RS Vfgh 2021/12/16 G390/2020 ua, V226/2021

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 16.12.2021
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Index

72/01 Hochschulorganisation

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z16
B-VG Art15 Abs1
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art20
B-VG Art44 Abs3
B-VG Art52 Abs1
B-VG Art52 Abs1a
B-VG Art77
B-VG Art101
B-VG Art133 Z4 aF
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
Hochschul-QualitätssicherungsG §1, §3, §7, §9, §11, §19, §24, §25, §26, §30
Fachhochschul-StudienG §6, §7, §13
Universitäts-AkkreditierungsG §4
PrivathochschulG §2, §4, §5
Privatuniversitäten-AkkreditierungsV 2019
AVG §52
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des Hochschul-QualitätssicherungsG betreffend die Freistellung der AQ Austria von der Bindung an Weisungen bei Übertragung hoheitlicher Vollzugsaufgaben; Zuständigkeit des Boardes der AQ Austria zur Akkreditierung von Privathochschulen oder Privatuniversitäten und von Studien an diesen Bildungseinrichtungen ist "sachverständige Prüfung" im Sinne des Art20 Abs2 B-VG; Aufsichtsrecht des zuständigen Bundesministers über die AQ Austria als Anstalt des öffentlichen Rechts durch umfassende Rechtmäßigkeitsaufsicht, Informationsrecht und Auskunftsverpflichtung gesichert; fachliche Qualifikation der Mitglieder des Boardes der AQ Austria gewährleistet wissenschaftlich-künstlerische Qualifikation des – weisungsfreien – Verwaltungsorgans zur Beurteilung der fachlichen und wissenschaftlichen Standards im Hochschulbereich; keine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit durch die internen Ordnungsvorschriften der privaten Bildungseinrichtung bei der Akkreditierung; Zuständigkeit zur Akkreditierung ist keine Kernaufgabe der staatlichen Verwaltung, die nicht auf eine selbstständige juristische Person des öffentlichen Rechts übertragen werden darf; kein unzulässiger Eingriff in die Leitungsbefugnis oberster Organe durch die spezielle Verordnungsermächtigung des Hochschul-QualitätssicherungsG hinsichtlich der Festlegung eines eigenen Prüfungsmaßstabs im Akkreditierungsverfahren durch das Board der AQ Austria; Verordnung konkretisiert die gesetzlich hinreichend determinierten Vorgaben betreffend Prüfbereiche, methodische Verfahrensgrundsätze und Akkreditierungsvoraussetzungen; Verfahren zur Verordnungserlassung sichert Transparenz

Rechtssatz

Keine Aufhebung des §1 Abs2 Z2 und 3, der Zeichen- und Wortfolge "- und Akkreditierungs" in §3 Abs3 Z1, §3 Abs3 Z2 und 5, der Wortfolge "über Akkreditierung von Bildungseinrichtungen und Studien oder" in §9 Abs1 Z1, §9 Abs1 Z4 und 12 und §9 Abs2 des Bundesgesetzes über die externe Qualitätssicherung im Hochschulwesen und die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz - HS-QSG), BGBl I 74/2011, des §1 Abs2 Z4 HS-QSG und der Wortfolge "Akkreditierungsverfahren und" in §19 Abs3 HS-QSG idF BGBl I 177/2021, der §24 und §25 HS-QSG idF BGBl I 77/2020 und des §26 HS-QSG idF BGBl I 20/2021. Im Übrigen: Einstellung des amtswegigen Prüfungsverfahrens mangels Präjudizialität (§1 Abs2 Z4, des §19 Abs3 und des §26 HS-QSG idF BGBl I 74/2011, §24 HS-QSG idF BGBl I 129/2017 sowie des §25 HS-QSG idF BGBl I 79/2013). Abweisung des gegen §24 Abs6 HS-QSG idF BGBl I 77/2020 und gegen die Privatuniversitäten-Akkreditierungsverordnung 2019 (PU-AkkVO 2019), beschlossen in der 49. Sitzung des Boards der AQ Austria am 11.09.2018, gerichteten Antrags des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG). Im Übrigen: Zurückweisung des Antrags des BVwG.

