TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/22 W167 2243691-1

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Veröffentlicht am 22.12.2021
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Entscheidungsdatum

22.12.2021

Norm

AuslBG §2 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W167 2243691-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE lals Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer/innen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom XXXX betreffend die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Feststellungsbescheides gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch ihn als Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG ab.

3. Dagegen erhob der vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig die zulässige Beschwerde.

4. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Der beantragte Zeuge wurde vernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am XXXX erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen negativen Bescheid. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

1.2. Im Firmenbuch ist die XXXX KG seit Oktober 2020 eingetragen XXXX . Geschäftszweig ist Servicestation (Autoreinigung). Die eingetragene Geschäftsanschrift ist zugleich die Wohnanschrift von Beschwerdeführer und Zeugen XXXX Der Zeuge ist als unbeschränkt haftender Gesellschafter und selbständig Vertretungsbefugter ausgewiesen, der Beschwerdeführer als (einziger) Kommanditist. Als Haftsumme des Beschwerdeführers als Kommanditist sind EUR 100,-- eingetragen.

1.3. Laut GISA ist die KG Gewerbeinhaberin, der Zeuge gewerberechtlicher Geschäftsführer, der Gewerbewortlaut (freies Gewerbe) ist Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen.

1.4. Laut Gesellschaftsvertrag hat sich der Beschwerdeführer mit dem Zeugen zur KG zusammengeschlossen, der Zeuge ist persönlich haftender Gesellschafter, die Haftung des Beschwerdeführers gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ist mit EUR 10.000,-- oder 90% in Summe beschränkt, dem Beschwerdeführer obliegt die Geschäftsführung und Vertretung, Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter, die Kommanditisten sind berechtigt, eine Abschrift der Jahresbilanz samt dazugehöriger Gewinn- und Verlustrechnung zu erhalten und deren Richtigkeit unter Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft zu prüfen. Der Anteil jedes Gesellschafters am Gewinn und Verlust ist wie folgt geregelt: Zeuge: 10%, Beschwerdeführer: 90%.

1.5. Am XXXX beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Feststellungsbescheides gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags ist verfahrensgegenständlich.

1.6. Der Geschäftsansatz ist B2B, es ist geplant Autoreinigungen für Unternehmen durchzuführen. Darüber hinaus soll künftig die Geschäftstätigkeit aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers auf Personen mit seiner Muttersprache fokusiert werden.

Derzeit werden von der KG fallweise Autoreinigungen für einen Autohändler durchgeführt. Die zu reinigenden Autos waren abgemeldet oder haben dem Autohändler gehört. Die Autoreinigungen wurden oder werden derzeit vom Zeugen durchgeführt, entweder beim Kunden oder er benutzt die Waschanlage an den Tankstellen. Die KG hat eine kleine Poliermaschine. Der Zeuge hat nach eigenen Angaben selbst ein Autohändlergewerbe angemeldet und daher ein blaues Kennzeichen. Bis jetzt hat er dieses aber für die Tätigkeit der KG nicht benutzt, weil der Händler eines hatte.

Der Beschwerdeführer fungiert derzeit lediglich als Berater, er ist nicht zur Vertretung nach außen befugt. Künftig soll der Beschwerdeführer nach eigener Angabe in der KG als „Direktor, Arbeitnehmer, Chef“ beschäftigt sein und möchte in Zukunft Arbeitsplätze für Personen seiner Muttersprache schaffen. Zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags konnte der Beschwerdeführer über Nachfrage lediglich angeben, dass er 90% Investor der Firma sei und der Zeuge als Exekutive tätig ist.

1.7. Die Gesellschaft wurde in der gewählten Konstruktion errichtet, um dem Beschwerdeführer eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen: Der Zeuge wurde lediglich deshalb vorerst zum Komplementär bestellt, da dieser einen gesicherten Aufenthalt in Österreich hat, während der Beschwerdeführer noch Asylwerber ist. Ursprünglich war geplant das Unternehmen auf den Namen des Beschwerdeführers einzutragen. Da der Beschwerdeführer keine Arbeitsgenehmigung gehabt habe, habe er den Zeugen gebeten, in diesem Weg ihm zu helfen, da der Beschwerdeführer von seinem eigenen Verdienst leben wolle. Befragt dazu, welche Möglichkeiten er habe, um Einfluss auf die Entscheidungen selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführers zu nehmen, gab der Beschwerdeführer an, er sei aktuell als Berater da, fachlich kenne er sich viel besser aus und berate ihn beim Polieren, weil man aufpassen müsse, dass das Auto nicht beschädigt werde.

