TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/1 L506 2202109-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.12.2021
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Entscheidungsdatum

01.12.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L506 2202109-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA Pakistan, vertreten durch die BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.10.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF) brachte am XXXX nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Dabei führte er im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX zusammengefasst aus, dass er im August 2014 in XXXX mit vielen Anhängern der Partei „PAT“ an einer Revolutionsdemonstration gegen die Regierung teilgenommen habe. Es sei eine friedliche Demonstration gewesen. Als sie zum Regierungshaus des Premierministers gezogen seien, sei die Polizei gekommen und habe versucht, die Demonstration aufzulösen. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, scharf geschossen und die Teilnehmer geschlagen. Der BF sei gemeinsam mit einigen anderen Demonstranten festgenommen und in einen Keller verbracht worden. Sie seien dort misshandelt, geschlagen und gefoltert worden. Einige Leute seien ums Leben gekommen. Als sie die Polizei woanders hin transferieren gewollt habe, habe der BF flüchten können. Der Chef der Partei, welcher der BF angehöre, sei ein religiöser Gelehrter. Er habe eine „Fatwa“ gegen die Taliban ausgegeben, dass sie aufgrund ihrer Untaten keine Moslems seien. Seit der Herausgabe der „Fatwa“ bestehe für den BF und die Anhänger seiner Partei eine Bedrohung durch die Taliban. Von 2009 bis 2013 habe es Anschläge von Leuten der gegnerischen Parteien gegeben. Einmal sei auf den BF geschossen worden, er sei aber nicht getroffen worden. Weiters seien falsche Anzeigen gegen den BF erstattet worden. Aus Angst um sein Leben habe er dann beschlossen, Pakistan zu verlassen. (AS 13)

Der BF sei legal mit dem Flugzeug und seinem Reisepass aus Pakistan ausgereist. Der Pass sei beim Schlepper. (AS 9)

Im Rückkehrfall fürchte der BF um sein Leben. Die Taliban könnten ihn töten. Weiters habe er aufgrund der Demoteilnahme Angst vor der Regierung. Er könnte von der Polizei eingesperrt, gefoltert oder auch getötet werden. (AS 15)

2. Am 27.07.2016 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dort gab der BF an, er stamme aus XXXX in Punjab, sei Moslem (Sunnit) und gehöre der Volksgruppe der Ansari an. Seinen Reisepass habe er in Libyen verloren bzw. sei er ihm weggenommen worden. (AS 53)

Zum Ausreisegrund befragt gab der BF im Wesentlichen an, dass er Mitglied der PAT sei. Bei ihm in der Ortschaft sei die Peoples Party (PP) tätig gewesen und auch die PAT. Dann habe es auch die Noon League bzw. Pakistani Moslem League Noon gegeben. Diese habe den BF gestresst, verfolgt und ihm Schwierigkeiten bereitet, weshalb er flüchten habe müssen. Zuerst hätten sie den BF misshandelt und dann versucht, ihn umzubringen. Der BF habe dann die Ortschaft verlassen. Sein Bruder habe nicht mitkommen können, weil er ein Kind habe. (AS 57f.)

Die Frage nach weiteren Gründen für die Asylantragstellung verneinte der BF.
Nach allfälligen Problemen mit heimatlichen Behörden befragt, gab der BF an, misshandelt worden zu sein. Er habe dafür keine Beweise, vom BF wurden jedoch First Information Reports, FIRs (Kopien) vorgelegt, dort könne man nachschauen. Befragt, ob der BF jemals in Haft gewesen sei, gab er an, dass er drei-vier Mal inhaftiert gewesen sei. Der BF sei politisch verfolgt worden; wegen seiner Religion sei er nicht verfolgt worden, man könne jedoch verstehen, dass er wegen der Volksgruppe bzw. wegen der politischen Gesinnung verfolgt worden sei. (AS 55)

Im Rückkehrfall befürchte der BF, von den Männern, die ihn misshandelt haben, umgebracht zu werden, wenn nicht diese es tun würden, dann die Polizei. (AS 63)

3. Am 20.04.2018 erfolgte eine weitere Einvernahme des BF vor dem BFA.

Zu seinem Gesundheitszustand gab der BF an, Rückenschmerzen zu haben. Im Jahr 2017 sei er wegen Nierensteinen operiert worden und nehme deswegen Medikamente. Die Rückenschmerzen habe er aufgrund von Schlägen in Pakistan. Er habe auch dort Medikamente eingenommen, dann habe er keine Schmerzen mehr gehabt. Hier in Österreich sei er einmal die Treppe hinuntergefallen und seitdem habe er wieder Rückenschmerzen. (AS 132)

Der BF brachte vor, dass seine Probleme und die Verfolgung im Jahr 2009 angefangen haben. Er habe zur Partei PAT gehört. Der Chef der Partei sei Dr. Tahir ul Quadiri. Er habe gegen den Präsident Nawaz Sharif (Noon League) zum Streik aufgerufen. In Dorf des BF seien fast nur Anhänger der Noon League gewesen. Die ganzen Polizeistationen von Punjab würden ebenfalls zur Noon League gehören. Der BF habe Angst vor den Dorfleuten und den Polizisten gehabt. Es habe eine Schießerei von den Dorfleuten gegeben, sie hätten den BF erschießen wollen. Dr. Tahir ul Quadiri habe eine „Fatwa“ gegen die Taliban gemacht. Am 31.08.2014 in der Nacht, habe der BF bei einer Demonstration „Long March“ in XXXX teilgenommen. Sie seien Richtung Parlament gegangen. Es seien ca. 3000 Demo-Teilnehmer gewesen. Die Polizisten hätten sie geschlagen und sei auch auf sie geschossen worden. In der gleichen Nacht hätten die Polizisten alle festgenommen. Statt zu einer Polizeistation seien sie in einen Keller gebracht worden. Der BF habe es geschafft wegzulaufen. Der Bruder des BF habe ihn für ein paar Tage irgendwo versteckt und seinen Pass und einige Sachen vorbereitet und ihn dann nach Dubai geschickt. Dort habe sein Fluchtweg begonnen. (AS 134f.)

