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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ApG 1907 §9 idF 2002/I/065Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tscheließnig, über die Revision der M KG in W, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013, Zl. BMG-92310/0044-II/A/4/2013, betreffend Verlegung der Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei: E N in W, vertreten durch die Hock & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stallburggasse 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 14 Abs. 1 Apothekengesetz (ApG) die Genehmigung zur Verlegung der Betriebsstätte ihrer Apotheke „von W, S-Gasse nach W, N-Platz, mit dem ausschließlichen Eingang an der Adresse N-Platz“ erteilt. Weiters wurde ausgesprochen, dass „[w]eitere Eingänge außerhalb des festgesetzten Standortes ... von der gegenständlichen Genehmigung nicht mitumfasst“ seien.
2 Begründend führte der Bundesminister für Gesundheit nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, gemäß § 14 Abs. 1 ApG bedürfe die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§ 9 Abs. 2 ApG) der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer. Die Genehmigung der Verlegung einer Apotheke gemäß § 14 Abs. 1 ApG setze lediglich die Lage der vorgesehenen Betriebsstätte innerhalb des festgesetzten Standortes voraus (Verweis auf VwGH 14.5.2002, 2001/10/0124). Da sich die in Aussicht genommene neue Betriebsstätte mit der Anschrift N-P in W - wie auch von der Österreichischen Apothekerkammer im angefochtenen Bescheid ausdrücklich festgehalten worden sei - innerhalb des festgesetzten Standortes befinde, sei die Bewilligung zur Verlegung der Betriebsstätte zu erteilen und die Genehmigung bescheidmäßig auszusprechen gewesen. Die Ausführungen der Österreichischen Apothekerkammer im angefochtenen Bescheid, wonach die in Rede stehende Apotheke über einen weiteren Zugang durch das Einkaufszentrum mit der Anschrift W, S-Gasse, erreichbar sein solle, fänden keine Deckung im verfahrenseinleitenden Antrag der mitbeteiligten Partei vom 6. Juni 2013. Zwar sei der Österreichischen Apothekerkammer zuzustimmen, dass ein solcher weiterer, außerhalb des festgesetzten Standortes gelegener Eingang die Versagung der Genehmigung gemäß § 14 Abs. 1 ApG zu Folge hätte, da sich der Antrag der mitbeteiligten Partei jedoch nicht auf einen solchen zusätzlichen Eingang beziehe, sei im Hinblick auf den verfahrensrechtlichen Grundsatz der Bindung der Behörde an das Begehren die Genehmigung zur Verlegung zu erteilen gewesen. Von dieser Genehmigung seien nur der beantragte Eingang an der Adresse W, N-Platz, nicht jedoch weitere Eingänge umfasst.
3 Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. November 2019 wurde ein Antrag der Revisionswerberin auf Zustellung dieses Bescheides des Bundesministers für Gesundheit gemäß § 14 Abs. 1 ApG und § 8 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
4 Begründend ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass mangels Parteistellung von Inhabern benachbarter Apotheken in Verfahren nach §14 Abs. 1 ApG der Antrag auf Zustellung des Bescheides als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
5 Dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. November 2019 wurde über Beschwerde der Revisionswerberin mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2020, E 4610/2019-11, aufgehoben.
6 Der Verfassungsgerichtshof führte dazu begründend u.a. Folgendes aus:
„Das Bundesverwaltungsgericht nimmt an, dass Konzessionsinhaber benachbarter Apotheken im Fall einer Standortverlegung einer öffentlichen Apotheke nach §14 Abs 1 Apothekengesetz schlechthin keine Parteistellung hätten.
Mit dieser Annahme ist es jedoch nicht im Recht:
(...) Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass grundsätzlich keine verfassungsrechtliche Bestimmung Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert (zB VfSlg 15.274/1998, 15.581/1999, 16.103/2001). Es ist der Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er Personen rechtlichen Schutz gewährt, die durch den einer anderen Person gegenüber ergangenen verwaltungsbehördlichen Bescheid in ihren Interessen betroffen sind. Diese Gestaltungsfreiheit ist verfassungsrechtlich lediglich dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot unterliegt (VfSlg 14.512/1996 mwN).
