TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/5 VGW-042/093/5070/2021, VGW-042/V/093/5575/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.01.2022
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Entscheidungsdatum

05.01.2022

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein

Norm

AZG §26 Abs1
AZG §26 Abs2
AZG §26 Abs3
AZG §26 Abs6
AZG §28 Abs2 Z7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr.in Oswald, LL.M. über die Beschwerde der Frau A. B. und der C. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 13.1.2021, Zl. MBA/.../2020, betreffend Übertretungen des § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.12.2021

zu Recht e r k a n n t:

I.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 1.-15. und 17.-37. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, die Spruchpunkte 1.-15. und 17.-37. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte 2., 4., 7., 12. und 32. des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG und hinsichtlich der Spruchpunkte 1., 3., 5., 6., 8.-11., 13.-15., 17.-31. und 33.-37. des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II.      Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG hinsichtlich des Spruchpunktes 16. des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 150,-- auf € 100,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden auf 2 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, abgewiesen und Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass

-    die Wortfolge „keine Aufzeichnungen der geleisteten Arbeitsstunden in der Betriebsstätte geführt hat und somit die Kontrolle der Arbeitszeit, der Ruhepausen und der Ruhezeiten und damit die Feststellung der tatsächlich geleiteten Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerlnnen nicht möglich war, obwohl Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen haben.“ durch die folgende Wortfolge ersetzt wird: „nicht dafür gesorgt hat, dass Aufzeichnungen der von der genannten Arbeitnehmerin geleisteten Arbeitsstunden geführt werden und somit die Kontrolle der Arbeitszeit, der Ruhepausen und der Ruhezeiten und damit die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerin nicht möglich war.“,

-    die übertretene Verwaltungsvorschrift lautet wie folgt: „§ 26 Abs. 1 und 2 des Arbeitszeitgesetzes – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 46/1997, iVm § 28 Abs. 2 Z 7 AZG idF BGBl. I Nr. 114/2016 iVm § 9 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 3/2008 und

-    die gesetzliche Grundlage der Strafe lautet wie folgt: „§ 28 Abs. 2 erster Strafsatz AZG idF BGBl. I Nr. 124/2008“.

III.    Entsprechend der Herabsetzung der Strafe hinsichtlich des Spruchpunktes 16. des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens gemäß § 64 VStG in Bezug auf diesen Spruchpunkt auf € 10,-- (das sind 10% der verhängten Geldstrafe) herabgesetzt. In Bezug auf die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt der Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 VStG.

IV.      Der Ausspruch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis über den zu zahlenden Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) wird dahingehend abgeändert, dass der Betrag lautet wie folgt: „€ 110,-- “.

V.       Der Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG im angefochtenen Straferkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass er lautet wie folgt: „Die C. GmbH haftet für die mit diesem Erkenntnis über die zur Vertretung nach außen Berufene, Frau A. B. verhängte Geldstrafe in Höhe von € 100,--, den vorgeschriebenen Beitrag zu den Verfahrenskosten in Höhe von € 10,-- sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“

VI.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu leisten.

VII.    Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Für die Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG maßgebende Gründe:

Als erwiesen angenommene Tatsachen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist seit 16.2.2018 handelsrechtliche Geschäftsführerin der Zweitbeschwerdeführerin.

Die in den Spruchpunkten 1. und 3.-37. des angefochtenen Straferkenntnisses namentlich genannten Personen waren am 21.4.2020 Arbeitnehmer der Zweitbeschwerdeführerin.

Das Dienstverhältnis zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und Frau D. E. endete am 29.2.2020. Herr F. G. befand sich von 8.1.2020 bis 15.6.2020 im Krankenstand. Frau H. I. befand sich seit Ende Jänner 2020 im Mutterschutz.

Mit zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und den einzelnen Arbeitnehmern getroffenen Zusatzvereinbarungen zum jeweiligen Dienstvertrag wurde ab 23.3.2020 die Arbeitszeit der in den Spruchpunkten 1., 3.-11. und 13.-37. namentlich genannten Arbeitnehmer in einem Kurzarbeitsmodell herabgesetzt. Grund dafür waren die aufgrund der COVID-19-Pandemie normierten Betretungsverbote, die die Zweitbeschwerdeführerin dazu veranlassten, ihren Geschäftsbetrieb nahezu vollkommen einzustellen.