Im Weiteren wurde mit dem BF die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative erörtert, wozu vom BF angegeben wurde, im ganzen Land von der Polizei gesucht worden zu sein. Es gebe auch eine Anzeige gegen ihn. Er habe Probleme mit den Taliban, den Polizisten und der Nun League Partei. Er könne sich nicht vor diesen retten. (AS 136)

Im Rückkehrfall fürchte sich der BF vor der Polizei, der Noon League Partei und den Dorfbewohnern. (AS 137)

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V) und dem BF eine Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI).

Beweiswürdigend führte das BFA aus, dass das Vorbringen des BF aufgrund höchst vager, unkonkreter, unnachvollziehbarer und widersprüchliche Angaben nicht glaubhaft ist.

So habe der BF angegeben, dass er der PAT-Partei und somit einer Minderheit in seinem Dorf angehöre, da die Mehrzahl der Dorfbewohner der NOON League-Partei anhängen würden. Da er jedoch den Hauptteil seines Lebens im Dorf verbracht habe, könne aus diesem Umstand kein Nachteil für den BF erkannt werden.

Weiters bestehe der begründete Verdacht, dass der BF sein vorgebrachtes Wissen über die Demonstration nur über Medien in Erfahrung gebracht habe. Laut Ausführungen des BF, habe er am 31.08.2014 bei einer Demonstration in Islamabad teilgenommen (Long March) und sei noch in derselben Nacht von der Polizei festgenommen worden, jedoch sei dem BF die Flucht gelungen und habe er sich einem weiteren Verfahren entziehen können. Dass der BF somit gewusst habe, dass die festgenommenen Demonstranten in einem Keller untergebracht worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Es sei daher auch nicht davon auszugehen, dass der BF den vorgebrachten Sachverhalt tatsächlich selbst erlebt habe.

Dass der BF den vorgebrachten Sachverhalt (Demonstration) nicht selbst erlebt habe, begründe sich auch in der Tatsache, dass er eben diesen Fluchtgrund in der niederschriftlichen Einvernahme vom 27.07.2016 mit keinem Wort erwähnt habe. Der BF habe dort als Fluchtgrund lediglich Verfolgung durch Dorfbewohner der anderen Partei (Noon League) angegeben.

Der BF habe die gegen ihn gerichtete Gefahr nicht konkretisieren können, sondern habe widersprüchliche Angaben den Fluchtgrund betreffend gemacht. Überdies habe er keine neuen Beweismittel vorlegen können, die sein Vorbringen hätten untermauern können.

Die legale Ausreise aus dem Herkunftsstaat lasse weiters darauf schließen, dass der BF nicht zur Festnahme ausgeschrieben sei.

Es ist sei aufgrund der genannten Umstände zusammengefasst nicht davon auszugehen, dass das Vorbringen des BF der Realität entspricht. Dem BF sei es nicht gelungen begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen.

Das BFA führte weiter aus, dass eine Verfolgung des BF aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Fluchtgründen nicht habe festgestellt werden können.

Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Pakistan einer Verfolgungsgefährdung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Aus dem Gesamtvorbingen des BF ergebe sich weiters, dass er grundsätzlich arbeitsfähig und arbeitswillig sei und sich somit seinen Lebensunterhalt in Pakistan durch Arbeit finanzieren könne. Darüber hinaus verfüge der BF auch über soziale und familiäre Anknüpfungspunkte im Heimatstaat. Auch habe der BF in Pakistan bereits Medikamente eingenommen und seien auch Medikamente gegen Blutarmut in Pakistan erhältlich.

5. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften erhoben.

Es wurden die Anträge gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge

-) den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz Folge gegeben und diesem der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde;

-) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat zuerkannt werde;

-) in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und zur inhaltlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverweisen

-) eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumen.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der BF im August 2014 mit Anhängern der Partei PAT an einer Revolutionsdemonstration gegen die Regierung teilgenommen habe. Die Polizei habe versucht die Demonstration aufzulösen, indem sie Tränengas eingesetzt und die Demonstranten geschlagen habe. Der BF sei gemeinsam mit anderen Demonstranten festgenommen und in einen Keller eingesperrt worden. Dort seien sie geschlagen und gefoltert worden. Als sie die Polizei transferieren wollen habe, sei dem BF die Flucht gelungen. Der Chef der Partei des BF habe eine „Fatwa“ gegen die Taliban ausgegeben. Seither sei der BF wie die anderen Anhänger seiner Partei von den Taliban bedroht. Es seien falsche Anzeigen gegen den BF erstattet worden. Aus Angst vor der Polizei und den Taliban habe der BF Pakistan verlassen, da er sonst umgebracht worden wäre.

Der BF habe in der Einvernahme detaillierte Angaben über seine Fluchtgründe gemacht. Er habe seine Fluchtgeschichte chronologisch und vollständig wiedergeben. Die Angaben stimmen auch mit den allgemein zugänglichen Informationen und Medienberichten überein. Die belangte Behörde behaupte jedoch das Vorbringen des BF sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar ohne dies ausreichend zu begründen. Aus diesem Grund sei die Beweiswürdigung des Bescheides mangelhaft.

Zur sprachlichen und beruflichen Integration in Österreich sei zu erwähnen, dass der BF bemüht sei die deutsche Sprache zu erlernen. Überdies pflege der BF soziale Kontakte und habe er auch einen Freundeskreis in Österreich.

