Index
E000 EU- Recht allgemeinNorm
ABGB §862Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der A GmbH in S, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2021, Zl. W131 2238132-1/59E, (protokolliert zu Ro 2021/04/0014), sowie den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2021, Zl. W131 2238132-2/10E, (protokolliert zu Ra 2021/04/0081), betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Laut Akteninhalt liegen dem Revisionsverfahren folgende unstrittige Tatsachen zugrunde:
2 Die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) führte als Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger - österreichweit zu näher genannter „ProVia Geschäftszahl“ und europaweit im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union erfolgter - Bekanntmachung vom 14. Mai 2019 im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer „Rahmenvereinbarung über die Konstruktion, Herstellung und Lieferung von Doppelstock-Elektrotriebzügen“ durch.
3 Punkt 18.3 der Erstangebotsaufforderung lautet:
„18.3 Der Auftraggeber wird im Zuge des Verhandlungsverfahrens die Gründe für allfällige Abweichungen der Bieter von den Muss-Kriterien prüfen und - nach seiner freien Entscheidung - die betroffenen Muss-Kriterien entfallen lassen, ändern oder bestehen lassen. Der Auftraggeber behält sich darüber hinaus vor, nach seiner freien Entscheidung auch alle anderen Muss-Kriterien entfallen zu lassen, zu ändern, bestehen zu lassen oder auch neue Muss-Kriterien einzuführen. Der Auftraggeber wird seine Entscheidung im Rahmen der Aufforderung zur Abgabe des LAFO allen Bietern mitteilen und dadurch die Muss-Kriterien ‚definitiv stellen‘. Das Definitivstellen von Muss-Kriterien kann einzeln, gemeinsam, gleichzeitig oder stufenweise erfolgen. Aus derzeitiger Sicht werden alle in den technischen und kommerziellen Angebotsunterlagen enthaltenen Muss-Kriterien zu definitiven Muss-Kriterien gestellt werden. Den Bietern wird jeweils durch Gewährung einer angemessenen Frist Gelegenheit eingeräumt werden, ihre Angebote an definitiv gestellte Muss-Kriterien anzupassen. Die Nicht-Erfüllung eines definitiv gestellten Muss-Kriteriums führt zum zwingenden Ausscheiden des betroffenen Angebotes.“
4 Die Revisionswerberin legte ein fristgerechtes Erstangebot. Nach der Erstangebotsrunde forderte die Auftraggeberin die im Verfahren befindlichen Bieter, darunter die Revisionswerberin, zur Legung eines Letztangebotes (LAFO) bis letztlich 23. Oktober 2020, 12.00 Uhr, auf.
5 Die Letztangebotsaufforderung lautet auszugsweise:
„...
I. AUFFORDERUNG ZUR ANGEBOTSABGABE
...
II. DAS LETZTANGEBOT (SCHLUSSRUNDE)
8. Gegenstand des Angebotes
8.1 Der Bieter hat ein Letztangebot über die Lieferung von
bis zu 120 Doppelstock-Elektrotriebzüge, Länge ca. 105 Meter,
bis zu 6 Doppelstock-Elektrotriebzüge, Länge ca. 135 Meter und
bis zu 60 Doppelstock-Elektrotriebzüge, Länge ca. 160 Meter
inkl. aller in den Angebotsunterlagen definierten Mussoptionen zu legen.
8.2 Die technischen und kommerziellen Bedingungen an die Lieferung dieser Wagen sind im Liefervertrag und seinen Anlagen (gem. Beilage./A), insbesondere dem Lastenheft (Beilage./C) näher beschrieben.
9. Form und Inhalt des Letztangebotes
9.1 Das Letztangebot hat mindestens aus folgenden Bestandteilen zu bestehen:
...
- eine auf dem Lastenheft einschließlich seiner Anlagen basierenden Beilage./B Fahrzeugbeschreibung des Angebotes je Fahrzeugvariante; hierbei hat der Bieter sein Angebot nach den Vorgaben des Lastenheftes zu strukturieren.
9.2. Das Letztangebot ist gemäß dieser Aufforderung zur Letztangebotsabgabe und ihren Bestandteilen zu erstellen. Das Letztangebot muss alle geforderten Angaben enthalten. Der AG wird bei unvollständigen oder sonst fehlerhaften Angeboten den Bieter zur Verbesserung aufzufordern bzw. nach vorhergehender erfolgloser Verbesserungsaufforderung vom Verhandlungsverfahren ausscheiden.
...
9.8 Alternativ- und Abänderungsangebote sind nicht zulässig.
...
III. DAS VERHANDLUNGSVERFAHREN
15. Technische und Kommerzielle Muss-Kriterien und - Optionen
15.1 Die in den technischen und kommerziellen Letztangebotsunterlagen, insbesondere in der dritten Spalte des Lastenheftes (Beilage./C zum Liefervertrag) sowie im Liefervertrag und seinen Beilagen enthaltenen Anforderungen sind so genannte Muss-Kriterien. Muss-Kriterien sind technische oder kommerzielle Anforderungen, deren Erfüllung vom Letztangebot verlangt wird.
15.2 Das Letztangebot muss grundsätzlich allen Anforderungen dieser Muss-Kriterien entsprechen.
15.3 Die Technischen Angebotsunterlagen enthalten so genannte Muss-Optionen. Diese Anforderungen sind durch den vorangestellten Begriff ‚Option‘ gekennzeichnet (in der technischen Spezifikation auch „EOP“ bezeichnet). Muss-Optionen sind technische Anforderungen, deren Erfüllung vom Angebot verlangt wird und deren Erfüllung zwingend geboten ist. Die Nicht-Erfüllung einer definitiv gestellten Muss-Option führt zur Ausscheidung des betroffenen Letztangebotes. Von den Muss-Kriterien (in der technischen Spezifikation ‚RE‘ bezeichnet) unterscheiden sich die Muss-Optionen insoweit, als der Auftraggeber von der Beauftragung der mit dieser Muss-Option verbundenen Leistung einseitig absehen kann. Der Auftraggeber hat also das einseitige Gestaltungsrecht, die angebotene Optionsleistung abzurufen oder nicht.
15.4 Der Bieter hat die mit der jeweiligen Muss-Option verbundenen Leistungen anzubieten und an der jeweiligen Stelle im Angebotsformular für die Preise gesondert auszupreisen.
...
17. Widerruf des Verhandlungsverfahrens
16.1 Der Auftraggeber ist aus jedem sachlichen Grund berechtigt, das Verhandlungsverfahren zu widerrufen. Weiters behält sich der AG vor, bei einer wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, bzw bei Nichterlangung der erforderlichen Gremialbeschlüsse oder erheblichen Abweichungen des Angebotsergebnisses vom geschätzten Wert des Auftrags bzw des hinterlegten Target-Preises von einer Vergabe der Leistung Abstand zu nehmen.