Der Zeuge hat noch zwei weitere Unternehmen und kann daher nicht jeden Tag alleine als Autoreiniger für die KG arbeiten. Dementsprechend hat der Zeuge auch angegeben, dass er für die KG eigentlich gar nichts macht, weil er nicht genug Zeit hat. Er kümmert sich allerdings um den Schriftverkehr der KG und Behördenkontakte als offizieller Geschäftsführer und macht das, wofür eine Unterschrift nötig ist. Der Zeuge kommt nach eigenen Angaben seinen gesetzlichen Pflichten als Geschäftsführer nach und wird vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer akzeptiert. Derzeit übernimmt der Zeuge auch das Autoputzen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu 1.1., 1.2., 1.3. und 1.4. ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug, dem GISA-Auszug und dem vorgelegten nicht datierten Gesellschaftsvertrag. Diese Angaben haben der Beschwerdeführer und der Zeuge in der Verhandlung bestätigt.

Die Feststellungen zu 1.5. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu 1.6. ergeben sich aus den Angaben des Zeugen und des Beschwerdeführers in der Verhandlung (OZ 5 und OZ 10).

Die Feststellungen zu 1.7. ergeben sich aus der Beschwerde und den Angaben des Zeugen und des Beschwerdeführers in der Verhandlung (OZ 5 und OZ 10), wobei der Beschwerdeführer die Wahl des Vorgehens auch durch seine Angabe bekräftigte, dass ihm aktuell 90% der KG gehören, wenn er eine Arbeitsbescheinigung habe, dann sei er ein Chef der Firma, die ihm dann zu 100% gehöre (OZ 10 S. 6).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a)       in einem Arbeitsverhältnis,

b)       in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)       in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)       nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)       überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a)       in den Fällen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses (Abs. 2 lit. b) der Vertragspartner,

b)       in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c)       in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und des § 5a Abs. 3 des Landarbeitsgesetzes 1984,

d)       der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 auszustellen ist und

e)       der Inhaber der Niederlassung, die einen unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 13) beschäftigt.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1.       ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2.       ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25%

Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tätigkeit auch ohne den erforderlichen Feststellungsbescheid aufgenommen werden. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist abgewiesen, ist die bereits begonnene Tätigkeit umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides, zu beenden.

[…]

3.2. Maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH)

„§ 2 Abs. 4 zweiter Satz AuslBG soll die Umgehung des AuslBG durch Vortäuschen von Gesellschaftsverhältnissen verhindern (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. April 2002, Zl. 98/09/0174, und vom 24. Jänner 2008, Zl. 2006/09/0023). Die Bestimmung zieht jene Grenze nach, die für die Unterscheidung von Gesellschaftsverhältnis und Arbeitsverhältnis auch sonst maßgebend ist. Es ist eine Prognoseentscheidung auf Grund der vorgelegten Vereinbarung und den gegebenen objektiven Begleitumständen zu treffen. Bei solchem genaueren Zusehen entpuppt sich der angebliche Gesellschaftsvertrag gegebenenfalls als ein verkappter Arbeitsvertrag oder es erscheint neben dem Gesellschaftsverhältnis eben auch ein Arbeitsverhältnis (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1998, VfSlg. 15.099). Die am Gesamtbild (den tatsächlichen Gesamtumständen) und den wirtschaftlichen Verhältnissen orientierte Abgrenzung des Gesellschaftsvertrages zum Dienstvertrag stellt im Wesentlichen auf die zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bestehende Abhängigkeit ab. Dabei wird etwa eine zwischen Arbeitsleistung und Entlohnung bestehende (vom Gesellschaftsanteil unabhängige) Äquivalenz in der Regel für ein Dienstverhältnis sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 2002, Zl. 98/09/0174).

§ 2 Abs. 4 AuslBG enthält eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG, die nur dann nicht Platz greift, wenn mittels Feststellungsbescheides ausgesprochen wird, dass der Gesellschafter, von dessen Angaben auszugehen ist, nach der wahren Absicht der Parteien einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausübt. Nach dem letzten Satz des § 2 Abs. 4 AuslBG obliegt abweichend von der sonst im Verwaltungsverfahren herrschenden Offizialmaxime hier dem Antragsteller die Beweislast, dass die Voraussetzungen für einen Feststellungsbescheid vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0141).

Ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG zur Widerlegung der Vermutung des Vorliegens einer nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Beschäftigung stellt aber lediglich die Bestätigung darüber dar, dass der Ausländer im Hinblick auf Arbeitsleistungen für die Gesellschaft, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, nach der auf Basis der Angaben des Antragstellers anzustellenden Prognose einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausübt, woraus folgt, dass Tätigkeiten von Ausländern, die nicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der leistungsempfangenden Gesellschaft oder nicht für diese Gesellschaft erbracht werden, nicht automatisch bewilligungsfrei sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2008/09/0135, mwN). Die Voraussetzung des wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung ist konsequenterweise nur dann zu prüfen, wenn es sich bei den vom Gesellschafter für die Gesellschaft beabsichtigten Tätigkeiten um Arbeitsleistungen handelt, die "typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden" - weshalb etwa bloße (beabsichtigte) Geschäftsführungstätigkeiten nicht darunter fallen (vgl. wieder das hg. Erkenntnis Zl. 2006/09/0023).

Im Zusammenhalt mit dem Gebot, nicht auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes, sondern auf seinen wahren Gehalt zu sehen (§ 2 Abs. 4 erster Satz leg. cit.), bringt das Erfordernis einer "tatsächlichen" Ausübung eines Einflusses auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter nur die Voraussetzung zum Ausdruck, dass die beabsichtigte Tätigkeit nicht nur nach den formellen rechtlichen Gegebenheiten des (vielleicht nur vorgeschobenen) Gesellschaftsvertrages, sondern nach der wahren Absicht der Parteien wirklich als Ausfluss der Gesellschafterstellung in Verbindung mit der hiefür typischen Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsführung ausgeübt werden soll. Bei der Prüfung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes einer vorgelegten und der Arbeitsleistung eines Ausländers zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarung ist eine Prognoseentscheidung auf Grund derselben unter Einbeziehung der tatsächlich gegebenen objektiven Begleitumstände zu treffen. Ein wesentlicher Einfluss des Ausländers auf die Geschäftsführung einer Gesellschaft iSd § 2 Abs. 4 AuslBG kann etwa dann in Frage gestellt werden, wenn konkrete Umstände für eine dem Gesellschaftsvertrag zuwiderlaufende tatsächliche Praxis sprechen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2006/09/0023). Die rechtliche Möglichkeit eines wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung etwa auf Grund eines Gesellschaftsvertrages allein ist nicht geeignet, den Nachweis eines wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zu erbringen, weil nach § 2 Abs. 4 AuslBG gerade der bestimmende (gestaltende, positive) tatsächliche Einfluss auf die (laufende) Geschäftsführung das maßgebende Element zur Abgrenzung bildet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2003/09/0141).

Voraussetzung dafür, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft die genannte Vermutung widerlegt, ist zunächst, dass die Personengesellschaft (§ 2 Abs. 4 Z. 1 AuslBG) Dienstleistungen an Dritte erbringt, die nicht selbst lediglich als Beschäftigung ihrer Gesellschafter bei diesem Dritten iSd § 2 Abs. 2 lit. a, b oder e AuslBG zu qualifizieren sind (vgl. zum sog. Gruppenarbeitsvertrag die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1994, Zl. 92/08/0264, vom 23. Oktober 2002, Zl. 99/08/0157, und vom 20. Februar 2008, Zl. 2007/08/0053).“

(VwGH 12.07.2011, 2009/09/0123)

3.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Bei der Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine derartige Beschäftigung liegt insbesondere auch dann vor, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Der Nachweis für den wesentlichen Einfluss ist vom Beschwerdeführer zu erbringen.

Auch wenn im Verfahren lediglich angegeben wurde, dass der Beschwerdeführer derzeit als Berater der KG tätig ist bzw. künftig als Direktor/Chef tätig sein soll, ist – schon aufgrund des Antrags – davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Tätigkeiten erbringen soll, welche typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden.

Die KG wurde lediglich gegründet, um dem derzeit im nicht abgeschlossenen Asylverfahren befindlichen Beschwerdeführer eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Der Gesellschaftsvertrag ist Ausgangspunkt der Überlegungen, allerdings ist der wahre wirtschaftliche Gehalt ausschlaggebend. Trotz der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag und dem Vorbringen im Verfahren, welche die maßgebliche Mitbestimmung des Beschwerdeführers betreffend die Geschäfte der KG zeigen sollen, deuten die Ermittlungsergebnisse im Beschwerdeverfahren allerdings auf eine Umgehung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bestimmungen hin.

