TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/5 L517 2243939-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2021
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Entscheidungsdatum

05.11.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L517 2243939-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 24.02.2021, OB: XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1 und 2, § 45 Abs 1 bis 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF stattgegeben und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

24.12.2020—Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge „bP“ genannt) auf die Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass beim Sozialministeriumsservice XXXX - SMS, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. „bB“ genannt)

06.02.2021—Erstellung eines allgemeinmedizinischen und orthopädischen Sachverständigengutachtens aufgrund der Aktenlage; GdB 50 vH; Dauerzustand; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

24.02.2021—Versendung des Behindertenpasses an die bP

08.03.2021—Beschwerde der bP

21.06.2021—Erstellung eines Sachverständigengutachtens durch eine Allgemeinmedizinerin und Fachärztin für Anästhesie; GdB 40 vH; Dauerzustand; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

01.07.2021—Beschwerdevorlage am BVwG

04.08.2021—Parteiengehör/keine Stellungnahme

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0.Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP besitzt die XXXX Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Die bP war ab 24.04.2007 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH. Ab 09.08.2017 hatte die bP einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 80 vH. Seit 04.10.2019 war die bP im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70 vH. Im Behindertenpass war seit 09.11.2017 die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ eingetragen und seit 30.05.2011 die Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem.§2 Abs.1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ Die bP war im Besitz eines bis 30.04.2021 befristeten Parkausweises für Behinderte.

Am 24.12.2020 stellte die bP den verfahrensgegenständlichen Antrag auf die Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass bei der bB.

In der Folge wurde am 06.02.2021 im Auftrag der bB; auf Grundlage der Einschätzungsverordnung; ein allgemeinmedizinisches und orthopädisches Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage erstellt. Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH als Dauerzustand und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Das Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Vorgutachten, 16.10.2017, Vornahme einer Zusatzeintragung

Vorgutachten, 12.11.2019, Neufestsetzungsantrag, GdB 70%

Darmkrebs - ED 04/2016 - 60% aufgrund der nach wie vor bestehenden Stuhlinkontinenz und gleichzeitig fallweiser auftretender Harninkontinenz, der Patient rezidivfrei, Heilungsbewährung noch nicht abgeschlossen

Abnützungen der Halswirbelsäule, Foramenstenose C5/C6, C6/C7 - 40% aufgrund der Bewegungseinschränkung, der Schmerzen

Hüftgelenksarthrose bds. - 20% aufgrund der leichten Abnützung mit endlagiger Bewegungseinschränkung

Magenentzündung, chronische Antrumgastritis - 10%, keine Dauertherapie, keine

Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

Depression - Von Seiten der Depression bestehen keine Beschwerden mehr - fallweise Stimmungsschwankungen, es ist keine Medikation und keine Psychotherapie erforderlich, daher Reduktion auf 10%

Ambulanzbefund, XXXX , Darm-Gesundheitszentrum, 15.09.2020

Diagnosen:

Unauffällige onkologische Nachsorgekontrolle am 15.09.2020

Onkologische Nachsorgekontrolle (4 Jahre, 6 Monate) bei

bösartiger Neubildung des Rektums (Adenokarzinom Grad 2, 6cm ab Linea dentata)

Tumormarker pT2 pN0 (0/22) R0 L0 V0 Pn0 cM0 entsprechend UICC I

Z.n. lap. tiefer vorderer Sigma-Rektumresektion mit TME

Descendorektostomie und doppelläufiger Transversostomie 04/2016

Z.n. Transversostomieverschluss 07/2016

Z.n. lap. IPOM 03/2017 bei Hernia cicatricea

Anamnese: Klinisch geht es dem Pat. soweit gut. Kein Leistungsknick, keine B-Symptomatik, Gewicht konstant bei 90kg, Appetit regelrecht.

Gelegentlich kommt es zu Problemen nach dem Stuhlgang, dass noch etwas nachkommt und der Pat. dann relativ rasch eine Toilette aufsuchen muss.

Befund: Rektal-digital inspektorisch und palpatorisch unauffällig, vergrößerte Prostata (unter jährlicher urologischer Kontrolle).

