TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/22 W152 2248270-1

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Veröffentlicht am 22.11.2021
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Entscheidungsdatum

22.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9

Spruch


W152 2248270-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, gegen Spruchpunkt V des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2021, Zl. 617261501-201262979, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat seit Februar 2013 einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und verfügt nunmehr seit 22.11.2018 über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“, wobei er zuvor über einen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger verfügte. Der BF lebt mit seiner leiblichen Mutter XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, und deren Ehegatten, der gleichzeitig der Adoptivvater des BF ist, dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , im gemeinsamen Haushalt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.09.2021, XXXX (rechtskräftig seit 21.09.2021), wurde der BF nach §§ 201 Abs. 1, 206 Abs. 1 und 206 Abs. 1 und 3 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten (Jugendstraftat), wobei diese unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Hiebei wurde für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet und die Weisung ausgesprochen, in der Probezeit eine Psychotherapie zu absolvieren. Bei der Strafbemessung wurden das umfassende und reumütige Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und der ordentliche Lebenswandel des BF berücksichtigt.

Mit Schriftsatz vom 07.10.2021 erstattete der BF eine Äußerung zu seiner Situation in Österreich, wobei er zahlreiche Urkunden zu seiner in Österreich verbrachten Schulzeit, seiner derzeitigen Lehre und seinen sportlichen Aktivitäten vorlegte.

Am 11.10.2021 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 25.10.2021, Zahl: 617261501-201262979, wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG auf die Philippinen zulässig sei (Spruchpunkt II). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Schließlich wurde der Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei im Wesentlichen vorgebracht wurde, der BF halte sich seit nahezu zehn Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, habe einen Großteil seiner Kindheit in Österreich verbracht und sei in die österreichische Gesellschaft bestens integriert. Der BF habe eine enge Beziehung zu seinen in Österreich aufhältigen Eltern, lebe mit diesen im Elternhaus und habe mit diesen täglich Kontakt. Der BF habe den Großteil der prägenden Schulzeit in Österreich verbracht und habe nunmehr eine Lehre als Hotel- und Gastgewerbeassistent im XXXX -Hotel in XXXX begonnen. Weiters sei der BF in zahlreichen Verbänden und Vereinen Mitglied. So habe der BF die Fischerprüfung bestanden, den 5. Kyu beim österreichischen Judoverband erhalten und sei zudem österreichischer Meister im Hip-Hop-Tanzen geworden. Weiters wird noch moniert, dass der BF kaum die Landessprache der Philippinen spreche. Schließlich wird noch auf den Zwischenbericht der Bewährungshilfe vom 04.11.2021 verwiesen, worin ausgeführt wird, dass der BF im persönlichen Gespräch eine hohe Betreuungsmotivation signalisiere. Es sei daher im Falle einer Rückkehrentscheidung von einer Verletzung der durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte auszugehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptungen des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hiebei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer macht in seinem Beschwerdeschriftsatz ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen – insbesondere im Hinblick auf Art. 8 EMRK – geltend. So verwies der BF hiebei auf die lange Aufenthaltsdauer in Österreich, sein Familienleben mit seiner Mutter und seinem Adoptivvater im gemeinsamen Haushalt, seinen in Österreich erfolgten Schulbesuch, seine nunmehrige Lehre im Gastronomiegewerbe und seine erfolgreichen sportlichen Aktivitäten. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann derzeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich hiebei um „vertretbare Behauptungen“ handelt.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung war iSd § 12 Abs. 1 BFA-VG idgF entbehrlich.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W152.2248270.1.00

Im RIS seit

25.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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