TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/27 W140 2228228-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.2020
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Entscheidungsdatum

27.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
Gebührengesetz 1957 §14 TP6 Abs5
VwGVG §35

Spruch


W140 2228228-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alice HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX StA. Algerien (tatsächlich ungeklärt), vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst – ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2020, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 07.02.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.02.2020 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 07.02.2020 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 2a FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

V. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr in der Höhe von € 30,-- Euro wird gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 GebG idgF zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (BF) reiste spätestens am 15.07.2015 illegal in das Bundesgebiet ein. Am 15.07.2015 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in Kairo geboren zu sein und Staatsbürger von Ägypten zu sein.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 12.08.2015 (RK 18.08.2015) wurde der BF unter dem Namen XXXX gemäß § 229 (1) StGB § 15 StGB,

§§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB, § 241e (3) StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten - bedingt - verurteilt.

Am 22.09.2015 wurde das Verfahren des BF über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 24 Abs. 1 Z1 AsylG eingestellt.

Am 26.11.2015 versuchte der BF mit einem gefälschten ital. Personalausweis nach Madrid auszureisen. Es wurden in weiterer Folge keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen gesetzt, dem BF wurde eine Information bezüglich einer Rückkehrberatungsstelle ausgehändigt.

Der BF befand sich von 26.07.2015 bis 12.08.2015 sowie von 18.10.2019 bis 10.12.2029 in der Justizanstalt XXXX . Weiters befand sich der BF von 10.12.2019 bis 17.01.2010 in der XXXX .

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 13.01.2020, RK 13.01.2020, gemäß §§ 223 (2), 224 StGB § 229 (1) StGB § 241e (3) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 17.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 9 Monate bedingt - Probezeit 3 Jahre, verurteilt. Im Urteil des Landesgerichtes XXXX wird u. a. Folgendes ausgeführt:

„(…)Strafbare Handlungen:

1. XXXX zu I./A./1./2./3./das Vergehen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 130 Abs. 1, erster Fall StGB; zu I./B./ das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB;

zu       I./C./  das Vergehen der      Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB;

zu       II./A./ das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB;(…)Strafbemessung: 1. XXXX

Erschwerend: eine einschlägige Vorstrafe Zusammentreffen von vier Vergehen

Mildernd:umfassendes Geständnis teilweise Schadensgutmachung (…)“


Der BF wurde in weiterer Folge aufgrund eines internationalen daktyloskopischen Personenabgleichs von IP XXXX sowie von IP XXXX unter verschiedenen Alias- Datensätzen gespeichert. Im Jänner 2020 wurde durch das BFA ein Verfahren zur Identitätsfeststellung (HRZ-Verfahren) mit Algerien eingeleitet.

Mit Bescheid vom 16.01.2020 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. In weiterer Folge wechselte der BF - nach Entlassung aus der Strafhaft - in den Stand der Schubhaft.

Am 18.01.2020 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 28.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1, 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII). Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Am 05.02.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und mit Mandatsbescheid vom 05.02.2020 über den BF das gelindere Mittel - mit täglicher Meldeverpflichtung - angeordnet.

Am 06.02.2020 wurde der BF im Zug auf dem Weg nach Italien aufgegriffen und festgenommen (AS 169 ff) und in das PAZ eingeliefert.

Der BF wurde am 07.02.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.


Diese Einvernahme gestaltete sich u. a. wie folgt: „(…)

LA:      Leiden Sie an Krankheiten oder benötigen Sie dauerhafte Medikation?

VP:      Nein, ich bin gesund.

LA:      Sind Sie damit einverstanden, dass die Justizanstalt dem BFA Einblick in Ihren Gesundheitsakt gewährt bzw. darin befindliche Informationen zur Verfügung stellt?

VP:      Ja, bin ich.

LA:      Wo befinden sich Ihre persönlichen Dokumente?

VP:      Ich hab keine.

LA:      Nennen Sie den Namen Ihrer Eltern!

VP:      Vater: XXXX ; Mutter: XXXX und XXXX .

LA:      Haben Sie einen aufrechten Wohnsitz in Österreich?

VP:      Ich habe einen Wohnsitz von der Behörde bekommen. In der Nähe von Simmering.

