Entscheidungsdatum
27.12.2021Norm
BBG §40Spruch
W135 2246464-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.08.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer brachte am 13.01.2021 beim Sozialministeriumsservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Als vorliegende Gesundheitsschädigungen gab der Beschwerdeführer „Brustbeinbruch, Kniebeschwerden, Drehschwindel, Tinnitus und Kopfbeschwerden“ an. Dem Antrag legte der Beschwerdeführer im Verfahren zur Berufsunfähigkeitspension vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien erstellte ärztliche Gutachten aus dem Fachbereich Orthopädie vom 26.10.2020 und vom 24.11.2020, aus dem Fachbereich HNO vom 03.11.2020 und vom 26.11.2020 sowie MRT-Befunde 16.11.2020 und vom 17.11.2020, bei.
Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO ein, welches am 14.05.2021, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.05.2021, erstellt wurde. In diesem wird Folgendes ausgeführt:
„Anamnese:
Hörstörung beidseits seit ca 3 Jahren.
Hauptproblem ist Schwindel- ebenfalls seit 3 Jahren. Ist schon mehrfach gestürzt.
Derzeitige Beschwerden:
Bei raschen Kopfbewegungen Schwindel, Dauer 10-15 sec, dann geht es wieder. Muss sich überall anhalten. Wenn ich nicht aufpasse "prackt es mich irgendwo hin". Traut sich nicht auf Leiter stiegen.
In der Nacht hat er keine Orientierunspunkte mehr und er weicht ab. Keine Übelkeit. Lesen geht.
Tinnitus stört nur, es es wenn ganz leise ist; beim Einschlafen stört er, er braucht dann eine Stunde zum Einschlafen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
nur Analgetika, "wenn ich Knie- oder Rückenschmerzen habe"
Sozialanamnese:
dzt. arbeitslos, vorher war IT
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2020-11 Gerichts-GA HNO-FA Dr. XXXX und Ergänzungs-GA: "Geringgradige, sensoneurale Hörstörung rechts, mittelgradige, sensoneurale Hörstörung mit Steilabfall links. Tinnitus beidseits. Gleichgewichtsstörung unklarer Genese." Der Kopfimpulstest ist positiv.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
TF bds. o.B.
W im Kopf, + R +
5 v 5
>6 V >6
Tonaudiogramm (250,500,1,2,4,6 kHz): re 20,20,20,20,40,60; li 20,25,20,20,45,60; di. nach Röser eine Hörminderung von rechts 20%, links 22%.
Frenzelbrille: kein Spontan- kein Kopfschüttelnystagmus
Kopfimpulstest bds negativ
Romberg: stabil
Unterberger: leichte ungerichtet Unsicherheit
Gangprüfung mit offenen Augen: auf Linie
mit geschlossenen Augen: wird extrem unsicher, beitbeinig, kurzschrittig.
Gesamtmobilität – Gangbild:
leicht hinkend
Status Psychicus:
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Gleichgewichtsstörung
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da bei Belastung deutliche Beschwerden.
12.03.01
20
2
Geringgradige Hörstörung beidseits
Tabelle Zeile 2/Kolonne 2 - im unteren Rahmensatz, da für diese Position sehr gute klinische Hörweite
12.02.01
10
3
Tinnitus
Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert
12.02.02
10
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der GdB des führenden Leidens wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da diese keine wesentlichen, zusätzlichen Funktionsstörungen darstellen und ein ungünstiges Zusammenwirken nicht besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
-
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
-
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
-
?
Dauerzustand
?
Nachuntersuchung“
Die belangte Behörde holte weiters ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein, welches am 07.07.2021, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.05.2021, erstellt wurde. In diesem wird Folgendes ausgeführt:
„Anamnese:
Brustbeinbruch 8/2019, Verdacht auf Pseudarthrose
anamnestisch Knieabsplitterung links 1980, rezidivierender Erguss
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikalsyndrom, Drehschwindel
Derzeitige Beschwerden:
„Beschwerden habe ich vor allem beim Drehen des Oberkörpers im Brustbeinbereich, habe ständig Kreuzschmerzen, ab und zu Kopfschmerzen. Immer wieder Schmerzen im linken Kniegelenk mit Schwellung. Habe einen Drehschwindel, die Ursache konnte nicht gefunden werden.“
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: keine
Allergie: 0
Nikotin: 5-7
Hilfsmittel: keine
Sozialanamnese:
Ledig, keine Kinder, lebt in Lebensgemeinschaft in Wohnung im 3. Stockwerk mit Lift.
