TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/30 90/12/0100

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Veröffentlicht am 30.09.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §69 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs2;
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/12/0204 90/12/0263

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerden der HW, verstorben am 22. März 1993, fortgesetzt durch den Rechtsnachfolger MW in W, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen

1. den Bescheid des Bundeskanzlers vom 11. Dezember 1989, Zl. 3493/13-I/2/89, betreffend Feststellung der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst in der Zeit vom 25. Juli 1988 bis einschließlich 16. Mai 1989 und seit 3. Juni 1989 gemäß § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (Spruchabschnitt 1) und der Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 22. April 1989 auf Versetzung in den Ruhestand (Spruchabschnitt 2),

2. den Spruchabschnitt 1 des Bescheides des Bundeskanzlers vom 16. August 1990, Zl. 3493/5-I/2/90, betreffend Feststellung des Entfalles der Bezüge gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Zeit vom 25. Juli 1988 bis einschließlich 16. Mai 1989 und vom 3. Juni 1989 bis 11. Dezember 1989 sowie

3. den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 28. Juni 1991, Zl. 3493/2-I/2/91, soweit damit der Antrag auf Wiederaufnahme der mit

Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides und mit

Spruchabschnitt 1 des zweitangefochtenen Bescheides abgeschlossenen Verwaltungsverfahren gemäß § 14 DVG in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG abgewiesen wurde,

Spruch

I.

zu Recht erkannt:

Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides des Bundeskanzlers vom 11. Dezember 1989 sowie Spruchabschnitt 1 des zweitangefochtenen Bescheides des Bundeskanzlers vom 16. August 1990 werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben;

II.

den Beschluß gefaßt:

Die gegen Spruchabschnitt 2 des erstangefochtenen Bescheides des Bundeskanzlers vom 11. Dezember 1989 und gegen den drittangefochtenen Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 28. Juni 1991 gerichteten Beschwerden werden als gegenstandslos erklärt und die Verfahren in diesem Umfang eingestellt.

Der Bund hat dem Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin MW Aufwendungen im Verfahren betreffend den erstangefochtenen Bescheid in der Höhe von S 13.340,-- und im Verfahren betreffend den zweitangefochtenen Bescheid in der Höhe von S 12.770,-- (insgesamt: S 26.110,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz im Verfahren betreffend den drittangefochtenen Bescheid findet nicht statt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stand ab ihrer mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 12. März 1991 mit Ablauf des 31. März 1991 erfolgten Ruhestandsversetzung bis zu ihrem Ableben (22. März 1993) in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Alle Beschwerdeverfahren beziehen sich auf Vorfälle in einem Zeitraum, in dem sich die Beschwerdeführerin noch im Dienststand befand und bei der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien tätig war.

Mit dem ERSTANGEFOCHTENEN BESCHEID vom 11. Dezember 1989 stellte der Bundeskanzler gemäß § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), fest, daß die Beschwerdeführerin vom 25. Juli 1988 bis einschließlich 16. Mai 1989 und seit dem 3. Juni 1989 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei bzw. sei (Spruchabschnitt 1). Gleichzeitig wies er ihren Antrag vom 22. April 1989 auf Versetzung in den Ruhestand wegen "andauernder Krankheit" (Anführungszeichen im Original) gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 4 BDG 1979 ab (Spruchabschnitt 2). In ihrer umfangreichen Begründung legte die belangte Behörde unter Heranziehung der Ergebnisse vertrauensärztlicher Untersuchungen vom 21. Juli 1988, 17. Mai 1989 und 13. September 1989 und einer vom Vertrauensarzt des Dienstgebers veranlaßten Untersuchung der Universitätsklinik für Arbeitsmedizin in Auseinandersetzung mit zahlreichen von der Beschwerdeführerin vorgelegten Krankenbescheinigungen und den Gründen, die die Beschwerdeführerin für ihr Nichterscheinen zu verschiedenen von der Dienstbehörde angeordneten Untersuchungsterminen angegeben hatte, näher dar, warum in den genannten Zeiträumen ihrer Auffassung nach keine ihre Dienstfähigkeit ausschließende Erkrankung vorgelegen sei bzw. vorliege. Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter Zl. 90/12/0100 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Mit dem ZWEITANGEFOCHTENEN BESCHEID vom 16. August 1990 stellte der Bundeskanzler auf Grund von Anträgen der Beschwerdeführerin vom 19. und 27. Juli 1990 gemäß § 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 (richtig wohl: Abs. 3) Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) fest, daß die Beschwerdeführerin wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst vom 25. Juli 1988 bis einschließlich 16. Mai 1989 und vom 3. Juni 1989 bis 11. Dezember 1989 keinen Anspruch auf Monatsbezug habe (Spruchabschnitt 1), daß sie aber in der Zeit vom 17. Mai 1989 bis einschließlich 2. Juni 1989 Anspruch auf Monatsbezug habe (Spruchabschnitt 2). In der Begründung berief sich die belangte Behörde auf den erstangefochtenen Bescheid vom 11. Dezember 1989, der der Beschwerdeführerin am 12. Dezember 1989 zugestellt worden sei. Damit sei dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Die dort getroffene Feststellung, die Beschwerdeführerin sei vom 3. Juni 1989 bis dato ungerechtfertigt vom Dienst abwesend, erfasse die Zeit bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Willensbildung der Behörde, das sei der 11. Dezember 1989. Da mit dem Bescheid vom 11. Dezember 1989 rechtskräftig entschieden worden sei, daß die Beschwerdeführerin in den unter Spruchabschnitt 1 angeführten Zeiträumen ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen Spruchabschnitt 1 dieses Bescheides richtet sich die unter Zl. 90/12/0263 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Auf Grund einer gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst erstatteten DISZIPLINARANZEIGE des Bundeskanzlers holte die zuständige Disziplinarkommission (DK) das Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie zur Frage ein, inwieweit es wahrscheinlich sei, daß das angezeigte Verhalten der Beschwerdeführerin durch ein psychisches Krankheitsgeschehen bestimmt gewesen sei. In seinem Gutachten vom 6. September 1990 stellte der Gutachter zusammenfassend fest, daß

