TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W140 2230100-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35 Abs1

Spruch


W140 2230100-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alice HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX StA. Georgien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst – ARGE Rechtsberatung, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2020, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 27.03.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.03.2020 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG idgF stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 27.03.2020 bis 07.04.2020 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die Anträge der Parteien auf Kostenersatz werden gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr in der Höhe von € 30,-- Euro wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 05.12.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.12.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gegen die Spruchpunkte VI und VII dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben. Die übrigen Spruchpunkte wurden nicht angefochten und
erwuchsen damit mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft (siehe dazu S.2 des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes, XXXX , vom 30.03.2020).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2020 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe teilweise stattgegeben, dass die Dauer des zulässig erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird (Spruchpunkt I). Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II).


In diesem Erkenntnis wird u. a. Folgendes ausgeführt:

„(…) 1. Sachverhaltsfeststellungen: (…)

1.1 Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien. Seine Identität steht nicht fest.

1.2 Der Beschwerdeführer verließ Georgien im März 2019 und hielt sich anschließend in Lettland, Polen, Frankreich und Deutschland (dort für sieben bis acht Monate) auf, bevor er Anfang Dezember 2019 von Deutschland kommend ohne Reisepass in Österreich einreiste [AS 37, 49, 179], wo er sich seither aufhält. Der Beschwerdeführer wollte etwa ein oder zwei Monate in Österreich bleiben und danach nach Georgien zurückreisen [AS 39, 49].

1.3 Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführer leben nach wie vor sein Vater und eine Schwester. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt in Griechenland, eine weitere Schwester in Italien. Der Beschwerdeführer hat ein gutes Verhältnis zu seinen Angehörigen [AS 179]. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten [AS 182].

1.4 Der Beschwerdeführer ist gesund [AS 178]. Er verfügt über etwa EUR 40,--, seinen Lebensunterhalt kann der Beschwerdeführer nicht aus eigenen Mitteln bestreiten [AS 47]. Er befand sich zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des BFA vom 08.01.2020 in
Österreich in Untersuchungshaft [AS 190], eine Verurteilung des Beschwerdeführers besteht jedoch aktuell nicht. Gegenwärtig befindet er sich seit 27.03.2020 in Schubhaft. Im Strafregister der Republik Österreich scheint zum heutigen Tag keine Verurteilung auf (SA
30.03.2020).

1.5 Der Beschwerdeführer stellte am 05.12.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 08.01.2020 zur Gänze abgewiesen wurde. Das BFA erließ unter einem eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach
Georgien zulässig sei. Diese Entscheidung erwuchs insoweit in Rechtskraft, da dagegen keine Beschwerde erhoben wurde.

(…)

Zu Spruchpunkt II

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gem § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG (Spruchpunkt VII
des teilangefochtenen Bescheides)

3.5 Nachdem jene Aussprüche des BFA, wonach dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr
in seinen Herkunftsstaat keine Gefährdung, Verfolgung oder menschrechtsrelevante Gefahr drohe, nicht bekämpft wurden und sich auch sonst keine besonderen privaten Umstände
des Beschwerdeführers hinsichtlich einer erforderlichen Frist zur freiwilligen Ausreise im Verfahren ergeben haben (vgl etwa VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146), erweist sich die vom BFA ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde als
zu Recht erfolgt, zumal es sich bei Georgien auch um einen sicheren Herkunftsstaat handelt (vgl § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 12 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009). Entgegen dem Beschwerdevorbringen, war dabei die vom Beschwerdeführer gezeigte Reue und sein Wille sich an die österreichischen Gesetze zu halten (Beschwerde, S 5), nicht zu berücksichtigen; eine diesbezügliche Rechtsgrundlage existiert nicht.“

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.03.2020 zur AZ XXXX wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1, 15 StGB sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt, gemäß § 43a Abs 3 StGB (Probezeit 3 Jahre), verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die dem BF erlittene Vorhaft von 20.12.2019 (21.30 Uhr) bis 27.03.2020 (11.30 Uhr) auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet und der BF am Tag der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen. Das Urteil ist zwar formell nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft XXXX keine Erklärung abgegeben hat. Der BF hat aber - nach Rücksprache mit dem Verteidiger - einen Rechtsmittelverzicht abgegeben.