Berufsanamnese: EDV-Techniker, AMS seit 3-4 Jahren
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Orthopädisches Ergänzungsgutachten Dr. XXXX 24.11.2020 (Stellungnahme: Die nunmehr vorgelegten und selbst eingesehenen aktuellen Magnetresonanztomographiebilder der gesamten Wirbelsäule und des Brustbeins vom 16.11.2020 und beider Knie vom 17.11.2020 zeigen im Wirbelsäulenbereich keine Schäden, die über das bei der Erstellung des eigenen Gutachtens vom 26.10.2020 berücksichtigten. Der bekannte Zustand nach Brustbeinbruch 8/2019 dürfte weitestgehend abgeheilt sein. In den aktuellen Magnetresonanztomographiebildern beider Knie vom 17.11.2020 zeigen sich Knochenmarksödeme, die eher auf frische Verletzungen hinweisen würden, jedoch auch Knorpel- und Meniskusschäden)
MRT des Kniegelenkes beidseits 17.11.2020 (Links: 1. Ruptur des Hinterhorn des medialen Meniskus mit zarten ca. 2 cm langen horizontal bis schräg verlaufenden Einriss von der Basis beginnend bis zur Pars intermedia reichend mit kurzstreckigen Kontakt zur artikulären und tibialen Gelenkoberfläche bzw. wurzelnahe im Sinne einer Läsion Grad II. Die übrigen Meniskusabschnitte sind altersentsprechend unauffällig. 2. Bei anamnestisch St.p. Trauma deutliche Auftreibung und ödematöse Durchtränkung des vorderen Kreuzbandes wie bei deutlicher Zerrung bzw. Partialruptur. Keine komplette Kontinuitätsunterbrechung. 3. Das hintere Kreuzband sowie die Kollateralbänder sind intakt. 4. Ausgedehntes intensives Knochenmarködem des proximalen Tibiaplateau lateralseitig sowie des korrespondierenden Femurkondylus und das Fibulaköpfchen in erster Linie)
MRT der HWS, BWS, LWS und des Sternums 16.11.2020 (HWS: Regelrechte Lordose der HWS, keine Höhenminderung der Wirbelkörper sowie Zwischenwirbelräume. Kein Knochenmarködem. Unauffälliges Hinferkantenligamenf. Keine signifikante foraminale oder spinale Stenose. Unauffälliges Myelonsignal. Die paravertebralen Weichteile sind regelrecht. BWS: Regelrechte Kyphose der BWS. Alte Deckplattenimpression an BWK 2 ohne Hinterkantenbeteiligung. Vereinzelte kleine Wirbelkörperhämangiome. Im Segment TH6/7 mediane subligamentäre Bandscheibenprotrusion, sagittale Ausdehnung 3 mm, Kontakt zum thorakalen Myelon. Keine signifikante spinale Stenose. Unauffällige Darstellung des thorakalen Myelons. Die paravertebralen Weichteile sind regelrecht. LWS: Geminderte Lordose, keine Höhenminderung der Wirbelkörper sowie der Bandscheiben. Kein Knochenmarködem. Unauffälliges Hinterkantenligament. Keine signifikante foraminale oder spinale Stenose. Der Conus medullaris und die Cauda equina regelrecht. Unauffällige paravertebrale Weichteile.
Sternum: Regelrechte Darstellung des Manubrium sterni. Leichte Deformation im Corpus sterni und oberhalb der Incisurae costales III, kein Knochenmarködem. Regelrechte Darstellung des Xiphoids. Unauffällige Darstellung des perifokalen Fettgewebes sowie der mediastinalen Organe, soweit mit dieser Technik beurteilbar. Ergebnis: Kein Bandscheibenprolaps der HWS, der BWS sowie der LWS. Mediane Bandscheibenprotrusion TH6/7, keine signifikante foraminale oder spinale Stenose. Keine Myelopathie. Alte Deckplattenimpression BWK 2. Am ehesten Zustand nach alter, konsolidierter Fraktur im Corpus sterni, keine rezente Fraktur.