Ich habe einen Fehler begangen, weil ich meinen Sohn sehen wollte.
LA:         Sie wurden gestern im Zug von Wien nach Italien aufgegriffen und folglich festgenommen. Warum waren Sie auf dem Weg nach Italien?

VP:     ich wollte meinen Sohn sehen und dann wieder zurück wo ich wohnte. Ich will gerne in Österreich leben und wollte hier ein normales Leben führen.

LA:      Wo lebt Ihr Sohn?

VP:      In Paris lebt er. Meine Freundin ist von Paris nach Italien/Rom gefahren und wollte auch nach Rom und dann wieder zurück.

LA:      Warum ist Ihre Freundin nicht nach Österreich gefahren?

VP:      Ich hatte keinen Wohnsitz in Österreich. Wenn das möglich ist sage ich ihr das schon.

LA:      Haben Sie einen Wohnsitz im Heimatland? Wenn ja, nennen Sie diesen!

VP:      In Algerien habe ich keine Adresse. Wir sind eine ganz arme Familie. Meine Eltern sind getrennt seitdem ich ein Kind war. Meine Mutter und meine zwei Schwestern leben in Libyen. Sie lebe in Tripolis.

Zu Ihrer Verurteilung:

LA:      Gem. Urteil d. Landesgerichts XXXX v. 13.01.2020 wurden Sie zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Monaten verurteilt. Wollen Sie sich dazu äußern?

VP:      Ich habe meine Strafe verbüßt und der Richter sagte, dass ich nochmals ins Gefängnis kommen werde, falls ich nochmal stehlen werde.

LA:     Hatten Sie je einen Aufenthaltstitel oder ein Visum bzw. sonst irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich?

VP:      Ich habe eine Karte bekommen.

LA:      Seit wann befinden Sie sich durchgehend in Österreich?

VP:      Seit ca. 4 1/2 Monate.

LA:     Waren Sie schon öfters in Österreich?

VP:      Ja. Als ich ein Kind war ging ich nach 2015 Österreich und ging wieder.

LA:     Wie sind Sie nach Österreich eingereist und zu welchem Zwecke?

VP:      Mit dem Zug von München nach Salzburg und von Salzburg nach Wien. Sicher ist, dass ich nicht nach Österreich wegen dem Diebstahl gekommen bin. Ein Bekannter hat eine Tasche in Wien verloren und deswegen wollte mein Bekannter als Vergeltung diese Tasche zurück.

LA:     Sind Sie in Österreich je einer Erwerbstätigkeit nachgegangen – egal ob legal oder illegal?

VP:      Ich habe nie gearbeitet.

LA:     Von was lebten Sie in ihrem Heimatland?

VP:      Ich habe im Heimatland nicht gearbeitet. In Frankreich als Florist und als Koch.

LA:     Von was leben Sie in Österreich?

VP:     Essen und Trinken bekomme ich von der Behörde wo ich wohne. Ab und zu hat mir meine Tante aus Großbritannien Geld geschickt.

LA:     Haben Sie eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen?

VP:     Nein. Ich gehe aber zu einem Araber und lasse ihn mit meiner Tante reden und die schickt ihm das Geld.

LA:      Haben Sie in Österreich legal aufhältige Familienangehörige Ihrer Kernfamilie?

VP:      Nein.

LA:      Pflegen Sie in Österreich soziale Kontakte (Mitglied von Vereinen, anderen Organisationen oder Aktivitäten…)?

VP:      Nein, aber manchmal geh ich in Wien zu einem Lokal wo Araber sind und gehe mit denen essen.

LA:      Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie Deutschkurse absolviert?

VP:     Nein.

LA:     Haben Sie in ihrem Heimatland Familienangehörige und wenn ja welche?

VP:     Ich weiß es nicht. Mein vater ist schon lange geschieden und ich weiß nicht ob er in Algerien lebt. Seit 2006 habe ich meinen Vater nicht gesehen.

LA:      Wie ist Ihr Familienstand und Ihre derzeitige familiäre Situation? Haben Sie Kinder?

VP:      Ledig. Ich habe aber eine Freundin namens XXXX . Mein Sohn heißt XXXX .

LA:      Welche Ausbildung haben Sie absolviert und wo (Schule, Beruf)?

VP:      Im Heimatland habe ich nichts gelernt. In Napoli habe ich auch Fisch verkauft.