Anwendbarkeit der Ermächtigung nach Art20 Abs2 B-VG auf selbständige (ausgegliederte) Rechtsträger:

Wie Art20 Abs1 B-VG erfasst Art20 Abs2 B-VG sowohl jene Konstellationen, in denen Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn die Verwaltung führen, als auch diejenigen, in denen der Gesetzgeber Hoheitsbefugnisse auf nicht staatliche (ausgegliederte) Rechtsträger (des privaten oder des öffentlichen Rechts) überträgt. Art20 Abs2 B-VG wirkt allerdings nicht unmittelbar, sondern verlangt - als Abweichung vom Grundsatz des Art20 Abs1 B-VG - in jedem Fall (also sowohl gegenüber Verwaltungsorganen im organisatorischen als auch solchen im funktionellen Sinn) eine Weisungsfreistellung "durch Gesetz"; zudem ist gesetzlich "ein der Aufgabe des weisungsfreien Organs angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe vorzusehen".

Art20 Abs2 B-VG ermöglicht es dem einfachen Gesetzgeber, (funktionellen) Verwaltungsorganen außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation im Rahmen der in dieser Verfassungsbestimmung genannten Kategorien bestimmte Zuständigkeiten zuzuweisen und diese bei der Vollziehung dieser Aufgaben weisungsfrei zu stellen. Dies gilt im Weiteren in systematischer Auslegung von Art20 Abs2 B-VG mit Abs1 dieser Verfassungsbestimmung aber nur in jenen Schranken, die nach Art20 Abs1 B-VG für eine Übertragung von hoheitlichen Verwaltungsaufgaben auf nicht staatliche Rechtsträger bestehen. Wie nach Art20 Abs1 B-VG sichern diese "Beleihungsschranken" auch im Zusammenhang des Art20 Abs2 B-VG den Grundsatz, dass Verwaltungsaufgaben auch von Verwaltungsorganen im organisatorischen Sinn wahrgenommen werden sollen und in Bezug auf Kernaufgaben der Verwaltung auch wahrgenommen werden müssen.

Art20 Abs2 B-VG stellt sich daher als inhaltlich (durch die in den Ziffern 1 bis 8 des Art20 Abs2 B-VG genannten Kategorien) und strukturell (durch das Erfordernis eines, den konkreten Aufgaben und im Hinblick auf die Organisation des weisungsfrei gestellten Organs angemessenen Aufsichtsrechts und im Falle einer Zuständigkeitszuweisung an nicht staatliche Rechtsträger zusätzlich durch die aus Art20 Abs1 B-VG nach der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgenden Schranken für solche Beleihungen) beschränkte Ausnahme vom Grundsatz des Art20 Abs1 B-VG dar.

Insgesamt ist daher der Gesetzgeber nach Art20 Abs2 B-VG nur innerhalb der in dieser Verfassungsbestimmung genannten Kategorien und nur in den Grenzen, die Art20 Abs1 B-VG allgemein der Betrauung von nicht staatlichen Rechtsträgern mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung setzt, befugt, derartige Rechtsträger weisungsfrei zu stellen. Dabei muss er auch ein den Anforderungen des Art20 Abs2 letzter Satz B-VG entsprechendes, den konkreten Aufgaben und der Organisation des Verwaltungsorgans angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe vorsehen.

Qualifikation der AQ Austria als Organ mit Aufgaben der sachverständigen Prüfung gemäß Art20 Abs2 Z1 B-VG:

Art20 Abs2 B-VG legt Kategorien von Aufgaben fest, innerhalb derer der Gesetzgeber weisungsfreien und insofern unabhängigen Verwaltungsorganen konkrete Zuständigkeiten zur Vollziehung übertragen kann.

