TE Vwgh Beschluss 2022/1/17 Ra 2022/04/0001

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Veröffentlicht am 17.01.2022
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Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des R G in K, vertreten durch Dr. Robert Zauchinger, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 4/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 12. November 2021, Zl. LVwG-AV-1277/001-2021, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Aus dem Akteninhalt ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:

2        Der Revisionswerber ist seit dem 1. Jänner 2011 in Besitz einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik.

3        Mit Urteil des Landesverwaltungsgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Februar 2021, Zl. 014 Hv 62/2020t, wurde der Revisionswerber rechtskräftig gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, § 169 Abs. 1 StGB, §§ 302 Abs. 1, 12 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, wobei zwei Jahre der Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien war zum Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichts noch nicht getilgt. Die Probezeit war noch nicht abgelaufen.

4        Zu früheren Zeitpunkten wurden dem Revisionswerber zudem folgende Straftaten zur Last gelegt: Dieser habe am 24. Jänner 2017 ein Mobilheim mit Hilfe eines Brandbeschleunigers in Brand gesetzt und dadurch ein ausgedehntes Schadensfeuer verursacht. Er habe weiters am 14. August 2019 für ein Fahrzeug der Marke Porsche ein positives Prüfgutachten ausgestellt, obwohl er wesentliche Teile des betreffenden Fahrzeuges überhaupt nicht besichtigt habe. Er hat ferner im Zeitraum vom September 2018 bis Juli 2020 einer nicht mehr feststellbaren Anzahl an Fahrzeugen in seiner Werkstatt positive Prüfgutachten ausgestellt, ohne die betreffenden Fahrzeuge besichtigt zu haben. In diesem Zeitraum habe er seinen Geschäftspartner dazu bestimmt, für zehn Fahrzeuge positive Prüfgutachten auszustellen, indem er diesen mit der Ausstellung der Gutachten ohne Besichtigung beauftragt habe und ihn die Zulassungsscheine zu den Fahrzeugen übermittelt habe. Er habe weiters am 25. Juli 2020 diesen Geschäftspartner durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung und zwar zur Geheimhaltung des zuvor stattgefundenen Gesprächs zu nötigen versucht.

5        Mit Bescheid vom 6. November 2020 (hier nicht verfahrensgegenständlich) wurde dem Revisionswerber die ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. November 2011 erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a KFG mit sofortiger Wirkung widerrufen.

6        2. Mit Bescheid vom 8. Juni 2021 entzog die belangte Behörde dem Revisionswerber die Gewerbeberechtigung „Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau und Karosserielackiertechnik“. Die Verurteilung des Revisionswerbers erfülle den Tatbestand des § 13 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 Gewerbeordnung 1994. Es liege ein gesetzlicher Ausschlussgrund betreffend die Gewerbsausübung vor.

7        3. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, welche zunächst mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 27. Juli 2021 als unbegründet abgewiesen wurde. Über Antrag des Revisionswerbers wurde der Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) zur Entscheidung vorgelegt.

