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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Unzulässigkeit der Anfechtung von Teilen der COVID-19-EinreiseV mangels rechtlicher Betroffenheit sowie mangels Darlegung der BedenkenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B-VG, begehrt der Antragsteller mit seinem am 21. Jänner 2021 eingebrachten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge §4 Abs2 und §5 Abs4 Z1, in eventu §4 und §5, in eventu die gesamte Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Einreise nach Österreich im Zusammenhang mit COVID-19 (COVID-19-Einreiseverordnung – COVID-19-EinreiseV), BGBl II 445/2020 idF BGBl II 15/2021, kostenpflichtig als gesetzwidrig aufheben.
II. Rechtslage
Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Einreise nach Österreich im Zusammenhang mit COVID-19 (COVID-19-Einreiseverordnung – COVID-19-EinreiseV), BGBl II 445/2020 idF BGBl II 15/2021, lautete wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Anwendungsbereich
§1. (1) Diese Verordnung regelt gesundheits- und sanitätspolizeiliche Maßnahmen betreffend die Einreise in das Bundesgebiet zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
(2) Personen dürfen in das Bundesgebiet einreisen, sofern dies verfassungs- und direkt anwendbare unions- und völkerrechtliche Vorschriften erzwingen.
(3) Als Einreise gilt das Betreten des Bundesgebietes.
Ärztliche Zeugnisse
§2. Ärztliche Zeugnisse nach dieser Verordnung dienen dem Nachweis, dass die im Zeugnis angeführte Person durch einen molekularbiologischen Test oder Antigen-Test negativ auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Die Zeugnisse sind in deutscher oder englischer Sprache entsprechend den Anlagen C oder D vorzulegen. Sie sind ungültig, wenn die Probenahme im Zeitpunkt der Einreise mehr als 72 Stunden zurückliegt.
Registrierung
§2a. (1) Personen, die nach Österreich einreisen, sind verpflichtet, vor der Einreise durch Registrierung folgende Daten gemäß §25a Epidemiegesetz 1950 (EpiG) bekannt zu geben:
1. Vor- und Nachname,
2. Geburtsdatum,
3. Wohn- oder Aufenthaltsadresse (falls davon abweichend Ort der Quarantäne),
4. Datum der Einreise,
5. etwaiges Datum der Ausreise,
6. Abreisestaat oder -gebiet
7. Aufenthalt während der letzten zehn Tage vor der Einreise,
8. Kontaktdaten (Telefonnummer, E-Mail-Adresse),
9. Vorliegen eines ärztlichen Zeugnisses.
(2) Die Registrierung hat nach den Vorgaben des §25a Abs3 EpiG elektronisch zu erfolgen.
(3) Ist die Registrierung nicht über das elektronische Formular möglich, kann der Verpflichtung gemäß Abs1 ausnahmsweise durch Ausfüllen des Formulars entsprechend der Anlage E oder der Anlage F entsprochen werden.
Quarantäne
§3. (1) Personen, die nach dieser Verordnung zur Quarantäne verpflichtet sind, haben diese selbstüberwacht
1. an einem bestehenden Wohnsitz (Heimquarantäne) oder
2. in einer sonstigen geeigneten Unterkunft, über deren Verfügbarkeit bei der Einreise eine Bestätigung vorzulegen ist,
anzutreten. Die Kosten der Unterkunft sind selbst zu tragen. Der Wohnsitz oder die Unterkunft darf für den Quarantänezeitraum nicht verlassen werden. Sofern keine elektronische Registrierung gemäß §2a Abs2 erfolgt ist, sind die Daten im Formular entsprechend der Anlage E oder der Anlage F anzugeben und mittels eigenhändiger Unterschrift zu bestätigen.
(2) Die Quarantäne kann zum Zweck der Ausreise aus Österreich vorzeitig beendet werden, wenn sichergestellt ist, dass bei der Ausreise das Infektionsrisiko größtmöglich minimiert wird.
2. Abschnitt
Einreise aus EU-/EWR-Staaten, aus der Schweiz, Andorra, Monaco, San Marino, dem Vatikan und dem Vereinigten Königreich
§4. (1) Aus EU-/EWR-Staaten sowie aus der Schweiz, Andorra, Monaco, San Marino, dem Vatikan und dem Vereinigten Königreich dürfen Personen uneingeschränkt einreisen, wenn sie
1. aus einem in der Anlage A genannten Staat oder Gebiet einreisen und
2. bei der Einreise glaubhaft machen, dass sie sich innerhalb der letzten zehn Tage ausschließlich in Österreich oder in einem in der Anlage A genannten Staat oder Gebiet aufgehalten haben.