An die Stelle der früheren organisationsrechtlich anknüpfenden Abweichung vom Grundsatz des Art20 Abs1 B-VG in Art20 Abs2 iVm Art133 Z4 B-VG idF vor BGBl I 2/2008 (Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag) ist in Art20 Abs2 B-VG (seit BGBl I 51/2012, mit dem der Tatbestand der Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag entfallen ist) von zwei Ausnahmen abgesehen (siehe unten) eine ausschließlich aufgabenbezogene Ermächtigung getreten, die - wie Art20 Abs2 Z5 B-VG und VfSlg 15886/2000 zur früheren als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag organisierten Privatrundfunkbehörde zeigen - den Spielraum des Gesetzgebers erweitern soll. Den in Art20 Abs2 B-VG genannten Kategorien ist dabei eine je eigene Begründung dafür immanent, warum die Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben ohne Weisungsbindung an oberste Verwaltungsorgane erfolgen können soll, die dann auch wesentlich mitbestimmt, was in Bezug auf die dem Verwaltungsorgan gesetzlich übertragenen Zuständigkeiten als entsprechend angemessenes Aufsichtsrecht des jeweiligen obersten Verwaltungsorgans erforderlich ist.

Art20 Abs2 B-VG enthält allerdings zwei Konstellationen, in denen diese Verfassungsbestimmung von der mit der eben beschriebenen Kategorisierung verbundenen Beschränkung zugunsten einer inhaltlich zunächst nicht näher bestimmten Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber abweicht: Zum einen wird der Landesverfassungsgesetzgeber ermächtigt, weitere Kategorien weisungsfreier Organe zu schaffen. Zum anderen enthält Art20 Abs2 Z8 B-VG insoweit eine dem Wortlaut nach nicht beschränkte Ermächtigung, als der Gesetzgeber über die in Art20 Abs2 Z1 bis 7 B-VG genannten Kategorien hinaus Organe weisungsfrei stellen kann, soweit dies nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union geboten ist. Für beide Konstellationen gilt, dass eine Zuständigkeitszuweisung an weisungsfrei gestellte Organe aber auch in diesen Konstellationen nur in den sonstigen Grenzen zulässig ist, die Art20 Abs1 und 2 B-VG einer solchen Aufgabenübertragung setzt. Auch innerhalb etwaiger vom Landesverfassungsgesetzgeber geschaffener Kategorien und dort, wo eine entsprechende Aufgabenübertragung nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union geboten ist, muss der Gesetzgeber ein im Sinne des Art20 Abs2 Satz 3 B-VG angemessenes Aufsichtsrecht vorsehen und ist an die aus Art20 Abs1 B-VG folgenden Schranken gebunden, wenn er einem weisungsfrei gestellten nicht staatlichen Rechtsträger hoheitliche Aufgaben übertragen will.

Der Verfassungsgerichtshof geht aber auch davon aus, dass die genannten Ermächtigungen an den Landesverfassungsgesetzgeber bzw den einfachen Bundes- oder Landesgesetzgeber dort, wo ihn das Recht der Europäischen Union zu einer einschlägigen Regelung unbedingt verhält (also für eine doppelte Bindung insoweit kein Raum bleibt), dahingehend begrenzt sind, als der Regel-Ausnahme-Charakter im Verhältnis von Art20 Abs1 zu Art20 Abs2 B-VG gewahrt bleiben muss. Dem Landesverfassungsgesetzgeber die Zuständigkeit zu übertragen, von dem durch Art20 Abs1 und 2 B-VG maßgeblich mit geprägten Organisationskonzept der Bundesverfassung grundsätzlich abzugehen (vgl VfSlg 11500/1987) und im Bereich der Vollziehung eines Landes gänzlich vom Organisationskonzept hierarchischer, durch Weisungsbindung an ein oberstes Organ gekennzeichneter Vollziehung abzuweichen, wäre nur nach Maßgabe des Art44 Abs3 B-VG zulässig. Gleichermaßen kann, sollte das Recht der Europäischen Union den Bundes- oder Landesgesetzgeber unbedingt dazu verhalten, in diesem Sinn über die Ermächtigung des Art20 Abs2 Z8 B-VG hinausgehende Regelungen vorzunehmen, sich die - hier nicht zu beantwortende - Frage stellen, ob diesfalls eine die Ermächtigung des Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, BGBl 744/1994, mit Blick auf Art44 Abs3 B-VG übersteigende unionsrechtliche Anordnung vorliegt.

