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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. April 1995, Zl. 104.914/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 13. April 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den seinem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht stattgebenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. Juni 1994 gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. März 1995 aufgefordert worden, eine Einkommensbestätigung für das gesamte Jahr 1994, Einzahlungsbestätigungen der Krankenversicherung ab dem Zeitpunkt des Abschlusses sowie einen aktuellen Mietvertrag samt Bestätigung über die Mietzinshöhe vorzulegen. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer jedoch nur mangelhaft nachgekommen, da er lediglich eine Gehaltsbestätigung vom Monat Februar 1995, eine Bestätigung über eine ab 24. März 1995 gültige Krankenversicherung sowie einen Untermietvertrag lautend auf einen Dritten vorgelegt habe. Die belangte Behörde habe daher davon auszugehen gehabt, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1994 weder über ein ausreichendes Einkommen, noch über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt habe.
Nach § 4 Abs. 1 AufG könne Fremden unter Beachtung der gemäß § 2 AufG erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes eine Bewilligung erteilt werden, soweit kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliege. Auf die Verlängerung von Bewilligungen fänden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers sei ersichtlich, daß er nicht gewillt sei, die einschlägigen Rechtsvorschriften für den Aufenthalt von Fremden einzuhalten, da er erst über Aufforderung der belangten Behörde die erwähnten Unterlagen beigebracht habe, jedoch ein "Nachweis für die Vergangenheit" überhaupt nicht erbracht worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Aus dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere dem Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1993 und der Ablichtung seines Reisedokumentes, ergibt sich eindeutig, daß der Beschwerdeführer einen am 17. November 1992 ausgestellten, bis zum 30. Dezember 1993 gültigen Wiedereinreisesichtvermerk besessen hat. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1993 war daher zufolge der Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 1 zweiter Satz AufG als ein unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs. 2 leg. cit. zu behandelnder Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung zu werten.
Nach § 4 Abs. 2 AufG in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 konnte eine Bewilligung höchstens sechs Monate und nach einem Jahr um höchstens jeweils zwei Jahre verlängert werden, sofern (seit der letzten Erteilung) kein Ausschließungsgrund (§ 5) eingetreten ist.
Nach den Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde ihre Entscheidung sowohl darauf gestützt, daß sie von dem ihr auch bei der Verlängerung von Bewilligungen eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, als auch, daß sie ganz offensichtlich davon ausging, daß beim Beschwerdeführer seit dem Ablauf der Gültigkeit des ihm erteilten Wiedereinreisesichtvermerkes in bezug auf das Jahr 1994 der Ausschließungsgrund des mangelnden Lebensunterhaltes und des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz (FrG), demnach des Nichtvorliegens eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes, ausging, letzteres allerdings ohne sich auf die genannte Gesetzesstelle zu berufen.
Die belangte Behörde hat die von ihr vorgenommene Ermessensübung damit begründet, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten gezeigt habe, daß er nicht gewillt sei, die einschlägigen Rechtsvorschriften für den Aufenthalt von Fremden einzuhalten. Diese Annahme begründete sie mit der ihrer Meinung nach gegebenen Tatsache, daß der Beschwerdeführer entscheidungsrelevante Unterlagen erst über Aufforderung der belangten Behörde beigebracht und den Nachweis entscheidungsrelevanter Umstände für die Vergangenheit überhaupt nicht erbracht habe.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der von der belangten Behörde für notwendig erachtete Nachweis vom Beschwerdeführer erbracht worden ist oder nicht - die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. März 1995 der belangten Behörde übermittelten Unterlagen erliegen, entgegen einem Vermerk vom 11. April 1995 über den erfolgten Anschluß dieser Unterlagen an die Akten, nicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten, weil selbst zutreffenderweise ein derartiges Verhalten keinesfalls die Annahme rechtfertigen würde, der Beschwerdeführer sei nicht gewillt, die einschlägigen Rechtsvorschriften für den Aufenthalt von Fremden einzuhalten. Dazu kommt weiters, daß selbst die zutreffende Annahme, ein Fremder sei nicht gewillt, einschlägige Rechtsvorschriften für den Aufenthalt von Fremden einzuhalten, unter Umständen die Grundlage für die Annahme des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG bilden könnte, jedoch nicht geeignet wäre, eine Ermessensübung im Sinne des § 4 Abs. 1 AufG zu tragen.
Soweit die belangte Behörde ihre Entscheidung darauf gestützt hat, daß bezüglich des Beschwerdeführers für das Jahr 1994 die Ausschließungsgründe des mangelnden gesicherten Lebensunterhaltes und des Nichtvorliegens eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes eingetreten sei, ist festzuhalten, daß sich die Richtigkeit dieser Annahmen einerseits zum Teil der Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht, da - wie ausgeführt - die vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. März 1995 diesbezüglich vorgelegten Unterlagen im Akt nicht erliegen. Zum anderen erweisen sich diese Annahmen zum Teil als durch den Akteninhalt nicht erhärtet. So erliegt in den von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsakten eine Bestätigung der X-Versicherungsaktiengesellschaft, wonach der Beschwerdeführer bei dieser Anstalt "per" 1. Juni 1994 eine Krankenversicherung ohne Sofortschutz "beantragt" habe und die ersten drei Monatsprämien einbezahlt worden seien. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Jahre 1994 überhaupt keinen Krankenversicherungsschutz besessen, scheint vor dem Hintergrund dieser Aktenunterlage zumindestens aufklärungsbedürftig.
Soweit sich die mit hg. Verfügung vom 3. Oktober 1995 auf die Rechtsfolge des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesene belangte Behörde auf die in den Akten nicht erliegenden, vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. März 1995 vorgelegten Unterlagen stützt, war der Verwaltungsgerichtshof berechtigt, diesbezüglich aufgrund der Beschwerdebehauptungen zu entscheiden, ohne deren Richtigkeit überprüfen zu müssen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 538 f, angeführte Rechtsprechung). Diesbezüglich fällt der belangten Behörde der von der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel zur Last, daß sie ihrer Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 60 sowie 67 AVG nicht nachgekommen ist.
Dem angefochtenen Bescheid haftet demnach sowohl die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes als auch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Da aber die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes der einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 592, angeführte Rechtsprechung), war der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Mehrbegehren des unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung die Vorlage einer Abschrift des bekämpften Bescheides ausreichend gewesen wäre.
Schlagworte
Angenommener Sachverhalt (siehe auch Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein und Sachverhalt Verfahrensmängel) Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Beweisaufnahme durch den VwGH Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190192.X00Im RIS seit
02.05.2001