Nach der jeweiligen Zusatzvereinbarung wurde die wöchentliche Arbeitszeit um 70% bzw. 90% herabgesetzt. Weiters wurde in den Zusatzvereinbarungen festgehalten, dass sich die genaue Verteilung der durch die Kurzarbeit herabgesetzten Arbeitszeit aus den jeweils für den Dienstnehmer/die Dienstnehmerin vorbereiteten Dienstplänen ergibt und der Arbeitgeber berechtigt ist, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit festzulegen. Weiters wurde vereinbart, dass ein etwaiger Resturlaub bzw. Zeitguthaben bis zum 22.3.2020 zu verbrauchen sind. Nach der jeweiligen Zusatzvereinbarung ist bei Notwendigkeit aufgrund von Notfällen oder sonstigen betriebsbedingten Gründen die Überschreitung der Kurzarbeit in Ausnahmefällen zulässig.

Faktisch wurden keine Dienstpläne erstellt, sondern die Mitarbeiter aufgefordert, die Arbeitszeit je nach Arbeitsanfall und in Abstimmung mit dem Vorgesetzten selbstständig einzuteilen.

Nach Vereinbarung mit ihrem jeweiligen Vorgesetzten erledigten die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung im Rahmen der Kurzarbeitsvereinbarung entweder von ihrem Wohnsitz aus („Homeoffice“) oder in der Arbeitsstätte der C. GmbH in Wien, J.-gasse. Dabei wurde darauf geachtet, dass sich nicht zu viele Personen auf einmal in der Betriebsstätte befinden.

Ab dem 21.4.2020 verrichteten einzelne Mitarbeiter ihre Arbeit teilweise in der Arbeitsstätte, einige Mitarbeiter arbeiteten zu Hause, einige arbeiteten aufgrund der getroffenen Kurzarbeits-Vereinbarung an diesem Tag gar nicht.

Zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und ihren Arbeitnehmern war schon vor der Einführung der Kurzarbeit vereinbart, dass die Arbeitnehmer selbst Arbeitszeitaufzeichnungen führen. Dabei befüllten sie ein elektronisches Zeiterfassungssystem namens „K.“, indem sie ihre Arbeitszeiten eintrugen. Die Aufzeichnungen wurden in der Folge von den Vorgesetzten am Monatsende kontrolliert.

Das Zeiterfassungssystem „K.“ konnte für die Aufzeichnungen der Arbeitszeiten im Rahmen der Kurzarbeit nicht verwendet werden, da es nicht auf die Erfassung von Kurzarbeit ausgerichtet war. Die damalige Leiterin der Personalabteilung, Frau L., entwarf daraufhin Excel-Tabellen, die zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten verwendet werden sollten und übermittelte diese gemeinsam mit dem Ersuchen, die Listen wöchentlich zu unterzeichnen und Mehr- oder Minusstunden händisch auszurechnen, am 17.4.2021 per E-Mail an die Abteilungsleiter der Zweitbeschwerdeführerin.

Am 21.4.2020 wurden bereits diese Excel-Tabellen verwendet.

Die Excel Tabellen bestanden aus Spalten mit der Bezeichnung „PLAN“ und „IST“ sowie mit Spalten bzw. Zeilen mit den Angaben „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“ und „Pause“ Auf den zur Verfügung gestellten Tabellen findet sich weiters der Hinweis: „ab einer Arbeitszeit von durchgehend 6 Stunden, ist eine halbstündige Pause einzulegen und zu berücksichtigen“.

In diesen Tabellen wurden für 21.4.2020 folgende Angaben erfasst:

-      M. N.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 9:00, IST: 9:00 Arbeitsende: PLAN: 13:00, IST: 13:00, Summe PLAN: 4, Summe IST: 4“;

-      O. P.: „Arbeitsbeginn: frei, Arbeitsende: frei, Summe Plan: 2,7“;

-      Q. R.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 10:30, IST: 10:30, Arbeitsende: PLAN: 16:30, IST: 16:30, Summe Plan: 6, Summe IST: 6“;

-      A. B.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 10:00, IST: 10:00 Arbeitsende: PLAN: 14:00, IST: 14:00, Summe Plan: 4, Summe IST: 4;

-      S. T.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 10:00, IST: 10:00, Arbeitsende: PLAN: 14:00, IST: 14:00, Summe Plan: 4, Summe IST: 4“;

-      U. V.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4., ebensowenig für andere Tage im April 2020; an einzelnen Tagen findet sich die Eintragung „Schule“;

-      W. X.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      G. F.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; Eintragung in der ersten Spalte der Tabelle für April 2020: „KRANKENSTAND von 1. April bis 30. A“.