Lokalbefund: Abdomen weich, keine Druckschmerzhaftigkeit, keine Resistenzen, blande Narben, keine Hernia cicatricea. Die zuletzt beschriebene, linksseitige Leistenhernie wurde im KH XXXX bereits via Lichtenstein versorgt, unauffälliger postoperativer Zustand.

Therapieempfehlung: Nächste onkologische Nachsorgekontrolle im Sinne der 5-Jahreskontrolle inkl. CT-Stamm und Coloskopie, danach Befundbesprechung.

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Keine Dauermedikation oder Hilfsmittel aus dem vorliegenden Befund oder aus dem Vorgutachten vom 12.11.2019 erhebbar.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1.       Zustand nach Darmkrebs, ED 04/2016;

Zustand nach Rektumkarzinom, Operation 04/2016 mit Transversostomie, Transversostomieverschluss 07/2016, Operation einer Narbenhernie 03/2017, Stuhlhalteproblematik, ansonsten unauffällige onkologische Nachsorgekontrolle 09/2020, Ablauf der Heilungsbewährung 04/2021; Pos.Nr.13.01.02 GdB% 40

2.       Funktionseinschränkung der Wirbelsäule;

Abnützungen der Halswirbelsäule, Foramenstenose C5/C6, C6/C7, Bewegungseinschränkung und Schmerzen, keine aktuellen Befunde vorliegend, die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen; Pos.Nr.02.01.02 GdB% 40

3.       geringgradige Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke;

Hüftgelenksarthrose beidseits, keine aktuellen Befunde vorliegend, die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen; Pos.Nr.02.05.08 GdB% 20

4.       chronische Magenentzündung;

chronische Antrumgastritis, keine aktuellen Befunde vorliegend, die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen; Pos.Nr.07.04.01 GdB% 10

5.       depressive Störung;

Depression, keine aktuellen Befunde vorliegend, die Bewertung wird vom Vorgutachten übernommen; Pos.Nr.03.06.01 GdB% 10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist das Leiden Nummer 1 mit 40%. Das Leiden Nummer 2 steigert da es das Gesamtbild verschlechtert um eine Stufe. Die restlichen Leiden steigern aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter. Somit ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Prostatavergrößerung - jährliche urologische Kontrollen, keine Funktionseinschränkung;

linksseitige Leistenhernie - operativ saniert;

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Das Krebsleiden wird bei Ablauf der Heilungsbewährung 04/2021 herabgestuft, die Einschätzung der restlichen Leiden aus dem Vorgutachten bleibt unverändert.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Herabstufung des Gesamtgrades der Behinderung von 70% auf 50% bei Ablauf der Heilungsbewährung 04/2021.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Anhand der vorliegenden Befunde konnten keine Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden, die zu einer erheblichen Einschränkung der Mobilität führen. Kurze Wegstrecken von 400m können zurückgelegt werden, ein Gehbehelf ist nicht erforderlich. Übliche Niveauunterschiede zum Ein- und Aussteigen können überwunden werden, Haltegriffe oder -stangen können benützt werden, ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich. Eine höhergradige Stuhl- oder Harninkontinenz, die den Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln Verunmöglichen würde, konnte aus den vorliegenden Befunden ebenfalls nicht erhoben werden.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen: Erkrankungen des Verdauungssystems GdB: 40 v.H.

Begründung:

D3: Zustand nach Rektumkarzinom“

Am 24.02.2021 wurde der unbefristete Behindertenpasses an die bP versendet.

Mit Schreiben vom 05.03.2021, eingelangt am 08.03.2021 erhob die bP Beschwerde. Sie führte darin im Wesentlichen aus, dass ihr Zustand nach Darmkrebs, ED: 04/2016 unverändert problematisch sei, obwohl die Erkrankung bereits 5 Jahre zurückliege. Die Einstufung/Herabstufung von 60% auf 40% sei daher aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt, da sich an der Situation betreffend Stuhlinkontinenz und gleichzeitig fallweiser auftretender Harninkontinenz nichts geändert habe. Es sei aus Sicht der bP unzumutbar ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, da es oft mehrmals täglich und unkontrollierbar dazu komme, dass nach erfolgtem Toilettengang wieder Stuhl/Harn austrete. Die Notwendigkeit zum Tragen von Einlagen bestehe somit nach wie vor. Sie beantrage daher, die Einstufung nochmals zu überprüfen und gehe davon aus, dass die Herabstufung zurückgenommen werde.