Dem BF wurde am 12.03.2020 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, welche der BF am 13.03.2020 nachweislich übernahm, in die JA XXXX zur möglichen Schubhaftverhängung übermittelt. Einer Stellungnahme innerhalb der vorgegebenen Frist kam der BF nicht nach.

Am 27.03.2020 wurde der BF - da er den unbedingten Teil seiner Strafe während seiner Zeit in U-Haft absaß - aus der JA XXXX entlassen. Zeitgleich wurde durch das BFA ein Festnahmeauftrag sowie eine Einlieferung ins PAZ XXXX veranlasst.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 27.03.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Am 01.04.2020 erhob der BF Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass im Fall des BF die belangte Behörde die Verhängung der Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Z 1 stützte, das Asylverfahren des BF wäre jedoch mit 10.02.2020 rechtskräftig negativ abgeschlossen gewesen und wäre der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt kein Asylwerber mehr gewesen. Damit hätte jedoch nur eine Inschubhaftnahme auf Basis von § 76 Abs. 2 Z 2 infrage kommen können. Aufgrund der Heranziehung der falschen Rechtsgrundlage sei der Schubhaftbescheid schon aus diesem Grund rechtswidrig. Weiters wurde ausgeführt, dass der bloße Verweis auf eine strafrechtliche Verurteilung - wie im gegenständlichen Bescheid - für die Erstellung einer Gefährdungsprognose keineswegs ausreichend sei. Die Behörde habe darüber hinaus den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, eine Auseinandersetzung mit dem Einzelfall sei nicht erfolgt. Aus dem Verhalten des BF könne keine Fluchtgefahr geschlossen werden. Weiters wurde mangelhafte Prüfung der Anwendbarkeit gelinderer Mittel und die Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft vorgebracht sowie auf die COVID-19 Situation verwiesen. Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung durchzuführen, auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
Am 02.04.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 02.04.2020 langte eine Stellungnahme des BFA mit folgendem Inhalt ein:

„Aufgrund der eingebrachten Beschwerde vom 01.04.2020 erlaubt sich das BFA folgende Stellungnahme abzugeben:

Stellungnahme des BFA RD XXXX :

Die Beschwerde gegen die Schubhaft wurde fristgerecht eingebracht. Herr XXXX wurde am 27.03.2020 aus der JA XXXX entlassen, durch die PI XXXX festgenommen und im Stande der Festnahme ins PAZ XXXX eingeliefert. Der Schubhaftbescheid wurde anschließend, im Laufe des Tages ins PAZ XXXX nachgereicht.

Der Genannte stellte im Bundesgebiet am 05.12.2019 einen Asylantrag, welcher mittels Bescheid am 08.01.2020 abgelehnt wurde. Am 29.01.2020 brachten Herr XXXX gegen das Einreiseverbot § 53 FPG und § 18 BFA-VG Aberkennung der aufschiebenden Wirkung eine Beschwerde ein. § 3neg. und § 8neg. AsylG idgF, sowie die Spruchpunkte § 52 FPG und § 57 AsylG idgF erwuchs am 10.02.2020 in Rechtskraft. Am 27.03.2020 wurden Herr XXXX durch das Landesgericht XXXX zur Zahl XXXX nach § 127 StGB; § 130 Abs 1 erster Fall StGB; 10 Abs 1 StGB und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Da das Asylverfahren an diesem Tag noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war wurde eine Schubhaft nach § 76 Abs 2 Z 1 FPG verhängt. Am 30.03.2020 wurde durch Erkenntnis des BVwG das Einreiseverbot von 4 Jahren auf 2 Jahre herabgesetzt sowie die Spruchpunkt VII des Asylbescheides, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unbegründet abgewiesen. Eine Abschiebung nach Georgien ist für den 21.04.2020 geplant

Die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers war von Notwendigkeit, da Herr XXXX Jemali mittelos und unterstandlos ist und nach der Haft in der JA XXXX , die Gefahr des Untertauchens gegeben ist. Zur Sicherung der Abschiebung nach Georgien, sind gelindere Mittel in diesem Fall nicht zielführend. Herr XXXX wurde aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, ausreichend zu seinen Lebensumständen befragt.