8        4. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

9        Ausgehend von den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen folgerte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung, der Revisionswerber habe die gegenständlichen Straftaten in nicht mehr jugendlichem Alter begangen, sodass nicht anzunehmen sei, dass die Taten auf altersbedingte Unbesonnenheit beruht hätten. Der Revisionswerber habe stets die Möglichkeit gehabt, sich rechtskonform und im Einklang mit der Rechtsordnung zu verhalten. Bei der Prognoseentscheidung sei zwar die Schadenswiedergutmachung betreffend die Brandstiftung positiv zu berücksichtigen. Die Begehung der letzten Tat liege jedoch mit Juli 2020 noch zu wenig lange zurück, um von einem länger dauernden Wohlverhalten des Revisionswerbers ausgehen zu können. Auch zeige sich der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung betreffend die übrigen Straftaten, des Amtsmissbrauchs und der versuchten Nötigung, weder schuldeinsichtig, noch reflektiere er sein Verhalten. Aufgrund dessen könne derzeit nicht der Schluss gezogen werden, dass die durch die fragliche Straftat begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftaten bei der Ausübung des Gewerbes durch den Revisionswerber gar nicht mehr bestehe. Hinsichtlich des Vorbringens des Revisionswerbers, die Maßnahme des Widerrufs der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen sei ausreichend, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, sei festzuhalten, dass aufgrund des relativ langen Zeitraums der Begehung des Amtsmissbrauchs während zweier Jahre nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Revisionswerber im weiteren Berufsleben nicht erneut ein ähnliches Delikt begehen werde. Bei der Ausübung des Gewerbes der KFZ-Technik stehe die ordnungsgemäße Reparatur und Schadensbehebung im Vordergrund. Die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes biete vielfältige Möglichkeiten zur Begehung ähnlicher Delikte, wie etwa von Betrugsdelikten an Kunden, Lieferanten, Sozialversicherungsträgern etc. Überdies trage der Revisionswerber im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Gewerbes eine besondere Verantwortung in Hinblick auf die Schutzinteressen seiner Kunden, wie zum Beispiel die Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen sowie die verkehrs- und betriebssichere Teilnahme am öffentlichen Verkehr. Bei der Strafbemessung habe das Strafgericht zwar das einsichtige reuige Verhalten betreffend die Brandstiftung und die hohe Qualifikation des Revisionswerbers gewürdigt, jedoch dennoch eine hohe Strafe ausgesprochen. Seitens des Revisionswerbers seien über die vom Strafgericht berücksichtigten Aspekte keine besonderen Umstände vorgebracht worden, die im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen gewesen wären. Der Vollzug im elektronisch überwachten Hausarrest ändere an den Überlegungen nichts, da dieser über Antrag bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, die hier gegeben seien, bewilligt würde. Der Revisionswerber habe das Gericht nicht davon überzeugen können, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes mit guten Gründen ausgeschlossen werden könne.

10       4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

11       5.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14       5.2. Die Revision verweist zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach auch der gerichtliche Ausspruch über eine bedingte Strafnachsicht das Verwaltungsgericht nicht von der Verpflichtung enthebe, selbständig zu beurteilen, ob alle weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung vorlägen. Zudem sei fallbezogen zu berücksichtigen, dass die Strafbemessung durch das Strafgericht so erfolgt sei, dass ein Strafvollzug durch Fußfessel ermöglicht werde. Es fehle bislang Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, welche die Voraussetzungen, Folgen und Überlegungen der Justizverwaltung im Hinblick auf die Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrestes berücksichtige.

15       5.3. Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach klargestellt hat, dass die Erstellung der Prognose, die für die Frage der Berechtigung der Entziehung der Gewerbeberechtigung anzustellen ist, von den Umständen des Einzelfalls abhängt, die jeweils einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen sind. Eine schematische Festlegung betreffend die Dauer des erforderlichen Wohlverhaltens ist in diesem Zusammenhang ebensowenig angebracht, wie eine schematische Festlegung der Umstände des Einzelfalles betreffend die Strafzumessung oder die Gründe für die Verhängung einer bedingten Nachsicht oder Teilnachsicht der verhängten Strafe (vgl. etwa VwGH 21.4.2021, Ra 2021/04/0074, mwN). Der Verweis auf die wiederum lediglich einzelfallbezogenen Umstände des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest bildet davon keine Ausnahme.

16       Insofern das Verwaltungsgericht jeweils einzelfallbezogene Umstände im Rahmen der bestehenden Rechtsprechung gewürdigt hat und im Rahmen dieser Beurteilung keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist, kann ein solches Erkenntnis nicht erfolgreich mit Revision angefochten werden.

17       Die Revision zeigt in der Zulässigkeitsbegründung nicht auf, inwiefern die rechtliche Beurteilung durch das Verwaltungsgericht, das in seiner Begründung die Umstände der Tathandlung, die der Strafzumessung zugrundeliegenden Umstände und die eigenen im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrücke ausführlich gegeneinander abgewogen hat, vor den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei und damit eine zu korrigierende Fehlbeurteilung darstelle.

18       5.4. Zum Vorbringen der Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz der Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0300, mwN). Diese Ausführungen gelten in gleicher Weise für die Verletzung des rechtlichen Gehörs.

19       Im vorliegenden Fall wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.

20       5.5. Die Revision zeigt damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022040001.L00

Im RIS seit

31.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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