Die hier in Rede stehende Kategorie der "sachverständigen Prüfung" des Art20 Abs2 Z1 B-VG ist nicht bloß dahingehend zu verstehen, dass einem auf Grund dieser Verfassungsbestimmung gesetzlich weisungsfrei gestellten Verwaltungsorgan nur Befund- und Gutachtensaufgaben im Sinne der Aufgaben eines Amtssachverständigen nach §52 AVG zukommen dürfen. Wie der Gesamtzusammenhang von Art20 Abs1 und 2 B-VG zeigt, haben diese Verfassungsbestimmungen durchgehend Verwaltungsorgane mit Entscheidungsbefugnis vor Augen.

Die Kategorie des Art20 Abs2 Z1 B-VG orientiert sich gerade auch an Aufgaben, die vor der Betrauung der AQ Austria mit den hier in Rede stehenden Aufgaben der Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten und deren einschlägiger Studiengänge dem Fachhochschulrat auf Grund des FHStG und dem Akkreditierungsrat auf Grund des UniAkkG zugekommen sind. Denn mit §5 Abs2 Z10 bzw Z15 des Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz (1. BVRBG) wurden jene Verfassungsbestimmungen des §7 Abs4 FHStG bzw des §4 Abs2 UniAkkG betreffend die Weisungsfreistellung des Fachhochschulrates bzw des Akkreditierungsrates - zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Art20 Abs2 B-VG idF BGBl I 2/2008 - zu einfachen bundesgesetzlichen Bestimmungen. Zum Zeitpunkt des 1. BVRBG war der Akkreditierungsrat die zuständige Verwaltungsbehörde für die Durchführung von Akkreditierungen von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten und zur Aufsicht über die akkreditierten Privatuniversitäten. Der Fachhochschulrat war für die Akkreditierung von Fachhochschul-Studiengängen zuständig. Beide Verwaltungsorgane hatten behördliche Entscheidungsbefugnisse, insbesondere die Akkreditierung der in Rede stehenden Bildungseinrichtungen, und waren als kollegiale Verwaltungsbehörden ausgestaltet, deren Mitglieder entsprechende fachliche Qualifikationen aufweisen mussten. Schon daraus ergibt sich, dass in die Kategorie der Organe zur sachverständigen Prüfung des Art20 Abs2 Z1 B-VG jedenfalls auch Aufgaben einer an der einschlägigen wissenschaftlichen Qualitätssicherung orientierten Akkreditierung von privaten Bildungseinrichtungen, wie insbesondere Privatuniversitäten oder Privathochschulen, durch ein Verwaltungsorgan gehören, das durch Organwalter mit im einschlägigen Feld entsprechender fachlicher Qualifikation entscheidet.

Die hier maßgeblichen, dem Board der AQ Austria gesetzlich übertragenen Zuständigkeiten der Akkreditierung von Privathochschulen oder Privatuniversitäten und von Studien an diesen Bildungseinrichtungen gehen auch nicht über das hinaus, was als sachverständige Prüfung iSd Kategorie des Art20 Abs2 Z1 B-VG anzusehen ist. Auch müssen die Mitglieder des Boards der AQ Austria eine der Aufgabe entsprechende fachliche Qualifikation aufweisen und unterliegen einem im Hinblick auf diese Aufgabe angemessenen Aufsichtsrecht des zuständigen Bundesministers:

Sinn der Akkreditierung von Privathochschulen oder Privatuniversitäten und ihrer Studien durch ein weisungsfreies, fachlich entsprechend qualifiziertes Verwaltungsorgan ist, dass die Prüfung der gesetzlich vorgegebenen Akkreditierungsvoraussetzungen, die in ihren zentralen Bereichen eine Beurteilung am Maßstab von aktuellen fachlichen und wissenschaftlichen Qualitätsstandards im Hochschulbereich erfordern, wie sie auch im internationalen Vergleich üblich sind, mit entsprechendem Sachverstand ausschließlich orientiert an diesen hochschulspezifischen Qualitätsanforderungen erfolgen soll. Das erfordert eine spezifische fachliche Qualifikation der Mitglieder des Verwaltungsorgans. Deren Entscheidungen sollen ausschließlich durch diese hochschulspezifischen Qualitätsanforderungen geleitet und insbesondere von sonstigen politischen Überlegungen unbeeinflusst erfolgen, was auch zur Akzeptanz dieser Entscheidungen im einschlägigen Bildungssektor beitragen und so die Reputation des Hochschulstandortes Österreich mit sichern helfen soll. Das entspricht dem Grundgedanken, warum Verwaltungsorgane, die mit Aufgaben einer sachverständigen Prüfung betraut sind, vom Gesetzgeber weisungsfrei gestellt werden können.

Die gesetzlichen Regelungen im PrivHG bzw im HS-QSG, die das Board der AQ Austria bei seinen Entscheidungen im Zusammenhang mit der institutionellen Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten bzw der studienbezogenen Akkreditierung bestimmen, setzen diesen Grundgedanken auch um. Zunächst regelt §2 Abs1 PrivHG jene Voraussetzungen, die eine Bildungseinrichtung zur Erlangung einer Akkreditierung erfüllen muss, wobei diese Akkreditierungsvoraussetzungen gemäß §2 Abs1 Z7 PrivHG und §24 Abs1 HS-QSG mit den in §24 Abs3 und 4 HS-QSG näher geregelten Prüfbereichen verbunden sind. Das Gesetz legt somit im Einzelnen jene Anforderungen fest, die eine Privathochschule oder Privatuniversität bzw die ein Studiengang an einer solchen Bildungseinrichtung erfüllen muss, um in Österreich als einschlägige Bildungsinstitution bzw als einschlägiger Studiengang an diesen Institutionen akkreditiert zu werden. Ob dann beispielsweise die Entwicklungsplanung, die Finanzierung und Raumausstattung oder das Personal einer solchen Bildungseinrichtung Gewähr dafür bietet, dass die Institution und ihre Studiengänge nach entsprechend anerkannten hochschulspezifischen Qualitätsstandards tätig werden und durchgeführt werden können, obliegt der sachverständigen Beurteilung durch das Board der AQ Austria. Die vom Board der AQ Austria zu treffende hoheitliche Akkreditierungsentscheidung (die Akkreditierung ebenso wie ihre Verlängerung oder ihr Widerruf) ist das Ergebnis dieser sachverständigen Prüfung durch das Board.

Jene - bei einer Gesamtbetrachtung eine untergeordnete Rolle spielenden - Akkreditierungsvoraussetzungen, die nicht durch entsprechende hochschulspezifische Qualitätsanforderungen, sondern durch sonstige öffentliche Interessen bestimmt sind, aber wegen des Sachzusammenhanges von der Akkreditierungsbehörde mitbeurteilt werden, wie etwa solche im Hinblick auf Gleichstellungsfragen oder in Fragen der Mitarbeitermitbestimmung oder der studentischen Mitbestimmung, enthalten entsprechend genaue gesetzliche Vorgaben.

Die Aufgabenwahrnehmung durch das Board der AQ Austria stellt auch nicht deswegen keine sachverständige Prüfung iSd in Art20 Abs2 Z1 B-VG geregelten Kategorie dar, weil das Board im Akkreditierungsverfahren auch Gutachter bestellen kann. Entscheidend ist nicht, dass die Mitglieder des Verwaltungsorgans selbst in jeder Hinsicht über den erforderlichen Sachverstand für die Beurteilung ganz unterschiedlicher Bildungseinrichtungen und Studiengänge verfügen, sondern dass sie - gegebenenfalls auf Basis spezieller sachverständiger gutachterlicher Grundlagen - das Vorliegen der Akkreditierungsvoraussetzungen sachverständig nach hochschulspezifischen Qualitätsstandards prüfen und darüber entscheiden.