(2) Personen, die bei der Einreise die Voraussetzungen des Abs1 Z1 oder 2 nicht erfüllen, haben unverzüglich eine zehntägige Quarantäne gemäß §3 anzutreten. Die Quarantäne gilt als beendet, wenn ein molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 oder Antigen-Test auf SARS-CoV-2 frühestens am fünften Tag nach der Einreise durchgeführt wird und das Testergebnis negativ ist. Die Kosten für den Test sind selbst zu tragen.
(3) Abweichend von Abs2 ist die Einreise von
1. humanitären Einsatzkräften,
2. Personen, die zu beruflichen Zwecken einreisen,
3. einer Begleitperson im Rahmen der Einreise aus medizinischen Gründen gemäß §6,
4. Personen, die zum Zweck der Wahrnehmung einer zwingenden gerichtlich oder behördlich auferlegten Pflicht, wie der Wahrnehmung von Ladungen zu Gerichtsverhandlungen, einreisen,
5. Fremden, wenn diese über einen Lichtbildausweis gemäß §95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr 100/2005, verfügen,
mit einem ärztlichen Zeugnis gemäß §2 möglich. Kann das ärztliche Zeugnis nicht vorgelegt werden, ist unverzüglich eine zehntägige Quarantäne gemäß §3 anzutreten. Ist ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 oder Antigen-Test auf SARS-CoV-2 negativ, gilt die Quarantäne als beendet. Die Kosten für den Test sind selbst zu tragen.
3. Abschnitt
Einreise aus sonstigen Staaten und Gebieten
§5. (1) Als sonstige Staaten und Gebiete im Sinne dieser Verordnung gelten alle nicht in §4 Abs1 Einleitungssatz genannten Staaten und Gebiete.
(2) Aus einem in der Anlage A genannten sonstigen Staat oder Gebiet dürfen Personen uneingeschränkt einreisen, wenn sie bei der Einreise glaubhaft machen, dass sie sich innerhalb der letzten zehn Tage ausschließlich in Österreich oder in einem in der Anlage A genannten Staat oder Gebiet aufgehalten haben. Andernfalls gelten die Abs3 und 4 sinngemäß.
(3) Die Einreise aus einem anderen als in der Anlage A genannten sonstigen Staat oder Gebiet ist unzulässig. Diesfalls ist die Einreise zu untersagen.
(4) Abweichend von Abs3 gilt bei der Einreise aus einem anderen als in der Anlage A genannten sonstigen Staat oder Gebiet §4 Abs2 sinngemäß, wenn es sich um
1. österreichische Staatsbürger, EU-/EWR-Bürger und Personen, die mit diesen im gemeinsamen Haushalt leben,
2. Schweizer Bürger und Bürger des Vereinigten Königreichs sowie Personen, die mit diesen im gemeinsamen Haushalt leben,
3. Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in EU-/EWR-Staaten oder Andorra, Monaco, San Marino, dem Vatikan, der Schweiz oder im Vereinigten Königreich und Personen, die mit diesen im gemeinsamen Haushalt leben,
4. Fremde, wenn diese über ein von Österreich ausgestelltes Visum D oder einen Lichtbildausweis gemäß §95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr 100/2005, verfügen,
5. Personen, die auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung, eines Aufenthaltstitels oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl I Nr 100/2005, oder dem Asylgesetz 2005, BGBl I Nr 100/2005, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind,
6. Mitglieder des Personals diplomatischer Missionen oder konsularischer Vertretungen und Personen, die mit diesen im gemeinsamen Haushalt leben,
7. Angestellte internationaler Organisationen und Personen, die mit diesen im gemeinsamen Haushalt leben,
8. humanitäre Einsatzkräfte,
9. Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts stehen und deren Dienstort im Ausland liegt oder deren Dienstverrichtung im Ausland erfolgt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik Österreich liegt,
10. Personen, die zu beruflichen Zwecken einreisen,
11. eine Begleitperson im Rahmen der Einreise aus medizinischen Gründen gemäß §6,
12. Personen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums oder zur Forschung einreisen,
13. Personen, die zur Teilnahme am Schulbetrieb einreisen, oder
14. Personen, die zum Zweck der Wahrnehmung einer zwingenden gerichtlich oder behördlich auferlegten Pflicht, wie der Wahrnehmung von Ladungen zu Gerichtsverhandlungen, einreisen,
handelt.