(...) Gemäß § 9 Apothekengesetz ist der Betrieb einer öffentlichen Apotheke im Allgemeinen nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig; im Konzessionsbescheid ist auch ein bestimmtes Gebiet als Standort der Apotheke zu bestimmen; die Konzession hat nur für den Standort Geltung. Nach § 10 Abs 1 Z 2 Apothekengesetz ist die Konzession für eine neu zu errichtende Apotheke nur zu erteilen, wenn ein Bedarf iSd Abs 2 leg. cit. besteht. Gemäß § 10 Abs 2 Z 3 Apothekengesetz besteht ein Bedarf grundsätzlich nicht, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird (sofern kein Fall des Abs 6a leg. cit. vorliegt). Die Erteilung der Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde des in Aussicht genommenen Standortes (§ 51 Abs 1 Apothekengesetz).
Auch die Verlegung einer öffentlichen Apotheke steht unter Genehmigungsvorbehalt, wobei § 14 Apothekengesetz wie folgt unterscheidet: Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des nach § 9 Apothekengesetz festgesetzten Standortes bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer (§ 14 Abs1 leg cit). Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist hingegen von der Bezirksverwaltungsbehörde (nur) zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Apothekengesetz zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann (§ 14 Abs 2 und § 54 leg cit). Dieser Unterscheidung liegt die Annahme zugrunde, dass Verlegungen der Betriebsstätte innerhalb eines - gesetzmäßig festgesetzten - Standortes im Allgemeinen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Bedarfssituation haben (VwSlg 17.737 A/2009; VwGH 12.8.2014, 2012/10/0124).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken sowohl im Verfahren zur Genehmigung der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke als auch im Verfahren nach § 14 Abs 2 Apothekengesetz zur Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort Parteistellung hinsichtlich der Frage des Bedarfs iSv § 10 Abs 2 Z 2 und Z 3 leg cit (vgl etwa VwGH 22.12.1993, 93/10/0077; 26.9.2019, Ra 2018/10/0147). Diese Bedarfsfrage ist jedoch im Verfahren zur Verlegung einer öffentlichen Apotheke innerhalb ihres festgesetzten Standortes nach § 14 Abs 1 Apothekengesetz nicht zu prüfen (VfSlg 12.873/1991; VwSlg 15.813 A/2002; VwGH 26.9.1994, 92/10/0459; 14.5.2002, 2001/10/0124), weshalb Inhabern umliegender bestehender öffentlicher Apotheken (insofern) im Verfahren nach § 14 Abs 1 Apothekengesetz keine Parteistellung zukommt (VwSlg 15.813 A/2002). Davon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, ob Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken Parteistellung im Hinblick auf die Frage haben, ob das Verfahren nach § 14 Abs 1 Apothekengesetz überhaupt zur Anwendung kommt, mit anderen Worten, ob die Verlegung tatsächlich (bloß) innerhalb des festgesetzten Standortes stattfindet.
(...) Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in anderem Zusammenhang zu Recht erkannt, dass der Ausschluss einer Parteistellung dann unsachlich wäre, wenn Betroffenen damit auch die Möglichkeit genommen wäre, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens, in dem sie im Unterschied zum regulären Verfahren keine Parteistellung genießen, überprüfen zu lassen (vgl VfSlg 16.103/2001, 16.259/2001, 19.617/2012).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, den Inhabern umliegender bestehender öffentlicher Apotheken die Parteistellung im Standortverlegungsverfahren nach § 14 Abs 1 Apothekengesetz schlechthin, also auch hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens überhaupt vorliegen, zu versagen und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen. Ein derartiger Ausschluss der Parteistellung liefe letztlich auf eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken, denen im Rahmen eines Standortverlegungsverfahren nach § 14 Abs 2 Apothekengesetz Parteistellung zukommt, einerseits, und jener umliegenden Konzessionsinhaber, die deshalb keine solche Parteistellung haben, weil die Behörde zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 Apothekengesetz angenommen hat, andererseits hinaus.
