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VwGGNorm
AVG §68 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Berger, in der Beschwerdesache der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg in Feldkirch, vertreten durch Dr. Georg Legat, Rechtsanwalt in Wien I, Tuchlauben 7a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 15. Jänner 1985, Zl. 308.411/1-III/4/84, betreffend Nichtigerklärung der Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewerbeausübung (mitbeteiligte Partei: EK in M), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Jänner 1985 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 26. Juli 1984, Z. II-1279/84, betreffend Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 für die Ausübung des von EK angemeldeten Gewerbes „Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von Waren zwischen Privaten oder zwischen Unternehmungen und privaten Konsumenten samt dem für den Abschluß erforderlichen Hilfsdienst, unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit“ mit dem Standort M, S Straße, gemäß § 363 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 GewO 1973 in Verbindung mit § 68 Abs. 4 lit. d AVG 1950 ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Partei habe im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vorgebracht, daß im Hinblick auf § 57 Abs. 3 GewO 1973 auf Grundlage ihrer Gewerbeberechtigung nur eine Vermittlung der Geschäfte direkt an ihrem Standort erfolgen werde. Die angemeldete Tätigkeit beziehe sich keineswegs auf das Abschließen von Warenhandelsgeschäften in fremdem Namen und für fremde Rechnung, sie erfasse lediglich die Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches. Dies bedeute, daß von ihr lediglich der Kaufantrag des Kunden weitergeleitet werde. Die Formulierung „samt dem für den Abschluß erforderlichen Hilfsdienst“ beziehe sich deshalb nur darauf, daß sie den Kaufantrag gemeinsam mit dem Kunden auszufüllen und diesen dann an das Unternehmen weiterzuleiten habe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 26. Juli 1984 sei sodann gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 festgestellt worden, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des zitierten Gewerbes vorliegen. Mit Eingabe vom 20. August 1984 habe die Beschwerdeführerin, gestützt auf § 363 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 GewO 1973 sodann die Nichtigerklärung dieses Bescheides beantragt.
Nach Ansicht der belangten Behörde könne von den durch den in Rede stehenden Gewerbewortlaut umfaßten Tätigkeiten die Vermittlung von Warenhandelsgeschäften zwischen Privaten unbestrittenermaßen Gegenstand eines freien Gewerbes sein. Bei der Vermittlung von Warenhandelsgeschäften zwischen Privatpersonen einerseits und Gewerbetreibenden andererseits sei von Gesetzes wegen (§ 57 Abs. 3 GewO 1973) das Aufsuchen von Bestellungen durch Privatgeschäftsvermittler ausgeschlossen. Die Entgegennahme von Bestellungen auf Waren im Standort des Privatgeschäftsvermittlers sei dagegen vom Wortlaut des § 59 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 umfaßt. Es treffe daher auch nicht zu, daß für eine „legale“ Vermittlung von Warenhandelsgeschäften zwischen diesen Kontrahenten im Rahmen des in Rede stehenden freien Gewerbes kein Raum bleibe.
Die gemäß § 259 Abs. 1 und § 131 Abs. 1 GewO 1973 der Konzessionspflicht unterliegenden Vermittlungstätigkeiten bezüglich Immobilien und Waffen seien vom Umfang des gegenständlichen Anmeldungsgewerbes schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Es bedürfe hiezu (mit Rücksicht auf § 29 GewO 1973, wonach für den Umfang der Gewerbeberechtigung in erster Linie der Wortlaut des Gewerbescheines im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend sei) nicht der in den gegenständlichen Gewerbewortlaut aufgenommenen „Ausschlußklausel“ - es könne deshalb auch dahingestellt bleiben, ob diese im gegenständlichen Zusammenhang „irrelevant“ wäre.
Der Beisatz „samt dem für den Abschluß erforderlichen Hilfsdienst“ sei zwar nicht als hinlänglich bestimmt im Sinne des § 339 Abs. 2 GewO 1973 anzusehen, da die von der mitbeteiligten Partei hiezu gegebene Aufklärung nicht die einzig mögliche Interpretation darstelle. Die bloße Verletzung des § 339 Abs. 2 GewO 1973 (mangelnde genaue Bezeichnung des Gewerbes in seinem vollen Umfang) stelle jedoch keine geeignete Grundlage für eine Nichtigerklärung gemäß § 363 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 dar (jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar zur richtigen Zuordnung des angemeldeten Gewerbes hinsichtlich der Gewerbekategorien führe, was schon angesichts des akzessorischen Charakters dieser Klausel nicht der Fall sein könne).