(5) Abweichend von Abs3 und 4 gilt §4 Abs3 für die dort genannten Personen auch bei der Einreise aus einem anderen als in der Anlage A genannten sonstigen Staat oder Gebiet.
4. Abschnitt
Ausnahmen und Sonderbestimmungen
Einreise aus medizinischen Gründen
§6. (1) Die Einreise von
1. österreichischen Staatsbürgern,
2. Personen, die der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung in Österreich unterliegen, oder
3. Personen, denen von einer österreichischen Krankenanstalt aus besonders berücksichtigungswürdigen medizinischen Gründen eine Behandlungszusage erteilt wurde,
ist ohne Einschränkung zulässig, wenn sie zur Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Leistungen in Österreich erfolgt. Bei der Einreise ist eine Bestätigung über die unbedingte Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung entsprechend den Anlagen G oder H vorzuweisen.
(2) Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich dürfen nach Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Leistungen im Ausland ohne Einschränkung wieder einreisen. Bei der Wiedereinreise ist eine Bestätigung über die unbedingte Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung entsprechend den Anlagen G oder H vorzuweisen.
Besonders berücksichtigungswürdige Gründe im familiären Kreis
§7. (1) Diese Verordnung gilt nicht für die Einreise aus unvorhersehbaren, unaufschiebbaren, besonders berücksichtigungswürdigen Gründen im familiären Kreis wie insbesondere schwere Krankheitsfälle, Todesfälle, Begräbnisse, Geburten sowie die Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen in Notfällen.
(2) Für die Einreise im Zusammenhang mit planbaren sonstigen wichtigen Ereignissen im familiären Kreis wie Hochzeiten, Taufen, Geburtstagsfeiern oder dem nicht regelmäßigen Besuch des Lebenspartners gilt §4 Abs1 und 2 sinngemäß.
Sonstige Ausnahmen
§8. (1) Diese Verordnung gilt nicht für die Einreise
1. zur Aufrechterhaltung des Güter- und Personenverkehrs,
2. ausschließlich aus zwingenden Gründen der Tierversorgung oder für land- und forstwirtschaftlich erforderliche Maßnahmen im Einzelfall,
3. im Rahmen der Durchführung einer beruflichen Überstellungsfahrt/eines beruflichen Überstellungsfluges oder
4. im zwingenden Interesse der Republik Österreich.
(2) Diese Verordnung gilt ferner nicht für
1. Transitpassagiere oder die Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp, die auch bei ausschließlich unerlässlichen Unterbrechungen vorliegt,
2. die Einreise im Rahmen des regelmäßigen Pendlerverkehrs zu beruflichen Zwecken, sofern es sich nicht um Personenbetreuer/innen handelt,
3. die Einreise im Rahmen des regelmäßigen Pendlerverkehrs zur Teilnahme am Schul- und Studienbetrieb,
4. die Einreise im Rahmen des regelmäßigen Pendlerverkehrs zu familiären Zwecken oder zum Besuch des Lebenspartners,
5. die Besatzung einer Repatriierungsfahrt/eines Repatriierungsfluges einschließlich der mitreisenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes,
6. die Einreise von Insassen von Einsatzfahrzeugen gemäß §26 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl I Nr 159/1960, und Fahrzeugen im öffentlichen Dienst gemäß §26a StVO 1960,
7. die Einreise von Personen, die aus Österreich kommend ausländisches Territorium ohne Zwischenstopp zur Erreichung ihres Zielortes in Österreich queren,
8. die Einreise in die Gemeinden Vomp-Hinterriss, Mittelberg und Jungholz.
Glaubhaftmachung
§9. Im Fall einer behördlichen Überprüfung gemäß §12 sind die Ausnahmegründe gemäß den §§7 und 8 glaubhaft zu machen.
Kinder
§10. (1) Für Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr gelten mit Ausnahme der Verpflichtung zur Testung die gleichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen wie für den Erwachsenen, unter dessen Aufsicht die Kinder reisen. Gilt die Quarantäne des Erwachsenen, unter dessen Aufsicht die Kinder reisen, als beendet, gilt auch die Quarantäne der Kinder als beendet.
(2) Abs1 gilt nicht für Kinder, die alleine reisen.