Z. n. Sternumfraktur, Dorsolumbalgie, Kniebeschwerden; Gastritis; Beruf: LKW-Fahrer Nikotin: 5-7 Zig/d Tinnitus beidseits Hörminderung Schwindelanfälle (Drehschwindel für ein paar Sekunden mit Schwarzwerden vor den Augen und Präsynkope
4. Diagnose Geringgradige, sensoneurale Hörstörung rechts. Mittelgradige, sensoneurale Hörstörung mit Steilabfall links. Tinnitus beidseits. Gleichgewichtsstörung unklarer Genese)
orthopädisches Gutachten 26.10.2020 (Gefühlsstörungen und Druckschmerz im Bereich des mittleren Drittels des Brustbeins bei Zustand nach Brustbeinbruch 8/2019
Mäßig- bis mittelgradige Funktionseinschränkung des linken mehr als des rechten Hüftgelenks bei leichten arthrotischen Veränderungen beidseits und mäßig- bis mittelgradige, deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks anamnestisch nach Knieabsplitterung links 1980 bei mittelgradiger O-Bein-Stellung beidseitig
Klinisch mittelgradige bis deutliche Bewegungsverminderung der Lendenwirbelsäule bei geringgradigen degenerativen Veränderungen Sensible Läsion des nervus ulnaris rechts zum fünften Finger in Höhe des Handgelenks (Loge de Guyon) elektroneurodiagnostisch zuletzt 10/2020 nachgewiesen Mittelgradiger Senkfuß beidseitig)
Nachgereichter Befund:
CT des Sternoclavikulargelenkes 8.1.2020 (keine knöcherne Konsolidierung der Sternumfraktur, beginnende Pseudarthrose des Corpus sterni)
Röntgen beide Kniegelenke 9. 10. 2020 (Femorotibiale Gelenke frei von wesentlichen degenerativen Veränderungen, Patella zentriert)
Röntgen Sterno-Klavikulargelenk und Sternum vom 9. 10. 2020 (in Corpus sterni Bild einer alten mit Kallus verheilten Fraktur mit leichter Knickbildung seitlich, ap. Fraktur nicht zu erkennen)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut, 57a
Ernährungszustand:
gut
Größe: 186,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, elastisch, Sternum: Druckschmerz am Corpus sterni, geringgradiger Knick, stabil.
Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Linkshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, Radialispulse beidseits tastbar, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Unterarm beidseits Rißquetschwunde nicht frisch streckseitig
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Hocken ist möglich.
Die Beinachse zeigt geringgradige Varusstellung. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich der Fußsohlen des linken Vorfußes als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenk beidseits: geringgradige Varusstellung, kleine Narbe, keine Überwärmung, keine Umfangsvermehrung, kein Erguss.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie beidseits frei, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Klopfschmerz über der unteren LWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen 20°
Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Romberg kurz möglich, etwas unsicher
Unterberger nicht vorgeführt, unsicher
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild ist etwas breitbeinig und unsicher, insgesamt raumgewinnend, hinkfrei.
Bewegungsabläufe nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Abnützungserscheinungen beider Kniegelenke
Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei geringgradiger Varusstellung ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit
02.05.19
30
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom
Oberer Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen.
02.01.01
20
3
Sternum-Pseudarthrose
Unterer Rahmensatz, da stabil.
06.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
kein
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
kein Vorgutachten vorliegend
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
-
?
Dauerzustand
?
Nachuntersuchung -
Die beigezogene Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin fasste die beiden Gutachten vom 14.05.2021 und vom 07.07.2021 in der Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021 wie folgt zusammen:
„Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Abnützungserscheinungen beider Kniegelenke
Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei geringgradiger Varusstellung ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit
02.05.19
30
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom
Oberer Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen.
02.01.01
20
3
Gleichgewichtsstörung
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da bei Belastung deutliche Beschwerden.
12.03.01
20
4
Sternum-Pseudarthrose
Unterer Rahmensatz, da stabil.
06.01.01
10
5
Geringgradige Hörstörung beidseits
Tabelle Zeile 2/Kolonne 2 - im unteren Rahmensatz, da für diese Position sehr gute klinische Hörweite
12.02.01
10
6
Tinnitus
Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert
12.02.02
10
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
kein Vorgutachten vorliegend
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
-
?