"bei Frau Amtsrätin HW eine psychische Erkrankung, und zwar ein neurotisches Krankheitsgeschehen mit hauptsächlich konversionsneurotischen Mechanismen, aber auch mit Angst und Depressionssymptomen vorliegt, wobei allerdings eine hirnorganische Komponente mitverursachend ist. Auf Grund dieser schon längere Zeit bestehenden Erkrankung, die allerdings in den letzten Jahren an Intensität zugenommen hat, war es Frau HW nicht möglich, ihren Dienstpflichten nachzukommen. Eine Besserung des Zustandsbildes mit Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ist derzeit eher unwahrscheinlich."

In der Folge erstellte der Gutachter über Aufforderung der Dienstbehörde ein Ergänzungsgutachten.

Mit Bescheid vom 21. November 1990 beschloß die DK gegen die Beschwerdeführerin KEIN Disziplinarverfahren durchzuführen. Bezüglich des Vorwurfes der ungerechtfertigten Abwesenheit der Beschwerdeführerin vom Dienst bis einschließlich 16. Mai 1989 ging die DK davon aus, daß gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 Verjährung eingetreten sei. Bezüglich des gleichlautenden Vorwurfes für den Zeitraum ab 3. Juni 1989 "bis dato" vertrat die DK - unter Heranziehung des von ihr eingeholten Sachverständigen-Gutachtens - die Auffassung, die Beschwerdeführerin sei auf Grund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, ihrer Einsicht gemäß zu handeln.

Die dagegen erhobene Berufung des Disziplinaranwaltes wies die Disziplinaroberkommission mit Bescheid vom 26. Februar 1991 ab.

In der Zwischenzeit hatte die Beschwerdeführerin gestützt auf dieses im Verfahren vor der DK eingeholte Gutachten vom 6. September 1990 mit den beiden Anträgen vom 5. Februar 1991 die Wiederaufnahme der mit dem erst- und zweitangefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verwaltungsverfahren begehrt.

Mit dem DRITTANGEFOCHTENEN BESCHEID vom 28. Juni 1991 wies der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz diesen Wiederaufnahmeantrag im wesentlichen mit der Begründung ab, es liege im Hinblick auf die zeitliche Abfolge kein neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG vor. Abgesehen davon weise dieses Gutachten auch inhaltliche Mängel auf, sodaß auch deshalb die Wiederaufnahme nicht habe bewilligt werden können (wird näher ausgeführt).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter Zl. 91/12/0204 protokollierte Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem "Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG (in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG) und auf inhaltliche Entscheidung dahingehend, dass ich in der Zeit vom 25.7.1988 bis 16.5.1989 und ab dem 3.6.1989 (bis zum 11.12.1989) gerechtfertigt vom Dienst abwesend war und daher für diese gesamte Zeit ungeschmälerten Anspruch auf Monatsbezug nach dem Gehaltsgesetz 1956, insbesondere auch in Ansehung dessen § 13 Abs. 3 Ziff. 2 in Verbindung mit § 51 BDG 1979 habe, durch unrichtige Anwendung dieser Normen, sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, §§ 58, 60 AVG) verletzt." Im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Abweisung der Wiederaufnahme betreffend die jeweils mit Spruchabschnitt 1 des erst- und zweitangefochtenen Bescheides abgeschlossenen Verwaltungsverfahren richtet.