IV. ERKLÄRUNGEN DES BIETERS
Der Bieter macht mit der Abgabe eines Letztangebotes folgende Erklärungen zum Bestandteil seines Angebotes:
- Wir sind zur Durchführung der im Liefervertrag und in den Letztangebotsunterlagen beschriebenen Leistungen befugt und berechtigt.
- Wir sichern zu, über ausreichende personelle Kapazität und fachliche Kompetenz zur Erbringung derartiger Leistungen zu verfügen und eine vertragsgemäße Bearbeitung ohne Qualitätseinbußen und Terminverzögerungen im vollständigen Leistungsinhalt und Leistungsumfang zu gewährleisten. Die von uns zur Ausführung der Leistungen vorgesehenen Mitarbeiter besitzen die dazu erforderlichen fundierten Kenntnisse und Erfahrungen.
- Wir haben uns bei der Erstellung des Letztangebotes an die Vorgaben der Letztangebotsunterlagen und der einschlägigen Vergabevorschriften gehalten.
- Wir haben alle Bestimmungen und Regelungen, welche in den Letztangebotsunterlagen für die Leistungserbringung einerseits und für die Vertragsabwicklung andererseits enthalten sind, sowie alle vorhandenen Zusatzinformationen in der Preisbildung in dem Maß berücksichtigt, dass bei der Vergabe mit den angebotenen Preisen unter Berücksichtigung der vorgesehenen Abrechnungsregeln das vollständige Leistungsziel fristgerecht erreicht werden kann.
- Wir haben zur vertragsgemäßen Leistungsdurchführung in der Preisbildung sämtliche Aufwendungen berücksichtigt, die uns entstehen, und dabei weiters allen Umständen Rechnung getragen, unter welchen die Leistungserbringung stattfinden muss.
- Eigenmächtige Veränderungen des Textes der Letztangebotsunterlagen sind nichtig, werden vom Auftraggeber nicht beachtet; in einem solchen Fall gelten die Texte der Letztangebotsunterlagen.
- Bei nicht unverzüglicher Aufklärung über Unklarheiten des Letztangebotes wird die Interpretation des Auftraggebers der Letztangebotsbeurteilung zugrunde gelegt.
- Bei Letztangeboten, die mit Letztangeboten anderer Bieter in auffallender Ähnlichkeit stehen, kann Auftraggeber von diesen Bietern die zugrundeliegenden Kalkulationen abverlangen. Bei nachweisbaren Absprachen zwischen Bietern werden die betroffenen Bieter sofort ausgeschieden. Etwaige weitere Forderungen des Auftraggebers aus nachweisbaren Absprachen zwischen Bietern - insbesondere Schadenersatzforderungen - bleiben davon unberührt.
...“
6 „Beilage./C: Technische Spezifikation für einen Triebwagen bzw. Triebzug für den Nah- und Regionalverkehr“ lautete auszugsweise:
„...
3) Beschreibung der Anforderungstypen:
? RE, Requirement:
Anforderung ist eine verbindliche Forderung des Auftraggebers
...
4) Kommentierung durch den Auftragnehmer:
Jede Anforderung (RE) und MUSS-Option (EOP) muss durch den Auftragnehmer in der Spalte ‚Kommentar Auftragnehmer‘ mit Datum als ‚erfüllt‘ bzw. ‚compliant‘ kommentiert werden. Nur bei Anforderungen, bei denen mehrere Ausführungs-Varianten zulässig sind, sind diejenigen Ausführungs-Varianten, welche nicht umgesetzt werden, mit ‚nicht anwendbar‘ bzw. ‚non applicable‘ zu kommentieren. Diese Einträge müssen in den mitgelieferten Excel-Dokumenten erfolgen und dem Auftraggeber im Zuge der Angebotsübermittlung in Excel- und PDF-Format mitgeliefert werden.
Hinweis zum Letztangebot (LAFO):
Kommentierungsabweichungen wie z.B. ‚Non compliant‘, ‚partly compliant‘, etc. zu den einzelnen Anforderungen oder MUSS-Optionen, sind nicht zulässig und führen zum Ausscheiden des Angebots. Keine Kommentierung in der Spalte ‚Kommentar Auftragnehmer‘, wird als Erfüllung der Anforderung gewertet.“
7 In den Ausschreibungsunterlagen wurde im Lastenheft, Beilage ./C, unter anderem vorgegeben:
603_P-B Fahrgastzähleinrichtung (AFZ), RE 603.01.05, dass das AFZ-System pro 24h und Zug ein Zählfile erstellen muss mit einer Speicherkapazität für mindestens 200 Zähltage (ca. 10kb pro Stunde), wobei bei eventueller Speicherüberschreitung das älteste Zählfile automatisch gelöscht wird;
503_Innenausstattung und Design Fernverkehr, RE 503.06.34, dass die Toiletten (Standard und Universaltoilette) über Schiebetüren zu verfügen haben.
8 Die Revisionswerberin legte vor Ablauf der Angebotsfrist am 23. Oktober 2020 ein Letztangebot.
9 Das Letztangebot lautete - soweit im Revisionsverfahren wesentlich - in „Beilage_B_Fahrzeugbeschreibung_AT_Nahverkehr.pdf“, Kapitel 603 P-B Fahrgastzähleinrichtung:
„Falls die automatische Datenübertragung zum Back Office fehlschlägt, verfügt der Ringpufferspeicher des AFZ-Systems über hinreichende Speicherkapazität für einen längeren Zeitraum (mindestens 30 Kalendertage).“
und in „Beilage_B_Fahrzeugbeschreibung, Kapitel 505 D-D Sanitäreinrichtung“:
„Standardtoilette
Der Zugang zur Standardtoilette erfolgt durch eine Schwenktüre, die sich nach innen öffnet.“
samt entsprechender grafischer Darstellung.
10 Im Übrigen hat die Revisionswerberin im Letztangebot zu diesen beiden technischen Mussanforderungen jeweils ausdrücklich und konkret bestätigt, dass die jeweilige Anforderung erfüllt wird und zusätzlich zum Anschreiben zum Letztangebot wie folgt ausgeführt:
„Der technische Teil besteht aus Ihren Spezifikationen der Beilage C, der Beilagen B und N, unseren Dokumenten wie z.B. Beschreibungen, Zeichnungen etc. und soll den vollständigen Erfüllungsgrad der technischen Anforderungen dokumentieren.
...
