TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/26 94/09/0077

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Veröffentlicht am 26.09.1996
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der F-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 22. Februar 1994, Zl. IIe 6702 B/1 085 898, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den türkischen Staatsangehörigen U. als "Gewölbemaurer".

Diesen Antrag lehnte das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 4. August 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. In der Begründung wird dazu ausgeführt, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung machte die beschwerdeführende Partei geltend, die Beschäftigung des beantragten Ausländers sei aus besonders wichtigen Gründen im Sinne des AuslBG notwendig. Das Unternehmen sei auf den Weinkellerbau nach historischen Vorlagen und Anwendung ursprünglicher Techniken spezialisiert. Es sei dem Unternehmen gelungen in Japan eine Marktlücke zu finden, weil dort Aufträge erteilt worden seien, Kuppeln im türkisch-römischen Stil zu bauen. Bislang sei in Österreich noch kein Mitarbeiter gefunden worden, der nach diesem Stil zu bauen in der Lage wäre. Aus dem beiliegenden Meisterzeugnis sei ersichtlich, daß U. das Gewerbe des "Gewölbemaurers" erlernt habe. U. könne als Schlüsselkraft bezeichnet werden, weil die Aufträge in Japan ohne ihn nicht durchgeführt werden könnten und seine Beschäftigung auch notwendig sei, um andere Mitarbeiter des Unternehmens bzw. Österreicher in seinen Fertigkeiten anzulernen. Es lägen aber auch gesamtwirtschaftliche Interessen vor, weil es förderungswürdig erscheine, die österreichische Wirtschaft im Ausland, insbesondere auf Gebieten, auf denen das Unternehmen der beschwerdeführenden Partei führend am Markt sei, zu vertreten.

In einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 16. November 1993 setzte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei von der einschlägigen Rechtslage (zu § 4 Abs. 1, § 4b und § 4 Abs. 6 AuslBG) in Kenntnis und ersuchte zur Erledigung der Berufung noch verschiedene Punkte zu beantworten.

Diesem Vorhalt entsprach die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1994 (richtig wohl: 1993).

Mit einer neuerlichen "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 27. Jänner 1994 (der beschwerdeführenden Partei zugestellt am 2. Februar 1994) gab die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei bekannt, daß gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nur dann erteilt werden dürfe, wenn der Ausländer zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt sei. Die belangte Behörde habe festgestellt, daß der Asylantrag des U. per

10. Jänner 1994 rechtskräftig abgelehnt worden sei. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei festgestellt worden, daß U. weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge. Weiters sei festgestellt worden, daß der Vermittlungsauftrag der beschwerdeführenden Partei für einen Gewölbemaurer am 14. Oktober 1993 wegen anderweitiger Besetzung der offenen Stelle, daß heißt Einstellung einer nicht vom Arbeitsamt vermittelten Arbeitskraft, besetzt worden sei. Es werde um Mitteilung ersucht, ob noch ein Bedarf an einem Gewölbemaurer bestehe. Die beschwerdeführende Partei habe Gelegenheit, dazu binnen zwei Wochen nach Zustellung Stellung zu nehmen.