Die Behörde ist Ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen und hat eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation durchgeführt.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. die Beschwerde als unbegründet abweisen, 2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten.

Dass BFA beantragt den Beschwerdeführer für den Vorlageaufwand und den Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.“

Am 03.04.2020 erstattete das BFA eine ergänzende Stellungnahme mit folgendem Inhalt:

„Aufgrund der eingebrachten Beschwerde vom 01.04.2020 erlaubt sich das BFA folgende ergänzende Stellungnahme abzugeben:

Ein Flug für den BF wurde für den 21.04.2020 gebucht. Da der BFA über einen gültigen Reisepass verfügt, ist eine Abschiebung des BF ab dem erstmöglichen Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Flugbetriebes möglich. Eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) wurde dem BF am 12.03.2020 ordnungsgemäß in die Justizanstalt XXXX zugestellt. Das VEB hat der BF nachweislich am 13.03.2020 übernommen. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse des BF bestand für den BF durchaus die Möglichkeit den Sozialen Dienstes der Justizanstalt in Anspruch zu nehmen. Von dieser Möglichkeit nahm der BF keinen gebrauch.

Der BF befand sich im Zeitraum vom 05.12.2019 bis 20.12.2019 in der Grundversorgung (BS XXXX ). Am 20.02.2019 wurde der BF aufgrund Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung festgenommen und die Justizanstalt XXXX eingeliefert, sowie von der GVS abgemeldet. Aufgrund des abgeschlossen Asylverfahren steht dem BF aktuell kein Quartier in der GVS zu.

Aufgrund eines Auszuges des Depositenberichtes steht fest, dass der BF über keine finanziellen Mitteln verfügt.

Sollte die Covid19 länger andauern wird eine längere Anhaltung neuerlich geprüft werden.“


Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 05.12.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.12.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gegen die Spruchpunkte VI und VII dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben. Die übrigen Spruchpunkte wurden nicht angefochten und
erwuchsen damit mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2020 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe teilweise stattgegeben, dass die Dauer des zulässig erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird (Spruchpunkt I). Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II).

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.03.2020 zur AZ XXXX wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1, 15 StGB sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt, gemäß § 43a Abs 3 StGB (Probezeit 3 Jahre), verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die dem BF erlittene Vorhaft von 20.12.2019 (21.30 Uhr) bis 27.03.2020 (11.30 Uhr) auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet und der BF am Tag der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen. Das Urteil ist zwar formell nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft XXXX keine Erklärung abgegeben hat. Der BF hat aber - nach Rücksprache mit dem Verteidiger - einen Rechtsmittelverzicht abgegeben.

Dem BF wurde am 12.03.2020 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, welche der BF am 13.03.2020 übernahm, in die JA XXXX zur möglichen Schubhaftverhängung übermittelt. Einer Stellungnahme innerhalb der vorgegebenen Frist kam der BF nicht nach.

Am 27.03.2020 wurde der BF - da er den unbedingten Teil seiner Strafe während seiner Zeit in U-Haft absaß - aus der JA XXXX entlassen. Zeitgleich wurde durch das BFA ein Festnahmeauftrag sowie eine Einlieferung ins PAZ XXXX veranlasst.

Mit Mandatsbescheid des BFA vom 27.03.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Der BF verfügt über keine Barmittel und kann seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Der BF verfügt über keinen aufrechten Wohnsitz. Der BF befand sich von 05.12.2019 bis 20.12.2019 in Grundversorgung. Am 20.12.2019 wurde der BF festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Der BF wurde in weiterer Folge aus der Grundversorgung abgemeldet. Aufgrund des abgeschlossenen Asylverfahrens hat der BF keinen Anspruch auf Grundversorgung. Der BF war in Österreich nie legal erwerbstätig und ist von Transferleistungen bzw. von karitativen Hilfestellungen abhängig. Der BF ist in Österreich in keiner Form integriert, spricht nicht Deutsch und verfügt über keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der BF ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

Ein Flug für den BF wurde für den 21.04.2020 gebucht. Da der BF über einen gültigen Reisepass verfügt, ist eine Abschiebung des BF nach Georgien ab dem erstmöglichen Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Flugbetriebes möglich.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und dem bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellungen zur Untersuchungshaft des BF ergeben sich aus der Auskunft des Landesgerichtes XXXX . Die fehlende Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers.