LA:      Könnten Sie in ihrem Heimatland eine Beschäftigung annehmen?

VP:      Nein.

LA:      Wie hoch sind Ihre derzeitigen finanziellen Mittel (Bargeld, Konto, Ersparnisse,  sonstiges Vermögen…)?

VP:      8, 50 Euro.

LA:      Willigen Sie in Ihre Abschiebung nach Algerien ein?

VP:      Nein.

LA:      Haben Sie vor sich Ihrer Abschiebung nach Algerien zu widersetzen?

VP:      Ja, weil ich weiß nicht wohin ich gehen soll. Ich habe in Europa keine Probleme gehabt. Ich will meine Freiheit.(…)

VP:      Ich habe einen Fehler gemacht. Ich wollte nur meinen Sohn in Italien sehen. Bitte verzeihen sie mir. Ich werde diesen Fehler nicht mehr machen.

LA:      Ich beende jetzt die Befragung. Haben Sie alles verstanden? Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP:      Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen. Wenn sie mich nochmals in Gefängnis setzen, dann werde ich mich umbringen.(…)“

Mit Verfahrensanordnung vom 07.02.2020 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 07.02.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Am 23.03.2020 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und führte im Wesentlichen aus, dass im Fall des BF keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG vorliege. Weiters wurde mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr, mangelhafte Prüfung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel sowie die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft vorgebracht. Weiters wurde auf die COVID-19 Situation verwiesen. Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
Am 23.03.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In der Beschwerdevorlage vom 23.03.2020 wurde beantragt das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.

Am 25.03.2020 langte eine Stellungnahme des BFA ein. Darin wird u. a. Folgendes ausgeführt:

„(…) Stellungnahme

Grundsätzliches zum bisherigen Verfahrensverlauf – Der in der Beschwerde dargestellte und grob skizierte Verfahrensablauf, zuletzt festgehalten durch das BFA im ggst. Schubhaftbescheid zu VZ XXXX kann grundsätzlich außer Streit gestellt werden, hierzu jedoch auf, auf die Bescheiderlassung zu VZ XXXX zu verweisen ist, wie auch explizite auf jene diesen Bescheiden zu Grunde liegenden niederschriftlichen Einvernahme des BF, zuletzt vom 07.02.2020.

Zum monierten Verfahrensablauf – der Verfahrensablauf und die Verfahrensgestaltung der hs. Behörde erfolgten im Einklang mit der aktuellen Judikatur des VwGH. Von Seiten der hs. Behörde wurde, im Zuge der erfolgten umfassenden Einzelfallprüfung, in jedem Fall auf jene hierzu gebotenen Verhältnismäßigkeit Bedacht genommen und flossen die Ergebnisse der erfolgten Einzelfallprüfung im vollen Umfang in den ggst. Bescheid ein.(…)

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion XXXX - scheint zur Person des BF folgende Verurteilung auf 01) LG XXXX vom 13.01.2020 RK 13.01.2020 §§ 223 (2), 224 StGB § 229 (1) StGB § 241e (3) StGB §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 17.10.2019 Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Im Weiteren ergaben hierzu Erhebungen der hs. Behörde, dass der BF zu LG XXXX , bereits am 12.08.2015, rechtskräftig, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten wegen §§ 127, 130 1. Fall, 15 StGB iVm 229 Abs 1, 15 StGB und §§ 241e Abs 3, 15 StGB, verurteilt worden war. Als erschwerend wurde durch das erkennende Gericht hierzu bereits, das Zusammentreffen von zwei Vergehen und einem Verbrechen und die Tatbegehung während anhängigem Verfahren, gewertet, wie auch diverse Milderungsgründe.

Ebenso konnte ho. festgestellt werden, dass der BF sich im Zeitraum von 26.10.2014 bis 03.08.2016 in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat und auch dort straffällig wurde iSv gewerbsmäßiger Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung.

Hierzu gilt anzuführen, dass ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 22.11.2013, 2011/23/0505, mwN).