Es wurde am 21.06.2021 ein Sachverständigengutachten durch eine Allgemeinmedizinerin und Fachärztin für Anästhesie erstellt. (Durchführung einer persönlichen Untersuchung am 12.05.2021) Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH als Dauerzustand und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Das Gutachten weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:

„Derzeitige Beschwerden:

Er könne schon eine Straßenbahn benützen, aber dann dürfe er am Vorabend schon nichts mehr essen, dann müsse er womöglich zur Toilette. Er fahre grundsätzlich gern mit der Straßenbahn. Er spüre aber seinen Stuhlabgang oft nicht, auch beim Urin dasselbe. Er trage eh immer Einlagen. Deshalb sei er auch gerne in der Natur. Habe den Schlüssel für die Autobahn, das sei eine Erleichterung, weil er sich nach seinen Bedürfnissen säubern könne. Habe einmal ein Burnout gehabt. Sei psychisch auch etwas angegriffen, es seien 3 Freunde von ihm heuer verstorben. Habe auch immer wieder Kreuzweh. Das sei seine Problematik, sonst sei er ja körperlich in Ordnung, die Einschätzung des VGA passe ja.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikation: Candesartan 32mg (Schachtel wird gezeigt) - keine aktuelle ärztl. Bestätigung.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Alle in der Untersuchung vorgelegten und elektron. vorliegenden Befunde/Nachweise inkl. allfällig vorhandener Vorgutachten wurden eingesehen und berücksichtigt – maßgebliche Auszüge daraus werden nachstehend aufgelistet:

03/21 XXXX Darm-Amb.:

Anamnese: Probleme nach dem Stuhlgang, danach meist mehrmals weiterer Stuhlaustritt, sodass Pat. gezwungen ist relativ rasch eine Toilette aufzusuchen, trägt in der Öffentlichkeit Einlagen.

Befund rektal-digital: Inspektorisch palpatorisch unauff., teils vergrößerte Prostata. Sphinktertonus in 4 Quadranten getestet, dieser regelrecht.

Schnittbildgebend onkologisch Konplettremission. ... Ileum bei 70cm Narbe nach Stoma-OP. Im Rektum Narbe nach Rückoperation. ...

Dg.: Unauffällige onkol. Nachsorgekontrolle.

Th-Empfehlung: Keine weitere onkol. Nachsorge erforderlich, Koloskopie in 3 Jahren. Harninkontinenz bei Prostatahyperplasie besprochen, diesbez. Ko beim Urologen.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut.

Ernährungszustand:

gut. -- Blutdruck nicht gemessen.

Größe: 178,00 cm Gewicht: 90,00 kg

Klinischer Status – Fachstatus:

Sensorium: unauff.

Haut: intakt, gut durchblutet

Kopf/Hals unauff.

Herz/Lunge: unauff. (rhy, nf / VA, Eupnoe)

Abdomen: unauff.

WS: mäßiger Rundrücken, HWS-Rotation bds endlagig eingeschränkt, Nackenmusk. verspannt/verhärtet, KJA 2cm, LWS in der Flexion mäßig eingeschränkt.

OE/UE: in Kraft, Beweglichkeit unauff., grobneurol. an den US li Hypästhesie angegeben. Diskrete Knöchelödeme.

Gesamtmobilität – Gangbild:

frei, zügig, symm., Zehen-/Fersengang bds durchführbar, Einbeinstand bds durchführbar.

Status Psychicus:

unauffällig in Orientierung, Antrieb, Gedankenablauf, Stimmung indifferent.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1.Z.n. Darmkrebs, ED 04/2016.

Z.n. Rektumkarzinom, OP 04/16 mit passagerer Stomaanlage 07/16, Operation einer Narbenhernie 03/17, anamnestisch

Stuhlhalteproblematik, laut aktuellem Fachbefund Sphinktertonus in 4 Quadranten getestet, dieser regelrecht. Onkologisch Komplettremission.

Pos.Nr.13.01.02 GdB% 30

2.Funktionseinschränkung der Wirbelsäule.