-      Y. Z.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 8:00, IST: 8:00 Arbeitsende: PLAN: 10:00, IST: 10:00, Summe Plan: 2, Summe IST: 2“;

-      AA. AB.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      AC. L.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      AD. AE.: „Arbeitsbeginn: PLAN: -, IST: -, Arbeitsende: PLAN: -, IST: -, Summe Plan: 0, Summe IST: 0“;

-      AF. AG.: „Arbeitsbeginn: PLAN: WF, IST: WF, Pause PLAN: WF, IST: WF, Arbeitsende: PLAN: WF, IST: WF“;

-      AH. AI.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      AJ. AK.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Pause“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      AL. AM.: „Arbeitsbeginn: IST: 10:00, Pause: IST: 1,5, Arbeitsende IST: 17:00, Summe IST: 5,5“;

-      AN. AO.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 10:00, IST: 10:00 Arbeitsende: PLAN: 12:30, IST: 12:30, Summe Plan: 2,5, Summe IST: 2,5“;

-      AP. AQ.: „Arbeitsbeginn: 9, Arbeitsende: 14, Summe Plan: 4, Summe IST: 5“;

-      AR. AS.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 8:00, IST: 8:00, Arbeitsende: PLAN: 10:00, IST: 12:00, Summe Plan: 2, Summe IST: 4“;

-      AT. AU.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      AV. AW.: „Arbeitsbeginn: 9:30, Arbeitsende: 10:30, Summe Plan: 0,8, Summe IST: 1“;

-      AX. AY.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 10:00, IST: 10:00, Pause PLAN: 12:00-13:00, IST: 12:00-13:00, Arbeitsende: PLAN: 14:00, IST: 14:00, Summe Plan: 3, Summe IST: 3“;

-      AT. AZ.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      BA. BB.: „Arbeitsbeginn: PLAN: FREI, IST: 10:30, Arbeitsende: PLAN: FREI, IST: 14:30, Summe IST: 4“;

-      BC. BD.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 13:00, IST: 15:30, Arbeitsende: PLAN: 14:00, IST: 16:15, Summe Plan: 1, IST: 0,75“;

-      BE. BF.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      BG. BH.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 09:00, IST: 08:00, Pause PLAN: 0, IST: 0, Arbeitsende: PLAN: 11:00, IST: 09:15, Summe Plan: 2, Summe IST: 1,25“;

-      BI. BJ.: „Arbeitsbeginn: PLAN: WF, IST: WF, Pause PLAN: WF, IST: WF, Arbeitsende: PLAN: WF, IST: WF“;

-      BK. BL.: „Arbeitsbeginn: PLAN: 09:00, IST: 20:00, Arbeitsende: PLAN: 11:00, IST: 00:00 Summe Plan: 2, Summe IST: 4“;

-      AP. BM.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Pause“, „Summe Plan“ „Summe IST“;

-      BN. BO.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ und „Summe IST“;

-      BP. BQ.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Pause“, „Summe Plan“ „Summe IST“;

-      BR. BS.: keine Eintragungen in der Tabelle für 21.4.; an einzelnen anderen Tagen im April 2020 finden sich Eintragungen in den Spalten „Arbeitsbeginn“, „Arbeitsende“, „Summe Plan“ „Summe IST“;

-      Für Frau BT. BU. wurde eine handschriftliche Aufzeichnung vorgelegt, auf der sich Aufzeichnungen der Arbeitszeit zu folgenden Tagen finden: 9.4., 18.4., 24.4., 30.4., 8.5., 15.5., 20.5., 29.5.

Die Tabellen sind jeweils vom betreffenden Mitarbeiter und teilweise von einem Vorgesetzten unterschrieben. Beim Kürzel „WF“ handelt es sich um eine Abkürzung für „wunschfrei“.

Diese Eintragungen wurden von den Arbeitnehmern jeweils tagesaktuell oder im Abstand von wenigen Tagen (entweder elektronisch aus dem Homeoffice über einen Citrix-Zugang oder im Betrieb oder händisch) durchgeführt und in regelmäßigen Abständen ausgedruckt, unterzeichnet und zumeist am Ende einer Woche oder des Monats, an den bzw. die jeweiligen Vorgesetzten übermittelt. Diese/r kontrollierte die Tabellen, unterzeichnete sie ebenfalls. Über die Vorgesetzten oder direkt über die Miterbeiter oder über Herrn BV. wurden die Listen anschließend an die HR-Abteilung übermittelt.

Für Frau BW. BX. wurden für den 21.4.2020 keine Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt. Vorgelegt wurde eine Tabelle mit Aufzeichnungen für die Kalenderwochen 14, 15 und 18 des Jahres 2020. Der 21.4.2020 fiel in die Kalenderwoche 17. In den vorgelegten Tabellen finden sich für bestimmte Tage Eintragungen zu Arbeitsbeginn und –ende sowie eine Gegenüberstellung der Spalten „Summe Plan“ und „Summe IST“. An einem Tag (27.4.2020) ist eine Arbeitszeit von mehr al 6 Stunden eingetragen; an diesem Tag ist auch eine Pause von 2 Stunden eingetragen. Die Tabelle für die Kalenderwoche 17 ist bei der Arbeitgeberin in Verlust geraten. Es kann nicht festgestellt werden, dass Frau BW. BX. nicht auch für die Kalenderwoche 17, und damit auch für den 21.4.2020, gleichartige Aufzeichnungen vorgenommen hat.

