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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juli 1995, Zl. 114.008/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. November 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unter anderem - gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung dieses Versagungsgrundes aus, der Beschwerdeführer sei bis zum rechtskräftigen (negativen) Abschluß seines Asylverfahrens am 16. August 1994 zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen. Nach diesem Zeitpunkt hätte er Österreich zu verlassen gehabt. Indem er dies unterlassen und sich monatelang illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe, habe er ein Verhalten gesetzt, welches die Annahme rechtfertige, sein weiterer Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung. Hiedurch sei der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht, sodaß die Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt. Aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Ein langdauernder unberechtigter Aufenthalt des Fremden rechtfertigt grundsätzlich die Annahme, seine Fortsetzung aufgrund der begehrten Bewilligung gefährde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0503). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lediglich dann, wenn der Fremde es (bloß) unterläßt, das Bundesgebiet mit Ablauf der Gültigkeitsdauer seines gewöhnlichen Sichtvermerkes (oder seiner Aufenthaltsbewilligung) zu verlassen, insbesondere, wenn nach dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für eine subjektiv auf die Störung der öffentlichen Ordnung gerichtete Verhaltensweise des Fremden erkennbar ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0348, und vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0263). Demgegenüber liegt der in Rede stehende Sichtvermerksversagungsgrund bei Fortsetzung eines mit sichtvermerksfreier Einreise begonnenen Aufenthaltes beträchtlich über dessen höchstzulässige Dauer hinaus vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zl. 95/19/0269).
Eine der zentralen Zielsetzungen des Aufenthaltsgesetzes war es, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern. Jene Fremden, die sich der Möglichkeit bedienen, einen Asylantrag zu stellen, sollen nicht darauf zählen können, bei Ablehnung desselben einen Niederlassungsantrag stellen zu können
(vgl. RV 525 BlgNR. 18. GP). Ausgehend von diesen Zielsetzungen des Gesetzgebers erscheint die Störung der öffentlichen Ordnung durch die Fortsetzung des mit rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages illegal gewordenen Inlandsaufenthaltes über mehrere Monate derart gravierend, daß vom Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auszugehen ist.
Im gegenständlichen Fall tritt der Beschwerdeführer der Feststellung der belangten Behörde, seine Aufenthaltsberechtigung sei mit Abschluß seines Asylverfahrens am 16. August 1994 erloschen, nicht entgegen.
Soweit er sich auf ein ihm als türkischem Staatsbürger zustehendes Recht aufgrund des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates, somit auf einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, beruft, stünde ihm ein solches Recht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG unabhängig von einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zu. In ein danach allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch den bekämpften Bescheid nicht eingegriffen worden, sodaß es dahingestellt bleiben kann, ob die Voraussetzungen des Art. 6 des zitierten Beschlusses, nicht aber jenes seines Art. 14 Abs. 1 vorliegen. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, war nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/19/1549).
Selbst wenn man davon ausginge, daß der Beschwerdeführer auf Grund des in Rede stehenden Assoziationsratsbeschlusses ab 1. Jänner 1995 zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen wäre, änderte dies nichts daran, daß ihm für den Zeitraum vom 17. August 1994 bis 31. Dezember 1994 ein mehrmonatiger illegaler Inlandsaufenthalt vorzuwerfen ist, welcher nach dem Vorgesagten den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht.
Die Unterlassung der grundsätzlich bei Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gebotenen Interessenabwägung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 94/18/0764 und 0815) begründet im vorliegenden Fall keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Familiäre Interessen des Beschwerdeführers im Inland bestehen nach der Aktenlage nicht. Die während des Asylverfahrens begründeten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Inland sind nach den oben wiedergegebenen Intentionen des Gesetzgebers bei der Entscheidung über einen Aufenthaltsantrag nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die während des folgenden unberechtigten Aufenthaltes im Inland begründeten persönlichen Interessen.
Sollten die Behauptungen des Beschwerdeführers zutreffen, wonach ihm auf Grund des vorzitierten Beschlusses des Assoziationsrates ab 1. Jänner 1995 das Recht zustünde, sich im Inland aufzuhalten, läge ein Eingriff in seine persönlichen Interessen durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht vor, weil er aus dem Grunde des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG zu deren Verfolgung keine Aufenthaltsbewilligung benötigen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zlen. 95/19/0207 bis 0209).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191075.X00Im RIS seit
02.05.2001