Weiterhin bestätigen wir, dass wir alle Anforderungen der o.g. Ausschreibung vollumfänglich erfüllen, insbesondere alle geforderten Muss-Kriterien und -Optionen. Sollte wider Erwarten in einzelnen Angebotsbestandteilen die geforderte Klarheit und Eindeutigkeit hinsichtlich der Erfüllung der Ausschreibungsanforder[un]gen nicht gegeben sein, gilt dennoch die zuvor gemachte Aussage.“
11 Die Auftraggeberin hat mit Aufklärungsersuchen vom 1. Dezember 2020 um Stellungnahme und gegebenenfalls Nachweis unter anderem, ob und wie das RE bzgl. Speicherkapazität und das RE bzgl. Schiebetüre erfüllt werden, ersucht.
12 Die Revisionswerberin bedauerte dazu in ihrem Antwortschreiben vom 7. Dezember 2020 jeweils „den redaktionellen Fehler in der technischen Beschreibung“ und führte im Übrigen aus:
„Die zu speichernde Datenmenge beträgt etwa 48 MB für 200 Tage.
[N.N.] wird 100 MB für diese Nutzung in der elektronischen Vorrichtung zur Fahrgastzählung (d.h. der NetBox) reservieren, so dass die während 200 Tage erzeugten Daten ohne Einschränkungen registriert werden können.
Das RE wird von uns im vollem Umfang erfüllt.“
sowie samt entsprechender grafischer Darstellung:
„Alle Standard-Toiletten für die Versionen 502 (Nahverkehr), 503 (Fernverkehr) - und 504 (City Airport Train) werden mit einer Schiebetür ausgestattet.
Die Ansicht ist in der Abbildung dargestellt und wird in den folgenden aktualisierten Layouts berücksichtigt:“
13 Mit dem am 18. Dezember 2020 der Revisionswerberin übermittelten Schreiben schied die Auftraggeberin das Letztangebot der Revisionswerberin gemäß § 302 Abs. 1 Z 3 und 5 sowie Abs. 2 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) aus und machte dazu insgesamt 24 Ausscheidungssachverhalte geltend. Drei Ausscheidenssachverhalte betrafen Preisangaben. Die restlichen 21 Ausscheidenssachverhalte waren technischer Natur, unter anderem im Hinblick jeweils den Ausschreibungsbestimmungen widersprechend und als unbehebbaren Mangel qualifizierte Angebotsausführungen zur Fahrgastzähleinrichtung und den Toiletten, bzw. kommerzieller Natur.
14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 11. Februar 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) den gegen die Ausscheidensentscheidung vom 18. Dezember 2020 am 28. Dezember 2020 fristgerecht überreichten Nachprüfungsantrag der Revisionswerberin ab und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.
15 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf Basis der eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Tatsachen aus, die vorliegend maßgeblichen Angebotsanforderungen betreffend „Schiebetüren bei Standardtoiletten in Fernverkehrszügen“ und eine Speicherkapazität für 200 Zähltage bei der Fahrgastzähleinrichtung seien als Mussanforderungen im Letztangebot im Sinne von Punkt 18. der Erstangebotsaufforderung bestandfest definitivgestellt worden.
Die Revisionswerberin habe in ihrem Letztangebot am 23. Oktober 2020 „objektiv widersprüchlich zur Ausschreibung in ihrer Fahrzeugbeschreibung keine verlangte Schiebetüre bei der Standardtoilette des Fernverkehrszuges als angeboten erklärt“. Dies habe sie erst am 7. Dezember 2020 gegenüber der Auftraggeberin aufgeklärt.
Damit habe die Revisionswerberin „selbst einen ursprünglichen Ausschreibungswiderspruch ... zugestanden“. Dieser könne nicht zu einer Mängelbehebung führen, zumal „formularmäßig abgegebene Erklärungen in Bietererklärungen“ nicht dazu führten, dass „angebotsbeschreibende Informationen des Bieters in einer verpflichtend zu liefernden Fahrzeugbeschreibung ... als nicht geschrieben gelten“. Andernfalls würden von der Auftraggeberin geforderte Fahrzeugbeschreibungen, wie etwa betreffend die Türen der Standardtoiletten im Fernverkehr bzw. der Speicherkapazität der Fahrgastzähleinrichtung im Nahverkehr jedweden Bedeutungsinhalt verlieren, „wenn ohnehin Formularerklärungen des ausschreibungskonformen Anbietens ausreichen würden“.
Jedenfalls sei das Angebot der Revisionswerberin im Punkt Schiebetüren gemäß § 302 Abs. 1 Z 4 BVergG 2018 auszuscheiden gewesen, weil auf Basis der Angebotsunterlagen der Revisionswerberin vom 23. Oktober 2020 die Unklarheit bestanden habe, ob die Revisionswerberin bei der Standardtoilette im Fernverkehrszug Schwenk- bzw. Drehtüren oder nach den Ausschreibungsvorgaben Schiebetüren anbieten wollte. Insofern habe den Angebotserklärungen der Revisionswerberin am 23. Oktober 2020 „das Anbieten einer bestimmten Leistung nach § 2 Z 3 BVergG“ gefehlt und sei daher zu diesem Zeitpunkt noch kein Angebot im Sinne dieser Bestimmung vorgelegen.
Soweit die Revisionswerberin am 7. Dezember 2020 durch ihre „Aufklärung“ ausschreibungskonform Schiebetüren angeboten habe, habe sie „ihr Letztangebot ... erstmalig am 07.12.2020 und damit verspätet gelegt“. Der Nachprüfungsantrag sei daher insbesondere gemäß Z 2 des § 347 Abs. 1 BVergG 2018 abzuweisen gewesen.
Dies gelte gleichsam für die Mussanforderung betreffend die Speicherkapazität von 200 Zähltagen. Die am 23. Oktober 2020 für die Auftraggeberin bestandene Unklarheit, ob die Revisionswerberin diesbezüglich ausschreibungskonform anbiete, habe die Revisionswerberin erst am 7. Dezember 2020 aufgeklärt, weshalb darüber frühestens zu diesem Zeitpunkt ein Angebot gemäß §§ 2 Z 3 und 302 Abs. 1 Z 4 BVergG 2018 - somit verspätet - gelegt worden sei. Der Nachprüfungsantrag sei auch insofern insbesondere gemäß der Z 2 des § 347 Abs. 1 BVergG 2018 abzuweisen gewesen.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie habe von der Erörterung weiterer Ausscheidenssachverhalte Abstand genommen werden können.
Zum Vorbringen der Revisionswerberin über das Vorliegen eines den Widerruf gebietenden Sachverhaltes verwies das Verwaltungsgericht auf dessen mangelnde Zuständigkeit, im Nachprüfungsverfahren gegen eine Ausscheidensentscheidung dem Auftraggeber eine Widerrufsdurchführung anzuordnen.