Die Beschuldigte ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Zur Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf den gesamten Akteninhalt (Gerichts- und Behördenakt), insbesondere die eingeholten Auszüge aus dem Firmenbuch, der Datenbank der Sozialversicherungsträger (AJ-Web) und den im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgelegten Unterlagen und Arbeitszeitaufzeichnungen in Form von ausgedruckten Excel-Tabellen, an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht, sowie die Einvernahme der Beschuldigten und der (ehemaligen) Arbeitnehmer Frau Mag. AV. AW., Herrn BI. BJ., Herrn AF. AG., Frau M. N., Frau BW. BX. und Frau Mag. AC. L., sowie von Herrn BY. BV., den Vorstand der C. AG, als Zeugen in der mündlichen Verhandlung.

Durch Vorlage entsprechender Bestätigungen, an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht, wurde bescheinigt, dass das Dienstverhältnis mit Frau D. bereits am 29.2.2020 endete (einvernehmliche Auflösung), dass Herr F. von 8.1.2020 bis 15.6.2020 im Krankenstand war (Arbeitsunfähigkeitsmeldung und ärztliche Bestätigung) und Frau H. sich seit Ende Jänner 2020 im Mutterschutz befand (Mutterschutzmeldung, Bestätigung über den Bezug des Wochengeldes).

Der Inhalt der Kurzarbeitsvereinbarungen ergibt sich aus den vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen.

Die Beschwerdeführerinnen führten dazu ergänzend aus, dass es faktisch keine Einteilung der Arbeitszeit durch Dienstpläne gegeben habe. Dies deckt sich mit den Aussagen der einvernommenen Zeugen, wonach die Arbeitszeit je nach Bedarf mit den jeweiligen Vorgesetzten bzw. mit Herrn BV. abgestimmt wurde.

Die Zeugen gaben in der Verhandlung übereinstimmend und glaubwürdig an, dass im Zuge der Kurzarbeitsvereinbarung auch vereinbart wurde, je nach Absprache mit dem/der jeweiligen Vorgesetzten die Tätigkeiten im Homeoffice zu verrichten.

Die einvernommenen Zeugen gaben, wie auch die Beschwerdeführerin, übereinstimmend und glaubwürdig an, dass bereits vor Einführung der Kurzarbeit eine Vereinbarung dahingehend bestand, dass die Arbeitnehmer die Arbeitszeiten selbst in das damals verwendete Zeiterfassungssystem „K.“ eintrugen.

Aus einem im Behördenakt inliegenden E-Mail von Frau L. vom 17.4.2021 ergibt sich, dass diese an diesem Tag die Excel-Tabellen, die nunmehr für die Arbeitszeitaufzeichnungen verwendet werden sollten, an die Abteilungsleiter samt Anleitungen zur Handhabung der Aufzeichnungen übermittelte. Dies deckt sich mit der Aussage von Frau L. und den Aussagen der übrigen Zeugen, wonach sie selbst die Arbeitszeitaufzeichnungen in diesen Tabellen vornahmen und in regelmäßigen Abständen dem jeweiligen Vorgesetzten übermittelten.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren legten die Beschwerdeführerinnen Arbeitszeitaufzeichnungen in Form von Tabellen, die jeweils vom betreffenden Mitarbeiter und vom Vorgesetzten unterzeichnet sind, vor. An der Richtigkeit und Echtheit dieser Aufzeichnungen ist, auch vor dem Hintergrund der glaubwürdigen Zeugenaussagen kein Zweifel entstanden. Es ist auch nachvollziehbar, dass, wie die Beschuldigtenvertreterin vorbrachte, die frühere Vorlage der Aufzeichnungen deswegen unterlieb, weil im Nachhang zur Kontrolle vom 21.4.2020 zahlreiche andere Verfahren anhängig wurden, insb. betreffend die Kurzarbeitsbeihilfe.

Aus den insoweit übereinstimmenden, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Zeugen lässt sich schließen, dass die Arbeitnehmer die Aufzeichnungen (tages-)aktuell führten und in regelmäßigen Abständen, spätestens am Ende des Monats dem/der jeweiligen Vorgesetzten übermittelten.