In verfassungskonformer Interpretation ist die Bestimmung des § 14 Abs 1 Apothekengesetz iVm § 8 AVG daher dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen der Anwendung des § 14 Abs 1 Apothekengesetz und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukommt.
(...) Angesichts dessen hat das Bundesverwaltungsgericht, weil es den Antrag auf Zustellung des Bescheides, mit dem die Verlegung der Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke genehmigt wurde, die zu jener der Beschwerdeführerin ‚umliegend‘ ist, schlechthin mangels jeglicher Parteistellung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat, zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert. Damit hat es deren verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl VfSlg 19.617/2012).“
7 Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. September 2020 wurde dem Antrag der Revisionswerberin auf Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013 stattgegeben. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
8 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es sei in Entsprechung der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes dem Antrag auf Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013 stattzugeben gewesen.
9 Nach dem unbestritten gebliebenem Revisionsvorbringen wurde der Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 20. Dezember 2013 der Revisionswerberin am 22. September 2020 zugestellt.
10 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision.
11 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
12 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
13 Vorauszuschicken ist, dass - entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei - für das vorliegende Verfahren aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2020, E 4610/2019-11, davon auszugehen ist, dass der Revisionswerberin ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen der Anwendung des § 14 Abs. 1 ApG und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukommt. Die vorliegende Revision erweist sich somit als eine gemäß § 4 Abs. 3 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, erhobene Revision, für deren Behandlung gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - sinngemäß gelten.
14 Das Apothekengesetz 1907, RGBl. Nr. 5 in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 (ApG), lautet auszugsweise:
„§ 9.
Konzession.
Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.
Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.
(...)
Verlegung
§ 14. (1) Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§ 9 Abs. 2) bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.
(2) Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des § 10 zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann.“
15 Die Revisionswerberin bringt zusammengefasst vor, es liege keine Verlegung innerhalb des festgesetzten Standorts iSd § 14 Abs. 1 ApG vor. Der „N-Platz“ weise einen nördlichen und einen südlichen Straßenzug auf, die beide den Namen „N-Platz“ trügen. Es sei geboten, ein Standortgebiet „kleinstmöglich zu bewilligen“. Interpretiere man die Standortumschreibung im Revisionsfall gemäß diesem Postulat, falle „nicht einmal die Fläche des N-Platzes selbst in das bewilligte Standortgebiet“, da dieses „bereits durch die nördlich des ‚N-Platzes‘ verlaufende Straße, welche die in der Standortumschreibung enthaltene Bezeichnung ‚N-Platz‘ trägt, begrenzt“ sei. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, läge „nur der N-Platz selbst noch in diesem Standortgebiet“, nicht aber „ein Einkaufszentrum, welches südlich des ‚N-Platzes‘ gelegen“ sei. Das Einkaufszentrum, in dem sich die Betriebsstätte der in Rede stehenden Apotheke befinde, liege „schlicht neben dem ‚N-Platz‘“. Da die Standortumschreibung ausdrücklich „vom ‚Gebiet S-Gasse, N-Platz, [...]“ spreche und nicht etwa von „sämtlichen Begrenzungsstraßen bzw -gassen beiderseits“, erschöpfe sich das Standortgebiet „in seiner südlichen Ausdehnung im N-Platz selbst“.