§6 HS-QSG stellt auch sicher, dass die Mitglieder des Boards der AQ Austria über eine entsprechende fachliche Qualifikation (in Form einschlägiger wissenschaftlich oder wissenschaftlich-künstlerischer Qualifikation oder entsprechender fachlicher Erfahrung) verfügen (wobei eine wesentliche Anzahl der Mitglieder des Boards der AQ Austria von außerhalb Österreichs kommen muss und die maßgeblich für die Mitglieder des Boards der AQ Austria vorschlagsberechtigte Generalversammlung ebenfalls nur Mitglieder umfassen darf, die nachweislich über "Kenntnisse des Hochschulwesens und Angelegenheiten der Qualitätssicherung des Hochschulwesens" verfügen).

Schließlich besteht auch ein diesen Aufgaben des Boards der AQ Austria und ihrer konkreten Organisationsform - hier einer Anstalt des öffentlichen Rechts - angemessenes Aufsichtsrecht des zuständigen Bundesministers, das eine umfassende Rechtmäßigkeitsaufsicht einschließlich entsprechender verbindlicher Maßnahmen ebenso umfasst wie ein umfassendes Informationsrecht des zuständigen Bundesministers und eine diesem korrespondierende Auskunftsverpflichtung, wobei auch sichergestellt ist, dass der zuständige Bundesminister eine entsprechende Informationsbeschaffung bei den beaufsichtigten Hochschuleinrichtungen durch das Board der AQ Austria durchsetzen kann. Weiters hat der zuständige Bundesminister ein Mitglied des Boards der AQ Austria vor Ablauf der Funktionsperiode auf Antrag oder nach Anhörung des Boards abzuberufen, wenn es seine Pflichten gröblich verletzt oder vernachlässigt hat oder wenn es nicht mehr in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Mit zu berücksichtigen ist auch, dass der zuständige Bundesminister Akkreditierungsentscheidungen des Boards der AQ Austria (einschließlich der Entscheidung über die Verlängerung, den Widerruf oder das Erlöschen einer Akkreditierung) vor Erlassung des Bescheids durch die AQ Austria zu genehmigen hat, wobei die Genehmigung dann zu versagen ist, wenn die Entscheidung gesetzwidrig ist oder im Widerspruch zu nationalen bildungspolitischen Interessen steht.

Keine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit durch Prüfung der internen Organisationsvorschriften der privaten Bildungseinrichtung bei der Akkreditierung:

Dieses Bedenken konnte im Gesetzesprüfungsverfahren insofern zerstreut werden, als der Prüfbereich der "Organisation der Hochschule und ihrer Leistungen" gemäß §24 Abs3 Z5 HS-QSG im Lichte der einschlägigen Vorgaben zu beurteilen ist, die das PrivHG für die institutionelle Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten vorgibt. Dazu zählt insbesondere, dass die Privathochschule ihre Tätigkeiten an der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre bzw der Freiheit des künstlerischen Schaffens, der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre und in diesem Zusammenhang an der Vielfalt wissenschaftlicher und künstlerischer Theorien, Methoden und Lehrmeinungen zu orientieren hat. Damit wird - in Verbindung mit der Vorgabe des §5 Abs1 PrivHG, dass die Satzung die Prinzipien der Hochschulautonomie zu achten hat - deutlich gemacht, dass die Privathochschule auch von ihren internen Ordnungsvorschriften her Gewähr dafür bieten muss, dass die Freiheit von Forschung und Lehre an dieser Bildungseinrichtung gewährleistet ist. Diese - internationalen Standards, wie sie §5 Abs1 PrivHG vor Augen hat, entsprechende - Vorgabe steht in einem solchen Sachzusammenhang mit den sonstigen Akkreditierungsvoraussetzungen, dass sie von Art20 Abs2 Z1 B-VG mitumfasst ist. Dafür hat der Gesetzgeber in den genannten Regelungen, insbesondere des PrivHG, den Beurteilungsmaßstab für das Board der AQ Austria auch hinreichend konkret bestimmt und abgegrenzt.

