TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/13 W170 2245784-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

BDG 1979 §118 Abs1 Z2
BDG 1979 §123
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §51 Abs2
BDG 1979 §91
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2245784-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von KontrInsp. XXXX gegen den Einleitungsbeschluss der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 26, vom 22.07.2021, Zl. 2021-0.342.231, Senat 26, soweit mit diesem die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verfügt wurde, zu Recht (weitere Partei: Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für Inneres):

A)

I.       Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 123 BDG 1979 hinsichtlich des Spruchpunktes I. 1.) mit der Maßgabe, dass die Zeichenfolge „§ 43a BDG 1979“ durch die Zeichenfolge „§§ 43 Abs. 2, 43a BDG 1979“ ersetzt wird, abgewiesen.

II.      Der Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 118 Abs. 1 Z 2, 123 BDG 1979 hinsichtlich des Spruchpunktes I. 2.) stattgegeben, dieser behoben und das Disziplinarverfahren hinsichtlich des Vorhalts, KontrInsp. XXXX habe sich am 19.01.2021 trotz ärztlicher Anordnung im Krankenstand um 13.25 Uhr nicht zu Hause aufgehalten und dadurch nicht an der zumutbaren Heilbehandlung mitgewirkt und somit eine Dienstpflichtverletzung gemäß §§ 51 Abs. 2, 91 BDG 1979 begangen, gemäß § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 eingestellt.

III.    Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 123 BDG 1979 hinsichtlich des Spruchpunktes I. 3.) mit der Maßgabe, dass die Zeichenfolge „, § 44 Abs. 1“ und die Wortfolge „i.V.m. den Bestimmungen des IKT-Erlasses des BM. I vom 15.05.2018, GZ BMI-OA1000/0114-/I/2/b/2018“ ersatzlos entfallen, abgewiesen.

VI.      Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 123 BDG 1979 hinsichtlich des Spruchpunktes I. 4.) mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruchpunkt zu lauten hat:

„4.) anlässlich einer Sammelabschiebung nach Nigeria am 12.11.2020 entgegen der von Deutschland spätestens am 02.11.2020 in der FAR Webapplikation bestätigten Vorgangsweise, die ihm bekannt war oder bekannt sein hätte müssen, wonach Deutschland durch die dortige deutsche Botschaft als Organisator der Charterrückführung die Kosten für den 2. PCR-Test vor Ort in bar für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten am Charterflug vorerst bezahlen würde, am 10.11.2020 für die Registrierung von 15 Personen für diesen COVID-Test eine Bezahlung mittels Kreditkarte des VMÖ (Verein Menschenrechte Österreich) über einen Gesamtbetrag von € 1.781,55 (inklusive Gebühren) sowie am 11.11.2020 für die Registrierung von 10 Personen für diesen COVID-Test mittels Kreditkarte der BFA-Staatendokumentation über einen Gesamtbetrag von 1.186,-- (inklusive Gebühren), getätigt oder zumindest veranlasst, was dazu führte, dass der von ihm bezahlte Betrag in der Gesamthöhe von € 2.967,55 von Frontex nicht im Wege der vorgesehenen Charter-Refundierung beantragt werden konnte, da die vorgesehenen Testkosten von Deutschland in Lagos für den österreichischen Anteil der Kosten in der Höhe von € 2.823,03 getragen wurden und er habe dadurch eine Dienstpflichtverletzung nach §§ 43 Abs. 1 und 2, 91 BDG 1979 begangen,“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand:

Gegenständlich ist die Frage, ob die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen dem im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis befindlichen Mitarbeiter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, KontrInsp. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), mit im Spruch bezeichneten Einleitungsbeschluss wegen des Verdachts, die im Spruch des Einleitungsbeschlusses bezeichneten Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, rechtmäßig ist, da sich gegen den am 26.07.2021 zugestellten Bescheid die am 19.08.2021 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde richtet.

Soweit im gegenständlichen Einleitungsbeschluss hinsichtlich der diesbezüglich im Spruch erwähnten Dienstpflichtverletzungen kein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde liegt gegenständlich keine Beschwerde vor und ist der Bescheid diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist dienstführender Exekutivbeamter des Bundesministeriums für Inneres, der jedenfalls seit November 2019 bis zum 06.05.2021 im Rahmen einer Dienstzuteilung seinen Dienst im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Referat Operative Angelegenheiten, versah.

In dieser Funktion ist ADir. XXXX als (zu den Tatzeitpunkten) stellvertretender Referatsleiter Vorgesetzter des Beschwerdeführers.

Dienstbehörde für den Beschwerdeführer ist der Bundesminister für Inneres.