16 Mit diesem Vorbringen wird keine Fehlbeurteilung der im Revisionsfall vorliegenden Standortumschreibung durch den Bundesminister für Gesundheit aufgezeigt:
17 Das Apothekengesetz versteht unter dem „Standort einer Apotheke“ - wie die Gesetzesmaterialien (RV 1912 Blg. Sten. Prot. Abgeordnetenhauses XVII. Session 1903, 41 f) zeigen - jenes territorial abgegrenzte Gebiet, innerhalb dessen die Apotheke auf Grund der Konzession zu betreiben ist. Durch die Bestimmung des Standortes soll im Interesse der öffentlichen Sanitätspflege eine zweckmäßige Verteilung der Apotheken unter Berücksichtigung des Bedürfnisses der Bevölkerung ermöglicht werden. Der Standort der Apotheke sei daher - so die Gesetzesmaterialien weiter - bei der Erteilung der Konzession genau zu präzisieren und zu diesem Zweck bei kleineren Gemeinden die ganze Gemeinde, bei größeren Gemeinden eine einzelne Ortschaft, in größeren Städten schließlich ein genau begrenzter Stadtteil oder Stadtbezirk oder auch ein durch bestimmte Straßen oder Gassen umgrenzter Teil eines Bezirkes als Standort zu bezeichnen (vgl. VwGH 14.5.2002, 2001/10/0124, mwN).
18 Mit dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten „Gebot, ein Standortgebiet kleinstmöglich zu bewilligen“, kann eine Fehlbeurteilung der im Revisionsfall vorliegenden Standortumschreibung von vornherein nicht aufgezeigt werden, geht es im vorliegenden Fall doch nicht um die Frage, wie ein Standortgebiet zu bewilligen gewesen wäre, sondern ausschließlich darum, wie ein - hier unstrittig mit Bescheid vom 17. Februar 1927 rechtskräftig festgesetztes - Standortgebiet festgelegt wurde.
19 Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin besteht auch kein Zweifel daran, dass mit der hier gewählten Umschreibung des Standortes durch Nennung von Straßennamen bzw. Plätzen ohne jegliche Einschränkung dahin, dass Teile dieser Straßen bzw. Plätze nicht umfasst sein sollten, das Standortgebiet dahin festgelegt wurde, dass dieses sämtliche an diesen Straßen bzw. Plätzen gelegene und von dort auch zugängliche Betriebsstätten umfasst. Für die von der Revisionswerberin angestrebte Auslegung dahin, dass im Revisionsfall nur der „nördliche Straßenzug“ des N-Platzes bzw. nicht mehr die Gebäude im südlichen Teil des N-Platzes als Teil des festgelegten Standortgebietes anzusehen wären, fehlt es an jeglichen Hinweisen. Der vorliegenden Standortumschreibung ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass vom festgelegten Standort bestimmte Gebäude ausgenommen wären. Der bloße Umstand, dass die in Rede stehende Betriebstätte, die am N-Platz liegt und von dort auch zugänglich ist, sich als Teil eines als Einkaufszentrum genutzten Gebäudes darstellt, ändert daher nichts daran, dass diese Betriebsstätte innerhalb des festgelegten Standortes liegt.
20 Soweit die Revisionswerberin - von der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift zur Gänze bestritten - ins Treffen führt, die ausdrückliche Einschränkung im angefochtenen Bescheid dahin, dass eine Verlegung mit dem ausschließlichen Eingang an der Adresse N-Platz bewilligt werde und weitere Eingänge außerhalb des festgesetzten Standortes von der gegenständlichen Genehmigung nicht mitumfasst seien, werde nicht eingehalten und die Apotheke werde insoweit bescheidwidrig betrieben, so kann auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt werden. Daran vermag auch das Revisionsvorbringen, wonach „von umliegenden öffentlichen Apotheken mangels rechtlicher Handhabe im ApG“ die genannte Einschränkung der Verlegung „verwaltungsbehördlich nicht durchgesetzt“ werden könne, nichts zu ändern, wird insofern doch nicht einmal behauptet, dass das ApG der Behörde verwaltungsbehördliche Maßnahmen zur Unterbindung des konsenswidrigen Betriebs einer Apotheke nicht einräumen würde.
21 Die sich somit als unbegründet erweisende Revision war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 3. Jänner 2022
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2020100031.J00Im RIS seit
29.01.2022Zuletzt aktualisiert am
01.02.2022