Der Verwaltungsgerichtshof, der wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges die Beschwerden zur gemeinsamen Behandlung und Beschlußfassung verbunden hat, hat unter Berücksichtigung der von den belangten Behörden erstatteten Gegenschriften

zu I.

erwogen:

Die im sechsten Abschnitt des BDG 1979 "Dienstpflichten des Beamten" enthaltene, von der belangten Behörde als alleinige Rechtsgrundlage des erstangefochtenen Bescheides herangezogene Bestimmung des § 51 BDG 1979 hat folgenden Wortlaut:

"§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

Gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GG tritt der Entfall der Bezüge ein, wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst.

Die Beschwerdeführerin macht gegen den SPRUCHABSCHNITT 1 DES ERSTANGEFOCHTENEN BESCHEIDES unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, für die Erlassung eines Feststellungsbescheides mit dem Inhalt dieses Spruchabschnittes fehlten die gesetzlichen Voraussetzungen. Es bestehe kein rechtlich begründetes Interesse nur über einen Teilaspekt des § 13 Abs. 3 Z. 2 GG, auf den die Behörde "speziell" abgezielt habe, nicht aber über die dort geregelte Angelegenheit (Entfall der Bezüge) abzusprechen.

Dieses Vorbringen ist begründet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. April 1992, 87/12/0136, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, kann die Frage der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst - nur darüber hat die belangte Behörde im Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides abgesprochen - nicht Gegenstand einer gesonderten Feststellung sein. Der von der belangten Behörde angewandten Bestimmung des § 51 BDG 1979 ist eine Zulässigkeit einer derart gesonderten Feststellung der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst nicht zu entnehmen. Zwar trifft es zu, daß die ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst Anknüpfungspunkt mehrerer Rechtsfolgen ist (wie z.B. § 14 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit Abs. 4 BDG 1979; § 65 Abs. 3 BDG 1979 oder § 13 Abs. 3 Z. 2 GG in Verbindung mit dem nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehenden Zusammenhang mit § 51 Abs. 2 zweiter Satz BDG: vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1981, 81/12/0036, 0048 = Slg. N.F. Nr. 10.489/A), doch besteht im Beschwerdefall auf Grund der Einstellung der Bezüge der Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum und nach dem über ihren Antrag ergangenen zweitangefochtenen Bescheid ganz offenkundig ein enger Zusammenhang mit der daran geknüpften Rechtsfolge nach § 13 Abs. 3 Z. 2 GG. Die belangte Behörde hat über den Ruhestandsversetzungsantrag der Beschwerdeführerin im Spruchabschnitt 2 des erstangefochtenen Bescheides negativ abgesprochen und diesen mangels Dienstunfähigkeit abgelehnt. Ein konkreter Zusammenhang mit § 65 Abs. 3 BDG 1979 ist nach der Aktenlage im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Kommt aber demnach der unter Spruchabschnitt 1 getroffenen Feststellung im Beschwerdefall erkennbar nur Bedeutung für den Entfall der Bezüge zu, so spricht das öffentliche Interesse keinesfalls dafür, die unmittelbare Rechtsfolge der Feststellung der ungerechtfertigten Abwesenheit als Vorfrage für den Entfall der Bezüge gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GG von der Hauptfrage zu trennen, da durch einen Abspruch über die Leistungsfreiheit das öffentliche Interesse des Bundes am Entfall der Bezüge mit Rechtskraftwirkung verwirklicht wird, während im Spruch des angefochtenen Bescheides nur die Feststellung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für diese Rechtsfolge getroffen worden ist (so auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1994, 94/12/0206). Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides ist daher aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Was den SPRUCHABSCHNITT 1 DES ZWEITANGEFOCHTENEN BESCHEIDES betrifft (nur dieser Abschnitt ist angefochten), so setzt der Abspruch über den Entfall der Bezüge voraus, daß die Frage der länger als drei Tage erfolgten ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst geklärt ist. Die belangte Behörde hat sich diesbezüglich im zweitangefochtenen Bescheid allein auf den rechtskräftigen Abspruch in Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides berufen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß der vom Spruchabschnitt 1 des zweitangefochtenen Bescheides erfaßte Zeitraum durch den Spruchabschnitt 1 des erstangefochtenen Bescheides zur Gänze abgedeckt ist. Die Aufhebung des Spruchabschnittes 1 des erstangefochtenen Bescheides bewirkt jedoch gemäß § 42 Abs. 3 VwGG, daß die Rechtssache in die Lage zurücktritt, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat. Dies bedeutet im Beschwerdefall, daß sich Spruchabschnitt 1 des zweitangefochtenen Bescheides nicht mehr (allein) auf die rechtskräftige Klärung, daß die Beschwerdeführerin im angegebenen Zeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend war, berufen konnte, weshalb er gleichfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Zu II.