6. Die gegenständliche Beschwerde samt erstinstanzlichen Verwaltungsakt langte am 27.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 28.06.2019 langten hg. Integrationsunterlagen zum BF, nämlich ein ÖSD Zertifikat A2 vom 11.07.2018, ein GISA Auszug sowie eine Verständigung des Magistrats der Stadt XXXX betreffend die Gewerbeberechtigung des BF für die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen und Anhänger, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.5000 kg nicht übersteigt und ein „Verteilvertrag“ zwischen dem BF und der PDW Zustellservice GmbH samt Bestätigung und Datenschutzinformation ein. (OZ 5)

Am 21.09.2021 legte der BF mehrere Lohnzettel (April bis August 2021), einen Rahmenwerkvertrag vom 24.08.2021 sowie eine Strafregisterbescheinigung vor. (OZ 11)

8. Am 05.10.2021 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der BF und das BFA geladen wurden.

9. Am 5.11.2021 langten hg. verschiedene vom BF ausgestellte Rechnungen vom Mai, April, März, Februar und Jänner 2021 sowie vom Juli 2020 ein.

10. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

11. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde und durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.10.2021. Einsicht genommen wurde zudem in die aktuellen Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe Punjabi/ Ansari und moslemischen (sunnitischen) Glaubens. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX , im Distrikt XXXX. Er hat dort mit seinem Vater in einem Haus gewohnt, neun Jahre lang die Schule besucht und drei Jahre als Versicherungsvertreter (von 2011 bis 2014) gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.

Der Vater, zwei Brüder und vier Schwestern des Beschwerdeführers sind nach wie vor in Pakistan aufhältig. Seine Mutter ist bereits verstorben. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen (1x wöchentlich) Kontakt zu seinen Familienangehörigen.

Der Beschwerdeführer nimmt keine Medikamente und steht nicht in ärztlicher Behandlung; er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste im September 2014 legal mit dem Flugzeug aus Pakistan XXXX aus und über Dubai, wo er sich circa neun Tage aufhielt, über Kairo nach Tobruk/Libyen, von wo er nach Italien gelangte. Der Beschwerdeführer hielt sich in verschiedenen Städten Italiens auf und reiste von dort schließlich illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Pakistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Partei „PAT“ (Pakistan Awami Tehreek) Verfolgung bzw. Bedrohung jeglicher Art (insbesondere Gewaltübergriffen wie Schlägen, Misshandlungen und Schüssen) seitens der Polizei, der Taliban und der Bewohner seines Heimatdorfes (die gegnerischen Parteien angehören) ausgesetzt war oder pro futuro derartige Probleme zu gewärtigen hat.

Insbesondere kann nicht auch festgestellt werden, dass er wegen der Teilnahme an einer Revolutionsdemonstration gegen die Regierung von der Polizei beschossen, geschlagen, festgenommen, in einen Keller verbracht und misshandelt bzw. gefoltert worden ist, von der Polizei bzw. Privatpersonen mehrfach fälschlich angezeigt wurde und landesweit gesucht wird.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

2.3. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstigen nahen Bezugspersonen.

Der Beschwerdeführer ist kein Mitglied in einem Verein. Er hat einen Freundeskreis, dem Personen unterschiedlicher Nationalitäten angehören. (Österreicher, Pakistani, Afghanen, Rumänen)

Der Beschwerdeführer verfügt über einfache Deutschkenntnisse. Er hat Deutschkurse besucht und Prüfungen abgelegt; zuletzt hat er am XXXX die ÖSD Zertifikat A2 Prüfung mit „gut bestanden“ absolviert. (OZ 5)

Der Beschwerdeführer bezog vom XXXX bis XXXX sowie vom XXXX bis zum XXXX verschiedene Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Seit XXXX ist der Beschwerdeführer als selbständiger Erwerbstätiger sozialversichert und verfügt seit diesem Tag über eine Gewerbeberechtigung für die „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“. Er war von Juni 2019 bis September 2021 als selbstständiger Paketzusteller für die XXXX tätig und hat 1200,- € netto verdient. Aktuell ist der BF bei der XXXX Funkbotendienste GesmbH als Zusteller beschäftigt. Der Beschwerdeführer ist selbsterhaltungsfähig.

Im Strafregisterauszug scheinen keine Verurteilungen des Beschwerdeführers auf; er ist unbescholten.

Es konnten keine sonstigen maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

1        Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung: 15.06.2021

Hinweis:

Die vorliegende Länderinformation geht nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19- Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen dagegen ein. Solche Informationen werden, soweit vorhanden, in einem eigenen Kapitel zur Verfügung gestellt, sind jedoch aufgrund der Möglichkeit sich diesbezüglich rasch verändernder Entwicklungen im Land als Momentaufnahme zu sehen. Vereinzelt finden sich auch in den übrigen Kapiteln des Länderinformationsblatts Informationen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.in t/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der Johns-HopkinsUniversität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740 fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu besuchen.

2        Covid-19

Letzte Änderung: 16.06.2021

In Pakistan wurden bisher mehr als 882.900 Infektionen mit dem Virus Covid-19 sowie mehr als 19.700 Todesfälle bestätigt (Stand 18.5.2021). Laut lokalen Medienberichten mit Verweis auf das Gesundheitsministerium, wurden bisher etwa 3,9 Millionen Menschen landesweit geimpft (Einwohner gesamt: 220 Millionen). Hauptsächlich wurden Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind und Personen über 50 Jahre geimpft. Am 17. Mai 2021 hat man mit der Impfregistrierung für die Altersgruppe der 30 bis 49-Jährigen begonnen. Am gleichen Tag hat Pakistan die Covid-Maßnahmen nach der landesweiten Sperre vom 8. bis 16. Mai gelockert und Geschäften, Märkten und Büros unter Einhaltung der Hygiene- undAbstandsregeln die Öffnung erlaubt. Märkte und Geschäfte dürfen nun wieder bis 20 Uhr öffnen. Das pakistanische National Command and Operation Center hat zudem festgehalten, dass touristische Aktivitäten im Land weiterhin untersagt seien. Öffentliche städtische und interprovinzielle Verkehrsmittel haben ihren Betrieb wieder aufgenommen, dürfen jedoch nur mit einer maximal 50 prozentigen Belegung operieren. Auch wenn sich die Covid-19-Situation aktuell etwas entspannt, warnen die Behörden, dass das Gesundheitssystem noch immer unter Druck stehe und Krankenhäuser stark belegt seien (ÖB

18.5.2021) .