Sohin aufgrund der bisherigen Verfahrensabläufe und den im Hintergrund abgelaufenen Lebenssachverhalten des BF, es unschwer zu erblicken ist, dass sowohl die ggst. Asylanträge – Entziehung vom Verfahren iSd § 24 Abs 1 AsylG zu VZ XXXX und rk Entscheidung zu VZ XXXX – nicht aus Interesse an einer inhaltlichen Verfahrensführung gestellt worden sind, sondern auch in Verbindung mit der nunmehr wiederholten gesteigerten Delinquenz des BF, diese subsumiert, lediglich den Zweck verfolgten, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu prolongieren und ist hierzu auch auf die Feststellungen der erkennenden Gerichte – iSd § 67 Abs 1 FPG – zu verweisen, sowie den Umstand, dass hierzu unumstößliche Fakten vorliegen, welche auch unter der Berücksichtigung der Ausführungen des VwGH zu Ra 2019/21/0305-8 vom 12. November 2019, jegliche weitere und durch die rechtsfreundliche Vertretung des BF monierten Behauptungen wie dem angeblichen nicht vorliegen von Fluchtgefahr – siehe hierzu die ns-Einvernahme vom 07.02.2020 Entziehung vom gelinderen Mittel durch rechtswidrige Ausreise und beabsichtigte rechtswidrige Überschreitung von Binnengrenzen iSd SDÜ – obsolet erscheinen lassen, nämlich, dass zu o.a. eindeutig hervorgeht wie auch im ggst. Schubhaftbescheid rechtskonform dargestellt, zur Person des BF nicht nur eine ultima ratio Situation vorliegt, sondern auch eine auf Fakten basierende Fluchtgefahr besteht, daher die Entscheidung der hs. Behörde in jedem Fall verhältnismäßig und rechtmäßig erfolgte. Der Gesinnungswandel eines Straftäters nach der Rechtsprechung des VwGH auch grundsätzlich daran zu prüfen ist, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. Erkenntnis vom 21.02.2013 zu Zl: 2011/23/0192) – sohin auch keine positive Veränderung im Verhalten des BF iS einer positiven Zukunftsprognose, die Person des BF betreffend, vorliegt bzw. feststellbar ist und/oder war.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation, wie jener in casu, lediglich auf sein „Asylverfahren oder eine COVID-19 Situation“ berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zu wiederlaufen.

Der BF hatte mit seiner bisherigen Taktik, dahingehend, bis dato auch zunehmenden Erfolg. Seine uneingeschränkte persönliche Bewegungsfreiheit nutzte er jedoch nicht, um sich im Bundesgebiet, iSd Judikatur des VwGH, zu integrieren und/oder in eventu seine Ausreise aus dem Bundesgebiet zu organisieren sondern lediglich dafür, um seinen, aufgrund der wiederholten Straffälligkeit unsicheren, Aufenthalt zu prolongieren.

Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, welche die fremdenrechtliche Einreise und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre z.B. illegale Einreise oder Aufenthalt von mehr als drei (3) Monaten und/oder durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde – zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vergleiche das Erkenntnis des VwGH vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vergleiche dazu auch das Erkenntnis VfSlG. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass „eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.

Dies daher bedeutet, dass jenes durch den BF persönlich gezeigte und erst jüngst neuerlich gesetzte rechtswidrige Verhalten des BF unter dem Gesichtspunkt der erst jüngst ergangenen rechtskräftigen Verurteilung des BF iVm den diversen Anhaltungen des BF, somit in eklatanten Widerspruch zu den monierten Behauptungen seiner rechtsfreundlichen Vertretung steht.

Daher auch jene sonstige in der Beschwerde monierte Nichtvornahme der Prüfung iS eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und/oder einer sonstigen Anwendungsmöglichkeit eines z.B. gelinderen Mittels hierzu ins Leere geht.

Für die hs. Behörde steht daher auch weiterhin fest, dass der BF sich für die öffentliche Ordnung und Sicherheit als so gefährliches Individuum erwiesen hat, dass seine Interessen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit, jedenfalls nunmehr gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit, betreffend der Sicherung der nunmehr zu organisierenden begleiteten Abschiebung, zurücktreten.

Zum monierten nichtvorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, durch den BF – Das dargestellte und wohl dokumentierte Verhalten des BF ist den öffentlichen Grundinteressen, wie auch im Bescheid ausgeführt, massiv und wiederholt zu wieder gelaufen, daher ho. zu Recht von einer, dem BF ausgehenden und gelegenen besonderen, sohin maßgeblichen Gefährlichkeit, für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, ausgegangen werden muss.