1.2. Mit Disziplinaranzeige des Direktors des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl an die Personalabteilung des Bundesministeriums für Inneres, Abteilung I/1, wurde dieser am 06.05.2021 folgender E-Mail-Verkehr zwischen ADir. XXXX und dem Beschwerdeführer bekannt:

Am 20.11.2020, um 14:37 Uhr, schrieb ADir. XXXX dem Beschwerdeführer (wortwörtlich): „Hallo XXXX , Da wir als PMS grundsätzlich kein Medic-Team am gesamten Charterflug stellen, sondern maximal am Zubringer bis zum Start des Hauptcharters, ergeht das Ersuchen um Begründung bzw. Übermittlung der unten angeführten Zusage/Genehmigung dazu von Frontex. Laut Information stellt OMS Deutschland das Medic Team am Hauptcharter und liegt keine Anforderung dahingehend vor, ein zusätzliches Team mitzunehmen. Auch sind in IFA/FAR keine medizinischen Fälle gemeldet worden. Weiters brauchen wir in diesen Fällen für die Refundierung der Kosten bei Frontex eine Begründung, warum eine durchgehende Mitnahme als PMS erforderlich war. Liebe Grüße, XXXX “

In Beantwortung dieses E-Mails schrieb der Beschwerdeführer am 20.11.2020, um 17:43 Uhr: (wortwörtlich, hg. Korrekturen in []): „Servus XXXX , Ich würde dich ersuchen [, dich] nicht einzumischen[,] wenn du keine Ahnung hast. Wenn du sonst nichts positives beitragen kannst[,] halte einfach deinen Mund. Wahrscheinlich ist dir schon wieder langweilig. Von meinem iPhone gesendet“ Der Beschwerdeführer hat bestätigt, dass er dieses E-Mail geschrieben hat.

1.3. Der Beschwerdeführer befand sich vom 21.12.2020 bis jedenfalls 19.01.2021 im Krankenstand, ihm wurde von der ihn behandelnden Ärztin die Zeit von 8 bis 10 Uhr sowie die Zeit von 14 bis 15 Uhr als Ausgehzeit angeordnet, Bettruhe wurde nicht angeordnet.

Der Beschwerdeführer erlitt im Jänner 2021 eine schwere COVID-Erkrankung und wurde dieser von der ihn behandelnden Ärztin, die auch die Ausgehzeiten angeordnet hat, angewiesen, ausgedehnte Spaziergänge zu unternehmen, die wesentlich für die Wiedererlangung der Gesundheit des Beschwerdeführers sind.

Beim Versuch, dem Beschwerdeführer einen Bescheid zuzustellen, wurde dieser von Mitarbeitern des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, HR XXXX und HR Mag. (FH) XXXX , MA MA) am 19.01.2021, gegen 13:25 Uhr, nicht zu Hause angetroffen.

1.4. Dem Beschwerdeführer wurde im Jahr 2016 vom Dienstgeber ein BAKS-freier Laptop zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer am 15.01.2021 wurde laut einem Aktenvermerk vom 17.01.2021 von XXXX , einem Mitarbeiter des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, angegeben, festgestellt, dass sich auf diesem Laptop die Daten hinsichtlich schulischer Verpflichtungen (Fernunterricht, Maturaprojekt) und sozialer Kontakte von XXXX , der zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Tochter des Beschwerdeführers, befanden und wurde dieser daher nicht sichergestellt. Auf dem Laptop sind keine für die Ermittlungen des Bundesamtes relevanten Daten gefunden worden. Dies hat die Dienstbehörde, die Personalabteilung des Bundesministeriums für Inneres (für den Bundesminister für Inneres) am 27.05.2021 durch die Disziplinaranzeige des Direktors des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erfahren.

Der Beschwerdeführer hat die Übernahme des Laptops vom Dienstgeber und Übergabe desselben Laptops an seine Tochter zugestanden, es habe sich um eine kurzfristige Überlassung gehandelt.

1.5. Am 12.11.2020 fand eine Sammelabschiebung mit Charterflugzeug nach Nigeria statt, die von Deutschland organisiert wurde und an der sich Österreich beteiligte.

Bereits am 27.10.2020 wurde von Deutschland in der FAR Webapplikation für eine am 22.10.2020 durchgeführte Sammelabschiebung vorgeschlagen, dass Deutschland als Organisator der Charterrückführung die Kosten für den 2. PCR-Test vor Ort in Bar für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten am Charterflug übernehmen wird. Am 29.10.2020 wurde von Frontex in der FAR Webapplikation mitgeteilt, dass Deutschland über die Möglichkeit verhandelt, dass die deutsche Botschaft vor Ort die Kosten für den zweiten COVID-Test bei der Ankunft übernimmt, am 02.11.2020 teilte Deutschland mit, dass es die Garantie für die Landeerlaubnis habe. Auch am 11.11.2020 bestätigte Deutschland nochmals, dass der 2. COVID-Test der Rückzuführenden durch die deutsche Botschaft in Lagos bezahlt werde.

Am 10.11.2020 nahm der Beschwerdeführer mittels einer Kreditkarte des VMÖ (Verein Menschenrechte Österreich) die Bezahlung einer Registrierung von 15 Personen für einen 2. COVID-Test in Lagos vor, oder veranlasste diese Bezahlung, was zu einer Belastung dieser Kreditkarte mit € 1.781,55 (inklusive Gebühren) führte.

Am 11.11.2020 nahm der Beschwerdeführer mittels Kreditkarte der BFA-Staatendokumentation die Bezahlung einer Registrierung von 10 Personen für einen 2. COVID-Test in Lagos vor, oder veranlasste diese Bezahlung, was zu einer Belastung dieser Kreditkarte mit € 1.186,-- (inklusive Gebühren) führte.

