraft vorhanden sei, erübrige sich dann, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Arbeitskräften von vornherein oder ohne hinreichenden Grund ablehne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt.

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe im Spruch keinen konkreten Abweisungsgrund angegeben und nur den Gesetzestext als Begründung herangezogen, wird schon durch die vorgelegte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides eindeutig widerlegt.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 leg. cit. die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelten Arbeitkräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen auch immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Die Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers zur Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. beispielsweise etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, Zl. 93/09/0155, und viele andere).

In der Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, (nur) der beantragte Dienstnehmer besitze die beruflichen Voraussetzungen für die offene Arbeitsstelle. Hingegen seien am allgemeinen Arbeitsmarkt keine tauglichen Ersatzkräfte vorhanden. Selbst nach Erteilung des Vermittlungsauftrages habe sich keine Ersatzkraft bei der Beschwerdeführerin auch nur gemeldet.

Diesen Behauptungen ist zu erwidern, daß die Beschwerdeführerin alles, was sie nunmehr in ihrer Beschwerde vorbringt, bereits in ihrer Berufung hätte darlegen können. Die Beschwerdeführerin hat aber in dieser Hinsicht keine Behauptungen vorgebracht und demnach die schon im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen - und ihren nunmehrigen Behauptungen entgegenstehenden - Feststellungen nicht in Zweifel gezogen.

Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist jedoch nicht als ein Mittel zur Nachholung von im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde versäumten Parteienhandlungen zu betrachten. Das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot bedeutet, daß der Gerichtshof neues Sachverhaltsvorbringen nicht berücksichtigen bzw. Rechtsausführungen nicht überprüfen darf, wenn die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren in dieser Hinsicht untätig geblieben ist oder die Überprüfung ihrer erstmals vorgetragenen Rechtsausführungen Feststellungen erfordern würde, die im Verwaltungsverfahren deswegen unterblieben sind, weil die beschwerdeführende Partei in diesem untätig blieb. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher auf erst im Beschwerdeverfahren neu aufgestellte Behauptungen und Bestreitungen nicht einzugehen, sondern den angefochtenen Bescheid vielmehr nach der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. Juni 1985, Zl. 85/05/0001, vom 11. November 1985, Zl. 85/12/0040, und vom 19. März 1996, Zl. 94/04/0225).

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde das Parteiengehör hinsichtlich der Nichteinstellung von Ersatzkräften vor der Bescheiderlassung nicht gewahrt habe.

Dabei wird von der Beschwerdeführerin übersehen, daß im erstinstanzlichen Bescheid eine unbegründete bzw. unberechtigte Ablehnung der Einstellung von Ersatzkräften festgestellt wurde. Die Beschwerdeführerin hätte daher schon in ihrer Berufung (die nunmehr in der Beschwerde vermißte) Gelegenheit wahrnehmen können, die "Gründe darzulegen, warum diese zwei Bewerber nicht angestellt wurden". Dies ist jedoch nicht geschehen.

Daß die angefochtene Entscheidung - wie in der Beschwerde behauptet wird - möglicherweise gegen Verfahrensvorschriften verstößt, vermag der Beschwerdeführerin jedoch noch nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil den Parteien des Verwaltungsverfahrens, losgelöst vom Verfahrensergebnis ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften (hier: § 45 Abs. 3 AVG) nicht zusteht. Verfahrensmängel sind vom Verwaltungsgerichtshof nämlich nur wahrzunehmen, wenn dadurch materielle subjektive öffentliche Rechte des Beschwerdeführers berührt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0096, sowie den hg. Beschluß vom 28. November 1995, Zl. 94/04/0093 und die jeweils angegebene Vorjudikatur).

Die Beschwerdeführerin hat zum Ergebnis der unterbliebenen Ersatzkraftstellung in ihrer Beschwerde dahingehend Stellung genommen, daß sie nur an der Zuweisung von "befähigten, geeigneten und gewillten Ersatzkräften" interessiert sei. Es gehe aber nicht an, Bewerber zuzuweisen, welche für die konkrete Arbeitsstelle "in keiner Weise geeignet sind und dafür auch keine Berufserfahrung besitzen".

Dieses Vorbringen vermag die Ablehnung der Ersatzkraftstellung durch die Beschwerdeführerin jedoch nicht zu rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, daß sowohl nach ihrem Antrag als auch nach der Arbeitsplatzbeschreibung in ihrem Vermittlungsauftrag die nunmehr geforderten Anforderungen nicht enthalten sind. Es durften der Beschwerdeführerin daher Arbeitskräfte mit Pflichtschulausbildung und ohne Praxis oder spezielle Kenntnisse zur Vermittlung als Ersatzarbeitskraft angeboten werden. Daß und warum die von der Arbeitsmarktverwaltung angebotenen Arbeitskräfte nicht einmal diese geringen Anforderungen erfüllt haben sollen, ist aber dem Beschwerdevorbringen nicht schlüssig (nachvollziehbar) zu entnehmen. Der angefochtene Bescheid ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu der Annahme gelangte, daß aufgrund unbegründeter Ablehnung der Ersatzkraftstellung durch die Beschwerdeführerin der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG vorliege (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, Zl. 93/09/0467, und vom 16. November 1995, Zl. 94/09/0330).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der (ohne Begründung) beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996090140.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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