Aufgrund des bisherigen persönlich gesetzten und gelebten Verhaltens des BF, besteht zudem ho. auch weiterhin berechtigter Zweifel an einer positiven persönlichen Entwicklung des BF, zumal der BF erwiesener Maßen bis dato wiederholt kein Interesse daran gezeigt hat, sich der geltenden Rechtsordnung zu unterwerfen und sich entsprechend dieser angepasst wohl zu verhalten. Der BF stellt somit auch hierzu, wie bereits im ggst. Bescheid ausgeführt, eine begründete und erwiesene Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die Integrität fremden Eigentums und des sozialen Friedens, dar.(…)

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff der öffentlichen Ordnung - Der Verwaltungsgerichtshof selbst hat sich bereits in vielen Entscheidungen mit dem Begriff der öffentlichen Ordnung auseinandergesetzt und ist dieser nach ho. Ansicht auch auf das Schubhaftregime übertragbar. Einleitend wäre darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seiner Rechtsprechung konsequent betont, dass der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukomme (zB VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; in Zusammenhang mit der Bedeutung für Art 8 Abs 2 EMRK vgl VwGH 12.04.2011, 2007/18/0176).

Nicht zuletzt aufgrund der Bedeutung für das gegenständliche Verfahren darf im Weiteren ein Querverweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 30. April 2010, 2010/18/0027, in Zusammenhang mit der Straffälligkeit eines Beschwerdeführers hingewiesen werden, sowie auf die Tatsache, dass das Asylverfahren des BF ohnedies bereits unangefochten in Rechtskraft 1. Instanz erwachsen ist.

Hiernach gilt der Umstand, dass ein Fremder trotz Erlassung eines erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides (bzw. trotz Anhängiges eins eines Aufenthaltsverbotsverfahrens, trotz Androhung eines Aufenthaltsverbots oder trotz Ermahnung) neuerlich straffällig geworden ist, als besonders starkes Indiz dafür, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Hat ein Fremder in der bezeichneten Weise gleichsam insistierend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und so seine besondere Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten zum Ausdruck gebracht, so müssen ganz besondere Umstände dafür sprechen, dass dennoch ausnahmsweise von einem künftigen Wohlverhalten des Fremden ausgegangen werden könne (Hinweis auf VwGH 19.5.2004, 2000/18/0233).

Ähnlich führt der VwGH im Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/21/0328 aus, dass die Erfüllung des Tatbestands der Z 1 des § 53 Abs 3 FPG in seiner letzten Variante ("mehr als einmal auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist") grundsätzlich die Annahme rechtfertige, dass der weitere Aufenthalt des Fremden eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Als besonders verwerflich und Gefahr für die öffentliche Ordnung erachtet der VwGH, die Suchtmittel- und Gewaltdelinquenz eines Fremden (VwGH 7.1.2009, 2008/18/0514; 22.9.2011, 2009/18/0059). (…)

Wenn in der Beschwerde nun moniert wird, es läge hinsichtlich der Person des BF keine Fluchtgefahr vor, so kann dies ha. daher subsumiert, schon aufgrund der aktuellen Judikatur des VwGH, nicht nachvollzogen werden und ist auch auf die o.a. Ausführungen der hs. Behörde zu verweisen. Sohin nach den vorliegenden Fakten und behördlichen und gerichtlichen Feststellungen liegt ein solcher Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr auch weiterhin unstrittig vor.

Der BF war in Österreich nie legal erwerbstätig, verfügte zu keiner Zeit über einen dauerhaft gesicherten Wohnsitz, ist von Transferleistungen bzw. von karitativen Hilfestellungen abhängig, verfügt über kein wesentliches Vermögen im Inland und ist nur als "mäßig" bis gar nicht sozial vernetzt zu bezeichnen.

Im bisherigen Verfahrens vor der hs. Behörde, konnte der BF, keine beachtliche integrative Aufenthaltsverfestigung dartun. In der Vergangenheit hat der BF klar kundgetan, nicht an einem inhaltlichen Asylverfahren interessiert zu sein, lediglich am, rechtswidrigen, Verbleib im Bundesgebiet.