Mit dem SPRUCHABSCHNITT 2 DES ERSTANGEFOCHTENEN BESCHEIDES vom 11. Dezember 1989 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. April 1989 auf Versetzung in den Ruhestand ab. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens ist hervorgekommen, daß sich die Beschwerdeführerin ab 1. April 1991 im Ruhestand befand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, sich zur Frage zu äußern, ob trotz der in der Zwischenzeit erfolgten Ruhestandsversetzung noch ein rechtliches Interesse an der Bekämpfung der (früher erfolgten) Abweisung ihres Ruhestandsversetzungsantrages besteht. Eine Stellungnahme dazu erfolgte jedoch nicht.

Dies ist zu verneinen:

Auch im Falle einer allfälligen Aufhebung des Spruchabschnittes 2 des erstangefochtenen Bescheides könnte die Beschwerdeführerin keine andere Rechtsposition erreichen als sie durch die mittlerweile erfolgte Ruhestandsversetzung (ab 1. April 1991) erreicht hat: Denn die Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde lediglich die Verpflichtung der belangten Behörde auslösen, über den zugrundeliegenden Antrag der Beschwerdeführerin neuerlich zu entscheiden, wobei eine rückwirkende Ruhestandsversetzung mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht kommt. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht behauptet und dargelegt, daß ihre Rechtsstellung im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides in diesem Umfang mit Wirkung ex tunc in bezug auf die mit ihrer Ruhestandsversetzung rechtlich zusammenhängenden Belange eine andere wäre als im Falle der Einstellung dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. dazu auch die hg. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995, 94/12/0103, sowie vom 24. Jänner 1996, 93/12/0199).

Es ist daher die Beschwerde gegen Spruchabschnitt 2 des erstangefochtenen Bescheides gegenstandslos geworden, weshalb das Verfahren (in diesem Umfang) einzustellen war.

Mit dem DRITTANGEFOCHTENEN BESCHEID vom 28. Juni 1991 gab die belangte Behörde den Anträgen der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des mit dem erst- und zweitangefochtenen Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens keine Folge. Auf Grund des Beschwerdepunktes ist davon auszugehen, daß sich diese Beschwerde ausschließlich gegen die Abweisung der Wiederaufnahme der jeweils mit Spruchabschnitt 1 der genannten Bescheide abgeschlossenen Verwaltungsverfahren richtet. Diese Bescheide hat der Verwaltungsgerichtshof aber (in diesem Umfang) mit dem unter I. getroffenen Abspruch aufgehoben. Damit werden diese Bescheide, mit denen das Verfahren abgeschlossen wurde, deren Wiederaufnahme die Beschwerdeführerin erfolglos begehrte, beseitigt und die Rechtssache tritt gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung dieser Bescheide befunden hat. Im Ergebnis ist somit die gleiche Rechtslage hergestellt, wie wenn dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben worden wäre. Das gegen den die Wiederaufnahme ablehnenden drittangefochtenen Bescheid anhängige Beschwerdeverfahren war somit wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1968, 1053/68 = Slg. N.F. Nr. 7425/A; vom 26. April 1979, 3283, 3284/78; vom 23. Februar 1994, 94/01/0007, sowie vom 7. März 1996, 94/09/0299).

Der Kostenzuspruch im Verfahren betreffend den erst- und zweitangefochtenen Bescheid gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 50 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine Beilage, die die Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend den erst- und zweitangefochtenen Bescheid vorgelegt hat, deren Vorlage aber zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung entbehrlich war. Der Ausspruch über den Entfall des Kostenersatzes in dem Verfahren betreffend den drittangefochtenen Bescheid gründet sich auf § 58 VwGG, weil es bei diesem Ausgang des Verfahrens an einer unterlegenen Partei nach § 47 VwGG mangelt.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete DienstrechtAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1990120100.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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