TE Vwgh Erkenntnis 1989/5/24 89/02/0025

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Veröffentlicht am 24.05.1989
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §58 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des HB in K, vertreten durch Dr. Kurt Martschitz, Rechtsanwalt in Dornbirn, Riedgasse 31/1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Dezember 1988, Zl. Ib-182-143/88, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 11. Juli 1987 um 3.05 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer näher beschriebenen Strecke gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen zu haben. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt sowie der Ersatz von Barauslagen vorgeschrieben.

Die belangte Behörde stützte ihren Schuldspruch im wesentlichen auf das „klinische“ Gutachten vom 11. Juli 1987, wonach gegen die Fahrtüchtigkeit des Beschwerdeführers ärztliche Bedenken bestanden hätten, sowie auf das im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens eingeholte Gutachten des amtsärztlichen Sachverständigen vom 6. August 1987, welches dahin gelautet hatte, die - bei der klinischen Untersuchung am 11. Juli 1987 festgestellte - Drehnystagmusdauer von 21 Sekunden in Verbindung mit den unsicheren Koordinationsproben (Gang auf der Geraden mit offenen Augen unsicher, mit geschlossenen Augen unsicher, Finger-Nasen-Probe unsicher) schließe die Fahrtüchtigkeit aus. Dazu passe auch das von der Exekutive beschriebene Fahren von Schlangenlinien und auch die als deutlich beschriebenen übrigen „Alkoholzeichen“: Geruch der Ausatemluft (nach Alkohol) und „Marke beim Teströhrchen überschritten“. Durch den vom Beschwerdeführer angegebenen Alkoholkonsum - so der Sachverständige weiter - sei die Symptomatik nicht allein erklärbar; sehr wahrscheinlich sei eine zu geringe Trinkmenge angegeben worden, unter Umständen spiele auch die zusätzliche Übermüdung eine Rolle. Auf Grund des klinischen Befundes könne lediglich eine starke Alkoholbeeinträchtigung ausgeschlossen werden, da die Pupillenreaktion noch als prompt beschrieben worden sei. Daraus könne auf eine Blutalkoholkonzentration nicht über 1 %o geschlossen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe das vor der Behörde erster Instanz abgegebene ärztliche Gutachten als unzureichend erachtet, weil sie an den Beschwerdeführer ergänzende Fragen in Hinsicht auf den Alkoholkonsum sowie Zeitpunkt und Ort des Fahrtantrittes gerichtet habe, so ist ihm entgegenzuhalten, daß sich eine derartige Schlußfolgerung aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ergibt (die belangte Behörde hat dazu in der Gegenschrift ausgeführt, die ergänzende Fragestellung sei im Zusammenhang mit der Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung des Alkotestes erfolgt). Da im übrigen das erwähnte amtsärztliche Gutachten vom 6. August 1987 in Hinsicht auf die Frage der Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers zur Tatzeit keiner Ergänzung bedurfte, liegt der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vor, zumal der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO 1960 nicht nur bei Feststellung eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 %o und darüber, sondern auch - ohne Rücksicht auf die Höhe des Blutalkoholspiegels - bei Vorliegen einer derartigen Beeinträchtigung durch Alkohol als erfüllt anzusehen ist, bei der der Lenker auf Grund seiner körperlichen und geistigen Verfassung ein Fahrzeug nicht mehr zu beherrschen und die zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht zu befolgen vermag. Eine Person, die ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, obwohl sie vorher Alkohol getrunken hat, verantwortet daher selbst dann den Tatbestand nach § 5 Abs. 1 StVO 1960, wenn ihre Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols auf Grund irgendwelcher zusätzlicher anderer Komponenten (wie z.B. Ermüdung) eingetreten ist (vgl. etwa das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 23. März 1988, Zl. 85/18/0290). Da der Beschwerdeführer nie bestritten hat, am Tag des Vorfalles Alkohol zu sich genommen zu haben, konnte die belangte Behörde auf Grund der ärztlichen Gutachten vom Vorliegen einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 ausgehen, ohne sich näher mit der Frage auseinandersetzen zu müssen, in welchem Ausmaß diese Fahruntüchtigkeit vom Alkoholgenuß bzw. von der vom Beschwerdeführer selbst ins Treffen geführten Übermüdung herrührte (vgl. zum analogen Fall von Alkoholgenuß und Medikamenteneinnahme das hg. Erkenntnis vom 27. April 1988, Zl. 87/03/0126). Es ist daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - unerheblich, daß aus dem „klinischen“ Gutachten vom 11. Juli 1987 keine entsprechende „Aufgliederung“ hervorgeht. Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, es sei durchaus denkbar, daß jemand, der alkoholtolerant sei und etwa 0,3 %o Blutalkohol aufweise, infolge Übermüdung ohne Alkoholbeeinträchtigung nicht mehr in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken, so ist auf die obzitierte hg. Judikatur zu verweisen. Von einer Fahruntüchtigkeit, die überhaupt nicht durch Alkohol hervorgerufen worden ist (und daher der Vorschrift des § 58 Abs. 1 StVO 1960 zu unterstellen ist, vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1981, Zl. 81/03/0221) kann in einem solchen Fall keine Rede sein.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 24. Mai 1989

Schlagworte

Alkoholbeeinträchtigung Fahrtüchtigkeit Alkoholbeeinträchtigung zusätzliche Komponenten Medikamente Müdigkeit Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung ärztliches Gutachten Verfahrensrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1989020025.X00

Im RIS seit

27.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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