16 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit fehlender gefestigter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, „inwieweit widersprüchliche bzw. unklare Erklärungen in den eine Einheit bildenden gesamten Angebotsunterlagen eines Bieters“ über den Inhalt einer bestimmten angebotenen Leistung (hier: Schiebetür oder andere Tür; Anzahl der Zähltage der Fahrgastzähleinrichtung rücksichtlich Speicherkapazität) ein Ausscheiden tragen, insbesondere ob insoweit der Ausscheidensgrund des Ausschreibungswiderspruchs oder der Ausscheidensgrund des verspätet eingelangten Angebots realisiert werde, vor allem wenn der Bieter erst nach Ablauf der Angebotsfrist und Aufklärungsersuchen des Auftraggebers seine bestimmte Leistung iSd § 2 Z 3 BVergG 2018 zur Ausräumung leistungsspezifischer Unklarheiten konkretisiere. Zudem scheine keine gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage der Abgrenzung zwischen ausschreibungswidersprüchlichen Angeboten einerseits und unvollständigen bzw. fehlerhaften Angeboten andererseits in Bezug auf die Behebbarkeit der Mängel und die vorliegende Mängelbehebungsklausel in der Letztangebotsaufforderung vorzuliegen.
17 Überdies wies das Verwaltungsgericht mit dem ebenso angefochtenen Beschluss vom 12. Februar 2021 das Begehren der Revisionswerberin, „der Antragsgegnerin den Ersatz der Pauschalgebühren für den Antrag auf Nichtigerklärung zu Handen der Rechtsvertreterin der Antragstellerin binnen 14 Tagen auf[zu]erlegen“, ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
18 Sowohl gegen das Erkenntnis als auch gegen den Beschluss richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag auf Aufhebung der beiden angefochtenen Entscheidungen. Die Auftraggeberin beantragte demgegenüber in ihrer Revisionsbeantwortung im Revisionsverfahren zu hg. Ro 2021/04/0014 die Zurück- in eventu Abweisung der Revision gegen Aufwandersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zulässigkeit
19 Ergänzend zur Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts brachte die Revisionswerberin vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vorliegend wesentlichen Rechtsfragen, ob im Sektorenbereich bei Veröffentlichung von geheim zu haltenden Informationen und der Verletzung der Vertraulichkeitspflicht gemäß § 200 Abs. 1 BVergG 2018 sowie § 281 Abs. 10 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen sei, sowie ob eine solche Veröffentlichung die Rechtswidrigkeit einer Ausscheidensentscheidung bewirke und Sache eines Nachprüfungsverfahrens gegen eine Ausscheidensentscheidung sei. Die näher dargelegte Verletzung der Vertraulichkeitspflicht stelle keine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 BVergG 2018 dar. Sie sei vielmehr Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens, als dessen Abschluss die angefochtene Entscheidung ergangen sei. In Verkennung der Rechtslage habe sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Verletzung von Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten befasst und die Rechtserheblichkeit verneint. Diese Rechtswidrigkeiten seien für den Verfahrensausgang wesentlich, weil bei rechtskonformer Vorgehensweise der Auftraggeberin der Widerruf des Vergabeverfahrens zwingend und ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich sei. Indem das Verwaltungsgericht sich nicht mit der von der Revisionswerberin behaupteten Verletzung von Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten befasst und die Rechtserheblichkeit verneint habe, habe es die Rechtslage grob verkannt.
20 Die Revision ist aus diesen im gesonderten Zulässigkeitsvorbringen ergänzend dargelegten Gründen zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Geltendmachung von Widerrufsgründen gegen eine Ausscheidensentscheidung
21 Das Verwaltungsgericht ging auf das Vorbringen der Revisionswerberin zum Vorliegen eines den Widerruf gebietenden Sachverhalts nicht näher ein und begründete dies damit, dass es im Nachprüfungsverfahren gegen eine Ausscheidensentscheidung nicht zuständig sei, dem Auftraggeber eine „Widerrufsdurchführung“ anzuordnen. Das Vorbringen sei daher nicht rechtserheblich.
22 Die Revisionswerberin brachte dagegen zusammengefasst vor, in einem näher genannten am 4. Januar 2021 erschienenen Artikel einer Tageszeitung seien detaillierte Informationen zu mehreren Bietern und deren Erfolgswahrscheinlichkeiten sowie etwaige Präferenzen der Auftraggeberin veröffentlicht worden. Es liege nahe, dass diese Informationen aus der Sphäre der Auftraggeberin stammten, weil nur sie darüber verfügt habe. Dies stelle eine fundamentale Verletzung der Vertraulichkeitspflicht nach § 200 Abs. 1 BVergG 2018 und damit der Vergabegrundsätze dar. § 200 Abs. 1 BVergG 2018 statuiere eine gegenseitige Schutzpflicht hinsichtlich aller am Vergabeverfahren beteiligter Personen und sei daher sowohl eine Schutznorm zugunsten der Auftraggeberin als auch zum Schutz der Interessen der Bieter. Die Vertraulichkeitsbestimmungen (wie etwa § 281 Abs. 10 BVergG 2018) gewährleisteten die Einhaltung der Vergabegrundsätze. Bei Verletzung dieser Geheimhaltungspflichten sei eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens unter Wahrung der Vergabegrundsätze nicht mehr möglich. Dies gelte auch im Sektorenbereich, wenn das Vergabeverfahren unter Wahrung der Vergabegrundsätze nicht fortgesetzt werden könne.
Die in dem Zeitungsartikel enthaltenen Informationen begründeten zudem Zweifel an der Unparteilichkeit der Auftraggeberin, deuteten auf mögliche Interessenkonflikte der Auftraggeberin hin, und erweckten Bedenken, dass bereits zuvor unzulässige Informationen weitergegeben bzw. ausgetauscht worden seien. Das Vergabeverfahren sei daher zwingend zu widerrufen.
Diese Rechtswidrigkeiten seien Gegenstand des Verfahrens gegen die Ausscheidensentscheidung, weil sie keine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 BVergG 2018 darstellten. Dies sei auch in Bezug auf den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes unionsrechtlich geboten. Andernfalls würden Rechtsverstöße des Auftraggebers in Umgehung einer Widerrufspflicht folgenlos bleiben und könnten die Bieter ihre diesbezüglichen Rechte auf Vertraulichkeit, Geheimhaltung und Widerruf nicht durchsetzen.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) (EuGH 24.3.2021, C-771/19, NAMA) zum Sektorenbereich könne ein vor der Auftragsvergabe vom Vergabeverfahren ausgeschlossener Bieter, dessen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Ausscheidensentscheidung zurückgewiesen worden sei, in seinem zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Entscheidung, mit der das Angebot eines anderen Bieters zugelassen worden sei, sämtliche Gründe geltend machen, mit denen ein Verstoß gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, gerügt werde, auch wenn diese Gründe in keinen Zusammenhang mit den Mängeln stünden, auf Grund deren sein Angebot ausgeschlossen worden sei. Daraus ergebe sich, dass ein Bieter im Nachprüfungsverfahren gegen die Ausscheidensentscheidung auch Gründe für einen zwingenden Widerruf des Vergabeverfahrens vorbringen könne und diese Gründe „Sache des Nachprüfungsverfahrens“ seien. Dies folge ebenso aus § 347 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018.