Dauerzustand
?
Nachuntersuchung“
Mit Schreiben vom 12.07.2021 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und übermittelte ihm die eingeholten Gutachten vom 14.05.2021, vom 07.07.2021 sowie die Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021. Dem Beschwerdeführer wurde eine zweiwöchige Frist zur Einbringung einer Stellungnahme eingeräumt, welche er ungenutzt verstreichen ließ.
Mit angefochtenem Bescheid vom 19.08.2021 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle und wies seinen Antrag vom 13.01.2021 ab. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens, welche als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wurden. Nach diesen betrage der Grad der Behinderung 30 v.H. und damit seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Mit dem Bescheid wurden dem Beschwerdeführer neuerlich die ärztlichen Sachverständigengutachten vom 14.05.2021 und vom 07.07.2021 sowie die Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021 übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.09.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, die von ihm vorgelegten Gutachten seien bei der Einschätzung seiner körperlichen Beeinträchtigungen in Zusammenhang mit seinen Knien nicht entsprechend berücksichtigt worden. Er ersuche daher die vorgelegten Gutachten in die Beurteilung miteinzubeziehen.
Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.09.2021 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer liegen folgende einschätzungsrelevante Funktionseinschränkungen vor, wobei es sich bei der Funktionsbeeinträchtigung 1. um das führende Leiden handelt:
1. Abnützungserscheinungen beider Kniegelenke
2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom
3. Gleichgewichtsstörung
4. Sternum-Pseudarthrose
5. Geringgradige Hörstörung beidseits
6. Tinnitus
Das mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. einzuschätzende führende Leiden 1. wird durch die Leiden 2. bis 6. wegen des fehlenden maßgeblichen ungünstigen Zusammenwirkens nicht erhöht.
Der Gesamtgrad der beim Beschwerdeführer vorliegenden Behinderung beträgt somit 30 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer vorliegenden einschätzungsrelevanten, sohin mehr als sechs Monate andauernden Funktionseinschränkungen und dem Gesamtgrad der Behinderung basieren auf den im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO vom 14.05.2021, einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 07.07.2021 sowie der Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021, welche in den entscheidungswesentlichen Teilen im Verfahrensgang wiedergegeben wurden. Darin wurden unter Heranziehung der – in den rechtlichen Ausführungen in den wesentlichen Teilen zitierten – Einschätzungsverordnung und deren Anlage die beim Beschwerdeführer vorliegenden Funktionseinschränkungen ordnungsgemäß eingeschätzt und dabei stimmen die von den Sachverständigen gewählten Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung und die gewählten Rahmensätze mit den diesbezüglichen Kriterien überein. In den Sachverständigengutachten gehen die beigezogenen Ärzte daher auf die Art der Leiden vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein. Im Rahmen der eingeholten Sachverständigengutachten vom 14.05.2021 und vom 07.07.2021 wurde jeweils eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers durchgeführt. In die Beurteilung der Sachverständigen sind sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegte medizinische Beweismittel eingeflossen.
Betreffend das Hauptleiden „Abnützungserscheinungen beider Kniegelenke“ nahm die Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin eine korrekte Zuordnung zur Position 02.05.19 (Kniegelenk - Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig) vor und wählte nachvollziehbar den Rahmensatz von 30 v.H. (die dazu in der Anlage der Einschätzungsverordnung angeführten Parameter lauten: „Streckung/Beugung bis 0-0-90°“), da rezidivierende Beschwerden bei geringgradiger Varusstellung ohne eine relevante Einschränkung der Beweglichkeit bestehen. Das Hauptleiden wurde durch die beigezogene Sachverständige entsprechend der Kriterien der Anlage zur Einschätzungsverordnung berücksichtigt und vor dem Hintergrund des Untersuchungsergebnisses zu den unteren Extremitäten nachvollziehbar eingestuft.