Die vorgesehenen Testkosten wurden von der deutschen Botschaft in Lagos mittels Barzahlung in Höhe von € 3.613,48 getätigt, der hievon auf Österreich fallende Anteil betrug € 2.823,03). Die vom Beschwerdeführer mittels Kreditkarten bezahlte Betrag in der Gesamthöhe von € 2.967,50 konnten daher nicht bei von Frontex zur vorgesehenen Charter-Refundierung beantragt werden.

Dies hat die Dienstbehörde, die Personalabteilung des Bundesministeriums für Inneres (für den Bundesminister für Inneres), am 27.05.2021 durch die Disziplinaranzeige des Direktors des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erfahren.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage, die die Weisungen (Erlässe), gegen die der Beschwerdeführer verstoßen haben soll, enthält.

2.2. Der Inhalt des unter 1.2. festgestellten E-Mail-Verkehrs ergibt sich aus der Disziplinaranzeige des Direktors des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2021 sowie deren diesbezügliche Beilagen. Zuletzt hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde vom 19.08.2021 bestätigt, dass dieses E-Mail von ihm ist.

2.3. Die Feststellungen unter 1.3. zum Krankenstand und zur von der behandelnden Ärztin angeordneten Ausgehzeit ergibt sich aus den im Akt einliegenden Arbeitsunfähigkeitsmeldungen vom 21.12.2020, 04.01.2021 und vom 18.01.2021.

Die Feststellung zur ärztlichen Anordnung, Spaziergänge zu unternehmen, ergibt sich aus der mit der Beschwerde vorgelegten ärztlichen Bestätigung.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 19.01.2021, gegen 13:25 Uhr, nicht zu Hause angetroffen werden konnte, ergeben sich aus der Disziplinaranzeige und der diesbezüglichen Beilage. Der Beschwerdeführer hat gar nicht bestritten, zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen zu sein.

2.4. Die Feststellungen zu 1.4. ergeben sich hinsichtlich der Übergabe des Laptops aus der Disziplinaranzeige vom 27.05.2021, diese wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Die darüberhinausgehenden Feststellungen unter 1.4. ergeben sich aus dem Aktenvermerk des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung vom 17.01.2021, Zl. PAD/20/02126808; dessen Unrichtigkeit wurde im Verfahren weder behauptet noch dargetan. Ob die Angaben, dass auf dem Gerät schulische und private Daten der Tochter wären, von dieser oder ihrer ebenfalls anwesenden Mutter gekommen ist oder diese Tatsache vom einschreitenden Sicherheitsorgan selbständig festgestellt wurde, lässt sich dem Aktenvermerk nicht entnehmen; es spielt aber im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Verwaltungsgericht und somit nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch die Behörde keinesfalls auch ohne gesetzliche Deckung erlangte Beweisergebnisse ignorieren und bei der Begründung seiner Entscheidung außer Acht lassen darf (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0181), keine Rolle.

2.5. Die Feststellungen zu 1.5. hinsichtlich der Sammelabschiebung und der Modalitäten über die Bezahlung des 2. COVID-Tests ergeben sich aus dem mit der Sachverhaltsdarstellung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2021, Gz.: ELAK 2020-0.684.379, vorgelegten Ausdruck der FAR-Kommunikationsübersicht, die darüberhinausgehenden Feststellungen aus der gerade bezeichneten Sachverhaltsdarstellung des Bundesamtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 105 BDG 1979 sind – soweit im 8. Abschnitt des BDG 1979 nicht anderes bestimmt ist – auf das Disziplinarverfahren (1.) das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 12, 39 Abs. 2a, §§ 41, 42, 44a bis 44g, 51, 57, 58a, 62 Abs. 3, §§ 63 bis 67, 68 Abs. 2 und 3, § 73 Abs. 2 und 3, §§ 75 bis 79 sowie (2.) das ZustG anzuwenden.

Gemäß § 37 1. Satz AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Gegenstand des Einleitungsbeschlusses ist im Wesentlichen die Frage, ob der von der Disziplinaranzeige betroffene Beamten in einem hinreichenden Verdacht steht, die vorgeworfenen Verfehlungen begangen zu haben und den inhaltlichen Gegenstand des Disziplinarverfahrens einzuschränken sowie die Verjährung zu unterbrechen sowie festzustellen, ob Einstellungsgründe im Sinne des § 118 BDG 1979 vorliegen.

3.2. Der Einleitungsbeschluss erfüllt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nunmehr auch die Funktion des bis zur Rechtslage vor der Dienstrechts-Novelle 2011 vorgesehenen Verhandlungsbeschlusses. Nunmehr sind unter anderem gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 auch die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen, das heißt, dass im Spruch des Einleitungsbeschlusses auch der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zu ihrer Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Insbesondere ist auch klarzustellen, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird, wobei die endgültige rechtliche Subsumtion dem das Disziplinarverfahren beendenden Erkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde – die an die rechtliche Würdigung im Einleitungsbeschluss nicht gebunden ist – vorbehalten bleibt (VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042 bzw. zum Verhandlungsbeschluss vor der Dienstrechts-Novelle 2011 VwGH 27.10.1999, 97/09/0246). Das bedeutet, dass es für den Einleitungsbeschluss nach § 123 BDG 1979 (ab In-Kraft-Treten der Dienstrechts-Novelle 2011) um die Klärung genügender Verdachtsgründe geht, welche die Annahme eines ausreichenden Verdachtes einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen, nicht jedoch darum, ob der Beamte eine solche Dienstpflichtverletzung tatsächlich schuldhaft begangen hat (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007, VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042).