23 Die Auftraggeberin wendete dagegen im Wesentlichen ein, es habe ihrerseits keine Indiskretionen oder Verletzungen ihrer Verschwiegenheitspflicht gegeben. Selbst für diesen Fall läge kein Widerrufssachverhalt vor, weil die Auftraggeberin gemäß § 310 BVergG 2018 keine Pflicht zum Widerruf treffe, sondern die Entscheidung darüber in ihrem Ermessen liege. Eine Pflicht zum Widerruf könnte nur dann vorliegen, wenn infolge des Zeitungsartikels der lautere Wettbewerb verzerrt oder die Gleichberechtigung aller Bieter verletzt worden wäre. Dies könne vorliegend bereits deshalb nicht der Fall sein, weil der einem Vergabeverfahren inhärente Wettbewerb im Zeitpunkt des Erscheinens bereits abgeschlossen gewesen sei. Vielmehr verbiete der Grundsatz des lauteren Wettbewerbs im konkreten Fall einen Widerruf, weil es ansonsten jeder Bieter in der Hand hätte, durch Offenlegung seiner Beteiligung an einem Vergabeverfahren einen Widerruf zu erzwingen und den Zuschlag an einen besser gereihten Bieter zu verhindern.
Unabhängig davon könne der unterlassene Widerruf als nicht gesondert anfechtbare Entscheidung nur mit dem gegen die ihr nächstfolgende gesondert anfechtbare Entscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag angefochten werden. Da der Zeitungsartikel erst nach der Ausscheidensentscheidung erschienen sei, wäre das „Unterlassen eines zwingenden Widerrufs“ nach § 2 Z 15 lit. b BVergG 2018 erst mit der der Ausscheidensentscheidung nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung anfechtbar.
Unterlassungen des Auftraggebers als „Entscheidung“ iSd § 347 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BVergG 2018
24 Gemäß § 347 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Verwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist (Z 1) und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (Z 2).
25 Demnach setzt vorliegend die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung voraus, dass entweder die gemäß § 2 Z 15 lit. a sublit. jj iVm sublit. dd BVergG 2018 gesondert anfechtbare Ausscheidensentscheidung selbst oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung, die erst mit der verfahrensgegenständlichen Ausscheidensentscheidung angefochten werden kann, im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist.
26 Die Revisionswerberin begründet die begehrte Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung unter anderem mit der Rechtswidrigkeit der Unterlassung des Widerrufs des Vergabeverfahrens seitens der Auftraggeberin.
27 Zur Beurteilung einer Unterlassung des Auftraggebers als „Entscheidung“ im obigen Sinn legte der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. März 2002, B 691/01 u.a., zur Rechtslage nach dem BVergG 1997 mit ausführlicher Begründung dar, dass nach dem Konzept dieses Gesetzes nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen „Entscheidungen“ des Auftraggebers sind. Im Hinblick auf § 863 Abs. 1 ABGB, wonach ein solcher Wille nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend durch Handlungen erklärt werden kann, kommen Unterlassungen des Auftraggebers als solche „Entscheidungen“ nur insofern in Betracht, als sie einen solchen Erklärungswert besitzen, dass sie als selbständige Teilakte des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung treten. Rechtswidriges Unterlassen des Auftraggebers wird daher vielfach mangels eigenständigem Erklärungswert nach außen erst im Zuge entsprechender, darauf beruhender nachfolgender Teilakte als „Entscheidung“ in Erscheinung treten.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsmeinung in Bezug auf die Rechtslage nach dem Kärntner Vergabegesetz 1997 (vgl. VwGH 4.9.2002, 2002/04/0074) bzw. dem Steiermärkischen Vergabe-Nachprüfungsgesetz (vgl. VwGH 30.6.2004, 2004/04/0028) ebenfalls vertreten. Sie ist auch für die vorliegend wesentliche Rechtslage nach dem BVergG 2018 maßgeblich.
29 Demnach liegt in Bezug auf eine als rechtswidrig geltend gemachte Unterlassung des Auftraggebers erst dann eine „Entscheidung“ vor, wenn die Unterlassung als selbständiger Teilakt des Vergabeverfahrens, etwa in Form einer nachfolgenden Entscheidung des Auftraggebers nach außen in Erscheinung tritt. Dies ist jedoch nicht in Bezug auf jede nachfolgende Entscheidung des Auftraggebers anzunehmen, sondern nur dann, wenn gemäß § 863 Abs. 1 ABGB die nachfolgende Entscheidung mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übriglässt, dass der Auftraggeber dadurch eine konkrete Willenserklärung zum Ausdruck bringt.
30 Der sich auf das Letztangebot der Revisionswerberin beziehenden Ausscheidensentscheidung der Auftraggeberin kann - im Gegensatz etwa zur Zuschlagsentscheidung - kein hinreichend bestimmter Erklärungswert zugemessen werden, die Auftraggeberin wolle das Vergabeverfahren nicht wegen der von der Revisionswerberin geltend gemachten Gründe widerrufen.
31 Das als rechtswidrig monierte Unterlassen des Widerrufs durch die Auftraggeberin ist daher vorliegend nicht als „Entscheidung“ zu qualifizieren und kann bereits deshalb nicht als eine rechtswidrige der Ausscheidensentscheidung „vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung“ iSd § 347 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 die begehrte Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung begründen.
32 Unabhängig davon hat die Revisionswerberin in Bezug auf die von ihr behaupteten, allenfalls einen hinreichenden Widerrufsgrund darstellenden Rechtswidrigkeiten nicht einmal vorgebracht, diese Rechtswidrigkeiten wären bereits vor der Ausscheidensentscheidung vorgelegen, weshalb die Auftraggeberin bereits vor der Ausscheidensentscheidung das Vergabeverfahren hätte widerrufen müssen. Auch deshalb ist nicht von einer der Ausscheidensentscheidung „vorangegangenen nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung“ iSd § 347 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 auszugehen.
Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung infolge Unterlassung des zwingend gebotenen Widerrufs gemäß § 347 Abs. 1 Z 1 erster Fall BVergG 2018
33 Die Revisionswerberin vermeint unabhängig vom Vorliegen einer Entscheidung der Auftraggeberin im Zusammenhang mit der behauptetermaßen rechtswidrigen Unterlassung des Widerrufs, aufgrund der von ihr vorgebrachten Gründe seien die damit verbundenen Rechtsverstöße Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens betreffend die Ausscheidensentscheidung.
