TE Bvwg Beschluss 2021/11/30 L514 2163290-1

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Veröffentlicht am 30.11.2021
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Entscheidungsdatum

30.11.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AVG §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17

Spruch


L514 2163290-1/20E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER über den Antrag der XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch RA Mag. Nadja LORENZ, auf Berichtigung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2020, Zl. L514 2163290-1/14E, beschlossen:

A)

Der Antrag wird gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 62 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

1.       Die Antragstellerin, eine irakische Staatsangehörige, Sunnitin und der Volksgruppe der Araber angehörig, reiste illegal in Österreich ein, wo sie am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Im Zuge des Verfahrens brachte sie einen irakischen Personalausweis, lautend auf XXXX in Vorlage.

Mit Bescheid des BFA vom 09.06.2017, Zl. 1101165902/160023523-RD Niederösterreich, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Antragstellerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Antragstellerin in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

2.       Gegen den, der Antragstellerin am 13.06.2017 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellten Bescheid erhob diese im Wege ihrer seinerzeitigen rechtlichen Vertretung mit Schreiben vom 26.06.2017 fristgerecht Beschwerde.

Am 01.12.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein der Antragstellerin und ihrer rechtlichen Vertretung durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde der Antragstellerin Gelegenheit gegeben, die der Antragstellung zugrundeliegenden Umstände neuerlich umfassend darzulegen. Weiters wurde die Möglichkeit eingeräumt zu den vorab übermittelten Länderfeststellungen eine Stellungnahme abzugeben.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 01.12.2020 wurde die Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. des bekämpften Bescheides zurückgezogen.

3.       Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2020, Zl. L514 2163290-1/14E, wurde in Erledigung der Beschwerde Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat: „Die Rückkehrentscheidung in den Irak ist gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Gemäß §§ 54 iVm 55 Abs. 1 AsylG wird XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.“

4.       Mit Schreiben vom 20.09.2021 wurde seitens der Antragstellerin, vertreten durch eine beauftragte Rechtshilfeorganisation die Abänderung der Entscheidung gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahingehend angeregt, als ihr Name von XXXX auf XXXX berichtigt werden sollte. Zum Beweis dafür wurde ein österreichischer Fremdenpass, ausgestellt am XXXX 2021 und gültig bis XXXX 2026 in Vorlage gebracht.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Sachverhalt:

Die Antragstellerin brachte im Verfahren vor dem BFA zur Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz einen irakischen Personalausweis, Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX 2014 durch das Registeramt XXXX in Vorlage.

Auf expliziter Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung vom 01.12.2020 wurde von der Antragstellerin angegeben, dass sie über keinen irakischen Reisepass mehr verfügt, da ihr dieser vom Schlepper abgenommen worden ist. Andere Identitätsdokumente oder Einwände gegen die Feststellung ihres Namens brachte die Antragstellerin im gesamten Verfahren nicht vor.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2020, Zl. L514 2163290-1/14E, wurde in Erledigung der Beschwerde Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat: „Die Rückkehrentscheidung in den Irak ist gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Gemäß §§ 54 iVm 55 Abs. 1 AsylG wird XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.“

Der (Vor)name der Antragstellerin entsprach der Aktenlage, sodass es sich diesbezüglich nicht um ein Versehen handelte.

2.       Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakt des BFA und den Gerichtsakt.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1.    Gemäß dem auf Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nach § 17 VwGVG sinngemäß anzuwendenden § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen (vgl. VwGH 27.05.2021, Ra 2021/19/0157).

Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt (Entscheidung des Verwaltungsgerichts) mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist (VwSlg. 8545 A/1974). Die Berichtigung ist auf jene Fälle ihrer Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides hätten erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können. Bei der Beurteilung einer Unrichtigkeit als offenkundig iSd § 62 Abs. 4 AVG kommt es letztlich auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile (zB. Begründung) bzw. auf den Akteninhalt an (VwSlg. 13.233 A/1990; VwGH 29.10.1991, Zl. 91/05/0161; zuletzt VwGH 03.12.2020, Ra 2020/19/0275; vgl. zu alledem näher Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2005, § 62 Rz. 45 ff).

Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn zu dessen Erkennung kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig ist, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelten Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist (VwGH 13.09.1991, Zl. 90/18/0248; vgl. wiederum Hengstschläger/Leeb, aaO Rz. 47).