Abnützungen der Halswirbelsäule, Foramenstenose C5/C6, C6/C7, neuerlich keine aktuellen Befunde vorliegend, aktuell geringe bis mäßige Bewegungseinschränkung, keine neurologischen Defizite, keine muskulären Atrophien ersichtlich, keine Dauerschmerzmedikation, anamnestisch fallweises belastungsabhängiges "Wurrln" in Händen und Füßen. Pos.Nr 02.01.02 GdB% 30

3.Geringgradige Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke.

Hüftgelenksarthrose beidseits, keine aktuellen Befunde vorliegend, daher gleichbleibende Einschätzung. Pos.Nr.02.05.08 GdB% 20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist Pos 1.

Pos 2 wirkt im Alltag verschlechternd, daher Erhöhung um eine Stufe.

Pos 3 geringfügig und daher nicht stufenerhöhend.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Art. Hypertonie - anamnestisch Monotherapie, nicht ärztlich bestätigt, keine Fachbefunde.

Prostatavergrößerung - jährliche urologische Kontrollen, keine Funktionseinschränkung; linksseitige Leistenhernie - operativ saniert;

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Geringere Einschätzung der Leiden 1 und 2 laut Befunden und Klinik.

Pos 4 und 5 des VGA werden aus der Einschätzung genommen, da weiterhin keine aktuellen Fachbefunde, keine Medikation.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Herabsetzung von 50% auf 40% aufgrund der geringeren Einschätzung der Leiden 1 und 2 laut Befunden und Klinik.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine Gehbehinderung erfassbar, die berichtete Stuhlhalteproblematik findet keinen befundlichen Niederschlag, handelsübliche Einlagen daher ausreichend, um Beschmutzung u/o Geruchsbelästigung hintanzuhalten, Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel möglich (einsteigen, anhalten, sicherer Transport).

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

nein.

…“

Am 01.07.2021 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

Am 04.08.2021 wurde Parteiengehör gewährt und der bP das Sachverständigengutachten vom 21.06.2021, mit der Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen, übermittelt. Die bP gab bis dato keine Stellungnahme ab.

2.0.Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten vom 06.02.2021 (Allgemeinmedizinerin und Fachärztin für Orthopädie) schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.

Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Laut diesem Gutachten besteht bei der bP als führendes Leiden ein Zustand nach Darmkrebs. Die Erstdiagnose erfolgte im April 2016. Es bestehe ein Zustand nach Rektumkarzinom, Operation 04/2016 mit Transversostomie, Transversostomieverschluss 07/2016, Operation einer Narbenhernie 03/2017. Es bestehe eine Stuhlhalteproblematik, ansonsten sei im September 2020 eine unauffällige onkologische Nachsorgekontrolle durchgeführt worden. Der Ablauf der Heilungsbewährung war im April 2021. Das Leiden wurde unter der Positionsnummer 13.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 40 vH eingeschätzt. Diese Positionsnummer erfasst enfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung und ermöglicht eine Einstufung des Grades der Behinderung zwischen 10 bis 40 vH. Betreffend einem Grad der Behinderung von 30-40 vH wird in der Einschätzungsverordnung ausgeführt: „wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als Dauerzustand festgestellt werden.“

Die Einstufung des Leidens erfolgte nach Ansicht des erkennenden Gerichts schlüssig und nachvollziehbar, denn die Heilungsbewährung von 5 Jahren ist im Fall der bP im April 2021 abgelaufen.

Als weiteres Leiden wurden bei der bP Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule diagnostiziert. Es würden Abnützungen der Halswirbelsäule, Foramenstenose C5/C6, C6/C7, Bewegungseinschränkung und Schmerzen bestehen. Es würden keine aktuellen Befunde vorliegen. Die Bewertung werde vom Vorgutachten übernommen. Das Leiden wurde unter Positionsnummer 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 40 vH eingeschätzt. Die Positionsnummer erfasst Funktionseinschränkungen mittleren Grades und es ist eine Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes von 30-40 vH. möglich. Betreffend einem Grad der Behinderung von 40 vH wird in der EVO ausgeführt: „Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen, eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen, maßgebliche Einschränkungen im Alltag.“ Die Einstufung des Wirbelsäulenleidens erfolgte in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise im Einklang mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen.

