TE Bvwg Beschluss 2021/12/23 W133 2240229-1

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Veröffentlicht am 23.12.2021
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Entscheidungsdatum

23.12.2021

Norm

BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W133 2240229-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Wien, vom 03.11.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 11.02.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, den Beschluss gefasst:

A)

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 25.02.2020 durch seine Rechtsvertretung beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), welcher nach dem Antragsformular auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt. Dem Antrag war eine Vollmacht sowie ein Schreiben einer Allgemeinmedizinerin beigelegt.

In einem vom damaligen Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland eingeholten allgemeinmedizinischen Vorgutachten aufgrund der Aktenlage vom 11.10.2000 waren die Leiden (1) „Läsion des N. peroneus rechts nach Verletzung des Gefäßnervenstranges“, bewertet mit einem (Einzel-)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Position IV/i/493 der Richtsatzverordnung, und (2) „Degenerative und posttraumatische Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen“, bewertet mit einem (Einzel-)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Position III/j/418 der Richtsatzverordnung, sowie eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von 60 von Hundert (v.H.) festgestellt worden.

In der Folge gab das Sozialministeriumservice, Landstelle Wien (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 05.10.2020 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die folgenden Funktionseinschränkungen festgestellt.

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Peroneusparese rechts mit Spitzfuß.

2

Kniegelenksabnützung beidseits.

3

Abnützungsbedingter mehrsegmentaler Wirbelsäulenschaden.

4

Endgliedverkürzung rechter Zeigefinger, Bewegungseinschränkung rechter Mittelfinger

Zur Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führte der Sachverständige aus, beim Beschwerdeführer bestehe eine Gangbildstörung durch die Spitzfußstellung und die Peroneusparese der rechten Seite. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar: Die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke (300 bis 400 Meter), das Überwinden von Niveauunterschieden, das sichere Aus- und Einsteigen und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel seien gegeben. Zudem liege keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.

Mit Schreiben vom 06.10.2020 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme bezüglich der beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ ein. Das Gutachten vom 05.10.2020 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Der Beschwerdeführer erstattete zum Ergebnis der Beweisaufnahme keine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.11.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 25.02.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung nicht vorliegen würden, sowie auf die vom Beschwerdeführer nicht genützte Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen. Die belangte Behörde merkte darüber hinaus an, dass kein Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis) ausgestellt werden könne, weil die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen würden.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schreiben vom 23.12.2020 fristgerecht Beschwerde beim Sozialministeriumservice ein. Darin führt er aus, er könne aufgrund seiner Gangstörung eine Wegstrecke von maximal 200 Metern bewältigen. Durch die Spitzfußstellung rechts sei zudem das Überwinden von Niveauunterschieden gar nicht oder nur erschwert möglich und die sichere Beförderung nicht gewährleistet. Aufgrund der neurologischen Komponenten der Funktionsstörungen sei überdies die Einholung eines neurologischen Sachverständigengutachtens notwendig. Der Beschwerde wurde ein Konvolut an medizinischen Unterlagen angeschlossen.

Im Rahmen eines Beschwerdevorentscheidungsverfahrens holte die belangte Behörde eine weitere ergänzende Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie vom 05.02.2021 ein, worin zusammengefasst beurteilt wurde, dass sich durch die neu vorgebrachten Befunde keine Änderung ergebe.

Mit Bescheid vom 11.02.2021 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, worin die Beschwerde vom 23.12.2020 abgewiesen wurde. Die Stellungnahme des Sachverständigen für Orthopädie vom 05.02.2021 sowie sein Gutachten vom 05.10.2020 wurden dem Beschwerdeführer (erneut) als Beilage übermittelt.

Gegen diese Entscheidung stellte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schreiben vom 02.03.2021 einen Vorlageantrag und wiederholte darin im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 09.03.2021 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde aufgrund der erhobenen Einwendungen die neuerliche Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Sachverständige für Allgemeinmedizin, Unfallchirurgie und Orthopädie veranlasst. In ihrem Gutachten vom 30.09.2021 gelangte die beigezogene Sachverständige zusammengefasst zur Beurteilung, die beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionsstörungen und allfällig vorliegende Schmerzzustände würden nicht in einem Ausmaß vorliegen, dass das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400 Metern, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert wäre. Eine Therapierefraktion sei hinsichtlich der angegebenen Beschwerden nicht gegeben. Auch die nachgereichten Befunde würden zu keiner Änderung der Beurteilung führen.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.10.2021 wurden die Parteien des Verfahrens vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihnen gemäß § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG die Möglichkeit der Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.

Keine der Parteien erstattete binnen der eingeräumten Frist eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme.

Mit Schriftsatz der rechtlichen Vertretung vom 15.12.2021 zog der Beschwerdeführer aus freien Stücken seine Beschwerde vom 23.12.2020 gegen den Bescheid vom 03.11.2020 zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Es wird festgestellt, dass der rechtlich vertretene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.12.2021, eingelangt am 16.12.2021, aus freien Stücken seine Beschwerde vom 23.12.2020 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 03.11.2020 zurückgezogen hat.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen, für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Die Zurückziehung der Beschwerde ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 7 Abs. 2 VwGVG, § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG).

Mit der mit Schreiben vom 15.12.2021, eingelangt am 16.12.2021, erfolgten unmissverständlichen Zurückziehung der Beschwerde durch den rechtlich vertretenen Beschwerdeführer ist der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Grundlage entzogen. Das Beschwerdeverfahren war daher mit Beschluss einzustellen (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, und VwGH 09.06.2016, Ra 2016/02/0137, sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb AVG III § 66 Rz 56f).

Zu Spruchpunkt B: Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der Entscheidung auf eine klare Rechtslage und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W133.2240229.1.00

Im RIS seit

26.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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