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70 SchulenNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §28 SchulpflichtG 1985 mit E v 11.10.94, G74,75/94.Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Unterricht, Kunst und Sport) ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres bevollmächtigten Vertreters die jeweils mit 15.000.- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Landeshauptmann von Vorarlberg erkannte L H mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid einer Verwaltungsübertretung nach §24 Abs1 (gemeint wohl: Abs4) iVm §1 Abs1 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. 76, schuldig, weil er es unterlassen hatte, als Erziehungsberechtigter dafür zu sorgen, daß seine am 7.11.1972 geborene Tochter, die an näher bezeichneten Tagen dem Unterricht an der Hauswirtschaftlichen Berufsschule Hohenems unentschuldigt und ohne zwingenden Grund ferngeblieben war, obwohl sie keine mittlere oder höhere Schule besuchte und nicht zum Besuch einer anderen Berufsschule verpflichtet war, die Schulpflicht erfüllt. Unter Berufung auf §24 Abs4 des Schulpflichtgesetzes 1985 wurde über L H eine Geldstrafe, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und unter Berufung auf §64 Abs2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.
2. Der Landeshauptmann von Vorarlberg erkannte ferner die Tochter von L H, B H, mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid einer Verwaltungsübertretung nach §24 Abs1 (gemeint wohl: Abs4) des Schulpflichtgesetzes 1985 schuldig, weil sie dadurch, daß sie an näher bezeichneten Tagen dem Unterricht an der Hauswirtschaftlichen Berufsschule Hohenems unentschuldigt und ohne zwingenden Grund ferngeblieben war, obwohl sie keine mittlere oder höhere Schule besuchte und nicht zum Besuch einer anderen Berufsschule verpflichtet war, die Pflicht zum Besuch der Hauswirtschaftlichen Berufsschule nicht erfüllte. Unter Berufung auf §24 Abs4 des Schulpflichtgesetzes wurde über B H eine Geldstrafe, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und unter Berufung auf §64 Abs2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.
3. Gegen die jeweils an sie gerichteten Bescheide erhoben L H die zu B407/91 protokollierte, B H die zu B408/91 protokollierte, jeweils auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit den im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch Anwendung eines gegen dieses Grundrecht verstoßenden Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des jeweils angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.
4. Der Landeshauptmann von Vorarlberg hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Äußerungen erstattet, in denen er jeweils die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof
hat die Verfahren über die beiden Beschwerden in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat ferner aus Anlaß dieser Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 18. Dezember 1993, B407/91 und B408/91, gemäß Art140 Abs1 B-VG das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §28 des Schulpflichtgesetzes 1985 eingeleitet.
3. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G74,75/94, wurde §28 des Schulpflichtgesetzes 1985 als verfassungswidrig aufgehoben. Die belangte Behörde hat demnach eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage der Fälle offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG.
6. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils 2500.- S enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B407.1991Dokumentnummer
JFT_10058989_91B00407_00