Die bP leidet zudem an einer geringgradigen Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke. Es würden keine aktuellen Befunde vorliegen und die Bewertung werde vom Vorgutachten übernommen. Es würde eine Hüftgelenksarthrose beidseits bestehen. Das Leiden wurde unter der Positionsnummer 02.05.08 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH eingeschätzt. Die angewendete Positionsnummer erfasst Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades beidseitig und ermöglicht eine Einstufung des GdB innerhalb eines Rahmensatzes von 20-40 vH. Die medizinische Sachverständige stufte das Leiden korrekt ein.

Es wurde darüber hinaus eine chronische Magenentzündung bei der bP festgestellt. Es bestehe eine chronische Antrumgastritis. Es würden keine aktuellen Befunde vorliegen und die Bewertung werde vom Vorgutachten übernommen. Das Leiden wurde unter Positionsnummer 07.04.01, welche chronisch rezidivierende Magen –und Zwölffingerdarmgeschwüre erfasst, mit einem Grad der Behinderung von 10 vH eingestuft. Diese Einschätzung entspricht dem Gesundheitszustand der bP.

Abschließend wurde bei der bP eine depressive Störung festgestellt.

Es würden keine aktuellen Befunde vorliegen und die Bewertung werde vom Vorgutachten übernommen. Die Erkrankung wurde unter der Positionsnummer 03.06.01, welche depressive Störungen leichten Grades erfasst, mit einem GdB von 10 vH eingestuft.

Diese Einschätzung ist schlüssig und nachvollziehbar. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die bP eine medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nimmt.

Der Gesamtgrad der Behinderung wurde von der Gutachterin mit 50 v.H. eingeschätzt

und folgendermaßen begründet: Führend sei das Leiden Nummer 1 (Zustand nach Darmkrebs) mit 40%. Das Leiden Nummer 2 (Funktionseinschränkung der Wirbelsäule) steigere, da es das Gesamtbild verschlechtere um eine Stufe. Die restlichen Leiden würden aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter steigern. Somit ergebe sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50%.“ Dieser überzeugenden Begründung schließt sich das erkennende Gericht vollinhaltlich an.

In ihrer Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten führte die Gutachterin aus: „Das Krebsleiden wird bei Ablauf der Heilungsbewährung 04/2021 herabgestuft, die Einschätzung der restlichen Leiden aus dem Vorgutachten bleibt unverändert.“ Betreffend die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten wurde festgestellt: „Herabstufung des Gesamtgrades der Behinderung von 70% auf 50% bei Ablauf der Heilungsbewährung 04/2021.“

Wie bereits ausgeführt beträgt die Heilungsbewährung 5 Jahre und diese sind im Fall der bP bereits vergangen. Die Herabstufung des Gesamtgrades der Behinderung erfolgte somit korrekt.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Auch war den Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.

Die Sachverständigengutachten wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Gemäß diesem Gutachten (vom 06.02.2021) ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. auszugehen

Im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens wurde am 21.06.2021 ein weiteres Sachverständigengutachten durch eine Allgemeinmedizinerin und Fachärztin für Anästhesie erstellt.

Als führendes Leiden wurde, wie im Vorgutachten vom 06.02.2021, ein Zustand nach Darmkrebs festgestellt und unter der Positionsnummer 13.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft. Das Leiden wurde somit unter der gleichen Positionsnummer wie im Vorgutachten eingeschätzt und von einem GdB von 40 vH auf einen GdB von 30 vH herabgestuft.

Als zweites Leiden wurden, ebenfalls wie im Vorgutachten, Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule diagnostiziert. Dieses Leiden wurde unter der Positionsnummer 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft. Es wurde die gleiche Positionsnummer, wie im Vorgutachten angewendet, jedoch der Grad der Behinderung von 40 vH auf 30 vH herabgestuft.

Als drittes Leiden wurde eine geringgradige Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke festgestellt. Dieses Leiden wurde ident wie im Vorgutachten eingeschätzt.

Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 40 vH. festgestellt.

