TE Bvwg Beschluss 2021/5/10 L514 2177735-4

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Veröffentlicht am 10.05.2021
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Entscheidungsdatum

10.05.2021

Norm

AsylG 2005 §56
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
ZustG §9 Abs3

Spruch


L514 2177735-4/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2021, Zl. 1073538503/201319814-RD Steiermark, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG und § 9 Abs. 3 ZustG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

1.       Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wies mit einem als „Bescheid“ betitelten Schriftstück vom 15.02.2021, Zl. 1073538503/201319814-RD Steiermark, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen vom XXXX 2020 gemäß § 56 AsylG ab. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückentscheidung festgesetzt.

Dagegen wurde am 16.03.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Der Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2021, L507 2177735-3/3E, mit der Begründung stattgegeben, dass die im Verwaltungsakt des BFA befindliche Urschrift der angefochtenen Erledigung weder eine Unterschrift eines genehmigungsberechtigten Organs des BFA aufweisen würde, noch sei die mittels Textverarbeitung erstellte Urschrift sonst durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des genehmigungsberechtigten Organwalters, etwa durch Amtssignatur, genehmigt worden. Mangels Vorliegens eines Bescheides wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Am 06.04.2021 wurde der mit 29.03.2021 datierte wortgleiche Bescheid des BFA, Zl. 1073538503/201319814-RD Steiermark, dieses Mal unterschrieben an, an den Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt.

Dagegen wurde mit Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers vom 19.04.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

3.       Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Sachverhalt:

Die Vertretungsvollmacht der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen ist mit Übermittlung des verfahrensbeendenden Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2021, L507 2177735-3/3E, jedenfalls erloschen.

Mit Bescheid des BFA vom 29.03.2021, Zl. 1073538503/201319814-RD Steiermark, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen vom XXXX 2020 gemäß § 56 AsylG abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückentscheidung festgesetzt.

Die Zustellung des nunmehr bekämpften Bescheides des BFA vom 29.03.2021, Zl. 1073538503/201319814-RD Steiermark, erfolgte am 06.04.2021 an die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen.

2.       Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

3.2.    Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Nach der stRsp des VwGH umfasst eine allgemeine Vollmacht auch die Zustellungsbevollmächtigung (u.a. VwGH v. 19.09.2001, Zl. 99/16/0091, v. 25.05.2011, Zl. 2011/08/0084, v. 22.09.201 Zl. 2010/18/0365).

Voraussetzung für das rechtliche Zustandekommen eines Bescheides ist dessen Erlassung. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (§ 24 des ZustG; vgl. zB VwGH 18. 5. 1994, 93/09/0115). Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH 09.03.1982, Zl. 81/07/0212; VwGH 30.05.2006, Zl. 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelgericht in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.

Gemäß § 21 AVG und § 1 ZustG sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß
§ 17 Abs. 3 ZustG gelten infolge nicht erfolgreichen Zustellversuches hinterlegte Dokumente mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.

Gemäß § 5 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll.

3.3.    Im gegenständlichen Verfahren wurde der bekämpfte Bescheid des BFA vom 29.03.2021 – entsprechender der Zustellverfügung (Akt S 17) – an den Vertreter, nämlich an die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, am 06.04.2021 zugestellt.

Aus der im Rahmen des vorausgegangenen Beschwerdeverfahrens gelegten Vollmacht ergibt sich jedoch, dass diese Vertretungsvollmacht der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen jedenfalls mit Übermittlung eines verfahrensbeendenden Erkanntnisses oder Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes an den Beschwerdeführer erlischt. Dass das Vollmachtsverhältnis das vorausgegangene Verfahren betreffend tatsächlich erloschen ist, zeigt sich auch darin, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren eine neue Vollmacht gelegt wurde.

Vor diesem Hintergrund wäre das BFA verpflichtet gewesen, in der nunmehr vorliegenden Zustellverfügung den Beschwerdeführer als Empfänger zu bezeichnen und es wäre diesem zuzustellen gewesen, was die belangte Behörde jedoch verabsäumt hat.

Eine ordnungsgemäße Zustellung fand somit nicht statt und der Bescheid wurde folglich nicht erlassen. Wird ein Bescheid nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, RZ 8 zu § 62, S 781). Die direkte Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers war somit nicht rechtswirksam.

3.4.    Es ist daher abschließend festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid bislang nicht rechtswirksam erlassen wurde. Das gegenständliche Verfahren ist noch immer in erster Instanz anhängig.

Mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes war damit die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (so auch VwGH 18.11.2015, Zl. Ra 2015/17/0026). Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.

3.5.    Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die entsprechende Judikatur wurde oben unter Punkt A) angeführt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheiderlassung Vertretungsvollmacht Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L514.2177735.4.00

Im RIS seit

28.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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