Pakistan hat am2.2.2021 mit seinem nationalen Impfprogramm gegen das Coronavirus begonnen. In dem südasiatischen Land mit mehr als 220 Millionen Einwohnern werden zunächst Beschäftigte des Gesundheitswesens geimpft, gefolgt von älteren Menschen. Dazu waren etwa eine halbe Million Impfdosen des chinesischen Unternehmens Sinopharm mit einem Militärflugzeug aus Peking nach Pakistan gebracht worden. Das Land hat zudem 17 Millionen Impfdosen des Herstellers Astra Zeneca bestellt, die im Lauf des Monats Februar 2021 geliefert werden sollen. Nach einer einer Ende Januar 2021 veröffentlichten Umfrage des Instituts Gallup, will sich fast die Hälfte aller Pakistaner nicht impfen lassen (ÄfW 2.2.2021). Hinsichtlich anstehender

Impfungen hat die Regierung bei der COVAX-Organisation der UN um Unterstützung angesucht. Diese wird die Impfung von vorrangig zu impfenden Gruppen - etwa 20% der Bevölkerung - abdecken. Die Regierung führt außerdem Gespräche mit mehreren ImpfstoffhersteNern und mit Gebern (Weltbank und Asiatische Entwicklungsbank) über die Beschaffung zusätzlicher Impfstoffe, die mit einem Budget von 250 Millionen US-Dollar finanziert werden sollen. Der Start der Impfkampagne wird für das zweite Quartal des Jahres 2021 erwartet(IMF 8.1.2021).

Am 24. März 2020 wurde von der Bundesregierung ein Hilfspaket im Wert von 1,2 Billionen PKR (ca. 6,2 Milliarden Euro) angekündigt, das inzwischen fast vollständig umgesetzt wurde. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören u.a. die Abschaffung der Importzölle auf medizinische Notfallausrüstung (kürzlich bis Dezember 2020 verlängert); Bargeldtransfers an 6,2 Millionen Tagelöhner (75 Mrd. PKR); Bargeldtransfers an mehr als 12 Millionen einkommensschwache Familien (150 Mrd. PKR); Unterstützung für KMUs und den Agrarsektor (100 Mrd. PKR) in Form eines Aufschubs der Stromrechnung, Bankkrediten sowie Subventionen und Steueranreizen. Das Konjunkturpaket sah außerdem Mittel für eine beschleunigte Beschaffung von Weizen (280 Mrd. PKR), finanzielle Unterstützung für Versorgungsunternehmen (50 Mrd. PKR), eine Senkung der regulierten Kraftstoffpreise (mit einem geschätzten Nutzen für die Endverbraucher in Höhe von 70 Mrd. PKR), Unterstützung für die Gesundheits- und Lebensmittelversorgung (15 Mrd. PKR), Erleichterungen bei der Bezahlung von Stromrechnungen (110 Mrd. PKR), einen Notfallfonds (100 Mrd. PKR) und eine Überweisung an die National Disaster Management Aut- hority (NDMA) für den Kauf von COVID-19-bezogener Ausrüstung (25 Mrd. PKR) vor. Der nicht ausgeführte Teil des Hilfspakets wird auf das Jahr 2021 übertragen. Darüber hinaus enthält das Budget für das Jahr 2021 weitere Erhöhungen der Gesundheits- und Sozialausgaben, Zollsenkungen auf Lebensmittel, eine Zuweisung für das „COVID-19 Responsive and Other Natural Calamities Control Program“ (70 Mrd. PKR), ein Wohnungsbaupaket zur Subventionierung von Hypotheken (30 Mrd. PKR) sowie die Bereitstellung von Steueranreizen für den Bausektor (Einzelhandels- und Zementunternehmen), die im Rahmen der zweiten Welle bis Ende Dezember 2021 verlängert wurden (IMF 8.1.2021; vgl. WKO 18.2.2021).

Quellen:

•        ÄfW - Ärztekammer für Wien (2.2.2021): Pakistan startet mit Coronaimpfung, https://www.medinl ive.at/gesundheitspolitik/pakistan-startet-mit-corona-impfungen , Zugriff 26.2.2021

•        IMF - International Monetary Fund (8.1.2021): Policy Responses to COVID-19, Pakistan, https: //www.imf.org/en/Topics/imf-and-covid19/Policy-Responses-to-COVID-19#P , Zugriff 28.1.2021

•        ÖB - Österreichische Botschaft Bangkok [Österreich] (18.5.2021): Kurzbericht zur Entwicklung der Covid-19-Situation in Pakistan, per E-Mail, Zugriff 11.6.2021

•        WKO - Wirtschaftskammer Österreich (18.2.2021): Coronavirus: Situation in Pakistan, https://ww w.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-pakistan.html, Zugriff 26.2.2021

3        Politische Lage

Letzte Änderung: 16.06.2021

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 26.3.2021). Die vormaligen FATA (FederallyAdministered Tribal Areas/ Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer

Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden (ET 25.5.2018). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir auf der pakistanisch verwalteten Seite des Kaschmir (AA 26.3.2021).

Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik. Bei den Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter technische Verbesserungen bei der Verwaltung des Wahlprozesses durch die pakistanische Wahlkommission feststellten, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich der Einmischung von Militär und Geheimdiensten im Vorfeld der Wahlen, die zu ungleichen Wahlbedingungen führten. Einige politische Parteien behaupteten auch erhebliche Unregelmäßigkeiten am Wahltag (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 28.7.2018). Zudem wurde die Wahl überschattet von einer Reihe gewalttätiger Zwischenfälle in verschiedenen Provinzen; von Strafverfahren, die gegen Mitglieder der Regierungspartei eingeleitet worden waren; und vom Vorwurf des Premierministers, das Militär habe sich eingemischt (EASO 10.2019).

