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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des A A in W, vertreten durch MMag. Dr. Niklas Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juni 2021, W194 2182884-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 26. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28. November 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Erkenntnis vom 11. Juni 2021 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2021, E 2831/2021-10, hob der Verfassungsgerichtshof diese Entscheidung, soweit damit die an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde, auf. Im Übrigen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn erhobenen Beschwerde ab. Über nachträglichen Antrag trat dieser Gerichtshof diese Beschwerde (soweit die Behandlung abgelehnt worden war) mit Beschluss vom 8. November 2021, E 2831/2021-13, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber macht in Bezug auf die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit der in Afghanistan erfolgten Machtübernahme durch die Taliban und den „möglichen Auswirkungen auf die Situation des Revisionswerbers“ auseinandergesetzt.
9 Gemäß § 41 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und Z 3 VwGG), das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2 VwGG) zu überprüfen. Somit sind jedenfalls Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben und daher vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren entzogen (vgl. VwGH 8.11.2021, Ra 2021/20/0301, mwN).
10 Der Revisionswerber bezieht sich - allerdings ohne insoweit einen konkreten Sachverhalt oder konkrete Berichte zur im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Situation in Afghanistan ins Treffen zu führen - erkennbar auf Ereignisse, die sich erst nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugetragen haben. Erläuterungen dazu, aus welchen Gründen das Bundesverwaltungsgericht den Eintritt dieser Ereignisse im Zeitpunkt seiner Entscheidung als maßgeblich wahrscheinlich (und nicht bloß als eine von mehreren Möglichkeiten) hätte ansehen müssen, bleibt der Revisionswerber schuldig (vgl. dazu, dass die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen muss, jedoch die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, um den Status des Asylberechtigten zuerkannt zu bekommen, etwa VwGH 21.12.2020, Ra 2020/14/0445, mwN). Aus dem in der Revision zitierten, vom April 2021 stammenden „Wikipedia“-Eintrag geht derartiges nicht hervor.
11 Somit ist nicht zu sehen, dass der in der Revision geltend gemachte Verfahrensfehler vorläge.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200284.L00Im RIS seit
27.01.2022Zuletzt aktualisiert am
01.02.2022