Hinsichtlich Leiden 2. „Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom“, welches von der Fachärztin für Unfallchirurgie ordnungsgemäß der Position 02.01.01 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet wurde, wurde von der fachärztlichen Sachverständigen der obere Rahmensatz von 20 v.H. gewählt (die dazu in der Anlage der Einschätzungsverordnung angeführten Parameter lauten: „Akute Episoden selten [2-3 Mal im Jahr] und kurzdauernd [Tage], Mäßige radiologische Veränderungen, Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben, Keine Dauertherapie erforderlich“), was schlüssig und nachvollziehbar ist, da beim Beschwerdeführer mäßige radiologische Veränderungen mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen festgestellt werden konnten. Es liegen keine Einschränkungen in einem Ausmaß vor, welche die Zuordnung zur nächst höheren Position 02.01.02 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades; Parameter: „Rezidivierende Episoden [mehrmals pro Jahr] über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel: Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung [pseudoradikuläre Symptomatik], 30 %: Rezidivierende Episoden [mehrmals pro Jahr] über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, 40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen, maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben“) rechtfertigen würden.
Hinsichtlich der Funktionseinschränkung 3. „Gleichgewichtsstörung“, welche vom HNO-Sachverständigen ordnungsgemäß der Position 12.03.01 (Gleichgewichtsorgan - Leichte bis mittelgradige Gleichgewichtsstörungen) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet wurde, wurde von den ärztlichen Sachverständigen für Allgemeinmedizin der mittlere Rahmensatz von 20 v.H. gewählt (die dazu angeführten Parameter lauten: „20 %: Leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinung wie Schwanken, Stolpern, Ausfallsschritt bei alltäglichen Belastungen, Stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinung bei höheren Belastungen, Leichte Abweichung bei den Geh- und Stehversuchen erst bei höherer Belastungsstufe“), was schlüssig und nachvollziehbar ist, da bei Belastung deutliche Beschwerden beim Beschwerdeführer festgestellt werden konnten.
Betreffend das Leiden 4. „Sternum-Pseudarthrose“ nahm die Sachverständige für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin ordnungsgemäß eine Zuordnung zur Position 06.01.01 (Defekte am Brustkorb - Abgeheilt mit leichten Defekten und ohne wesentliche Lungenfunktionseinschränkung) mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. (die dazu angeführten Parameter lauten: „Die Einschätzung erfolgt abhängig von Größe, Ausdehnung und Lokalisation“) an, da beim Beschwerdeführer ein stabiler Verlauf vorliegt.
Leiden 5. „Geringgradige Hörstörung beidseits“, wurde von dem fachärztlichen Sachverständigen für HNO zur Position 12.02.01 (Einschränkungen des Hörvermögens, Tabelle Zeile 2/ Kolonne 2) mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. zugeordnet, da eine sehr gute klinische Hörweite bestehe.
Leiden 6. „Tinnitus“ wurde vom fachärztlichen Sachverständigen für HNO ordnungsgemäß zur Position 12.02.02 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. zugeordnet, was nachvollziehbar ist, da sich der vorhandene Tinnitus als nicht dekompensiert gestaltet.
In Zusammenschau der auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten vom 14.05.2021 und vom 07.07.2021 sowie der Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021 sind sämtliche Leiden des Beschwerdeführers berücksichtigt und den jeweiligen Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung nachvollziehbar zugeordnet worden. Die jeweils gewählten Rahmensätze sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ausreichend begründet worden.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die von ihm vorgelegten Gutachten seien nicht entsprechend berücksichtigt worden, ist entgegenzuhalten, dass sich aus dem Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ergibt, dass die vorgelegten Gutachten von der Sachverständigen berücksichtigt wurden (vgl. Punkt „Zusammenfassung relevanter Befunde“ des Gutachtens). Auch wurden die mit dem Antrag vorgelegten MRT-Befunde vom 16.11.2020 und vom 17.11.2020, sowie der nachgereichte CT Befund vom 08.01.2020 und die Röntgenbefunde vom 09.10.2020 von der Sachverständigen für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin in ihrem Gutachten berücksichtigt. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten HNO-ärztliche Gerichtsgutachten vom 03.11.2020 und vom 26.11.2020 sind in die Beurteilung des fachärztlichen Sachverständigen für HNO vom 14.05.2021 eingeflossen. Auch nach sorgfältiger Durchsicht und Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel konnte in der Gesamtbeurteilung vom 10.07.2021 unter Zugrundelegung der Sachverständigengutachten vom 14.05.2021 und vom 07.07.2021 kein höherer Grad der Behinderung als 30 v.H. festgestellt werden.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher insgesamt keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten. Diese werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat kein Gegengutachten oder medizinische Befunde vorgelegt, welche Anlass gegeben hätten, die Schlüssigkeit der vorliegenden Gutachten sowie der Stellungnahme in Zweifel zu ziehen. Die Einholung weiterer Gutachten konnte somit unterbleiben.