Neben den geopolitischen und geostrategischen Faktoren ist das Ungleichgewicht der Regierungsinstitutionen innerhalb des pakistanischen Staates Ursache für die kontinuierliche Regierungskrise und die strukturelle Gewalt im Land. Das pakistanische Militär spielt eine überaus wichtige und dominante Rolle in der Nuklearmacht Pakistan. Es ist disproportional groß (es vereinnahmt ein Viertel des gesamten Haushalts) und deshalb übermächtig, während die zivilen Institutionen, wie z.B. die Bürokratie, die Justiz, die Polizei und die politischen Parteien, permanent unterfinanziert sind. Die Interventionen des Militärs in Politik und Wirtschaft hat diese Organisation im Laufe der Geschichte immer stärker gemacht (GIZ 9.2020).

Seit 12. April 2021 brachen nach Verhaftung des Anführers der fundamentalistischen Partei Teh- reek-e-Labbaik Pakistan (TLP), mehrtägige und landesweite Proteste aus. Tausende Unterstützer der für die Förderung der Blasphemiegesetzgebung im Land bekannten TLP demonstrierten in den größeren Städten gegen die Position des französischen Präsidenten Macron in Reaktion auf die Enthauptung eines Lehrers in der Nähe von Paris im November 2020. Vielerorts kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Am 16. April 2021 sperrte die pakistanische Internetregulierungsbehörde (Pakistan Telecommunication Authority, PTA) den Zugriff auf sämtliche soziale Netzwerke für mehrere Stunden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, um über das Internet verbreitete neuerliche Aufrufe und Propaganda der TLP zu unterbinden. Am 18. April kam es zu weiteren Ausschreitungen in Lahore (Punjab), wo TLP-Anhänger auch ein Polizeirevier stürmten und ein halbes Dutzend Sicherheitskräfte als Geiseln nahmen (BAMF 19.4.2021).

Schließlich hat die Regierung die TLP, die als eine sunnitische politisch-religiöse HardlinerGruppe gilt und für ihre gewalttätige Unterstützung der drakonischen Blasphemiegesetze des Landes bekannt ist, verboten. Das Verbot kam drei Tage nachdem TLP-Anhänger aufgrund der Verhaftung von Anführer Saad Hussain Rizvi in ganz Pakistan auf die Straße gegangen waren (UCA News 16.4.2021; vgl. DW 15.4.2021).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.3.2021): Pakistan: Politisches Porträt, https://www.ausw aertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/politisches-portraet/205010 , Zugriff

14.4.2021

•        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (Stand: 14.4.2021) Pakistan: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistansicherheit/2049 74#content_0 , Zugriff 14.4.2021

•        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (19.4.2021). Briefing Notes, https: //www.ecoi.net/en/document-search/?country%5B%5D=pak&countryOperator=should&srcId%5 B%5D=11010&srcIdOperator=should&useSynonyms=Y&sort_by=origPublicationDate&sort_order =desc&content=briefing%20notes , Zugriff 22.4.2021

•        DW - Deutsche Welle (15.4.2021): Pakistan protests: Why the Islamist TLP party is now a major political force, https://www.dw.com/en/pakistan-protests-why-the-islamist-tlp-party-is-now-a-major- political-force/a-57214719 , Zugriff 17.5.2021

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2019): Pakistan Security Situation, https://www.ec oi.net/en/file/local/2019113/2019_EASO_Pakistan_Security_Situation_Report.pdf , Zugriff

22.4.2021

•        ET - The Express Tribune (25.5.2018): Senate passes FATA-KP merger bill with 71-5 vote, https: //tribune.com.pk/story/1718734/1-ppp-pti-set-throw-weight-behind-k-p-fata-merger-bill-senate/, Zugriff 14.4.2021

•        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2020): Das Länderinformationsportal - Pakistan - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/pakistan/geschichte-staat/, Zugriff

9.3.2021

•        HRW - Human Rights Watch (28.7.2018): Controversial Election in Pakistan, https://www.hrw.org/ news/2018/07/28/controversial-election-pakistan , Zugriff 14.4.2021

•        UCA News (16.4.2021): Pakistan bans TLP for engaging in terrorism, https://www.ucanews.com/ news/pakistan-bans-tlp-for-engaging-in-terrorism/92133#, Zugriff 17.5.2021

•        USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048102.html, Zugriff 14.4.2021

4        Sicherheitslage

Letzte Änderung: 23.06.2021

Die Sicherheitslage in Pakistan ist landesweit unterschiedlich und wird von verschiedenen Faktoren wie politischer Gewalt, Gewalt von Aufständischen, ethnischen Konflikten und konfessioneller Gewalt beeinflusst. Die Sicherheitslage im Inneren wird auch von Auseinandersetzungen mit den Nachbarländern Indien und Afghanistan beeinflusst, die gelegentlich gewalttätig werden (EASO 10.2020). Die Anzahl terroristischer Anschläge mit Todesopfern in Pakistan ist seit 2009 deutlich rückläufig (AA 14.5.2021; vgl. USDOS 24.6.2020). Kontinuierliche Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte gegen militante Gruppen und polizeiliche Antiterrorabteilungen sowie einige Antiextremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, haben dazu beigetragen (USDOS 24.6.2020). Trotzdem bleibt die Zahl terroristischer Anschläge auch weiterhin auf einem erhöhten Niveau. Schwerpunkte sind die Provinzen Khyber Pakhtunkhwa (KP) und Belutschistan (inkl. Quetta). Es besteht weiterhin landesweit - auch in den Großstädten Islamabad, Lahore, Karachi, Multan und Rawalpindi - eine Gefahr für terroristische Anschläge seitens der Pakistanischen Taliban sowie religiös motivierter oder separatistischer Gruppen - insbesondere durch Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate. Die Anschläge richten sich vor allem gegen Streitkräfte, Sicherheitsdienste, Polizei, Märkte, Einrichtungen der Infrastruktur, gegen religiöse Stätten (Moscheen, Schreine, Kirchen) sowie gegen ethnische Minderheiten (AA 14.5.2021).