Im Gesellschaftsvertrag ist lediglich die Geschäftsführung und Vertretung der KG durch den Beschwerdeführer, den Kommanditisten, vorgesehen (§ 4). Der Zeuge ist allerdings handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der KG (aus dem Firmenbuch und dem GISA ersichtlich), wobei er im Verfahren auch angegeben hat, dass er seinen Pflichten als Geschäftsführer nachkommt und der Beschwerdeführer seinerseits angegeben hat, derzeit lediglich beratend für den Zeugen tätig zu sein. Eine Vertretungsbefugnis nach außen oder eine Prokura des Beschwerdeführers ist nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer kann daher nicht selbständig die KG nach außen vertreten.

Gemäß § 164 UGB sind Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der unbeschränkt haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgeht. Die Vorschriften des § 116 Abs. 3 [Bestellung eines Prokuristen und Widerruf der Prokura] bleiben unberührt. § 116 UGB regelt den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis, wobei sich die Befugnis zur Geschäftsführung auf alle Handlungen erstreckt, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt (Absatz 1) und zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter erforderlich. Gesellschaftsvertragliche Abweichungen von der gesetzlichen Regelung der Geschäftsführung können nicht in das Firmenbuch eingetragen werden, sie betreffen ausschließlich das Innenverhältnis (vergleiche Ratka, Rauter, Völkl, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Band II: Gesellschaftsrecht, 2. Auflage (2013) S. 168).

Im Gesellschaftsvertrag ist weiters geregelt, dass Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (§ 7). Dies gilt sowohl für den Beschwerdeführer als Kommanditisten, als auch für den Zeugen als Komplementär. Somit benötigt auch der Beschwerdeführer die Zustimmung des Zeugen.

Soweit der Beschwerdeführer angibt, dass sämtliche Geschäftsführungsentscheidungen einstimmig zu treffen sind (Beschwerde S. 2), ist es ihm nicht gelungen, dies nachvollziehbar und glaubhaft darzulegen. Diese Angabe ist nicht lebensnahe, weil dies zur Handlungsunfähigkeit des Geschäftsführers führen könnte bzw. der Komplementär Geschäftsführungsentscheidungen unter Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen als Geschäftsführer auch gegen den Willen des Beschwerdeführers treffen müsste. Dazu befragt bestätigte der Zeuge, dass er seinen gesetzlichen Verpflichtungen als Geschäftsführer nachkommt und dass der Beschwerdeführer ihn als Geschäftsführer akzeptiere (Einvernahme Zeuge S. 5). Auch das spricht dafür, dass der Geschäftsführer seiner Tätigkeit nachkommen kann, ohne dass sämtliche Geschäftsführungsentscheidungen einstimmig getroffen werden. Soweit der Zeuge angibt, dass nur der Beschwerdeführer die inneren Vorgänge (welche Kunden sie haben, wie viel Personen für die KG arbeiten) bestimme und der Zeuge das mache, wofür eine Unterschrift nötig sei (OZ 5 S. 5), so kann sich dies vor dem Hintergrund der Angabe des Zeugen, dass er selbst nicht jeden Tag als Autoreiniger arbeiten könne, dass er selbst keine Zeit habe und der Beschwerdeführer, welcher nicht gut Deutsch reden könne, nun versuche Kunden seiner Muttersprache zu finden (OZ 5 S. 4 f.) lediglich als Planung für die Zukunft gemeint sein, zumal der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde angibt, dass tatsächlich geplant sei, dass er die Geschäfte des Unternehmens wesentlich mitbestimmen kann (Beschwerde S. 2) und dass er in der Verhandlung angab, er würde aktuell nur beraten. (OZ 10 S. 5 und 6)

Die in der Verhandlung gemachten Angaben vermitteln daher anderes Bild über die tatsächlichen Umstände als die Angaben im Gesellschaftsvertrag. Daher ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausüben wird, zumal das Tätigwerden und die Entscheidungen wie aufgezeigt vom Komplementär abhängen.

Es ist dem Beschwerdeführer daher nicht gelungen, den Nachweis seines wesentlichen Einflusses in der KG zu erbringen.

Daher hat die belangte Behörde den Antrag zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung Feststellungsantrag Geschäftsführer Gesellschafter wahrer wirtschaftlicher Gehalt wesentlicher Einfluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W167.2243691.1.00

Im RIS seit

26.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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