Ausnahme im Hinblick auf das Verbot, den Wohnsitz oder die Unterkunft zu verlassen
§11. Ausgenommen vom Verbot gemäß §3, den Wohnsitz oder die Unterkunft zu verlassen, sind unbedingt notwendige Wege zur Inanspruchnahme eines molekularbiologischen Tests oder Antigen-Tests auf SARS-CoV-2. Dabei ist auf die größtmögliche Minimierung eines allfälligen Infektionsrisikos zu achten.
5. Abschnitt
Behördliche Überprüfung
§12. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde ist berechtigt, bei der Einreise sowie jederzeit an Ort und Stelle zu überprüfen, ob die Vorgaben dieser Verordnung eingehalten werden. Personen haben diese Überprüfung zu dulden, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Nachweise über die Veranlassung des molekularbiologischen Tests oder Antigen-Tests sowie dessen Ergebnis vorzulegen.
(2) Bestätigungen gemäß §3 entsprechend den Anlagen E oder F sind im Fall einer Überprüfung gemäß Abs1 von der Behörde an die für den Quarantäneort zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Nach Ablauf von 28 Tagen ab dem Einreisedatum sind vorliegende Bestätigungen von den Behörden unwiderruflich zu löschen bzw zu vernichten.
(2a) Die erhaltene generierte Sendebestätigung der elektronischen Registrierung gemäß §2a Abs2 ist bei der Einreise elektronisch oder ausgedruckt mitzuführen und bei einer Kontrolle auf Verlangen vorzuweisen. Sollte das Formular entsprechend der Anlage E oder der Anlage F verwendet werden, ist dieses von der Behörde an die für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Nach Ablauf von 28 Tagen ab dem Einreisedatum sind diese Bestätigungen und Formulare von den Behörden unwiderruflich zu löschen bzw zu vernichten.
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei der Wahrnehmung der ihnen sonst obliegenden Aufgaben über Ersuchen der Gesundheitsbehörde an der Vollziehung des Abs1 mitzuwirken.
§13. Gemäß §50 Abs16 EpiG wird festgestellt, dass die technischen Voraussetzungen für die Vollziehung des §25a EpiG ab 14. Jänner 2021 gegeben sind.
6. Abschnitt
Schlussbestimmungen
§14. (1) Diese Verordnung tritt mit 17. Oktober 2020 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Einreise nach Österreich in Zusammenhang mit der Eindämmung von SARS-CoV-2, BGBl II Nr 263/2020, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 411/2020, außer Kraft.
(2) Die Anlagen A und B in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 462/2020 treten mit 31. Oktober 2020 in Kraft.
(3) §2, §3 Abs1 und 2, §4 Abs2 und 3, §5 Abs5, §7 Abs2, §8 Abs2, §13 und die Anlagen A, C, D, E und F in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 563/2020 treten mit 19. Dezember 2020 in Kraft und gleichzeitig tritt Anlage B außer Kraft.
(4) §13 in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 15/2021 tritt mit 14. Jänner 2021 in Kraft.
(5) §2a, §3 Abs1, §8 Abs2, §11, §12 Abs1 und Abs2a und die Anlagen A, E und F in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 15/2021 treten mit 15. Jänner 2021 in Kraft.
(6) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft.
Anlage A
Australien
Finnland
Griechenland
Island
Japan
Neuseeland
Norwegen
Singapur
Südkorea
Vatikan
[…]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Der Antragsteller ist (unter anderem) Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Strobl am Wolfgangsee und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Wien. Zur Zulässigkeit seines Antrages führt er unter Vorlage zweier, im Jahr 2020 abgeschlossener Kaufverträge über Immobilien in Berlin durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Strobl, deren Gesellschafter er ist, wie folgt aus:
"1.1. Die angefochtenen Rechtsvorschriften betreffen den Antragsteller aktuell und unmittelbar in seiner Rechtsposition. Ein zumutbarer anderer Weg, die Gesetzwidrigkeit der Verordnungsregelung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen besteht nicht.
1.2. Der Antragsteller ist österreichischer Staatsbürger, hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich und besitzt unter anderem Liegenschaften in Deutschland beziehungsweise ist Geschäftsführer von Gesellschaften, die Eigentümerinnen von in Deutschland gelegenen Liegenschaften sind. Diese Liegenschaften werden gerade im Zuge einer Projektentwicklung umgebaut. Der Antragsteller muss daher aus beruflichen Gründen öfter für einige Tage nach Deutschland reisen, um den Projektfortschritt zu überwachen. Die in §5 Abs4 Z1 iVm §4 Abs2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Einreise nach Österreich im Zusammenhang mit COVID-19 (COVID-19-Einreiseverordnung – COVID-19-EinreiseV), StF: BGBl II Nr 455/2020, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 15/2021 (nachfolgend die 'Verordnung') angeordneten Maßnahmen bedeuten im Ergebnis, dass sich der Antragsteller nach der Rückreise aus Deutschland (und Einreise nach Österreich) in eine 10-tägige (bzw zumindest 5-tägige) Quarantäne begeben muss.