Der Nationale Aktionsplan (NAP) wurde fast unmittelbar nach dem Anschlag auf die Army Public School (APS) im Dezember 2014 mit der Absicht eingeführt, einen sinnvollen Konsens zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus zu erreichen. Die 20 Aktionspunkte des NAP haben seither unterschiedliche Erfolge erzielt. Taktische Operationen in ganz Pakistan haben zu einem verbesserten allgemeinen Sicherheitsumfeld beigetragen, was sich in einem allmählichen Rückgang der Zahl gewalttätiger Vorfälle im ganzen Land seit dem Start des NAP zeigt. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass der NAP bei der Bekämpfung des gewalttätigen und gewaltfreien Extremismus im Land nur geringe Erfolge erzielt hat. Extremistische Literatur ist online und offline in Hülle und Fülle vorhanden und die Verherrlichung von Terroristen und ihren Taten geht weiter. Auch zur Unterstützung des politischen Versöhnungsprozesses in Belutschistan wurde bisher nichts Wesentliches unternommen (FES 12.2020; vgl. GIZ 9.2020).

Im Jahr 2020 verübten verschiedene militante, nationalistische/aufständische und gewalttätige sektiererische Gruppen in ganz Pakistan insgesamt 146 Terroranschläge. 220 Menschen kamen bei diesen Anschlägen ums Leben - ein Rückgang von 38% im Vergleich zu 2019. Eine Verteilung dieser Terroranschläge nach ihren Urhebern legt nahe, dass sogenannte religiös inspirierte militante Gruppen wie die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), ihre Splittergruppen Hizbul Ahrar und Jamaat-ul Ahrar, sowie andere militante Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Taliban-Gruppen, Lashkar-e-Islam und ISIS-nahe Gruppen die meisten Terroranschläge verübten. Anschläge nationalistisch aufständischer Gruppen der Belutschen und Sindhi verübten weitere Anschläge. In KP wurden dabei die meisten Terroranschläge in Pakistan verübt, mehrheitlich im Stammesgebiet Nord-Waziristan. Während die Mehrheit dieser Anschläge auf Sicherheitskräfte abzielte, waren auch Zivilisten, Stammesälteste, politische Führer/Mitarbeiter und Schiiten Ziele der Anschläge. Nach KP war die Provinz Belutschistan im Jahr 2020 am stärksten von Terrorismus durch verschiedene aufständische Gruppen der Belutschen wie die Baloch Liberation Army (BLA), die Balochistan Liberation Front (BLF), Lashkar-e-Balochistan, die Baloch Repu- blican Army (BRA) und die United Baloch Army (UBA) usw. betroffen (PIPS 2021; vgl. USDOS 30.3.2021, AA 29.9.2020).

Pakistan dient weiterhin als sicherer Hafen für bestimmte regional ausgerichtete terroristische Gruppen. Es erlaubt Gruppen, die gegen Afghanistan gerichtet sind, einschließlich der afghanischen Taliban und des mit ihnen verbundenen Haqqani-Netzwerks, sowie Gruppen, die gegen Indien gerichtet sind, einschließlich LeT (Lashkar-e Taiba) und der mit ihr verbundenen Frontorganisationen und JeM (Jaish-e Mohammad), von seinem Territorium aus zu operieren (USDOS 24.6.2020; vgl. CEP o.D.).

Das Militär und paramilitärische Organisationen führten mehrere Operationen zur Aufstandsbekämpfung und Terrorismusbekämpfung durch, um sichere Zufluchtsorte von Militanten zu beseitigen. Die 2017 begonnene Operation Radd-ul-Fasaad des Militärs wurde das ganze Jahr 2020 über fortgesetzt. Radd-ul-Fasaad ist eine landesweite Anti-Terror-Kampagne, die darauf abzielt, die Errungenschaften der Operation Zarb-e-Azb (2014-17) zu konsolidieren, welche gegen aus- und inländische Terroristen in den ehemaligen FATA vorging. Die Polizei dehnte ihre Präsenz in ehemals unregierte Gebiete aus, insbesondere in Belutschistan, wo Militäroperationen zur Normalität geworden waren (USDOS 30.3.2021).

Der im März 2017 begonnene Bau eines befestigten Zaunes entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze sei nach pakistanischen Regierungsangaben fast fertiggestellt und soll planmäßig im April 2021 abgeschlossen sein (BAMF 1.3.2021).

Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mind. einem Todesopfer in den Provinzen Pakistans 2019-2020 gemäß ACLED und UCDP

 

 

2019

 

2020

 

ACLED

UCDP GED

ACLED

UCDP Candidate

Azad Jammu and

Kashmir

52

8

45

29

Balochistan

84

15

92

40

Gilgit-Baltistan

1

kA.

1

kA.

Khyber Pakhtunkhwa

224

46

107

63

Punjab

111

6

28

5

Sindh

116

2

45

10

Islamabad Capital

Territory

5

0

1

1

Insg.

593

51

319

107

Quelle: ACLED o.D.; UCDP Candidate o.D.; UCDP GED o.D. Farbig hervorgehoben: Hauptstadtregion. UCDP weist sicherheitsrelevante Vorfälle in den ehem. FATA eigens aus, hier wurden sie zur besseren Vergleichbarkeit der Provinz Khyber Pakhtunkhwa hinzugezählt.

Anmerkung: ACLED und UCDP erfassen sicherheitsrelevante Vorfälle unter Verwendung festgelegter Kriterien und Methodologien mittels Medienbeobachtung, wobei sich die festgelegten Kriterien der beiden Organisationen voneinander unterscheiden. Dies trägt zur unterschiedlichen Höhe bei den dargestellten Fallzahlen bei (ACLED 2020; UCDP 2020).