In Bezug auf Frau BW. BX. wurde eine Tabelle beinhaltend Arbeitszeitaufzeichnungen für April 2020 vorgelegt, bei der die Kalenderwoche, in die der 21.4.2020 fällt, fehlt. Die Beschwerdeführerin vermochte diesbezüglich glaubhaft vorzubringen, dass auch in der den 21.4.2020 beinhaltenden Kalenderwoche Aufzeichnungen geführt wurden, diese aber in der Zwischenzeit in Verlust geraten seien. Auch die zeugenschaftlich einvernommene Frau BW. BX. gab glaubwürdig an, dass ihr kein Umstand erinnerlich sei, weswegen sie nicht auch in der Kalenderwoche, bezüglich derer Aufzeichnungen fehlen, gleichartige Aufzeichnungen wie in den Wochen davor und danach geführt habe. Vor diesem Hintergrund kann nicht mit der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass für Frau BW. BX. für 21.4.2020 keinerlei Arbeitszeitaufzeichnungen geführt wurden.

Zur rechtlichen Beurteilung einschließlich Strafbemessung:

In Bezug auf die der Beschuldigten unter Spruchpunkt 2., 4., 12. und 32. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tathandlungen liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor. So hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass Frau E. D. (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses) zum inkriminierten Zeitpunkt nicht mehr Arbeitnehmerin der Zweitbeschwerdeführerin war, dass sich Herr G. F. (Spruchpunkt 4. des angefochtenen Straferkenntnisses) zum inkriminierten Zeitpunkt im Dauerkrankenstand befand und dass sich Frau I. H. (Spruchpunkt 12. des angefochtenen Straferkenntnisses) zum inkriminierten Zeitpunkt im Mutterschutz befand. Für diese Personen bestand zum der Beschuldigten vorgeworfenen Tatzeitpunkt des 21.4.2020 keine Verpflichtung, Arbeitsaufzeichnungen nach § 26 AZG zu führen. In Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin (Spruchpunkt 32. des angefochtenen Straferkenntnisses), die als Geschäftsführerin zweifellos leitende Angestellte ist, besteht diese Verpflichtung schon mangels Anwendbarkeit des AZG (§ 1 Abs. 2 Z 8 AZG) nicht (vgl. etwa OGH 15.9.1988, 8 Ob 619/87).

Die Spruchpunkte 2., 4., 12. und 32. des angefochtenen Straferkenntnisses sind daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

In Bezug auf die in den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmer/-innen traf die Arbeitgeberin zum inkriminierten Zeitpunkt gemäß § 26 Abs. 1 AZG grundsätzlich die Verpflichtung, zur Überwachung der Einhaltung der im AZG geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Diese Aufzeichnungen haben im Lichte der Bestimmung des § 26 Abs. 6 AZG grundsätzlich so beschaffen zu sein, dass sie jederzeit in der Betriebsstätte, in der die jeweiligen Arbeitnehmer beschäftigt werden, eingesehen werden können (dazu, dass etwa eine Abrufbarkeit in der Unternehmenszentrale nicht ausreicht, siehe etwa VwGH, 11.4.2000, 99/11/0383).

Soweit die Beschwerdeführerinnen vorbringen, dass sich die betroffenen Arbeitnehmer zum Kontrollzeitpunkt in Kurzarbeit befanden und teilweise am inkriminierten Datum keine Arbeitsleistungen erbrachten, ist darauf hinzuweisen, dass die Umstellung auf Kurzarbeit nicht von der Verpflichtung zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen befreit. So haben nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass dadurch eine Überwachung der Einhaltung der im Arbeitszeitgesetz geregelten Angelegenheiten möglich ist (VwGH 23.11.2017, Ra 2017/11/0243). Auch bei herabgesetzter Arbeitszeit sind daher Aufzeichnungen nach § 26 Abs. 1 AZG zu führen, um die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AZG zu ermöglichen. Dementsprechend sind auch Zeiträume, in denen aufgrund der herabgesetzten Arbeitszeit keine Arbeitsleistung erbracht wird, im Rahmen von Arbeitszeitaufzeichnungen zu dokumentieren, um die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben zu ermöglichen. Denkbar sind hierfür etwa die oben festgestellten Darstellungen „-“ oder „0“ oder Angaben, wie „frei“ oder aber Auslassungen in einer Tabelle, in der für andere Tage Aufzeichnungen aufscheinen, aus der daher insgesamt geschlossen werden kann, dass an Tagen, an denen keine Aufzeichnungen erfolgten, keine Arbeitsleistungen erbracht wurden.

Auch der Umstand, dass die Arbeitnehmer ihrer Dienstpflicht – bedingt durch die Covid-19-Pandemie – zu großen Teilen in ihrer Wohnung ausübten, ändert nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen, wenngleich § 26 Abs. 3 AZG u.U. weniger strenge Anforderungen an den Inhalt der Aufzeichnungen stellt. Die im Homeoffice erstellten Arbeitszeitaufzeichnungen sind raschest möglich in die Betriebsstätte zu transferieren (Schrank, Arbeitszeit Kommentar6, 2021, § 26, Rz. 6).