Das Fehlen substanzieller sozialer, familiärer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Substanzielle Deutschkenntnisse wurden in der Beschwerde nicht behauptet. Im Verfahren sind auch keine legalen Beschäftigungsverhältnisse oder Fähigkeiten hervorgekommen, die zu einer mittelfristigen Sicherung der eigenen Existenz in Österreich beitragen würden. Gegenwärtig ist der Beschwerdeführer mittellos. Dies ergibt sich aus der Anhaltedatei sowie dem Depositenbericht. Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister sowie dem Grundversorgungsauszug.

Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Eine Integration wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der Stellungnahme des BFA.

Der BF kann nach Beendigung und/oder der Lockerung der COVID-19 Maßnahmen zeitnah nach Georgien überstellt werden.


2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).


3. Zu Spruchpunkt A.I.) Mandatsbescheid vom 27.03.2020 und Anhaltung in Schubhaft von 27.03.2020 bis 07.04.2020

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.12.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gegen die Spruchpunkte VI und VII dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben. Die übrigen Spruchpunkte wurden nicht angefochten und
erwuchsen damit mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft.

Das Asylverfahren des BF war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung rechtskräftig negativ abgeschlossen. Eine Inschubhaftnahme wäre zu diesem Zeitpunkt nur gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG infrage gekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 24.01.2013, Zl. 2012/21/0140, Folgendes aus: „Geht die Behörde im Schubhaftbeschwerdeverfahren über die Frage eines Antrags des Fremden nach § 51 FrPolG 2005 ohne weitere Begründung hinweg, so belastet sie ihre Entscheidung, soweit sie die Administrativbeschwerde abweist, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil der Schubhaftbescheid gegebenenfalls schon wegen der Heranziehung einer verfehlten Rechtsgrundlage nicht rechtmäßig gewesen ist. Wäre der Schubhaftbescheid rechtswidrig gewesen, so müsste das aber auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten. Insbesondere könnte ein Aktenvermerk, wonach die Schubhaft infolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 nunmehr als gemäß § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 verhängt gelte, keine Heilung bewirken (Hinweis E 26. Jänner 2012, 2008/21/0626; E 28. August 2012, 2010/21/0388). Heilung könnte nur durch einen neuen Schubhafttitel bewirkt worden sein. Ein solcher neuer Schubhafttitel wäre in einem Fortsetzungsausspruch der Behörde nach § 83 Abs. 4 erster Satz FrPolG 2005 zu erblicken.“ In diesem Kontext ist weiters auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2013, Zl. 2012/21/0182, zu verweisen: „Die Rechtswidrigkeit des auf § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 gegründeten Schubhaftbescheides und die darauf gegründete Anhaltung des Asylwerbers konnte nicht dadurch saniert werden, dass die Behörde in ihrem Abspruch über die Administrativbeschwerde den ursprünglich verfehlt herangezogenen Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 durch jenen des § 76 Abs. 2a Z 1 FrPolG 2005 ersetzte. Damit vermochte sie nämlich an dem Umstand, dass der Fremde auf Basis einer unzutreffenden Rechtsgrundlage in Schubhaft genommen und angehalten worden war, nichts mehr zu ändern (Hinweis E 29. September 2009, 2009/21/0046).“ Weiters wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.11.2018, Ra 2018/21/0086, verwiesen: „Eine "Sanierung" eines behördlichen Schubhaftbescheides, die - durch Änderung der Rechtsgrundlage - auf einen "Austausch" der tatsächlich verhängten Schubhaft gegen jene, die das VwG für richtig erachtet, hinausläuft, kommt nicht in Betracht (vgl. VwGH 20.12.2013, 2012/21/0182; VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007)“.