Mit den hier in Rede stehenden Aufgaben der Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten und von Studien an diesen Bildungseinrichtungen sind dem Board der AQ Austria auch keine Zuständigkeiten übertragen, die im Sinne der bisherigen Rsp des VfGH zu Kernaufgaben der staatlichen Verwaltung zu zählen wären und daher nicht auf die selbstständige juristische Person des öffentlichen Rechts AQ Austria übertragen werden dürften. Auch wertet der VfGH im Anschluss an VfSlg 14473/1996 die der AQ Austria übertragenen Zuständigkeiten der Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten als "vereinzelte Aufgaben" im Sinne seiner diesbezüglichen Rsp.

Kein unzulässiger Eingriff in die Leitungsbefugnis oberster Organe durch die spezielle Verordnungsermächtigung des §24 Abs6 HS-QSG:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die verfassungsrechtliche Regelung bezüglich weisungsfreier Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag gemäß Art20 Abs2 und Art133 Z4 B-VG idF vor BGBl I 2/2008 insbesondere hinsichtlich der demokratischen Legitimation dieser Verwaltungsorgane und in Bezug auf ihren damals verfassungsrechtlich festgelegten Wirkungsbereich auf (Einzel-) Entscheidungen in oberster Instanz maßgeblich von der nunmehr geltenden verfassungsrechtlichen Regelung weisungsfreier Organe in Art20 Abs2 B-VG unterscheidet. So unterliegen weisungsfreie Verwaltungsorgane nach Art20 Abs2 B-VG in der geltenden Fassung einem angemessenen Aufsichtsrecht der obersten Organe (und diese damit im Hinblick auf die Wahrnehmung der vorgesehenen Ingerenzbefugnisse auch einer parlamentarischen Kontrolle nach Art52 Abs1 B-VG) wie einer besonderen parlamentarischen Anbindung durch Art52 Abs1a B-VG. Weiters bestimmt Art20 Abs2 B-VG den Wirkungsbereich weisungsfrei gestellter Verwaltungsorgane anders, als ihn Art20 Abs2 iVm Art133 Z4 B-VG idF vor BGBl I 2/2008 für die damaligen Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag festgelegt hat. Auch unterscheiden sich die vom Board der AQ Austria wahrzunehmenden Aufgaben der Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten maßgeblich von der Zuständigkeit der Übernahmekommission, die in VfSlg 17961/2006 zu beurteilen war.

Der VfGH versteht Art20 Abs1 B-VG in seiner Rsp dahingehend, dass auch mit hoheitlichen Aufgaben betraute Rechtsträger außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation zur Erlassung von Verordnungen ermächtigt werden dürfen, es dafür aber einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung, also einer speziellen Übertragung dieser Hoheitsbefugnisse, bedarf. Eine Verordnungserlassung unter bloßer Berufung auf Art18 Abs2 B-VG im Rahmen sonstiger ihm übertragener hoheitlicher Befugnisse steht einem solchen beliehenen Rechtsträger nicht zu.