Hinsichtlich eines gesicherten Wohnsitzes im Inland haben sich im Rahmen des Verfahrens keine Anhaltspunkte aufgetan, dass der Beschwerdeführer tatsächlich eine Unterkunft mit Wohnsitzcharakter haben würde, zumal selbst eine Unterbringung im Asylverfahren keinen solchen gesicherten Wohnsitz darstellt, zumal bei Fehlverhalten diese Form der vorübergehenden Unterbringung, jederzeit beendet werden kann, wie auch im Falle der ungerechtfertigten sonstigen Abwesenheit und steht dies ohnedies auch darüber hinaus vollends entgegen dem ho. vorliegenden Sicherungsbedarf, den BF betreffend. Auch verfügt der BF über keine Familienangehörigen in Österreich, die ihm eine mögliche feste Basis bieten könnten. Daraus ergibt sich nach Ansicht der Behörde, dass hinsichtlich des BF jedenfalls erheblicher Sicherungsbedarf besteht und er aufgrund des bisher an den Tag gelegten Verhaltens auch in keiner Weise vertrauenswürdig erscheint bzw. seine subjektiven Interessen nunmehr hinter jene der Allgemeinheit zurückzutreten haben.

Es lässt sich klar erkennen, dass der BF nicht gewillt ist und war, die vorliegenden bisherigen Entscheidungen zu akzeptieren und sich gesetzestreu zu verhalten bzw. sich einer bevorstehenden Abschiebung bereit zu halten und/oder diesem Verfahrensausgang zu stellen.

Das ho. durchgeführte Verfahren hat hierzu kein schützenswertes Familien- und Privatleben im Sinne des Artikels 8 EMRK in Österreich bescheinigt. Zudem wird auf die Bestimmung des § 76 Abs. 2a FPG hingewiesen, wonach bei der Bewertung der Intensität eines vorhandenen Sicherungsbedarfes explizit eine erwiesene Straffälligkeit so zu werten ist, dass sie einen vorhandenen Sicherungsbedarf zum Fremden, entscheidend zu seinem Nachteil gewichten kann.

Fluchtgefahr liegt subsumiert vor, weil der BF nicht österreichischer Staatsbürger ist, in Österreich keine stabilen Lebensverhältnisse von längerer Dauer aufgebaut hat, die Höhe der ho. in Aussicht genommenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme, sowie die ho. in Aussicht genommene Abschiebung in sein Heimatland, in jedem Fall einen Fluchtreiz darstellt, weshalb die objektiv betrachtete Gefahr besteht, dass wenn der BF auf freiem Fuß belassen werden würden, der BF nunmehr flüchten und/oder Sie sich im Bundesgebiet verborgen halten wird. Fluchtgefahr liegt somit ausreichend begründet vor, daher die gegenständliche Entscheidung der hs. Behörde auch verhältnismäßig ist, da dem BF auch bewusst gewesen sein muss, dass er sich illegal in Österreich aufhalten wird, wenn er u.a. im Bundesgebiet Straftaten begeht oder einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt.

Die Weiterführung der Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft bis auf weiteres iSd § 76 Abs 2 Z 2 weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Fluchtgefahr, als auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.(…)

Im Weiteren sei hierzu noch anzumerken, dass die Behörde, nicht von einer Bereitschaft der freiwilligen Ausreise oder der Annahme eines gelinderen Mittels, des BF, wie behauptet, ausgehen konnte und ist dies schon in der langen Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet begründet. Der Beschwerdeführer hat hierzu bisher im Rahmen seines gesamten Aufenthaltes im Inland niemals Anzeichen dafür erkennen lassen, dass er freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren würde, welcher dieses auch immer iSd § 52 Abs 9 iVm der Judikatur des VwGH sein mag. Darüber hinaus setzte er bis dato lediglich jene Verfahrensschritte, welche dieser nicht vorhandenen Absicht entgegengestanden sind.

Worin nun die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine allfällige Ausreisewilligkeit und/oder eine Bereitschaft sich einem gelinderen Mittel zu beugen, zu sehen vermag, bleibt auch weiterhin in deren Ausführungen unklar und unsubstanziert.(…)

Zum BF besteht sohin grundsätzlich ein Sicherungsbedarf erheblichen Ausmaßes, welcher durch die erwiesene wiederholte Straffälligkeit des BF im Bundesgebiet auch in jüngster Vergangenheit sodann auch noch weiter zu seinem Nachteil zu gewichten ist, sodass die Behörde letztlich zu dem Schluss kommen musste, dass sowohl eine erhebliche Fluchtgefahr, als auch eine ultima-ratio-Situation vorliegt.