Gemäß § 26 Abs. 2 AZG kann – insbesondere im Fall von Gleitzeit – vereinbart werden, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen vom Arbeitnehmer zu führen sind. Eine solche Vereinbarung lag im gegenständlichen Fall bereits vor Einführung von Kurzarbeit und Homeoffice vor. Somit erfolgte nicht erst mit der Verlagerung der Arbeitsverrichtung in die privaten Wohnstätten der Arbeitnehmer eine Übertragung der Durchführung der Arbeitszeitaufzeichnungen. Vielmehr wurde nur die Art und Weise der Durchführung der Aufzeichnungen (durch Anweisung der Arbeitgeberin) verändert. Abgesehen davon wird bei einer Vereinbarung der Verrichtung von Arbeitsleistungen im Homeoffice auch von einer (konkludenten) Vereinbarung über die Verlagerung der Aufzeichnungspflicht auf die Arbeitnehmer auszugehen sein, da eine Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers über Sachverhalte, die er – wie etwa den genauen Arbeitsbeginn bei Arbeitnehmern, die im Homeoffice arbeiten – nicht kennen kann, schwer begründbar ist (vgl. Heilegger, in Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz5, 2019, 629). Schon aus § 26 Abs. 1 AZG ist im Übrigen nicht ableitbar, dass der Arbeitgeber die Aufzeichnungen immer selbst und eigenhändig zu führen hat (siehe VwGH 4.3.1991, 90/19/0246).

Allerdings entbindet die Übertragung der Durchführung der Arbeitszeitaufzeichnungen auf die Arbeitnehmer nach § 26 Abs. 2 AZG den Arbeitgeber keinesfalls von der Pflicht, für die ordnungsgemäße Führung der Aufzeichnungen zu sorgen. Vielmehr trifft den Arbeitgeber die Pflicht zur angemessenen Anleitung und Kontrolle (Schrank in Schrank, Arbeitszeit Kommentar6, 2021, § 26, Rz. 19; siehe auch OGH 30.7.2013, 8 ObA 46/13t zur weiterhin bestehenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers).

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass es Vorgaben gab, wonach die Arbeitnehmer die Arbeitszeitaufzeichnungen anhand von Excel-Tabellen zu führen hatten, wobei seitens der Arbeitgeberin auch bestimmte Angaben zur Art und Weise deren Handhabung gemacht wurden.

Im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden seitens der Beschwerdeführerinnen in Bezug auf alle im angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer Arbeitszeitaufzeichnungen in Form von Excel-Tabellen bzw. in einem Fall in Form handschriftlicher Aufzeichnungen vorgelegt. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese Tabellen unternehmensintern gespeichert waren und von den Arbeitnehmern von zu Hause aus (via remote-Zugang elektronisch oder händisch) oder in der Betriebsstätte befüllt wurden und in regelmäßigen Abständen, spätestens am Monatsende den jeweiligen Vorgesetzten zur Kontrolle übergeben wurden.

Aus den vorgelegten Aufzeichnungen ist ersichtlich, dass durch die Arbeitnehmer im April 2020 grundsätzlich Arbeitszeitaufzeichnungen im o.g. Sinn geführt wurden. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese Aufzeichnungen (tages-)aktuell geführt wurden. Dass durch die Arbeitgeber (insb. im Homeoffice) aktuell geführte Aufzeichnungen erst zu einem etwas späteren Zeitpunkt an den Arbeitgeber übergeben werden, schadet iZm den Pflichten des Arbeitgebers nach § 26 Abs. 2 AZG nicht (siehe Schrank in Schrank, Arbeitszeit Kommentar6, 2021, § 26, Rz. 18 f.; siehe auch Rz. 22).

Der festgestellte Sachverhalt zeigt, dass die Arbeitgeberin ihrer Anleitungs- und Kontrollpflicht in Bezug auf die meisten von den Arbeitnehmern geführten Aufzeichnungen nachgekommen ist. So wurden Excel-Tabellen vorbereitet, per E-Mail Anleitungen zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten in den Excel-Tabellen gemacht, die Aufzeichnungen von den Arbeitnehmern geführt und von ihnen selbst wie auch den Vorgesetzten unterschrieben und schließlich (am Monatsende) der Personalchefin ausgehändigt.