In der mit 17. Februar 1994 datierten (bei der belangten Behörde laut Eingangsstempel am 18. Februar 1994 eingelangten) Vorhaltsbeantwortung teilte die beschwerdeführende Partei mit, es sei ihr innerhalb der gesetzten Frist nicht möglich gewesen festzustellen, ob tatsächlich der Asylantrag des U. abgelehnt worden sei oder ob U. eine Aufenthaltsbewilligung durch die Bezirkshauptmannschaft erhalten habe. Beides habe bisher nicht verifiziert werden können, weil der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei auf Urlaub sei und U. nicht habe erreicht werden können. Die beschwerdeführende Partei ersuche eine weitere Frist von zehn Tagen zur Stellungnahme einzuräumen. Ausdrücklich müsse darauf hingewiesen werden, daß keinesfalls am 14. Oktober 1993 eine andere Person als Gewölbemaurer eingestellt worden sei. Es bestehe natürlich nach wie vor dringendster Bedarf an einem Gewölbemaurer. Auch sei der Vermittlungsauftrag nach wie vor im Laufen und die Information, die offene Stelle sei besetzt worden, müsse offensichtlich auf einem Irrtum beruhen und werde diesbezüglich um Überprüfung ersucht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Februar 1994 (der beschwerdeführenden Partei zugestellt am 24. Februar 1994) gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Z. 7 sowie § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der einschlägigen Rechtslage (zu § 4 Abs. 6 AuslBG auch der Feststellung der Überschreitung der für das Kalenderjahr 1994 festgesetzten Landeshöchstzahl) wird der Vorhalt vom 27. Jänner 1994 zitiert. Daran anschließend wird die Feststellung getroffen, die Zweiwochenfrist für die Entgegnung zu diesem Schreiben sei von der beschwerdeführenden Partei ungenutzt geblieben. Tatsache sei, daß die beschwerdeführende Partei trotz Information im angeführten Schreiben keinen neuerlichen Vermittlungsauftrag für einen Maurer erteilt habe, sodaß zwingend anzunehmen sei, daß - wie im Schreiben ausgeführt - kein Bedarf an einem Maurer mehr bestehe. Da aber geeignete Personen gemäß § 4b AuslBG vorgemerkt seien, lasse die Lage am Arbeitsmarkt die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht zu. Da die vorläufige Bescheinigung, die U. im Zuge des Asylverfahrens den Aufenthalt in Österreich erlaubt habe, durch die rechtskräftige negative Entscheidung per 10. Jänner 1994 ihre Gültigkeit verloren habe, halte sich der Ausländer nicht mehr zu Recht nach den Bestimmungen des AufG in Österreich auf. Trotz Aufforderung sei keine Aufenthaltsbewilligung des Ausländers vorgelegt worden und es seien damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG nicht erfüllt. Außerdem sei am 17. Dezember 1993 ein von der beschwerdeführenden Partei eingesetzter Maurerpolier als arbeitslos gemeldet worden. Warum diese qualifizierte und in den Betriebsablauf eingeführte Arbeitskraft, die "eher als der nur kurz vorbeschäftigte beantragte Ausländer als Schlüsselkraft zur Erhaltung inländischer Arbeitnehmer bezeichnet werden könnte, bei einem so dringenden Bedarf freigesetzt wird, ist unerklärlich". Es stünden der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung öffentliche Interessen entgegen, wenn inländische Dienstnehmer mit der gleichen Qualifikation wie der beantragte Ausländer gekündigt würden, insbesondere weil die Unterbringung von Inländern am österreichischen Arbeitsmarkt für den Gesetzgeber eine höhere Priorität habe. Nach "eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage" habe somit die belangte Behörde befunden, daß die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Z. 7 sowie § 4 Abs. 6 AuslBG nicht erfüllt seien.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei trägt im Rahmen ihrer Verfahrensrüge im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid nicht mit ihrer Stellungnahme vom 17. Februar 1994 auseinandergesetzt. In diesem Schreiben sei eindeutig darauf hingewiesen worden, daß der Vermittlungsauftrag nach wie vor aufrecht sei, daß am 14. Oktober 1993 keine andere Person als Gewölbemaurer eingestellt worden sei und bei Gewährung der erbetenen Frist wäre die beschwerdeführende Partei auch in der Lage gewesen, die entsprechende Aufenthaltsberechtigung für U. nachzuweisen. Die belangte Behörde tritt diesem Vorbringen in der Gegenschrift nicht entgegen, sondern versucht nur (erstmals) die Ablehnung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG näher zu begründen. Damit ist aber der bei Bescheiderlassung unterlaufene Verfahrensmangel wegen aktenwidriger Nichtberücksichtigung der unbestritten vor Bescheiderlassung (wenn auch - geringfügig - außerhalb der Zweiwochenfrist) der belangten Behörde zugekommenen Vorhaltsbeantwortung nicht aus der Welt geschafft und es kann auch eine fehlende Begründung im angefochtenen Bescheid durch Ausführungen in der Gegenschrift nicht ersetzt werden (vgl. z.B. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 607).

Die (weiteren) Ausführungen in der Beschwerde, wonach die Feststellung im angefochtenen Bescheid, ein am 17. Dezember 1993 arbeitslos gemeldeter Maurer sei ein Indiz dafür, daß kein dringender Bedarf an der Besetzung der für den beantragten Ausländer vorgesehenen Stelle mehr bestehe, unrichtig sei, weil die beschwerdeführende Partei saisonbedingt im Dezember 1993 sämtliche Maurer abgemeldet habe, sind ein weiterer Hinweis auf der belangten Behörde unterlaufene wesentliche Verfahrensmängel (Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs nach § 37 bzw. § 45 Abs. 3 AVG).

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090077.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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