Zum monierten s.g. HRZ-Verfahren ist festzuhalten, dass der BF nach Beendigung und/oder der Lockerung der COVID-19 Maßnahmen, zeitnah den entsprechenden konsularischen Vertretungen vorgeführt werden kann und letzten Endes auch jederzeit aus eigenem heraus, durch die Vorlage eines gültigen Dokuments zur Verkürzung seiner Anhaltung auch iSd § 80 FPG iVm § 22a BFA-VG, beitragen kann und dies dem BF auch im Stande der Schubhaft unbenommen bleibt, ein solches ho. in Vorlage zu bringen, zumal hierzu auch die rechtsfreundliche Vertretung des BF unterstützen sollte.

Der Sicherungsbedarf zum BF besteht sohin auch weiterhin in einem solchen Ausmaß, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels – allenfalls in der Form einer Meldeverpflichtung – mit Sicherheit kein geeignetes Mittel darstellt, um die Greifbarkeit des BF auch nur kurzfristig zu sichern, zumal auch eine Abschiebung des BF nicht undenkbar ist. Hierzu auch auf die Mitwirkungspflicht des BF iSd FPG idgF, sowie iSd BFA-VG idgF hinzuweisen ist, was der BF aber kontinuierlich negiert. Hierzu der nunmehr vorliegende Wiedereinsetzungsantrag des BF in Bezug auf sein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren, welches zum gegenständlichen Zeitpunkt keine rechtshemmende Wirkung zu entfalten vermag.

Das Vorliegen der Gefahr für die diversen Gebietskörperschaften, die weiterhin gegebenen Missachtung der österreichischen Rechtsordnung und die erhebliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft, sowie den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit überwiegen sohin, gegenüber einer Verfahrensführung auf freiem Fuß. Der BF hat sich für die öffentliche Sicherheit als so gefährliches Individuum erwiesen, dass sein Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit jedenfalls gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung seiner Ausreise zurücktritt. (…)

Es wird daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen und

2. die Beschwerde als unbegründet abweisen, 3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten bzw. der erweiterten Kosten im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung,(…)“

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der BF ist Staatsbürger von Algerien (Verfahrensidentität). Der BF spricht Arabisch. Am 15.07.2015 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in Kairo geboren zu sein und Staatsbürger von Ägypten zu sein. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , vom 12.08.2015 (RK 18.08.2015) wurde der BF unter dem XXXX gemäß § 229 (1) StGB § 15 StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB, § 241e (3) StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten - bedingt - verurteilt. Am 22.09.2015 wurde das Verfahren des BF über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 24 Abs. 1, Z1 AsylG, eingestellt.

Der BF befand sich von 26.07.2015 bis 12.08.2015 sowie von 18.10.2019 bis 10.12.2029 in der Justizanstalt XXXX . Weiters befand sich der BF von 10.12.2019 bis 17.01.2010 in der XXXX . Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 13.01.2020, RK 13.01.2020, gemäß §§ 223 (2), 224 StGB § 229 (1) StGB § 241e (3) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 17.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 9 Monate bedingt - Probezeit 3 Jahre, verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich seit 2015 2 Mal strafrechtlich (insbesondere wegen gewerbsmäßigem Diebstahl) verurteilt.

Der BF wurde in weiterer Folge aufgrund eines internationalen daktyloskopischen Personenabgleichs von IP XXXX sowie von IP XXXX unter verschiedenen Alias- Datensätzen gespeichert. Der BF scheint sowohl national als auch international unter diversen Aliasidentitäten auf.

Am 18.01.2020 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 28.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1, 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII). Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Am 05.02.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und mit Mandatsbescheid vom 05.02.2020 über den BF das gelindere Mittel - mit täglicher Meldeverpflichtung - angeordnet.