Im Ergebnis ist daher beim Beschwerdeführer von einem Grad der Behinderung von 30 v.H. auszugehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 40 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigen Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2).
In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen (§ 45 Abs. 3).
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen (§ 45 Abs. 4).
Die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, lautet auszugsweise:
„Behinderung
§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“
Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht – soweit im gegenständlichen Fall relevant – auszugsweise Folgendes vor:
„02 Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem Haltungs- und Bewegungsapparat
02.01 Wirbelsäule
02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 – 20 %
Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage), Mäßige radiologische Veränderungen, Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben, Keine Dauertherapie erforderlich
02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 – 40 %
Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd maßgebliche radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel: Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)
30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika
40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen, maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben
[…]
02.05 Untere Extremitäten
Kniegelenk
Funktionseinschränkungen im Kniegelenk als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen. Ausprägungen von Knorpelschäden geringeren, mittleren und schwereren Grades werden in der Einschätzung mitberücksichtigt.
02.05.19 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 – 30 %
Streckung/Beugung bis 0-0-90°
[…]
02.05.21 Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig 40 %
Streckung/Beugung 0-10-90°
[…]
06 Atmungssystem
06.01 Defekte am Brustkorb
Erfasst werden Missbildungen, Folgen nach Brüchen oder operativen Eingriffen an den Rippen, dem Brustbein, Schlüsselbein und Schulterblatt. Fehlstellungen oder Funktionseinschränkungen im Bereich der Brustwirbelsäule sind nach Abschnitt 2 einzuschätzen.
06.01.01 Abgeheilt mit leichten Defekten und ohne wesentliche Lungenfunktionseinschränkung 10 – 20 %
Die Einschätzung erfolgt abhängig von Größe, Ausdehnung und Lokalisation
[…]
12 Ohren und Gleichgewichtsorgane
12.02 Hörorgan
12.02.01 Einschränkungen des Hörvermögens nach Tabelle
Die Prüfung des Hörvermögens ist ohne Hörhilfe am besser hörenden Ohr durchzuführen. Neben der groben Prüfung der Hörweite für Umgangsprache und der Einbeziehung vorliegender Audiogramme in die Beurteilung ist die Hörprüfung nach der orientierenden Tabelle für Allgemeinmediziner durchzuführen. Bei der fachärztlichen Beurteilung ist der prozentuelle Hörverlust (beiliegenden Tabellen) aus den Ergebnissen des Tonschwellenaudiogramms bzw. Sprachaudiogramms für die Beurteilung heranzuziehen. Hörbedingte Sprachstörungen erhöhten den Wert um 10 % und bei Stummheit um 20 %. Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr (Abschluss der Sprachentwicklung) ist die Einschätzungstabelle für Kinder heranzuziehen. Damit werden die Sprachentwicklungsstörungen und Beeinträchtigungen der geistigen und sozialen Entwicklung miterfasst.
Kriterium ist das besser hörende Ohr.
Ermittlung des GdB entsprechend dem Hörverlust in Prozent (beide Ohren)
[…]
12.02.02 Ohrgeräusche (Tinnitus) leichten bis mittleren Grades 10 – 40 %
10%: Kompensiert und ohne nennenswerte psychische oder vegetative Begleiterscheinungen
20%: Dekompensiert mit erhebliche psychovegetativen Begleiterscheinungen
30 – 40 %: Mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist ein zusätzliches psychiatrisches Sachverständigengutachten erforderlich
[…]
12.03 Gleichgewichtsorgan
Malignome sind nach Abschnitt 13 einzuschätzen.
12.03.01 Leichte bis mittelgradige Gleichgewichtsstörungen 10-40 %
Einschätzungsrelevant ist immer der klinische Befund. Normabweichungen in apparativ erhobenen neurootologischen Untersuchungen alleine ergeben keine Einschätzung
10 %: Beschwerdefrei, Gefühl der Unsicherheit bei alltäglichen Belastungen wie Gehen