3.3. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe

1.       am 20.11.2020 seinen Vorgesetzten ADir. XXXX mittels E-Mail mit beleidigenden und herabwürdigenden Worten bedacht, indem er geschrieben habe: „Servus XXXX , Ich würde dich ersuchen nicht einzumischen wenn du keine Ahnung hast. Wenn du sonst nichts positives beitragen kannst halte einfach deinen Mund. Wahrscheinlich ist dir schon wieder langweilig.“;

2.       sich am 19.01.2021 trotz ärztlicher Anordnung im Krankenstand um 13.25 Uhr nicht zu Hause aufgehalten und dadurch nicht an der zumutbaren Heilbehandlung mitgewirkt;

3.       einen ihm im Jahr 2016 zur dienstlichen Verwendung zugewiesenen Laptop bis zum 15.01.2021 seiner Tochter entgegen der Bestimmungen des § 3 der IKT-Nutzungsverordnung des Bundes für private Zwecke überlassen;

4.       beim Nigeriacharter am 12.11.2020 entgegen der von Deutschland am 27.10.2020 in der FAR Webapplikation vorgeschlagenen Vorgangsweise, wonach Deutschland als Organisator der Charterrückführung die Kosten für den 2. PCR-Test vor Ort in Bar für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten am Charterflug übernehmen würde, welches Vorgehen seitens der Frontex ebenso via FAR Webapplikation Zustimmung fand und welche Vorgangsweise laut FAR Webapplikation von Frontex am 02.11.2020 auch für den Nigeriacharter am 12.11.2020 angeregt und von Deutschland am 11.11.2020 auch akzeptiert wurde, im Vorfeld eine Bezahlung mittels Kreditkarte des VMÖ (Verein Menschenrechte Österreich) am 10.11.2020 eine Registrierung von 15 Personen über einen Gesamtbetrag von € 1.781,55 (inklusive Gebühren) sowie am 11.11.2020 mittels Kreditkarte der BFA-Staatendokumentation die Registrierung von 10 Personen über einen Gesamtbetrag von 1.186,-- (inklusive Gebühren), abgeschlossen und bezahlt, obwohl die vorgesehenen Testkosten von Deutschland in Lagos mittels Barzahlung in Höhe von € 3.613,48 (der von Deutschland für den österreichischen Anteil geleistete Betrag betrug € 2.823,03) getragen wurden, was dazu führte, dass der vom Beamten mittels Kreditkarten bezahlte Betrag in der Gesamthöhe von € 2.967,50 von Frontex nicht im Wege der vorgesehenen Charter-Refundierung beantragt werden konnte.

3.4. Zur Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 1 der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vorliegt:

Der E-Mail-Verkehr, insbesondere die Antwort des Beschwerdeführers auf das E-Mail seines Vorgesetzten, stehen fest und sind unstrittig.

Das E-Mail des Vorgesetzten war ein streng sachliches E-Mail, in dem dieser den Beschwerdeführer aufgefordert hat, eine von dessen Entscheidungen zu begründen, da diese Begründung – zumindest nach dem damaligen Wissensstand des Vorgesetzten – Voraussetzung für die Refundierung der der Republik Österreich entstehenden Kosten durch Frontex war. In seiner Antwort geht der Beschwerdeführer auf die Frage nicht ein, vielmehr fordert er den Vorgesetzten auf, sich nicht einzumischen, wenn dieser keine Ahnung habe und dass dieser den Mund halten solle, wenn er „sonst nichts positives beitragen“ könne. Schließlich unterstellt der Beschwerdeführer dem Vorgesetzten, dass ihm schon wieder langweilig sei.

Gemäß § 43a 1. Satz 2. Fall BDG 1979 haben Beamtinnen und Beamte als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Das E-Mail, das als schriftliche Äußerung nicht unter das Privileg der „Goldwaagen“-Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für spontane mündliche Äußerungen fällt (zuletzt: VwGH 15.02.2013, 2013/09/0001), ist als abwertende („… nicht einzumischen wenn du keine Ahnung hast. … halte einfach deinen Mund. Wahrscheinlich ist dir schon wieder langweilig …“) Antwort auf eine dienstliche Frage jedenfalls – im Verdachtsbereich – eine Verletzung des Gebots der leg.cit., als Beamter auch seinem Vorgesetzten mit Achtung zu begegnen. Auch wird eine solche Antwort nicht zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beitragen, weil durch diese Antwort Animositäten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten befeuert werden. Es liegt daher hinsichtlich des gegenständlichen Verhaltens des Beschwerdeführers der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43a BDG 1979 vor.