1.3. Vor Aufreten des Virus COVID-19 war der Antragsteller berechtigt, ohne Einschränkungen zwischen Deutschland und Österreich zu reisen. Aufgrund der §§4 und 5 der Verordnung ist es für den Antragsteller faktisch nicht mehr möglich für einen kurzen Zeitraum nach Deutschland zu reisen, ohne eine zumindest 5-tägige Quarantäne (unter der Annahme, dass er sich 'freitestet') zu riskieren.
1.4. Diese Quarantänepflicht schränkt den Antragsteller nachteilig ein und und greift in das subjektive Recht des Antragstellers – in concreto in sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Einreise in das Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist (Artikel 3 Abs2 4. ZPEMRK) – ein. Da die Verordnung gemäß ihrem §8 Abs2 beispielsweise nicht für die Einreise oder Wiedereinreise im Rahmen des regelmäßigen Pendlerverkehrs zu beruflichen Zwecken gilt, verstoßen §§4 und 5 der Verordnung gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Antragstellers auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die §§4 und 5 der Verordnung verstoßen auch deshalb gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Antragstellers auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil er sich nach Einreise aus einem Staat mit etwa gleichen Infektionszahlen pro 100.000 Einwohner wie Österreich in eine zumindest 5-tägige Quarantäne begeben muss. Demgegenüber müssen sich Personen, die sich in Österreich aufhalten nicht in Quarantäne begeben, obwohl die Ansteckungsgefahr gleich groß ist. Ein Grenzübertritt nach Deutschland und die Rückreise aus Deutschland verursachen keine größere Ansteckungsgefahr. Darüber hinaus hat der Verordnungsgeber seine Überlegungen zur Verordnung nicht klar und nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Verordnung gegen Art18 Abs2 B-VG verstößt.
1.5. Ein anderer Weg, diese Bedenken gegen die Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, liegt nicht vor. Durch Verletzung der Quarantäne-Vorschriften könnte der Antragsteller eine Verwaltungsstrafe nach §40 Abs1 litc Epedemiegesetz provozieren, was aber nach der ständigen Judikatur des VfGH keinen zumutbaren Weg darstellt (vgl VfSlg 13.659, 16.202, 17.731).
Der Individualantrag ist daher zulässig."
2. In der Sache erhebt der Antragsteller auf das Wesentliche zusammengefasst folgende Bedenken: §5 Abs4 Z1 iVm §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV greife in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art3 Abs2 des 4. ZPEMRK ein, indem österreichischen Staatsbürgern, die aus Deutschland einreisen, eine Quarantänepflicht auferlegt werde. Mit dieser Regelung würden die betroffenen Personen unter Generalverdacht gestellt werden. Es liege aber kein hinreichender Grund zur Annahme vor, dass Einreisende eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten seien. Die Quarantäneanordnung sei daher sachlich nicht gerechtfertigt. Die Quarantänepflicht nach §5 Abs4 Z1 iVm §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV verletze ferner das Gleichbehandlungsgebot nach Art2 StGG und Art7 B-VG, weil Pendler (§8 Abs2 Z2 COVID-19-EinreiseV) und andere Personenkreise ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedlich behandelt würden. Schließlich habe der Verordnungsgeber entgegen den Anforderungen nach VfGH 14.7.2020, V411/2020, seine Entscheidungsgrundlagen nicht aktenmäßig dokumentiert, insbesondere zur Frage, inwieweit eine Quarantäne zur Verhinderung von COVID-19 für Einreisende aus Deutschland erforderlich sei, für Berufspendler aber nicht.
3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung begehrt wird.
IV. Erwägungen
Der Antrag ist nicht zulässig:
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B?VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
2. Nach §57 Abs1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag muss die Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit aller angefochtenen Bestimmungen der Verordnung "im Einzelnen" darlegen und insbesondere auch dartun, inwieweit alle angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Bei der Prüfung der aktuellen Betroffenheit hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 14.277/1995, 15.306/1998, 16.890/2003, 18.357/2008, 19.919/2014, 19.971/2015). Anträge, die dem Erfordernis des §57 Abs1 VfGG nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht im Sinne von §18 VfGG verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VfSlg 12.797/1991, 13.717/1994, 17.111/2004, 18.187/2007, 19.505/2011, 19.721/2012 und zuletzt etwa VfGH 1.10.2020, V405/2020; 1.10.2020, V463/2020).