Im Hinblick auf die systematische Einheit von Art20 Abs1 und 2 B-VG gilt dies grundsätzlich auch für gesetzlich nach Art20 Abs2 B-VG weisungsfrei gestellte beliehene Rechtsträger, soweit eine solche Verordnungserlassungskompetenz mit der durch Art20 Abs2 B-VG vorgegebenen Kategorie vereinbar ist und damit den Aufgaben eines solchen weisungsfreien Verwaltungsorgans entspricht (insbesondere, weil ihm im engeren Sinn Aufgaben der Verwaltungsführung übertragen sind). Mit einer solchen speziellen Regelung der Zuständigkeit eines beliehenen, weisungsfrei gestellten Rechtsträgers zur Erlassung einer Verordnung zur Konkretisierung einzelner gesetzlicher Regelungen, die die Wahrnehmung der dem Verwaltungsorgan übertragenen Zuständigkeiten bestimmen, grenzt der Gesetzgeber diesbezüglich auch den Wirkungsbereich dieses (funktionellen) Verwaltungsorgans von demjenigen anderer (auch oberster) Verwaltungsorgane nach Art18 Abs2 B-VG ab. Dies erfordert eine entsprechend genaue Festlegung der gesetzlichen Kriterien, zu deren verordnungsförmigen Konkretisierung der Gesetzgeber das weisungsfrei gestellte Verwaltungsorgan ermächtigt.

Was die hier in Rede stehende Verordnungsermächtigung des §24 Abs6 HS-QSG anlangt, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch dem entstehungsgeschichtlich bedeutsamen Vorgänger des Boards der AQ Austria, dem Fachhochschulrat, eine im Wesentlichen vergleichbare Verordnungskompetenz eingeräumt war.

Nach §24 Abs6 HS-QSG hat das Board der AQ Austria nach Durchführung eines öffentlichen Begutachtungsverfahrens eine Verordnung zu erlassen, in der die sachverständige Prüfung lediglich präformierende Festlegungen hinsichtlich der Prüfbereiche und Akkreditierungsvoraussetzungen gemäß PrivHG sowie der methodischen Verfahrensgrundsätze der institutionellen Akkreditierung und Programmakkreditierung zu treffen sind. Wie die Bundesregierung zu Recht ausführt, umfasst diese Verordnungsermächtigung also eine nähere Konkretisierung der diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben, die das Board der AQ Austria bei der Akkreditierung von Privathochschulen und Privatuniversitäten bzw der an diesen Bildungseinrichtungen angebotenen Studiengänge bestimmen. Die spezielle Ausgestaltung des Verordnungserlassungsverfahrens in §24 Abs6 HS-QSG soll dabei auch, worauf die Bundesregierung insbesondere hinweist, Transparenz und Stellungnahme zu den methodischen Festlegungen ermöglichen, nach denen das Board der AQ Austria seine sachverständige Beurteilung der gesetzlichen Voraussetzungen und Prüfbereiche vornimmt.

§24 Abs6 HS-QSG ist daher hinreichend determiniert und begrenzt und ermächtigt daher das Board der AQ Austria in verfassungsrechtlich zulässiger Weise zur Erlassung einer Verordnung.

Auch weist diese Verordnungsermächtigung weder einen Zusammenhang mit Kernaufgaben der staatlichen Verwaltung auf noch bedeutet diese Verordnungsermächtigung bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung eine ausschlaggebende Verschiebung der Bedeutung der Aufgaben des Boards der AQ Austria im Vergleich zu den dem zuständigen Bundesminister verbleibenden Aufgaben im Zusammenhang mit dem tertiären Bildungssektor.

Das BVwG hegt das Bedenken, dass die Verordnungsermächtigung des §24 Abs6 HS-QSG die AQ Austria in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise ermächtige, durch Verordnung ihren eigenen Prüfungsmaßstab im Akkreditierungsverfahren festzulegen. Damit fehle der PU-AkkVO 2019 die gesetzliche Deckung, weshalb sie zur Gänze aufzuheben sei. Diese Bedenken gegen §24 Abs6 HS-QSG treffen nicht zu. Damit ist aber auch dem Bedenken des BVwG ob der Gesetzmäßigkeit der PU-AkkVO 2019 der Boden entzogen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Hochschulen, Weisung, Weisungsgebundenheit, Sachverständige, Beleihung, Hochschulen Organisation, Verantwortlichkeit Organe, Ausgliederung, Verordnungserlassung, Determinierungsgebot, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, Wissenschaftsfreiheit, Ausbildung, Hoheitsverwaltung, Oberste Organe der Vollziehung, Privatwirtschaftsverwaltung, Kollegialbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G390.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.08.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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