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, wobei es nicht darauf ankommt, dass das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekannt wird (VwGH 07.03.1996, 96/09/0038; VwGH 20.11.2003, 2002/09/0088; VwGH 28.02.2012, 2011/09/0177; VwGH 24.01.2014, 2013/09/0149). Die Beantwortung einer sachlichen Frage durch den Vorgesetzten in der herabwürdigenden, oben dargestellten Art und Weise stellt – im Verdachtsbereich – ein Verhalten dar, dass – wenn es bekannt werden würde – das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beschuldigten erheblich untergraben würde, da er nicht nur eine Frage, die sein Vorgesetzter in Ausübung seiner Kontrollbefugnis stellt, nicht beantwortet sondern diesen in der Antwort auch noch abkanzelt. Es liegt daher hinsichtlich des gegenständlichen Verhaltens des Beschwerdeführers auch der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG vor.

Wenn der Beschwerdeführer im Verfahren und in der Beschwerde darauf hinweist, dass er das Schreiben aus einer spontanen Reaktion heraus geschrieben habe, so ist er einerseits darauf zu verweisen, dass allfällige Entschuldigungs- und Rechtfertigungsgründe, die nicht offensichtlich auf der Hand liegen, im Disziplinarverfahren zu klären sind (VwGH 28.07.1999, 97/09/0337) und es sich bei der gegenständlichen E-Mail eben nicht – wie oben dargetan – um eine spontane mündliche Äußerung sondern eine schriftliche Äußerung handelt und daher die „Goldwaagen“-Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Anwendung kommt.

3.5. Zur Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 2 der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vorliegt:

Festgestellt wurde und unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer sich am 19.01.2021, gegen 13:25 Uhr, im Krankenstand befand und zu diesem Zeitpunkt, obwohl ihm seine behandelnde Ärztin die Zeit von 8 bis 10 Uhr sowie die Zeit von 14 bis 15 Uhr als Ausgehzeit angeordnet hat, nicht zu Hause war.

Allerdings ist unstrittig, dass die behandelnde Ärztin keine Vorgesetzte des Beschwerdeführers ist und daher die Missachtung von deren Anordnungen nur dann disziplinarrechtlich relevant sind, wenn diese dazu führen, dass sich der Beamte gemäß § 51 Abs. 2 BDG 1979 einer zumutbaren Krankenbehandlung entzieht. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt (VwGH 18.05.1994, 93/09/0114), dass, hat der Beamte während der Zeit einer durch Krankheit berechtigten Abwesenheit vom Dienst an einer privaten Geburtstagsfeier außer Haus teilgenommen, von der er erst in den Morgenstunden des nächsten Tages zurückgekehrt ist, und wurde nach der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung dem Beamten Bettruhe angeordnet und keine "Ausgehzeit" eingeräumt, dieser gegen die ihn treffende Verpflichtung zu einer zumutbaren Krankenbehandlung im Sinne des § 51 Abs 2 BDG 1979 verstoßen hat. Allerdings kann von einem „Entziehen“ im Sinne des § 51 Abs. 2 BDG 1979 nur dann gesprochen werden, wenn der Beamte die Notwendigkeit einer derartigen Behandlung überhaupt erkennt (VwGH 15.10.2003, 2003/12/0054), das „Entziehen“ setzt also vorsätzliches Verhalten des Beamten voraus (VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0023 zu § 31 Abs. 2 letzter Satz NÖ DPL 1972 unter Bezugnahme auf Judikatur zu § 51 Abs. 2 BDG 1979).

Da der Beschwerdeführer im Jänner 2021 eine schwere COVID-Erkrankung erlitt und dieser von der ihn behandelnden Ärztin, die auch die Ausgehzeiten angeordnet hat, angewiesen wurde, ausgedehnte Spaziergänge zu unternehmen, die wesentlich für die Wiedererlangung der Gesundheit des Beschwerdeführers sind, ist daher gerade im Licht der Verantwortung des Beschwerdeführers, einen Spaziergang unternommen zu haben (dass dieser Spaziergang vom Beschwerdeführer nicht sofort wieder mit dem vorgehaltenen Datum verknüpft wurde, spricht nicht gegen diese Verantwortung, da ihm ja regelmäßige Spaziergänge aufgetragen wurden), kein Verdacht einer diesbezüglichen Dienstpflicht zu begründen bzw. wird diese nicht zu beweisen sein.

Diesbezüglich ist daher der Bescheid hinsichtlich der Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Spruchpunkt I. 2.) zu beheben und das Verfahren im Hinblick auf diesen Vorwurf gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 einzustellen.