Quellen:

•        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.5.2021): Pakistan: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aus senpolitik/laender/pakistan-node/pakistansicherheit/204974#content_0, Zugriff 14.5.2021

•        AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.9.2020): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2 038580/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelev ante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Pakistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_29.09.2020. pdf, Zugriff 14.4.2021

•        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2020): ACLED Codebook, https://acledd ata.com/acleddatanew/wp-content/uploads/dlm_uploads/2019/01/ACLED_Codebook_2019FINAL .docx.pdf, Zugriff 10.3.2021

•        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (o.D.): ACLED Data, http://www.acleddata. com/data/, Zugriff 26.2.2021

•        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.3.2021): Briefing Notes, https: //www.ecoi.net/en/document-search/?country%5B%5D=pak&countryOperator=should&srcId%5 B%5D=11010&srcIdOperator=should&useSynonyms=Y&sort_by=origPublicationDate&sort_order =desc&content=briefing%20notes&page=2 , Zugriff 14.5.2021

•        CEP - Counter Extremism Project (o.D.): Pakistan: Extremism and Terrorism, https://www.counte rextremism.com/countries/pakistan , Zugriff 28.4.2021

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2020): Pakistan Security Situation, https://www.ecoi .net/en/file/local/2040057/10_2020_EASO_COI_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff

14.4.2021

•        FES - Friedrich-Ebert-Stiftung (12.2020): Strengthening Governance in Pakistan Assessing the National Action Plan to counter Terrorism and Extremism, https://www.pakpips.com/web/wp-conte nt/uploads/2021/01/NAP-Final-from-Hamayun.pdf, Zugriff 9.3.2021

•        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2020): Das Länderinformationsportal - Pakistan - Gesellschaft, https://www.liportal.de/pakistan/gesellschaft/, Zugriff 9.3.2021

•        PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (2021): Pakistan Security Report 2020, https://www.pa kpips.com/web/wp-content/uploads/2021/01/Conflict-and-Peace-Studies.pdf, Zugriff 2.3.2021

•        UCDP Candidate - Uppsala Conflict Data Program (o.D.): UCDP Candidate Events Dataset Version 20.01.20.12 (global), https://ucdp.uu.se/downloads/, Zugriff 2.3.2021

•        UCDP GED - Uppsala Conflict Data Program (o.D.): UCDP Georeferenced Event Dataset (GED) Global version 20.1, https://ucdp.uu.se/downloads/, Zugriff 4.3.2021

•        UCDP - Uppsala Conflict Data Program (2020): UCDP Candidate Events Dataset CodebookVersion 1.1, https://ucdp.uu.se/downloads/candidateged/ucdp-candidate-codebook%201.1.pdf, Zugriff

10.3.2021

•        USDOS - US Department of State [USA] (24.6.2020): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 1 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032437.html, Zugriff 14.4.2021

•        USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048102.html, Zugriff 15.4.2021

4.1      Relevante Terrorgruppen

Letzte Änderung: 23.06.2021

Der pakistanische Staat hat den islamischen Extremismus als strategisches Instrument zur Förderung seiner Interessen in der Region immer wieder eingesetzt. Insbesondere hat er Aktivitäten militanter extremistischer Gruppen, die sich gegen indische Interessen richten, geduldet und manchmal auch unterstützt bzw. auch Gruppen unterstützt, die in Afghanistan operieren, um den indischen Einfluss dort zu unterbinden. Zu den extremistischen Gruppen, die Pakistan in der Vergangenheit toleriert oder unterstützt hat, gehören Lashkar-e-Taiba (LeT), Harakat-ul-Mujahideen (HuM), Hizb-ul-Mujahideen (HM), die Mullah-Nazir-Gruppe, Jaish-e-Mohammed (JeM) sowie die afghanischen Taliban und das mit ihnen verbundene Haqqani-Netzwerk. Den Großteil seiner Antiterroroperationen hat Pakistan auf Gruppen konzentriert, die den pakistanischen Staat herausfordern und stürzen wollen. Zu diesen Gruppen, die eine direktere Bedrohung für den Staat darstellen, gehören die Tehrik-e Taliban Pakistan (TTP), eine Untergruppe der pakistanischen Taliban und die tödlichste der einheimischen pakistanischen Extremistengruppen; al-Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS); Jamaat-ul Ahrar (JuA); und Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) (CEP o.D.).

Die pakistanische Regierung setzt die Umsetzung des Antiterrorism Act von 1997, des National Counterterterrorism Authority (NACTA) Act, des Investigation for Fair Trial Act von 2014 und der Änderungen des Antiterrorism Act (ATA) von 2014 fort, die allen Strafverfolgungsbehörden, Staatsanwälten und Gerichten erweiterte Befugnisse in Terrorismusfällen einräumen. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten in ganz Pakistan CT-Operationen gegen staatsfeindliche Kämpfer durch. Das pakistanische Recht erlaubt präventive Inhaftierung, lässt die Todesstrafe für terroristische Straftaten zu und ermächtigt spezielle Anti-TerrorismusGerichte, über Terrorismusfälle zu verhandeln (USDOS 24.6.2020).

Folgend ein Auszug relevanter extremistischer Gruppen:

Tehrik-e Taliban Pakistan (TTP): Die TTP (auch pakistanische Taliban genannt) wurde 2007 von Baitullah Mehsud gegründet, der 2009 durch einen US-Drohnenangriff getötet wurde. Die ursprünglichen Ziele der Organisation waren die Umsetzung der Scharia und die Vertreibung der Koalitionstruppen aus Afghanistan. Die TTP ist eine Dachorganisation, die aus 13 verschiedenen pakistanischen Taliban-Fraktionen gebildet wird - ungefähr die Hälfte aller pakistanischen Taliban-Fraktionen. Die TTP besteht aus ca. 3.000 bis 5.000 aktiven Kämpfern in Afghanistan. Während die TTP auf der anderen Seite der Grenze im Osten Afghanistans Zufluchtsorte unterhält, hat sie Schläferzellen und Sympathisanten in Pakistan zurückgelassen. Afghanistan ist die Operationsbasis, aber die Gruppe führt im Allgemeinen keine Angriffe in Afghanistan durch. Die TTP konzentriert sich auf den Kampf gegen die pakistanische Regierung (EASO 10.2020; vgl. CEO o.D., PIPS 2021).