Die vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen der in den Spruchpunkten 1., 3., 5., 6., 8.-11., 13.-15. und 17.-31. und 33.-37 des angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer für den 21.4.2020 (nur auf diesen Tag bezieht sich der Tatvorwurf) sind in den insofern als Arbeitszeitaufzeichnungen iSd § 26 Abs. 1-5 AZG anzusehen, als Beginn- und Endzeiten der tatsächlichen Arbeitszeit eingetragen sind, bei Arbeitszeiten über sechs Stunden Pausen eingetragen sind (vgl. § 11 AZG) und Salden der Ist-Zeiten aufscheinen. Auch Angaben wie „frei“, „WF“ (laut Ermittlungen handelt es sich um das Kürzel für „wunschfrei“) in der „IST-Spalte“ der Tabelle oder „0“ für den 21.4.2020 sind als ausreichende Angabe darüber, dass an dem Tag keine Arbeitsleistung erbracht wurde, anzusehen. Selbst wenn am 21.4.2020 keine Eintragung vorhanden ist, lässt sich in Bezug auf die genannten Arbeitnehmer aus den sonstigen Eintragungen in der Tabelle für April 2020 vor dem Hintergrund der Kurzarbeitszeitvereinbarungen der Umkehrschluss ziehen, dass am 21.4.2020 keine Arbeitsleistung erbracht wurde.

Ob die Ausgabe der diesbezüglichen Anleitungen am 17.4.2020 – somit einige Tage vor der gegenständlichen Kontrolle – in Bezug auf vor diesem Zeitpunkt durchzuführende Aufzeichnungen zeigerecht war, ist in Anbetracht des inkriminierten Tatzeitpunkts 21.4.2020 im vorliegenden Verfahren nicht relevant.

Das Arbeitsinspektorat bringt mit näherer Begründung vor, dass nicht alle der nachgereichten Arbeitszeitaufzeichnungen in jeder Hinsicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen würden (insbesondere hinsichtlich der Lage der Ruhepausen bei bestimmten Arbeitnehmern an bestimmten näher genannten Tagen). Ob dies der Fall ist, oder ob die vorgelegten Aufzeichnungen den verringerten Anforderungen des § 26 Abs. 3 AZG entsprechen, ist im vorliegenden Verfahren allerdings nicht entscheidungsrelevant. Denn sämtliche Tatvorwurfe des angefochtenen Straferkenntnisses beziehen sich auf den 21.4.2020 (und nicht andere Tage) sowie darauf, dass die Zweitbeschwerdeführerin „[…] keine Aufzeichnungen der geleisteten Arbeitsstunden in der Betriebsstätte geführt hat […]“. Aus den vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen für den 21.4.2020 der in den Spruchpunkten 11., 3., 5., 6., 8.-11., 13.-15. und 17.-31. und 33.-37 des angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer für den 21.4.2020 lassen sich Beginn und Ende der Arbeitszeiten sowie – soweit die Arbeitszeit mehr als 6 Stunden beträgt – die Einhaltung einer Pause entnehmen. Folglich wurden Aufzeichnungen iSd § 26 Abs. 1-5 AZG geführt. Auch der Umstand, dass von manchen Arbeitnehmern an dem Tag keinerlei Arbeitsleistung erbracht wurde ist, wie erörtert, angegeben worden bzw. aus den Tabellen insgesamt zu schließen. Eine Abänderung der Tatvorwürfe dahingehend, dass die Zweitbeschwerdeführerin als Arbeitgeberin ihren Anleitungs- und Kontrollpflichten nach § 26 Abs. 2 AZG insofern nicht nachgekommen ist, als die von den Arbeitnehmern durchgeführten Arbeitsaufzeichnungen bestimmte Mängel aufweisen, würde eine Überschreitung der durch die erste Verfolgungshandlung und den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses abgegrenzten Sache des Verfahrens darstellen (vgl. VwGH 19.3.1997, 93/11/0107; siehe auch VwGH 23.11.2017, Ra 2017/11/0243 zur Unterscheidung zwischen dem Vorwurf, keine Aufzeichnungen geführt zu haben und mangelhafte Aufzeichnungen geführt zu haben).

In Bezug auf den Tatvorwurf der Unterlassung der Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen am 21.4.2020 ist der Zweitbeschwerdeführerin somit aus den genannten Gründen für die in den Spruchpunkten 1., 3., 5., 6., 8.-11., 13.-15. und 17.-31. und 33.-37 des angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, da eine Vereinbarung der Durchführung der Aufzeichnungen auf die Arbeitnehmer nach § 26 Abs. 2 AZG vorlag und in Anbetracht der Umstände des konkreten Falles keine Verletzung der Anleitungs- und Kontrollpflichten der Arbeitgeberin ersichtlich ist.