Aufgrund der Heranziehung einer verfehlten Rechtsgrundlage war der Schubhaftbescheid nicht rechtmäßig. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das aber auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass das BFA im Mandatsbescheid lediglich auf die nicht rechtskräftige Verurteilung des BF verwies, jedoch keine Gefährdungsprognose den BF betreffend anstellte. In seiner Entscheidung vom 06.11.2018 (Ra 2018/18/0203) führte der Verwaltungsgerichtshof aus: „In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier:"schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit") gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, mwN). Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (vgl. VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002, mwN).“

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.


4. Zu Spruchpunkt A.II.) Fortsetzung der Schubhaft

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Da der Beschwerdeführer aktuell in Schubhaft angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft - innerhalb einer Woche - abzusprechen.

§ 76 FPG idgF lautet:

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes. (…)

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG liegt Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.


Die Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG ist erforderlich, da aufgrund des Vorverhaltens des BF:

-        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.12.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Georgien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gegen die Spruchpunkte VI und VII dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben. Die übrigen Spruchpunkte wurden nicht angefochten und
erwuchsen damit mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft;

-        Der BF hat aufgrund des rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens keinen Anspruch auf Grundversorgung;

-        Der BF ist nicht vertrauenswürdig, er wurde kurz nach seiner Einreise in Untersuchungshaft genommen. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.03.2020 zur XXXX wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1, 15 StGB sowie des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt, gemäß § 43a Abs 3 StGB (Probezeit 3 Jahre), verurteilt. Die nicht rechtskräftige Verurteilung ist dem BF insofern vorwerfbar, als er einen Rechtsmittelverzicht abgegeben hat;

-        Der BF verfügt in Österreich über keine familiären und legalen beruflichen Anknüpfungspunkte, über keine gesicherte (stete) Unterkunft und verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel

davon auszugehen ist, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein wird, sich für eine Ausreise nach Georgien zur Verfügung zu halten. Vor dem Hintergrund der oben angeführten Umstände - das Verhalten des Beschwerdeführers betreffend - ist sohin von Fluchtgefahr auszugehen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgehen. Im gegenständlichen Fall ist bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) maßgeblich zu berücksichtigen, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot besteht, der BF in Österreich über keine familiären und legalen beruflichen Anknüpfungspunkte, über keine gesicherte (stete) Unterkunft und über keine ausreichenden Existenzmittel verfügt sowie nicht vertrauenswürdig ist.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF erweist sich die Gefahr des Untertauchens als erheblich.

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG idgF maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Im vorliegenden Fall scheidet mangels finanzieller Mittel die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z. 3 des § 77 FPG idgF aus.

In einer Zusammenschau aller angeführten Umstände - insbesondere unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF - ist davon auszugehen, dass ein konkreter Sicherungsbedarf für die Durchführung der Überstellung besteht.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erweist sich als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Überstellung) zu erreichen.

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).

Die Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien steht (anders als in VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047; 12.09.2013, 2013/21/0110; 20.12.2013, 2013/21/0014) tatsächlich im Raum, mit der Möglichkeit der Abschiebung ist auch tatsächlich zu rechnen (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517). Die Sicherheit, dass es zur (erfolgreichen) Abschiebung kommt, ist für die Verhängung von Schubhaft nicht erforderlich (VwGH 07.02.2008. 2006/21/0389).

Vor dem Hintergrund des Verfahrensstandes steht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer des § 80 FPG erfolgen wird (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 11.06.2013, 2013/21/0024; 19.04.2012. 2009/21/0047).

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Überstellung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit des BF andererseits ergibt, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Überstellung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

Der BF verfügt über ein soziales Netz im Bundesgebiet, das ihm ein Leben im Verborgenen ermöglicht. Im Falle des Beschwerdeführers liegt aufgrund seines Vorverhaltens Fluchtgefahr vor; wegen seines Vorverhaltens kann auch mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden. Der Beschwerdeführer ist haftfähig, die Schubhaft auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig.

Die (fortgesetzte) Anhaltung in Schubhaft erweist sich daher zum Zweck der Sicherung der Überstellung nach Beendigung und/oder der Lockerung der COVID-19 Maßnahmen als notwendig und verhältnismäßig. Die Anhaltung in Schubhaft kann somit derzeit auch aus diesem Gesichtspunkt fortgesetzt werden.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.


5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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