Am 06.02.2020 wurde der BF im Zug auf dem Weg nach Italien aufgegriffen und kam somit seiner täglichen Meldeverpflichtung nicht nach. Stattdessen wollte er sich nach Italien absetzen. Der BF gab im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 07.02.2020 an, keine Dokumente zu haben sowie sich der Abschiebung nach Algerien zu widersetzen.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 07.02.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Der Beschwerdeführer verhält sich im Verfahren seit Jahren in höchstem Maße nicht kooperativ, er betreibt reine Verfahrensobstruktion und verweigert bewusst entscheidende korrekte Angaben zu seiner Person sowie zu seiner Staatsangehörigkeit. Er ist in keiner Form vertrauenswürdig. Es gibt stichhaltige Hinweise für eine algerische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Im Jänner 2020 wurde durch das BFA ein Verfahren zur Identitätsfeststellung (HRZ-Verfahren) mit Algerien eingeleitet.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) in seinen Herkunftsstaat besteht ungeachtet der faktisch ungeklärten Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Die alleinige Verantwortung für die Dauer der Anhaltung liegt im Verhalten des Beschwerdeführers und der von ihm betriebenen Obstruktion des Verfahrens.

Der BF war in Österreich nie legal erwerbstätig, verfügte zu keiner Zeit über einen dauerhaft gesicherten Wohnsitz, ist von Transferleistungen bzw. von karitativen Hilfestellungen abhängig und verfügt über kein Vermögen im Inland. Der BF ist in Österreich in keiner Form integriert, spricht nicht Deutsch und verfügt über keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes (Schubhaft) sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und dem bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage – hinsichtlich der bewussten Verfahrensobstruktion, der fehlenden Vertrauenswürdigkeit. Die Feststellungen zu den Aliasidentitäten des BF ergeben sich aus den Strafregisterauszügen sowie einem internationalen daktyloskopischen Personenabgleich.

Die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister ersichtlich und im Übrigen auch unstrittig. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere der Entziehung aus dem Gelinderen Mittel (durch einen Fluchtversuch nach Italien), den strafrechtlichen Verurteilungen sowie der offenkundigen laufenden Verfahrensobstruktion.

Das Fehlen substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere der Einvernahme vor dem BFA am 07.02.2020. Substanzielle Deutschkenntnisse wurden in der Beschwerde nicht behauptet; Befragungen des Beschwerdeführers erfolgten in Arabisch. Im Verfahren sind auch keine legalen Beschäftigungsverhältnisse oder Fähigkeiten hervorgekommen, die zu einer mittelfristigen Sicherung der eigenen Existenz in Österreich beitragen würde. Gegenwärtig ist der Beschwerdeführer auch mittellos. Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister.

Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Aus dem oben Dargestellten ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde ebenfalls nicht behauptet.

Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Eine Integration wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglichen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des mutmaßlichen Herkunftsstaates Algerien. Abschiebungen nach Algerien fanden bis zuletzt regelmäßig statt. Ebenso regelmäßig muss diesen ein Ermittlungsverfahren im Herkunftsstaat vorangehen, weil die Betroffenen keine Personal- oder Reisedokumente vorweisen können. Diese benötigen üblicherweise einige Monate. Im Jänner 2020 wurde durch das BFA ein Verfahren zur Identitätsfeststellung (HRZ-Verfahren) mit Algerien eingeleitet. Durch die Antragstellung des BF auf internationalen Schutz kam es zu Verzögerungen.

Der BF kann nach Beendigung und/oder der Lockerung der COVID-19 Maßnahmen, zeitnah den entsprechenden konsularischen Vertretungen vorgeführt werden. Weiters kann der BF auch jederzeit aus Eigenem heraus - durch die Vorlage eines gültigen Dokuments zur Verkürzung seiner Anhaltung – beitragen.

Der realistische Zeithorizont begründet sich auch durch die angeordneten Restriktionen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Aus diesem Grund ist eine Vorführung vor Ende April nicht möglich. Umgekehrt ist derzeit realistisch, dass eine solche Vorführung im Mai/Juni 2020 erfolgen kann. Bei bestätigter Staatsangehörigkeit sollte ein HRZ dann in absehbarer Zeit zu erwirken sein. Die Verantwortung für die Länge der Anhaltedauer liegt jedoch beim Beschwerdeführer und dessen Kooperationsverweigerung bezüglich seiner tatsächlichen Identität sowie seines Herkunftsstaates.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf intern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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