Jamaat-ul Ahrar (JuA): Jamaat-ul Ahrar (JuA) ist eine Fraktion der TTP, operiert aber mit einer gewissen Eigenständigkeit aus der Provinz Nangarhar in Afghanistan heraus. Angriffsziele der Gruppe sind Mitglieder der Sicherheitskräfte, Regierungsgebäude, Politiker, Minderheiten und Rechtsanwälte. Im August 2020 schloss sich JuA wieder der TTP an. Das Pakistan Institute for Peace Studies dokumentierte, dass die JuA im Jahr 2019 an einem Terroranschlag beteiligt war, verglichen mit 15 im Jahr 2018 (EASO 10.2020; vgl. PIPS 2021, CEP o.D.).

Islamic State Khorasan Province (ISKP): Die ersten Berichte über den ISKP (auch ISIS, ISIL, IS oder Daesh genannt) in Pakistan gehen auf Anfang 2015 zurück. Der ISKP sah eine weltweite Expansion des Kalifats vor und bezeichnete die Region Afghanistan, Pakistan, Iran und die zentralasiatischen Republiken als Wilayat Khorasan (ISKP - Islamischer Staat Provinz Khorasan). Im Mai 2019 kündigte der islamische Staat die Gründung des „Wilayat Pakistan" (Islamischer Staat - Provinz Pakistan, ISPP) an, nachdem er mehrere Angriffe in der Provinz Belutschistan für sich beansprucht hatte. Der ISKP hatte es geschafft, seinen Einfluss zu vergrößern, indem er taktische Bündnisse mit ähnlichen lokalen militanten Gruppen eingegangen war. Einem Bericht vom Januar 2020 zufolge ist der ISKP hauptsächlich in der Provinz Belutschistan präsent. Laut dem jährlichen Sicherheitslagebericht von PIPS 2019 haben die Sicherheitsbehörden mehrere Operationen in Belutschistan gegen den ISKP durchgeführt. Der ISKP ist für einige der tödlichsten Anschläge in Pakistan in den vergangenen zwei Jahren verantwortlich, darunter ein Anschlag auf eine Wahlkundgebung in Mastung, bei dem im Juli 2018 mehr als 130 Menschen getötet und 300 verletzt wurden (EASO 10.2020; vgl. CEP o.D., PIPS 2021).

Lashkar-e Jhangvi (LeJ): Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) ist eine Deobandi-Terroristengruppe. Die Gewalt von LeJ richtet sich größtenteils gegen Schiiten; die Organisation vertritt auch radikale Standpunkte gegenüber Christen, Ahmadis und sufistischen Muslimen. Laut PIPS war LeJ im Jahr 2019 für acht terroristische Angriffe in Pakistan verantwortlich, verglichen mit sieben solcher Angriffe im Jahr 2018. Fünf dieser Angriffe fanden in Karachi und drei in Belutschistan statt. In seinem jährlichen Sicherheitsbericht für 2019 erwähnte PIPS, dass mehrere Berichte darauf hindeuten, dass sich LeJ wieder auf Karachi konzentriert (EASO 10.2020; vgl. CEP o.D., PIPS 2021).

Nationale Bewegungen in Beluchistan: Der PIPS-Jahresbericht 2019 zur Sicherheitslage gab an, dass etwa sieben belutschische nationalistische Bewegungen in Belutschistan aktiv sind. Die operativen Fähigkeiten dieser Gruppen unterscheiden sich. Die Balochistan Liberation Army (BLA) ist eine bewaffnete nationalistische Bewegung der Belutschen. Ihr Ziel ist ein unabhängiges Belutschistan, frei von pakistanischer und iranischer Herrschaft. Wegen ihrer gewalttätigen Methoden, wie z.B. Bombenanschläge, wurde sie im April 2006 in Pakistan verboten. PIPS gab an, dass die BLA im Jahr 2019 27 terroristische Angriffe in Belutschistan durchführte, was eine leichte Steigerung im Vergleich zu 2018 darstellt, als sie 25 Angriffe durchführte. Im Juli 2019 wurde die Gruppe vom US-Außenministerium als terroristische Vereinigung eingestuft. Die Baloch Liberation Front (BLF) ist vor allem im so genannten Makran-Gürtel (Küstenregion von Beluchistan, Anm.) aktiv. Im Jahr 2010 wurde die Gruppe verboten. Laut PIPS hat sich die Führung der BLF in die Nachbarländer verlagert, was sich negativ auf ihre operativen Fähigkeiten auswirkt. Im Jahr 2019 übernahm die BLF die Verantwortung für 11 Terroranschläge im Vergleich zu 22 im Jahr 2018. Weitere belutschische Gruppen sind die Baloch Republican Army (BRA), die United Baloch Army (UBA) und die Baloch Raji Ajoi Sangar (BRAS) (EASO 10.2020; vgl. CEP o.D., PIPS 2021).

Quellen:

•        CEP - Counter Extremism Project (o.D.): Pakistan: Extremism and Terrorism, https://www.counte rextremism.com/countries/pakistan , Zugriff 28.4.2021

•        EASO - European Asylum Support Office (10.2020): Pakistan Security Situation, https://www.ecoi .net/en/file/local/2040057/10_2020_EASO_COI_Report_Pakistan_Security_situation.pdf, Zugriff

28.4.2021

•        PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (2021): Pakistan Security Report 2020, https://www.pa kpips.com/web/wp-content/uploads/2021/01/Conflict-and-Peace-Studies.pdf, Zugriff 28.4.2021

•        USDOS - US Department of State [USA] (24.6.2020): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 1- Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032437.html , Zugriff 28.4.2021

4.2      Belutschistan

Letzte Änderung: 23.06.2021

Nach Khyber Pakhtunkhwa war die Provinz Belutschistan im Jahr 2020 am stärksten von Terroranschlägen betroffen. Verschiedene aufständische Gruppen aus Belutschistan als auch religiös inspirierte militante Gruppen wie die TTP, Hizbul Ahrar, I

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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