Die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten wurde folgendermaßen begründet: Herabsetzung von 50% auf 40% aufgrund der geringeren Einschätzung der Leiden 1 und 2 laut Befunden und Klinik.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts ist die Begründung für die Herabstufung der Leiden 1 (Zustand nach Darmkrebs) und 2 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule) nicht schlüssig und nachvollziehbar. Die Gutachterin argumentiert mit Befunden und Klinik. Es wurde jedoch unter dem Punkt „Zusammenfassung relevanter Befunde“ nur ein Befund betreffend das führende Leiden aufgezählt. Dieser Befund vom 03/2021 lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass sich die Erkrankung der bP verbessert hätte. Es wird darin unter anderem von Problemen nach dem Stuhlgang berichtet und dass die bP in der Öffentlichkeit Einlagen tragen muss. Betreffend das Wirbelsäulenleiden werden überhaupt keine Befunde angeführt, die eine Herabstufung des Leidens begründen würden.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass durch die fehlerhafte Herabstufung der Leiden 1 und 2 auch der Gesamtgrad der Behinderung nicht von 50 vH auf 40 vH herabgestuft werden hätte dürfen. Nach Ansicht des ho.Gerichts besteht bei der bP ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH. Es wurde, wie oben ausführlich erläutert, das schlüssige und nachvollziehbare Sachverständigengutachten vom 06.02.2021 herangezogen.

In ihrem Antrag vom 24.12.2020 führte die bP im Antragsformular nur die Ausstellung eines Behindertenpasses an. Ihre Beschwerde vom 08.03.2021 richtet sich jedoch auch gegen die unterbliebene Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass. Die bP war vor dem gegenständlichen Verfahren im Besitz eines befristeten Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.“ Das ho. Gericht geht davon aus, dass es dem Parteiwillen entspricht, dass der Antrag vom 24.12.2020 auch einen Antrag auf die Vornahme der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass darstellt. Diesbezüglich erging jedoch keine erstinstanzliche Entscheidung der bB. Folglich kann das erkennende Gericht mangels Kognitionsbefugnis nicht spruchgemäß über die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel absprechen.

Die Begründung im Sachverständigengutachten vom 06.02.2021, wonach die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Fall der bP vorliegt, ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts überzeugend und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung würden nicht vorliegen.

3.0.Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde erscheint fristgerecht im Sinne der Rechtsmittelfrist des BBG eingebracht. Dem Akt kann nicht entnommen werden, zu welchem Datum der Bescheid der bB an die bP zugestellt wurde. Dies gründet sich auf die von der bB geübte Praxis, ohne Zustellnachweis zuzustellen, weshalb den Ausführungen der bP hinsichtlich Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung zu folgen war.

Die sonstigen Voraussetzungen, welche § 9 VwGVG seinem Inhalt nach festlegt, liegen vor.

Die bP brachte sinngemäß in ihrer Beschwerde vor, dass ihr Zustand nach Darmkrebs, ED: 04/2016 unverändert problematisch sei, obwohl die Erkrankung bereits 5 Jahre zurückliege. Die Einstufung/Herabstufung von 60% auf 40% sei daher aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt, da sich an der Situation betreffend Stuhlinkontinenz und gleichzeitig fallweiser auftretender Harninkontinenz nichts geändert habe. Es sei aus Sicht der bP unzumutbar ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, da es oft mehrmals täglich und unkontrollierbar dazu komme, dass nach erfolgtem Toilettengang wieder Stuhl/Harn austrete. Die Notwendigkeit zum Tragen von Einlagen bestehe somit nach wie vor. Sie beantrage daher, die Einstufung nochmals zu überprüfen und gehe davon aus, dass die Herabstufung zurückgenommen werde.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß §41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im §40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr.261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).

Wie der VfGH in seinem Beschluss vom 24.09.2018, E 2304/2018, festgestellt hat, ist es nicht in gesetzwidriger Weise unsachlich, wenn der Verordnungsgeber für die Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung – statt einer Addition der einzelnen Beeinträchtigungen – auf die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander abstellt. Durch die Berücksichtigung der Wechselwirkungen wird sichergestellt, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigungen jedenfalls in ihrer Gesamtheit beurteilt werden, unabhängig davon, ob sich die Behinderung aus einer oder mehreren Beeinträchtigungen zusammensetzt.

Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Der VwGH führte in seinem Erkenntnis Ra 2017/11/0040 vom 21.06.2017 sinngemäß aus, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten ausreichend mit den vorgelegten Befunden auseinanderzusetzen hat, und das G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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