3.6. Zur Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 3 der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vorliegt:

Festgestellt wurde, dass dem Beschwerdeführer im Jahr 2016 vom Dienstgeber ein BAKS-freier Laptop zur Verfügung gestellt wurde, den dieser – wenn auch nach seinen Angaben nur kurzfristig – seiner Tochter XXXX zur Verwendung – diese hatte am Laptop Daten hinsichtlich schulischer Verpflichtungen (Fernunterricht, Maturaprojekt) und sozialer Kontakte gespeichert – übergeben hat, sodass diese jedenfalls am 15.01.2021 den Laptop in ihrem Gewahrsam hatte.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Gemäß § 79d BDG 1979 darf die IKT-Infrastruktur von den Beamten grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke genutzt werden. In einem eingeschränkten Ausmaß ist auch die private Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur erlaubt, sofern sie nicht missbräuchlich erfolgt, dem Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht schadet, der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes nicht entgegensteht und sie die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit der IKT-Infrastruktur nicht gefährdet. Die Beamten haben keinen Rechtsanspruch auf eine private IKT-Nutzung. Die Beamten sind verpflichtet, sich an die durch Verordnung der Bundesregierung festzulegenden Nutzungsgrundsätze sowie allfällige weitere ressort- oder arbeitsplatzspezifische Nutzungsregelungen für eine private IKT-Nutzung zu halten. Mit diesen Nutzungsgrundsätzen werden inhaltliche Vorgaben für die Zulässigkeit einer privaten IKT-Nutzung festgelegt, wobei insbesondere der zeitliche Rahmen, der Umfang und die Art einer zulässigen privaten IKT-Nutzung geregelt werden.

Die IKT-NV wurde mit BGBl. II Nr. 281/2009, also jedenfalls vor der Übergabe des Laptops an die Tochter, kundgemacht und lautete in der Stammfassung in den hier relevanten Teilen:

„Begriffsbestimmungen

§ 1. Im Sinne dieser Verordnung bedeuten die folgenden Begriffe:

2. „IKT-Infrastruktur“: alle Geräte („Hardware“), die vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden oder im Einvernehmen mit dem Dienstgeber für dienstliche Zwecke benutzt werden und der Informationsverarbeitung für Zwecke des Dienstgebers dienen, sowie die darauf befindlichen Programme und Daten („Software“),

§ 2. Diese Verordnung regelt die private Nutzung der IKT-Infrastruktur durch Bedienstete des Bundes.

Allgemeine Grundsätze für die private Nutzung der IKT-Infrastruktur

§ 3. Die Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur für private Zwecke ist im eingeschränkten Ausmaß zulässig. Sie darf jedoch nicht missbräuchlich erfolgen, dem Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht schaden, der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes nicht entgegenstehen und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der IKT-Infrastruktur nicht gefährden. Sie darf außerdem nur unter Beachtung sämtlicher weiterer ressort- oder arbeitsplatzspezifischer Nutzungsregelungen erfolgen. Insbesondere ist eine eigenmächtige Veränderung der zur Verfügung gestellten IKT-Infrastruktur (Hard- und Software) unzulässig. Die Bediensteten haben keinen Anspruch auf private Nutzung der vom Dienstgeber für den Dienstbetrieb zur Verfügung gestellten IKT-Infrastruktur.

…“

Diese Normen der IKT-NV wurden durch die einzige Novelle zur Verordnung (BGBl. II Nr. 107/2018) nicht geändert und stehen daher seit 02.09.2009 (Tag nach der Kundmachung des BGBl. II Nr. 281/2009) unverändert in Geltung, sodass von einem Verstoß gegen die vom Beschwerdeführer – wenn auch gegen den Erlass des Bundesministers für Inneres vom 15.05.2018, Gz. BMI-OA1000/0114-/I/2/b/2018 – ins Treffen geführte Regel „nulla poena sine lege“ keine Rede sein kann.

Nach den oben zitierten Normen darf die IKT-Infrastruktur, das sind gemäß § 1 Z 2 1. Fall IKT-NV alle Geräte („Hardware“), die vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden, also jedenfalls auch der dem Beschwerdeführer 2016 vom Dienstgeber übergebene Laptop, grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke genutzt werden, nur in einem eingeschränkten Ausmaß ist auch die private Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur erlaubt. Diese eingeschränkte private Nutzung muss daher im Sinne einer Spezialnorm zu § 79d BDG 1979, der grundsätzlich eben die ausschließlich dienstliche Nutzung anordnet, ausdrücklich erlaubt sein. Das ist die Weitergabe eines Dienstlaptops an Verwandte eben nicht, auch wenn dieser dienstlich nicht gebraucht wird.

Dass auch andere Bedienstete diese Dienstpflichtverletzung begehen würden, zeigt nicht die Rechtmäßigkeit des Verhaltens, sondern lediglich das besondere Bedürfnis, die Norm klarzustellen bzw. eine besondere Notwendigkeit einer allfälligen Bestrafung im Lichte der Generalprävention auf.

Es liegt daher jedenfalls der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vor, allerdings nur im Hinblick auf §§ 43 Abs. 1 79d BDG 1979 und 3 NKT-NV; ein Verstoß gegen eine Weisung – hier: den zitierten Erlass des Bundesministeriums für Inneres – liegt nicht vor, wenn diese Weisung nur die Rechtslage wiederholt oder klarstellt ohne nähere Handlungsanweisungen zu geben, daher ist der Spruch entsprechend zu berichtigen.