3. Die angefochtene COVID-19-Einreiseverordnung enthält Regelungen sowohl für die Einreise aus EU/EWR-Staaten, der Schweiz, Andorra, Monaco, San Marino, dem Vatikan und dem Vereinigten Königreich einerseits (§4 der Verordnung) als auch für die Einreise aus sonstigen Staaten (§5 der Verordnung) andererseits, ferner allgemeine Bestimmungen (§§1 bis 3 der Verordnung) sowie Ausnahmen und Sonderbestimmungen (§§6 bis 11 der Verordnung), die idR einen übergreifenden Anwendungsbereich haben.
4. Der Antragsteller hat zu seiner Antragslegitimation auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht und durch Beilagen dokumentiert, Immobiliengeschäften in Deutschland für sich bzw für in Österreich ansässigen Gesellschaften nachzugehen und daher nach Deutschland und zurück reisen zu müssen.
5. Soweit sich der Antrag des Antragstellers gegen die Quarantänepflicht nach §5 (Abs4 Z1) der COVID-19-EinreiseV richtet, hat er nicht dargetan, inwiefern ihn diese Bestimmung, die sich nicht auf Einreisen aus Deutschland bezieht, aktuell in seiner Rechtssphäre berührt. Insofern ist der Antrag daher mangels Darlegung der aktuellen Betroffenheit unzulässig. Entsprechendes gilt für den ersten Eventualantrag, soweit er sich auf den gesamten §5 COVID-19-EinreiseV bezieht.
6. Soweit sich der Antrag gegen die Quarantänepflicht nach §4 (Abs2) COVID-19-EinreiseV richtet, ist er aus folgenden Gründen unzulässig:
6.1. §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV verpflichtete Personen bei der Einreise aus Deutschland, sich in eine grundsätzlich zehntägige Quarantäne zu begeben, wobei ein "Freitesten" frühestens am fünften Tag nach der Einreise möglich war.
6.2. Gemäß §4 Abs3 COVID-19-EinreiseV galt – "abweichend von Abs2" – (unter anderem) für "Personen, die zu beruflichen Zwecken einreisen", eine zehntägige Quarantäne nur, wenn sie nicht über ein ärztliches Zeugnis nach §2 der Verordnung verfügt haben; weiters war im Unterschied zu §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV im Anwendungsbereich des §4 Abs3 leg. cit. auch ein "Freitesten" jederzeit möglich.
6.3. Der Antragsteller, der sowohl in Österreich als auch in Deutschland beruflich tätig ist, fiel demnach im Rahmen seiner beruflichen Reisen unter die Regelung des §4 Abs3 und nicht unter jene des §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV. Eine rechtliche Betroffenheit (im Rahmen des Antragsvorbringens) durch §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV schied daher aus, weshalb der Hauptantrag, (auch) soweit er sich auf §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV bezieht, unzulässig ist.
6.4. Zwar begehrt der Antragsteller mit seinem ersten Eventualantrag (unter anderem auch) die Aufhebung des §4 COVID-19-EinreiseV zur Gänze, sohin auch dessen Abs3; Bedenken hat der Antragsteller jedoch lediglich gegen §4 Abs2 COVID-19-EinreiseV, nicht auch gegen den unterschiedlich gestalteten §4 Abs3 COVID-19-EinreiseV ausgeführt. Mangels Darlegung von Bedenken im Besonderen gegen §4 Abs3 COVID-19-EinreiseV ist daher auch der erste Eventualantrag auf Aufhebung des (gesamten) §4 COVID-19-EinreiseV unzulässig.
7. Soweit sich der zweite Eventualantrag schließlich gegen die COVID-19-EinreiseV in ihrer Gesamtheit richtet, ist er schon deshalb unzulässig, weil der Antragsteller weder darlegt, inwiefern er von allen (trennbaren) Teilen der Verordnung unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre betroffen ist, noch diesbezügliche Bedenken formuliert hat (vgl zuletzt etwa VfGH 2.3.2021, V1/2021).
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
COVID (Corona), VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Individualantrag, EventualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V23.2021Zuletzt aktualisiert am
26.01.2022