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L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, NaturschutzNorm
B-VG Art139 Abs1 Z6Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Verkleinerung des Naturschutzgebiets "Gipslöcher" in Lech durch Verordnung der Vlbg Landesregierung zur Verwirklichung einer Liftanlage; keine hinreichende Durchführung der – naturschutzrechtlich gebotenen – Interessenabwägung bei der VerordnungserlassungRechtssatz
Aufhebung der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über eine Änderung der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Gipslöcher" in Lech, LGBl 41/2019 (Antrag des Landesvolksanwalts von Vorarlberg).
Gemäß §26 Abs1 Vbg NSchG kann die Landesregierung "durch Verordnung Vorschriften über den Schutz bestimmter, genau abgegrenzter Gebiete erlassen, wenn ein besonderer Schutz der Natur oder einzelner ihrer Teile sowie der Landschaft in diesen Gebieten aufgrund ihrer Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt." Die Voraussetzungen für die Erlassung einer solchen Verordnung werden im Gesetz näher ausgeführt.
Das Übereinkommen über den Schutz der Alpen (Alpenkonvention), BGBl 477/1995 idgF, ist ein Staatsvertrag, durch den sich die Vertragsparteien hinsichtlich des inneralpinen sowie des alpenquerenden Verkehrs zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik verpflichten. Die Zielvorgaben der Alpenkonvention sind gemäß deren Art2 Abs3 durch die Vereinbarung von - die Einzelheiten zur Durchführung des Übereinkommens enthaltenden - Protokollen umzusetzen.
Eines dieser Protokolle ist das Naturschutzprotokoll der Alpenkonvention "Naturschutz und Landschaftspflege" (BGBI III 236/2002 idF BGBI III 113/2005), das grundsätzlich unmittelbar anwendbar ist. Art11 Abs1 Naturschutzprotokoll verpflichtet die Vertragsparteien, "bestehende Schutzgebiete im Sinne ihres Schutzzwecks zu erhalten, zu pflegen und, wo erforderlich, zu erweitern" und "alle geeigneten Maßnahmen [zu treffen], um Beeinträchtigungen oder Zerstörungen dieser Schutzgebiete zu vermeiden."
Die Vlbg Landesregierung hat als wesentliche Begründung für den Änderungsbedarf die Errichtung einer Liftanlage ("Grubenalpbahn") angegeben. Dieses Interesse ist mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Naturschutzgebietes abzuwägen, insbesondere unter Berücksichtigung von Art11 Abs1 Naturschutzprotokoll ("alle geeigneten Maßnahmen"). Eine ausreichende Interessenabwägung geht aus den Verordnungsakten aber nicht hervor. Auch der von der Landesregierung vorgebrachte Umstand, dass es sich nur um eine geringfügige Verkleinerung des Naturschutzgebietes handle und die betroffene Fläche überwiegend landwirtschaftlich genutzt werde, reicht dafür nicht aus.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Naturschutzgebiete, Umweltschutz, Verordnungserlassung, Staatsverträge, Naturschutz, Volksanwaltschaft, Eisenbahnrecht, GrundlagenforschungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V425.2020Zuletzt aktualisiert am
31.01.2022