Allerdings kommt der Partei auf die "von Amts wegen" vorzunehmende Berichtigung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes kein Rechtsanspruch zu (aus der stRsp vgl. nur VwSlg. 4472 A/1957; VwGH 11.03.1983, Zl. 82/04/0126; 19.12.1995, Zl. 93/05/0179). Es bleibt der Partei des Verwaltungsverfahrens unbenommen, eine amtswegige Berichtigung eines Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG anzuregen. Wird dieser Anregung von der Behörde jedoch keine Folge gegeben, so ist die Partei hierdurch in keinem Recht verletzt (siehe VwGH 12.11.1957, 846/57, VwSlg 4472 A/1957; VwGH 10.12.1991, Zl. 91/04/0289).

Ein Antrag auf Berichtigung ist folglich als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 30.05.1969, Zl. 1564/68; 10.12.1991, Zl. 91/04/0289; 11.03.1983, Zl. 82/04/0126; vgl. zu all dem mit Hinweisen auf die Literatur Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2005, § 62 Rz. 62).

Deshalb ist der gegenständliche - unzulässige - Berichtigungsantrag mit Beschluss (siehe § 31 Abs. 1 VwGVG) formell zurückzuweisen.

3.2.    Auch wenn der Antrag zurückzuweisen und daher über seine inhaltliche Berechtigung vorliegend nicht förmlich zu entscheiden ist, erachtet es das Bundesverwaltungsgericht als zweckmäßig, im Folgenden auch die Gründe anzuführen, aus denen es von einer Berichtigung von Amts wegen Abstand nimmt:

Die Antragstellerin brachte im Zuge des Verfahrens auf internationalen Schutz vor dem BFA ihren Personalausweis in Vorlage und konnte dahingehend ihre Identität und die Schreibweise ihres Namens festgestellt werden. Der zu Protokoll genommene Vorname wurde während des gesamten Verfahrens nicht beeinsprucht, sondern vielmehr von der Antragstellerin selbst verwendet (vgl. Schriftsatz ihrer gewillkürten rechtlichen Vertretung vom 24.11.2020). Demzufolge wurde ihr Name in der Vorentscheidung des BFA vom 09.06.2017, Zl. 1101165902/160023523-RD Niederösterreich, mit " XXXX " angegeben.

Vorliegend wurde im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2020, Zl. L514 2163290-1/14E, der Name der Antragstellerin ebenfalls mit " XXXX " angegeben und im Übrigen nicht wie in der Anregung bzw. dem Antrag vermeint mit „ XXXX “.

Auch gegen das dem Erkenntnis vorangegangenen Protokoll zur Beschwerdeverhandlung vom 01.12.2020 wurde keine Protokollrüge erhoben, obwohl eine Rückübersetzung erfolgte und der Antragstellerin eine Kopie der Niederschrift am Ende der mündlichen Verhandlung ausgefolgt wurde und sie diese auch unterfertigt hat.

Eine offenkundige Unrichtigkeit oder ein auf einem Versehen beruhender berichtigungsfähiger Schreibfehler im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes liegt vor diesem Hintergrund nicht vor.

Anderes wäre etwa anzunehmen, wenn es bei der Erstellung der Niederschrift nachweislich zu einem Übertragungsfehler gekommen sein sollte (der sich dann insofern im Erkenntnis fortgesetzt hätte).

Dafür finden sich jedoch keinerlei Anzeichen im Akt.

Der von der Antragstellerin nun vorgelegte österreichische Fremdenpass kann nicht die volle Beweiskraft entfalten, da dieses Dokument auf Grund der eigenen Angaben der Antragstellerin und offenkundig nicht anhand eines Identitätsdokumentes aus dem Heimatland ausgestellt wurde.

Es liegt daher kein Schreib- oder Rechenfehler oder eine einem solchen gleichzuhaltende, auf einem Versehen oder ausschließlich auf technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit vor, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berichtigung des gegenständlichen Erkenntnisses nicht vorliegen.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Beschluss entnehmbaren Ausführungen geht weiters hervor, dass das erkennende Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgeht. Darüber hinaus wird zu diesem Thema keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert.

Schlagworte

Berichtigungsantrag Versehen Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L514.2163290.1.00

Im RIS seit

28.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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