3.7. Zur Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 4 der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vorliegt:

Festgestellt wurde, dass am 12.11.2020 eine Sammelabschiebung mit Charterflugzeug nach Nigeria stattfand, die von Deutschland organisiert wurde und an der sich Österreich beteiligte, in deren Rahmen bereits seit 27.10.2020, jedenfalls seit 29.10.2020 in der FAR Webapplikation vorgeschlagen wurde, dass Deutschland als Organisator der Charterrückführung die Kosten für den 2. PCR-Test vor Ort in Bar für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten am Charterflug übernehmen wird. Am 02.11.2020 teilte Deutschland mit, dass es die Garantie für die Landeerlaubnis habe. Die Nachschau und Beachtung der Informationen in der FAR-Webapplikation gehören zum Aufgabenbereich des Beschwerdeführers. Trotzdem nahm der Beschwerdeführer

1.       am 10.11.2020 mittels einer Kreditkarte des VMÖ (Verein Menschenrechte Österreich) die Bezahlung einer Registrierung von 15 Personen für einen 2. COVID-Test in Lagos vor, oder veranlasste diese Bezahlung, was zu einer Belastung dieser Kreditkarte mit € 1.781,55 (inklusive Gebühren) führte und

2.       am 11.11.2020 mittels Kreditkarte der BFA-Staatendokumentation die Bezahlung einer Registrierung von 10 Personen für einen 2. COVID-Test in Lagos vor, oder veranlasste diese Bezahlung, was zu einer Belastung dieser Kreditkarte mit € 1.186,-- (inklusive Gebühren) führte.

Da die vorgesehenen Testkosten – wie zuvor in der Webapplikation besprochen – von der deutschen Botschaft in Lagos mittels Barzahlung in Höhe von € 3.613,48 getätigt wurden, was auch den auf Österreich fallende Anteil in Höhe von € 2.823,03 umfasste, konnten die vom Beschwerdeführer mittels Kreditkarten bezahlten Beträge in der Gesamthöhe von € 2.967,50 nicht bei von Frontex zur vorgesehenen Charter-Refundierung beantragt werden.

Ob dieses Verhalten in Kenntnis des von Deutschland vorgeschlagenen Vorgehens oder in schuldhafter oder nicht schuldhafter Unkenntnis gesetzt wurde, muss das Disziplinarverfahren zeigen. Da allerdings der Beamte gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, liegt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vor, weil die Doppelbezahlung von nicht refundierbaren Kosten, so sie zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt, ein Treuebruch ist und so sie schuldhaft, wenn auch fahrlässig erfolgt, eine Missachtung der geforderten Gewissenhaftigkeit darstellt sowie die Allgemeinheit, wenn sie erfahren würde (zur fehlenden Notwendigkeit, dass das Verhalten bekannt wird, siehe oben), dass ein Beamter ohne Überprüfung der Sachlage eine Doppelzahlung vornimmt, das Vertrauen in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben verlieren würde.

Dem kann der Beschwerdeführer auch mit seinen Ausführungen, er habe die Durchführung der Abschiebung sicherstellen wollen, nicht entgegen, da Deutschland bereits am 02.11.2020 bekanntgegeben hat, dass es die Bestätigung der Landeerlaubnis habe; jedenfalls hätte der Beschwerdeführer – so er befürchtet hätte, dass es zu Problemen kommen könne – bei seiner Referatsleitung bzw. gegebenenfalls bei Deutschland als Organisator der Sammelabschiebung nachfragen müssen, bevor er die Bezahlung der oben genannten Kosten tätigte.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen, der Spruch ist lediglich an die Feststellungen anzupassen.

3.8. Neben der Frage, ob ein hinreichender Verdacht gegen den betroffenen Beamten vorliegt, ist zu klären, ob allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 gegeben sind. Stellt sich nämlich (ab In-Kraft-Treten der Dienstrechts-Novelle 2011) nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, sondern ist in einem solchen Fall der Beschuldigte von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007). Insbesondere ist zu klären, ob Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, etwa eine Verjährung nach § 94 BDG 1979 gegeben ist.

Gemäß § 94 Abs. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht (1.) innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Dienstbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder (2.) innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen, verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich hinsichtlich der Verjährung nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 um keine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, sondern bildet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.11.2002, 2001/09/0008) für die Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Beurteilung der Verfolgungsverjährung eine notwendige Voraussetzung, da mit Eintritt der Verfolgungsverjährung die Erlassung eines Einleitungsbeschlusses entfiele. Daher, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, sind an die Erlassung eines Einleitungsbeschlusses zufolge § 123 Abs. 3 BDG 1979 Rechtsfolgen geknüpft, die u.a. darin bestehen, dass im Umfang eines Einleitungsbeschlusses der Eintritt der Verfolgungsverjährung verhindert wird. Dieser innere Zusammenhang zwischen dem Eintritt der Verfolgungsverjährung und der (inhaltlich rechtswirksamen) Erlassung eines Einleitungsbeschlusses führt auch vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage, wonach der Einleitungsbeschluss vor dem Verwaltungsgericht anfechtbar und durch dieses mit Entscheidungsbefugnis im Sinne des § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, zu überprüfen ist, dazu, den Dienstbehörden im nachfolgenden Disziplinarverfahren die neuerliche Beurteilung des Eintritts der Verfolgungsverjährung und damit eine vom rechtskräftigen Bescheid der Disziplinarkommission bzw. rechtskräftigen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abweichende Entscheidung in dieser Hinsicht nicht zu erlauben. Mit anderen Worten klärt der Einleitungsbeschluss die Frage der Verfolgungsverjährung nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 endgültig bzw. abschließend.