34 Ausgehend vom Wortlaut des § 347 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 ist „Sache“ eines Nachprüfungsverfahrens immer die Prüfung der Frage, ob der Antragsteller durch die angefochtene oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers in den im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechten (Beschwerdepunkten) verletzt wurde (vgl. zur Rechtslage nach dem BVergG 2002 VwGH 23.5.2007, 2005/04/0214, sowie zur Rechtslage nach dem BVergG 2006 VwGH 16.10.2013, 2012/04/0027).
35 Das Vergabekontrollverfahren dient somit nicht der objektiven Rechtskontrolle, sondern der Prüfung, ob der Antragsteller in den geltend gemachten subjektiven Recht verletzt worden ist (vgl. wiederum VwGH 2005/04/0214, sowie 2012/04/0027).
36 „Sache“ des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens ist demnach alleine die Rechtmäßigkeit der von der Revisionswerberin bekämpften Ausscheidensentscheidung (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001). Die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens betreffend diese Entscheidung ist alleine die Frage, ob die Revisionswerberin von der Auftraggeberin zu Recht ausgeschieden worden ist (vgl. VwGH 25.1.2011, 2009/04/0302).
37 Insofern ist die von der Revisionswerberin geltend gemachte Unterlassung des aus ihrer Sicht zwingend gebotenen Widerrufs des Vergabeverfahrens nur dann in Bezug auf die angefochtene Ausscheidensentscheidung rechtlich relevant, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des unterlassenen Widerrufs die Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung bewirkt (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, wonach eine Nichtigerklärung des Vergabeverfahrens als solches im System der gesondert anfechtbaren Entscheidungen im BVergG 2006 nicht vorgesehen ist).
38 Das Vorbringen der Revisionswerberin zu den von ihr geltend gemachten Widerrufsgründen, und zwar den aus einem Zeitungsartikel geschlossenen Verletzungen der Vertraulichkeitspflicht nach § 200 BVergG 2018 und der Vergabegrundsätze sowie in Bezug auf die Ausscheidensentscheidung nicht näher konkretisierten Zweifeln an der Unparteilichkeit der Auftraggeberin, begründet für sich nicht die Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung. Selbst wenn das Vergabeverfahren aus den von der Revisionswerberin dargelegten Gründen von der Auftraggeberin zu widerrufen wäre, ergibt sich allein daraus nicht, dass ihr Angebot zu Unrecht ausgeschieden wurde und die angefochtene Ausscheidensentscheidung deshalb rechtswidrig ist.
39 Dem steht auch die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Rechtsprechung des EuGH nicht entgegen.
40 Soweit die Revisionswerberin auf das Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2016, Rs C-355/15, Bietergemeinschaft Technische Gebäudebetreuung und Caverion Österreich, EU:C:2016:988, verweist, unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt insofern grundlegend vom Gegenstand dieses Urteils, als diesem Urteil der Nachprüfungsantrag eines rechtskräftig ausgeschlossenen Bieters zugrunde lag. Der EuGH hat dazu festgehalten, dass Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 89/665/EWG dem nicht entgegensteht, dass einem Bieter, der durch eine rechtskräftig gewordene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossen wurde, in einem Fall, in dem nur er und der Zuschlagsempfänger Angebote abgegeben haben und der ausgeschlossene Bieter vorbringt, dass auch das Angebot des Zuschlagsempfängers hätte ausgeschlossen werden müssen, der Zugang zu einer Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung für den betreffenden öffentlichen Auftrag und des Vertragsabschlusses verwehrt wird.
41 Ebenso wenig ist das Urteil des EuGH vom 24. März 2021, Rs. C-771/19, NAMA ua., EU:C:2021:232, auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass ein Bieter, der in einer Phase vor der Vergabe eines öffentlichen Auftrags vom Vergabeverfahren ausgeschlossen wurde und dessen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung, mit der er von diesem Verfahren ausgeschlossen wurde, zurückgewiesen wurde, zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung, mit der das Angebot eines anderen Bieters zugelassen wurde, beantragt hat. Dazu sprach der EuGH aus, dass der ausgeschlossene Bieter, sofern sein Ausschluss nicht rechtskräftig bestätigt wurde, gegen die Zulassung des Angebots eines anderen Bieters „sämtliche Gründe geltend machen kann, mit denen ein Verstoß gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, gerügt wird, also auch solche, die in keinem Zusammenhang mit den Mängeln stehen, aufgrund deren sein Angebot ausgeschlossen wurde“. Der EuGH stellt dabei zu den Gründen, die ein ausgeschlossener Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gegen „die Entscheidung des Auftraggebers über die Zulassung des Angebots eines seiner Wettbewerber“ geltend machen kann, fest, „dass die [im dortigen Verfahren maßgebliche] Richtlinie 92/13 keine andere Anforderung als die in ihrem Art. 1 Abs. 1 festgelegte vorsieht, nämlich, dass dieser Bieter Gründe geltend machen kann, mit denen ein Verstoß gegen das Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, gerügt wird“ (Rn. 39).
42 Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass der Bieter gegen das Ausscheiden seines Angebotes Gründe geltend machen kann, die sich ausschließlich gegen die Fortführung des Vergabeverfahrens an sich richten, ohne dass diese Gründe für sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ausscheidensentscheidung betreffen.
43 Dem steht auch der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nicht entgegen, zumal der Revisionswerberin weder die Anfechtung der Ausscheidensentscheidung noch die Geltendmachung sämtlicher Gründe, aus denen sich allein die Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung ergeben kann, verwehrt ist.
44 Im Übrigen kann die Revisionswerberin, soweit der unterlassene Widerruf des Vergabeverfahrens durch einen darauf beruhenden nachfolgenden Teilakt als Willenserklärung somit als „Entscheidung“ der Auftraggeberin nach außen in Erscheinung tritt, diese solange anfechten, als ihr Ausschluss noch nicht rechtskräftig ist. Dass einem rechtskräftig ausgeschlossenen Bieter der Zugang zu einer Nachprüfung späterer Entscheidungen des Auftraggebers verwehrt werden darf, entspricht hingegen der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH 21.12.2016, C-355/15, Bietergemeinschaft technische Gebäudebetreuung und Caverion Österreich, EU:C:2016:988, Rn. 34 f; 5.9.2019, C-333/18, Lombardi, EU:C:2019:675, Rn. 31; 24.3.2021, C-771/19, NAMA ua., EU:C:2021:232, Rn. 42, 43).