Folglich waren auch diese Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

Hinsichtlich der in Spruchpunkt 7. des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmerin konnten Arbeitszeitaufzeichnungen für den 21.4.2020 nicht vorgelegt werden. Wie die beweiswürdigenden Erwägungen zeigen kann in Bezug auf diese Arbeitnehmerin aber nicht mit der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass am 21.4.2020 keine tauglichen Aufzeichnungen geführt wurden. Dieser Spruchpunkt ist daher ebenfalls aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

Hinsichtlich der in Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmerin liegt allerdings eine Verletzung der Anleitungs- und Kontrollpflicht sehr wohl vor. Die vorgelegte Tabelle für April 2020 enthält für den 21.4.2020 keinerlei Aufzeichnungen. Im Unterschied zu den Arbeitszeitaufzeichnungen betreffend die anderen Arbeitnehmer, bei denen für diesen Tag keine Aufzeichnungen aufscheinen, kann im Fall der in Spruchpunkt 16. genannten Arbeitnehmerin aber auch aufgrund der übrigen Aufzeichnungen in der Tabelle nicht der Schluss gezogen werden, dass aufgrund der Kurzarbeit an diesem Tag keine Arbeitsleistung erfolgte. So scheinen auch an anderen Tagen im April 2020 keinerlei Eintragungen auf. Der an manchen Stellen angebrachte Vermerk „Schule“ ist nicht nachvollziehbar. Auch wenn die generellen Anleitungen der Arbeitgeberin zur Befüllung der Excel-Tabellen nicht zu beanstanden sind, haben diese im konkreten Fall der in Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitnehmerin nicht dazu geführt, dass taugliche Arbeitszeitaufzeichnungen geführt wurden. Die Anleitungs- und Kontrollmaßnahmen der Arbeitgeberin waren im Fall dieser Arbeitnehmerin daher nicht effektiv. Eine Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AZG wurde der Behörde bzw. dem Arbeitsinspektorat daher verunmöglicht.

In Bezug auf Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der objektive Tatbestand des § 28 Abs. 2 Z 7 AZG daher erfüllt.

Als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zweitbeschwerdeführerin ist die Erstbeschwerdeführerin für diese Übertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Ein das Verschulden ausschließendes effektives Kontrollsystem konnten die Beschwerdeführerinnen diesbezüglich nicht dartun. Dass ein solches im Hinblick auf die Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen durch die in Rede stehende Arbeitnehmerin nicht in funktionierender Form vorlag, zeigt schon der Umstand, dass für diese Arbeitnehmerin während des gesamten April 2020 keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt wurden.

Zur Strafbemessung in Bezug auf Spruchpunkt 16. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde in Spruchpunkt 16. eine Geldstrafe in Höhe von € 150,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 3 Stunden verhängt. Damit liegt die verhängte Strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 28 Abs. 2 erster Strafsatz AZG: € 72,-- bis € 1.815,--).

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das öffentliche Interesse an der Ermöglichung einer effektiven Kontrolle der Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften. Das Ausmaß des Verschuldens ist im vorliegenden Fall mangels Vorliegens eines effektiven Kontrollsystems zwar als nicht geringfügig anzusehen (siehe VwGH 22.10.1992, 92/18/0342). Angesichts der für das Unternehmen herausfordernden Situation im Zusammenhang mit der Organisation der durch die Covid-19-Pandemie bedingten Einführung von Kurzarbeit und Homeoffice im Frühjahr 2020 und vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bemühungen, die Zeiterfassung im herkömmlichen System weiterführen zu können, ist das Verschulden aber auch nicht als besonders schwerwiegend einzustufen.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschuldigten sind als durchschnittlich zu bewerten. Als Milderungsgrund ist die Unbescholtenheit der Beschuldigten zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe sind im Verfahren keine hervorgekommen.

In Anbetracht der genannten Strafbemessungsgründe und auch aus spezialpräventiven Erwägungen reicht im vorliegenden Fall auch vor dem Hintergrund des persönlichen Eindrucks, den sich die erkennende Richterin von der Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung verschaffen konnte, die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von € 100,-- aus, um die Beschwerdeführerinnen hinkünftig zu einer lückenlosen korrekten Anleitung und Kontrolle der Durchführung der Arbeitszeitaufzeichnungen anzuhalten.

Die Voraussetzungen für eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG liegen schon mangels Geringfügigkeit der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht vor.

Die Spruchkorrektur betrifft eine Präzision des Tatvorwurfs und die Richtigstellung der Übertretungsnorm ohne dessen Austausch und die Angabe der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassungen der maßgeblichen Rechtsvorschriften (siehe etwa VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013 mwN).

Schlagworte

Kurzarbeit; Homeoffice; Zeiterfassungssystem; Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden; Gleitzeit; Anleitungs- und Kontrollpflichten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.042.093.5070.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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