Weder aus der Existenz eines einheitlichen Befähigungsnachweises für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973 und das Handelsagentengewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 leg. cit., noch aus sonstigen Bestimmungen der Gewerbeordnung sei ersichtlich, daß sämtliche Vermittlungstätigkeiten bezüglich Warenhandelsgeschäften den gebundenen Gewerben zugeordnet werden sollten. Vielmehr sei das Gegenteil aus § 115 Abs. 1 GewO 1973 zu erschließen, welche Vorschrift den Vorbehaltsbereich des Handelsagentengewerbes umschreibe und hiebei nach dem klaren Wortlaut nur einen Teilbereich der Vermittlungstätigkeiten diesem gebundenen Gewerbe zuordne. Es treffe zwar zu, daß die Gewerbeordnung keine Definition des Begriffes der Handelsgewerbe enthalte. Aus der Gegenüberstellung der gebundenen Gewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 24 und 25 GewO 1973 sei jedoch ersichtlich, daß die Vermittlung von Warenhandelsgeschäften nicht bereits zum Inhalt des Handelsgewerbes zähle, was auch aus § 131 Abs. 1 Z. 1 lit. b und d sowie Z. 2 lit. b und c GewO 1973 ersehen werden könne. Aus § 34 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 sei lediglich ersichtlich, daß dieses Recht - zudem in eingeschränkterem Umfang als den Handelsagenten - auch Handelsgewerbetreibenden zustehe (Nebenrecht), es handle sich hiebei jedoch nicht um den Vorbehaltsbereich der Händler. Aus welchen Gründen der Gesetzgeber für die dem Handelsagentengewerbe gemäß § 115 Abs. 1 GewO 1973 vorbehaltene Vermittlung von Warenhandelsgeschäften zwischen Gewerbetreibenden eine andere Regelung treffen wollte, als für die Vermittlung solcher Geschäfte zwischen Gewerbetreibenden und Privatpersonen, welche mangels anders lautenden Bestimmung im Rahmen eines freien Gewerbes gemäß § 6 Z. 3 GewO 1973 erfolgen könne, brauche angesichts des Vorranges der Wortinterpretation im Zusammenhang mit dem klaren Wortlaut des § 115 Abs. 1 GewO 1973 nicht untersucht zu werden.
Da demnach aufgrund der gegenständlichen Gewerbeanmeldung Tätigkeiten verrichtet werden könnten, welche nicht dem gebundenen Handelsagentengewerbe (wie auch nicht einem Handelsgewerbe, insbesondere jenem gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973) vorbehalten seien, sei in dem der Anfechtung unterzogenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 26. Juli 1984 keine unrichtige Zuordnung der in Rede stehenden Tätigkeit zu einer Gruppe der Gewerbe im Sinne der §§ 5 und 6 GewO 1973 erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin ficht den Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an.
Der Beschwerdeführerin steht das von ihr in Anspruch genommene Beschwerderecht nicht zu.
In einem Verfahren betreffend die Nichtigerklärung eines Bescheides, mit dem die Zugehörigkeit einer gewerblichen Tätigkeit zu einer Gruppe der Gewerbe (§§ 5 und 6) unrichtig beurteilt worden ist, ist gemäß § 363 Abs. 3 GewO 1973 die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft Partei und es steht ihr das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG wegen Rechtswidrigkeit zu. Das in § 363 Abs. 3 GewO 1973 normierte, von der Verletzung eines subjektiven Rechtes losgelöste Beschwerderecht der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft setzt somit voraus, daß ein Verfahren nach § 363 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. stattgefunden hat. Lehnt die Behörde - wie hier - die Einleitung eines solchen Verfahrens ab, hat die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft weder Parteistellung erlangt noch steht ihr das auf Art. 131 Abs. 2 B-VG gegründete Beschwerderecht zu.
Die vorliegende Beschwerde ist daher, worauf sich auch die Beschwerdeführerin zutreffend beruft, eine solche nach Art. 131 Abs. 1 B-VG. Die Legitimation zu einer solchen Beschwerde setzt voraus, daß der Beschwerdeführer zu der Rechtssache, über die mit dem angefochtenen Bescheid abgesprochen wird, in einer solchen rechtlichen Beziehung steht, die eine Verletzung seiner subjektiven Rechte überhaupt ermöglicht. Nur derjenige, dessen Rechtsstellung eine verschiedene ist, je nach dem, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, kann eine Verletzung seiner Rechte durch diesen Bescheid behaupten und vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erheben (vgl. den hg. Beschluß vom 4. März 1974, Slg. Nr. 8563/A). Diese Möglichkeit, durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, ist im vorliegenden Fall für die Beschwerdeführerin nicht gegeben.
Gemäß § 363 Abs. 1, Einleitungssatz, GewO 1973 sind Bescheide, die an einem der in der Folge aufgezählten Fehler leiden, mit Nichtigkeit im Sinne des § 68 Abs. 4 lit. d AVG 1950 bedroht. Das Verfahren betreffend die Nichtigerklärung eines solchen Bescheides ist daher ein solches nach § 68 AVG 1950. Auf die Ausübung des der Behörde unter anderem gemäß § 68 Abs. 4 leg. cit. zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes steht gemäß § 68 Abs. 7 leg. cit. niemandem ein Anspruch zu. Steht aber solcherart der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch auf die von ihr angestrebte Nichtigerklärung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 26. Juli 1984 nicht zu, so kann sie durch die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ablehnung einer solchen Nichtigerklärung in ihren Rechten nicht verletzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1975, Zl. 1491/74).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 1. Oktober 1985
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und EisenbahnrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1985040048.X00Im RIS seit
27.01.2022Zuletzt aktualisiert am
27.01.2022