45 Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich insofern mangels Relevanz der im Zusammenhang mit dem Vorbringen betreffend einen zwingenden Widerruf des Vergabeverfahrens von der Revisionswerberin formulierten Fragen auch nicht veranlasst, der Anregung der Revisionswerberin nachzukommen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
Ausscheidensgrund nach § 302 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018
46 Das Verwaltungsgericht begründete das Vorliegen des Ausscheidensgrundes nach § 302 Abs. 1 Z 5 BVergG 2018 mit einem objektiven Widerspruch der von der Revisionswerberin am 23. Oktober 2020 abgegebenen Angebotsunterlagen zur Ausschreibung, weil darin (u.a.) nicht wie verlangt Schiebetüren bei der Standardtoilette angeboten worden seien. Die Aufklärung am 7. Dezember 2020 habe aufgrund des objektiven Verständnisses der Angebotsunterlagen nicht zur Mängelbehebung führen können. Formularmäßig abgegebene Ausführungen in Bietererklärungen könnten nicht dazu führen, dass angebotsbeschreibende Informationen des Bieters in einer verpflichtend zu liefernden Fahrzeugbeschreibung als nicht geschrieben gelten sollen, weil diese ansonsten jedweden Bedeutungsgehalt verlieren würden.
47 Demgegenüber brachte die Revisionswerberin vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege ein ausschreibungswidriges Angebot dann vor, wenn sein objektiver Erklärungswert klar einen Widerspruch zu den Ausschreibungsbestimmungen zum Ausdruck bringe. Der objektive Erklärungswert des Angebots insgesamt erbringe vorliegend jedoch keinen solchen Ausschreibungswiderspruch. So habe die Revisionswerberin in mehrfacher Hinsicht wie etwa im Anschreiben zu ihrem Letztangebot der laut Lastenheft verlangten ausdrücklichen Angabe der Erfüllung der Mussanforderungen im Letztangebot sowie in Punkt IV der Aufforderung zur Letztangebotsabgabe ausdrücklich die Erfüllung der Mussanforderungen und damit das Anbieten der geforderten Schiebetüren bestätigt. Ebenso komme nach dem objektiven Erklärungswert der Fragebeantwortungen der Auftraggeberin, die als gesondert anfechtbare Erklärungen mangels Anfechtung bestandfest geworden seien, der Erklärung im Angebotsanschreiben für die Erfüllung der Mussanforderungen entscheidende Bedeutung zu.
Statt eines Ausschreibungswiderspruchs sei eine bloße, aufklärungsbedürftige Unklarheit vorgelegen. Unabhängig davon sei dies jedenfalls ein behebbarer Mangel. Dies ergebe sich insbesondere aus der bestandfesten Festlegung in Punkt 9.2 der Aufforderung zur Letztangebotsabgabe. Demnach ergebe dessen objektiver Erklärungsgehalt, dass die Auftraggeberin den Bieter zuerst zur Verbesserung auffordere, wenn das Letztangebot unvollständig oder sonst mit irgendeinem Fehler behaftet sei, und erst nach erfolgloser Aufforderung das Angebot auszuscheiden sei. Die Auftraggeberin habe bewusst in Abkehr von der gesetzlichen Regelung Bietern eine Verbesserungsmöglichkeit bei Fehlern im Angebot eingeräumt.
Mangels Ausschreibungswiderspruch habe das Aufklärungsschreiben vom 7. Dezember 2020 zu keiner Verbesserung der materiellen Wettbewerbsstellung der Revisionswerberin geführt.
48 Die Auftraggeberin wendete dagegen in ihrer Revisionsbeantwortung zusammengefasst ein, entsprechend dem auch für die Auslegung von Willenserklärungen eines Bieters maßgeblichen objektiven Erklärungswert habe die Revisionswerberin in den zwingend geforderten Angebotsbestandteilen gemäß Punkt 9.1 der Aufforderung zur Letztangebotsabgabe - insbesondere in der Beilage ./B Fahrzeugbeschreibung sowie in graphischen Darstellungen und Zeichnungen zu ihren Erklärungen über die Erfüllung aller Anforderungen - Angaben und Ausführungen betreffend der „Toilettentüren“ gemacht, die den Ausschreibungsbestimmungen widersprechen bzw. mit einem unbehebbaren Mangel behaftet seien. Die entsprechende Auslegung des Letztangebots durch das Verwaltungsgericht als ausschreibungswidrig sei nicht unvertretbar und somit nicht rechtswidrig.
Punkt 9.2. dritter Satz der Aufforderung zur Letztangebotsabgabe beziehe sich nicht auf den Ausschreibungsunterlagen widersprechende, sondern auf bloß unvollständige und fehlerhafte Angebote. Diese Bestimmung sei so zu verstehen, dass eine Aufforderung zur Mängelbehebung nur bei behebbaren Mängeln geboten sei, nicht aber, dass unbehebbare Mängel oder gar Widersprüche zu den Ausschreibungsbestimmungen zu behebbaren Mängeln umgedeutet werden sollen. Die Auftraggeberin habe von der Revisionswerberin in Ansehung aller Unklarheiten und Mängel des Letztangebotes eine Aufklärung iSd § 301 Abs. 1 BVergG 2018 begehrt, um die richtige rechtliche Qualifikation der Unklarheiten und Mängel sicherzustellen, die Revisionswerberin jedoch nicht ausdrücklich zur Mängelbehebung aufgefordert.
49 Ob ein Angebot einen zum Ausscheiden führenden Mangel aufweist, ist am Maßstab der Ausschreibungsbestimmungen zu messen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa VwGH 4.5.2020, Ra 2020/04/0037, 0038, Rn. 18, mwN). Die Überprüfung des Vorliegens des Ausscheidenstatbestandes erfordert somit die Auslegung der bestandfesten Ausschreibungsbestimmungen und der vom betreffenden Bieter erstatteten Angebotslegung (vgl. VwGH 28.9.2019, Ra 2018/04/0096, Rn. 16).
50 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Dass der objektive Erklärungswert maßgeblich ist, gilt auch für die Auslegung der Willenserklärung des Bieters (vgl. VwGH 22.3.2019, Ra 2018/04/0176, Rn. 22, mwN). Diese ist nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Auftraggeber unter Bedachtnahme auf die Ausschreibungsbestimmungen auszulegen.
51 Die Auslegung von Erklärungen wie etwa Ausschreibungsbestimmungen oder Angebotsunterlagen kann nur dann erfolgreich mit Revision bekämpft werden, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. für viele VwGH 18.1.2021, Ra 2019/04/0047, Rn. 22, mwN).
52 Eine derartige Unvertretbarkeit der fallbezogen vorgenommenen Auslegung der Angebotsunterlagen der Revisionswerberin unter Berücksichtigung der bestandfesten Ausschreibungsbestimmungen zeigt das Vorbringen der Revisionswerberin nicht auf.