Gemäß § 32 Abs. 2 2. Fall AVG enden nach Monaten bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember fällt, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 94 Abs. 1 letzter Satz BDG verlängert sich die unter § 94 Abs. 1 Z 1 leg.cit. genannte Frist um sechs Monate, wenn von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen sind. Allerdings kann eine bereits abgelaufene Frist nicht mehr rechtens verlängert werden (VwGH 10.10.2014, 2013/02/0182, VwGH 05.07.1996, 96/02/0135, VwGH 20.09.1989, 89/03/0171).

Zur Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 1 Verjährung vorliegt, ist darauf hinzuweisen, dass die den Verdacht begründende Tathandlung der Dienstbehörde – das ist (für den Bundesminister für Inneres) die Personalabteilung des Bundesministeriums für Inneres und nicht der Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl – mit 06.05.2021 bekannt wurde, seit diesem Zeitpunkt können noch keine sechs Monaten vergangen sein, sodass Verjährung gemäß § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 nicht vorliegen kann. Auch sind seit Versendung des E-Mails am 20.11.2020 noch keine drei Jahre vergangen sein, sodass Verjährung gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 nicht vorliegen kann. Da kein anderer Einstellungsgrund zu sehen ist, ist die Beschwerde in Hinblick auf Spruchpunkt I., 1.) des Einleitungsbeschlusses unter der Maßgabe, dass auch der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 in den Spruch aufzunehmen ist (allfällige Konkurrenzen sind im Disziplinarerkenntnis zu beachten) abzuweisen.

Die Frage, ob hinsichtlich des Vorhaltes unter 3.3., Z 2 Verjährung vorliegt, erübrigt sich im Hinblick auf das Vorliegen der Einstellungsgründe gemäß § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 (siehe oben); es ist daher hinsichtlich dieses Spruchpunktes wie oben dargestellt zu entscheiden.

Zur Frage, ob hinsichtlich der Vorhalte unter 3.3., Z 3 und 4 Verjährung vorliegt, ist darauf hinzuweisen, dass die den Verdacht begründenden Tathandlungen der Dienstbehörde – das ist (für den Bundesminister für Inneres) die Personalabteilung des Bundesministeriums für Inneres und nicht der Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl – mit 17.05.2021 bekannt wurden, seit diesem Zeitpunkt können noch keine sechs Monaten vergangen sein, sodass Verjährung gemäß § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 nicht vorliegen kann. Auch war die Tathandlung nach 3.3. Z 3 als Überlassung als Dauerdelikt jedenfalls am 15.01.2021 noch gegeben und hat sich die Tathandlung nach 3.3. Z 4 am 10. und 11.11.2020 ereignet, sodass noch keine drei Jahre vergangen sein können und Verjährung gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 nicht vorliegen kann. Da kein anderer Einstellungsgrund zu sehen ist, ist die Beschwerde in Hinblick auf die Spruchpunkte I., 3.) und I., 4.) des Einleitungsbeschlusses unter den oben dargestellten Maßgaben abzuweisen.

3.6. Zwar wurde in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Grundsätzlich hat das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen, welche der Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Erhebung der Beweise dient. Als Ausnahme von dieser Regel kann das Verwaltungsgericht aber ungeachtet eines Antrages gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Akten lassen dann erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) dargestellten Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Besteht die Rechtssache in der Beurteilung, ob ein ausreichend konkreter Verdacht im Hinblick auf die Begehung bestimmter Dienstpflichtverletzungen in sachverhaltsmäßiger und tatbestandmäßiger Hinsicht gegeben ist und in der Formulierung dieses Verdachtes in Form eines konkreten Vorwurfes, so ist eine abschließende Beurteilung der Schuld und Strafe im Hinblick auf die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen nicht vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand von Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979, für welche noch keine abschließende Klarheit hinsichtlich Schuld und Strafe, sondern nur ein sachverhaltsmäßig und rechtlich ausreichend konkreter Verdacht bestehen muss, wird die Unterlassung der Durchführung der beantragten Verhandlungen in diesen Verfahren durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0102) nicht als rechtswidrig erkannt.

Da die Aktenlage die Verdachtsmomente klar darstellt, dem Beschwerdeführer zumindest im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Einleitungsbeschluss hinreichend Parteiengehör gewährt wurde und keine Rechtsfrage, die einer Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedarf, zu erkennen war, konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist von dieser nicht abgewichen; daher ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

achtungsvoller Umgang Beleidigung dienstliche Aufgaben Dienstpflichtverletzung Disziplinaranzeige Disziplinarverfahren Einleitung Disziplinarverfahren Einleitungsbeschluss Krankenstand öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis private Nutzung Spruchpunkt - Abänderung Spruchpunktbehebung Teileinstellung Verdachtslage Verjährungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2245784.1.00

Im RIS seit

26.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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