53 Nach den bestandfesten Ausschreibungsbestimmungen handelt es sich bei der im Lastenheft, Beilage ./C, festgelegten technischen Spezifikation betreffend die Ausführung der Standardtoiletten mit Schiebetüren um ein Muss-Kriterium, dem die technische Beschreibung im Letztangebot der Revisionswerberin vom 23. Oktober 2020 samt entsprechender graphischer Darstellung insofern nicht entsprach, als sowohl in der verbalen Beschreibung als auch in der graphischen Darstellung ausdrücklich eine Schwenktüre angeführt wurde. Daraus ergibt sich für einen durchschnittlichen fachkundigen Auftraggeber der objektive Erklärungswert, dass die Revisionswerberin im Letztangebot Standardtoiletten mit Schwenktüren statt Schiebetüren angeboten hat.
54 Diesen objektiven Erklärungswert vermögen weder die lediglich allgemeinen Ausführungen der Revisionswerberin und zwar in ihrem Anschreiben zum Letztangebot alle Anforderungen der Ausschreibung „vollumfänglich“ zu erfüllen, „insbesondere alle geforderten Muss-Kriterien“, sowie in ihren Angebotsunterlagen über die Erfüllung der konkreten Mussanforderung betreffend die Standardtoilette, noch die entsprechend Punkt IV. der Letztangebotsaufforderung abgegebene Bietererklärung, sich „bei der Erstellung des Letztangebotes an die Vorgaben der Letztangebotsunterlagen und der einschlägigen Vergabevorschriften gehalten“ zu haben, in Zweifel zu ziehen. Aus diesen zum Teil in den Ausschreibungsbestimmungen geforderten allgemeinen Erklärungen kann der durchschnittliche fachkundige Auftraggeber nicht schließen, dass die Revisionswerberin nicht, wie ihrer ausdrücklichen technischen Beschreibung zu entnehmen ist, Schwenktüren sondern tatsächlich ausschreibungskonforme Schiebetüren angeboten hat. Auf den tatsächlichen Willen der Revisionswerberin kommt es dabei nicht an; entscheidend ist ausschließlich der objektive Erklärungswert des Letztangebots (vgl. VwGH 22.3.2019, Ra 2018/04/0176, Rn. 27, wonach der Absicht des Erklärenden im Zusammenhang mit der Auslegung von Bietererklärungen nur insoweit Bedeutung zukommen kann, als sie sich in dem nach außen hin zum Ausdruck kommenden objektiven Erklärungswert niederschlägt).
55 Ebenso wenig kann aus den Fragebeantwortungen der Auftraggeberin, wonach unter Hinweis auf die Bestimmungen zur Aufforderung zur Letztangebotsabgabe der Bieter eine Bestätigung der Erfüllung dieser Bestimmungen in seinem Ausführungsschreiben anzuführen habe, bzw. eine Erklärung bezüglich der Erfüllung aller Anforderungen des Lastenheftes, Beilage ./C, im Angebotsschreiben erforderlich sei, abgeleitet werden, dass diesen allgemeinen Bestätigungen über die Erfüllung der Ausschreibungsbestimmungen gegenüber den ausschreibungswidrigen technischen Detailbeschreibungen im Angebot entscheidende Bedeutung in der Auslegung des Angebots zukäme.
56 Entgegen dem Revisionsvorbringen kommt im Zusammenhang mit der Auslegung der Angebotsunterlagen der begehrten Feststellung, in der Fahrzeugbeschreibung sei eine verbale Darstellung der Toilettentüre nicht verlangt gewesen, keine rechtliche Bedeutung zu. Die Wiedergabe einer diesbezüglichen Zeugenaussage im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen stellt zwar, wie in der Revision dargelegt, keine entsprechende Sachverhaltsfeststellung über den verpflichtenden Inhalt der abgeforderten Fahrzeugbeschreibung dar. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin könnte jedoch selbst aus dieser begehrten Feststellung nicht abgeleitet werden, dass für die Auslegung des Angebots nach dem objektiven Erklärungswert nicht die - wenn gleich von der Auftraggeberin nicht unbedingt geforderte - nähere (vorliegend ausschreibungswidrige) Beschreibung der Ausführung der Toilettentüre maßgeblich ist, sondern ausschließlich die allgemeinen Ausführungen der Revisionswerberin, wie etwa die jeweilige Angabe „erfüllt“ zu jeder Mussanforderung sowie die Erklärung im Angebotsschreiben, die Mussanforderungen zu erfüllen.
57 Dem von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang behaupteten Begründungs- bzw. Feststellungsmangel fehlt somit die rechtliche Relevanz.
58 Vielmehr ergibt sich aus den Angebotsunterlagen für einen durchschnittlichen fachkundigen Auftraggeber, dass die Revisionswerberin ausschreibungswidrig Schwenktüren angeboten hat. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts der ausschreibungswidrigen Fahrzeugbeschreibung zur Mussanforderung von Schiebetüren für Standardtoiletten im Fernverkehr nach deren für einen durchschnittlichen fachkundigen Auftraggeber objektiven Erklärungswert, die Revisionswerberin wolle ein dieser Ausschreibungsbedingung widersprechendes Angebot legen, stellt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine solche Annahme nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Bieter dies nach dem objektiven Erklärungswert seiner Angebotsunterlagen - klar - zum Ausdruck bringt (vgl. etwa VwGH 22.3.2019, Ra 2018/04/0176, Rn. 23), jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung dar.
59 Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht von der Ausschreibungswidrigkeit des Letztangebots der Revisionswerberin vom 23. Oktober 2020 in Bezug auf die Mussanforderung von Schiebetüren bei den Standardtoiletten im Fernverkehr ausgegangen.
60 Diese Ausschreibungswidrigkeit war auch unter Bedachtnahme auf Punkt 9.2 der Aufforderung zur Letztangebotsabgabe, wonach die Auftraggeberin „bei unvollständigen oder sonst fehlerhaften Angeboten den Bieter zur Verbesserung aufzufordern bzw. nach vorhergehender erfolgloser Verbesserungsaufforderung vom Verhandlungsverfahren“ auszuscheiden hat, nicht verbesserungsfähig, weil das Letztangebot erst mit dem Aufklärungsschreiben vom 7. Dezember 2020 ausschreibungskonform wurde und dadurch das Angebot in unzulässiger Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Revisionswerberin inhaltlich verändert wurde (vgl. zur unzulässigen ausschreibungskonformen Angebotsänderung VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0015, 0016, Rn. 16, mwN).
61 Das Letztangebot widersprach somit der Mussanforderung der Ausführung der Standardtoiletten im Fernverkehr mit Schiebetüren. Dabei handelt es sich um einen unbehebbaren Mangel.
Ausscheidensgrund nach § 302 Abs. 1 Z